„Haben sie einen Automatik?“
Äh… mal gucken. Vielleicht parkt ums Eck einer. Muss ich mal suchen… wieso?
Entschuldigt die frechen Worte, aber so eine Frage ist schlicht bekloppt, wenn man bereits anderthalb Kilometer miteinander auf der Piste ist. Wenn einen das wirklich interessiert, dann hat man das entweder beim Einstieg oder aber nach den ersten 100 Metern mitbekommen. Denn – große Überraschung – schaltet der Fahrer, fährt er einen… Schaltwagen! Richtig!
Noch dazu sagte ein ehemaliger Kollege – damals noch im Behindertenfahrdienst – über mich:
„Ich kenne keinen Menschen, der so viel schaltet wie du!“
Man sollte es also bemerken. Was die Frage also viel mehr impliziert hat: Die Frage entbehrte jeden Wissens und es ist im Grunde egal. Ich hab natürlich trotzdem höflich gesagt, dass ich Schaltwagen fahre und gleich noch angefügt, dass ich das tue, weil Opel es nicht auf den Plan kriegt, in den Erdgas-Zafira ein Automatikgetriebe einzubauen.
„Naja, weil die junge Dame hier, die verträgt Beschleunigung nicht so gut…“
OK, mal ein ganz seriöser Einschub: Es ist natürlich so, dass die meisten Automatikwagen ein sehr sehr angenehmes Beschleunigungsverhalten an den Tag legen. Die ruckeligen Pausen beim Schalten entfallen weitgehend, dennoch ist das alles andere als eine pure Technikfrage, sondern auch eine Frage des Umgangs damit. Wenn man einen Automatikwagen gerne sportlich ausreizt und es versteht, mittels Kick-Down das Maximum aus dem Wagen rauszuholen, dann kann einem ebenso schlecht werden als Beifahrer. Aber gut, ich will ehrlich sein: Ich hab mit solchen Aussagen so oder so meine Sorgen.
Ich weiß, dass viele Leute empfindlich auf Bewegungen reagieren. Ozie beispielsweise wird es schlecht, wenn sie in ruckeligen Bahnen zu lesen versucht, noch verbreiteter ist z.B. die Übelkeit, wenn man gegen die Fahrtrichtung sitzt. Und so bieten Beschleunigungen in alle erdenkliche Richtungen natürlich immer das Potenzial, die Magentätigkeit anzuregen.
Da bin ich gerne eine Hilfe, ich bin jedoch auch vorbelastet durch eine ehemalige Kundin beim Behindertenfahrdienst. Diese hat mir damals sehr deutlich gemacht, dass das ein Feld ist, in dem sich Hypochonder alle Freiheiten dieser Welt nehmen können. Im Wissen, dass sie schnelles Fahren nicht verträgt, habe ich damals die alte Möhre mit 40, in den Kurven mit 20 km/h eine Straße entlangbefördert, die ich sonst durchgehend mit 60 befahren habe. Ich hab berechtigtes Gehupe, Gebrülle und jede Menge Schweiß auf mich genommen, nur um am Ende der Fahrt statt einem Trinkgeld Verachtung zu kassieren und den Hinweis darauf, wie sehr sich die alte Vettel an ihrem Stuhl habe festkrallen müssen. Auf dem Rückweg bin ich gefahren wie immer und das Ergebnis war dasselbe. Sowas prägt, tut mir leid. Ich spreche mich gerne gegen sinnlose Raserei aus, aber dass der motorisierte Straßenverkehr nunmal gewisse Geschwindigkeiten hat, sollte man eben miteinbeziehen, wenn man beschließt, an ihm teilzunehmen. Da bin ich auch so dreist und sage:
„Wer bei 25 km/h schon kotzen muss, sollte eben lieber Fahrrad fahren, das ist dann echt nicht mehr mein Problem.“
Insbesondere, wenn es wie bei dieser Tour bis nach Marzahn geht.
Es wurden keine gesonderten Anmerkungen mehr gemacht und ich bin ganz normal dem Verkehrsfluss folgend die Landsberger entlanggeschaukelt. Kurz vor dem Ziel kam dann die Frage:
„Ich hoffe, es war nicht schlimm für sie, dass sie so langsam gefahren sind. Haben sie sich jetzt arg am Riemen reissen müssen?“
„Nö, ich bin gefahren wie immer.“
Und siehe da: Alles kein Problem. 🙂
Das soll sich jetzt auch nicht so lesen, als würde ich den Kunden nicht ihre Marotten gönnen und mich darauf einstellen. Das ist ok und gehört dazu. Manchmal aber ist es schon gut, ein Gespür dafür zu haben, wann jemand einfach keine Ahnung hat und irgendwelche Ängste auf Umstände wie mein Fahrverhalten projeziert. Wie ist es bei euch? Kennt ihr solche Probleme von euch selbst?