Schwaben und Berlin…

Ich muss ja zugeben, dass ich mit meinem Umzug nach Berlin nicht gerade die allerinnovativste Idee hatte. Ich bin aus meinem Freundeskreis nicht der erste, der sich auf den Weg in die Hauptstadt gemacht hat, außerdem habe ich hier angekommen feststellen dürfen, dass sich die Schwaben hier in Berlin schon weit genug ausgebreitet haben, um quasi als vollwertige Minderheit als angreifenswert zu gelten.

Ich bin ja als aufgeschlossener Mensch weder sonderlich lokalpatriotisch, noch habe ich ein Problem damit, über gewisse Marotten zu lächeln, die mir vorgehalten werden. Zumal – im konkreten Fall Berlin – viele meiner ehemaligen Landsleute sich ja tatsächlich aktiv an den Gentrifizierungsprozessen in verschiedenen Stadtteilen beteiligen, was zweifelsohne den Charakter vieler Viertel gerade in Friedrichshain und Prenzl’berg dauerhaft und nicht unbedingt zum Vorteil verändert.

Moment? Habe ich „Prenzl’berg“ gesagt?

Dafür muss ich mich wohl entschuldigen, denn laut einem Fahrgast am vergangenen Donnerstag darf ich das nicht. Nicht als Schwabe!

Ich weiss nicht, gegen welche vermeintliche Benimmregel ich damit verstossen habe, sonderlich auskunftsfreudig war mein Gegenüber diesbezüglich nicht. Süffisant anmerken möchte ich jedoch gerne, dass ich aus Stuttgart keine Vorschriften zur Aussprache von Stadtteilen für Ortsfremde kenne 😉

Naja, die Tour war an sich relativ kurz und unser Gespräch entsprechend auch. Und selbst der Hass war wohl nicht ganz total, immerhin hab ich einen Euro Trinkgeld entgegennehmen dürfen.

Im Großen und Ganzen fühle ich mich hier in Berlin ja wirklich wohl. Die Stadt ist – obwohl ich mir lange Zeit nicht einmal vorstellen konnte, meine Heimat überhaupt zu verlassen – inzwischen definitiv ein neues Zuhause für mich.
Aber entgegen all der absurden Vorwürfe, die einem hier gerne entgegenschlagen, mag ich an Berlin tatsächlich, dass es anders ist. Ich bin auch verdammt froh, dass es hier keine Kehrwoche gibt, wenngleich ich mich wirklich frage, ob es besser ist, jedes Jahr auf die BSR zu schimpfen, weil der Schnee nicht geräumt ist.
Ich bin froh, dass Berlin noch eine recht günstige Stadt ist, und ich finde das Reizvolle an ihr ist ihre Vielfältigkeit. Damit schließe ich ausdrücklich sowohl die Villengegenden in Grunewald, die verratzten Viertel in Kreuzberg und die schnöden Hochhaussiedlungen in Marzahn mit ein.

Ich wohne am Stadtrand, wo ich meine Ruhe habe. Ich will keine Clubs verbieten und keine „soziale Aufwertung“. Ich fühle mich hier zwischen den Arbeitslosen und Niedriglöhnern eigentlich ganz wohl und finde es auch kein Verbrechen, es gut zu finden, dass unsere Bude hier billig ist.

Das Einzige, was ich vielleicht noch mache, ist einen Job auszuüben, den auch ein Nicht-Abiturient aus Prenzlauer Berg machen könnte. Aber sind wir mal ehrlich: Es gibt im Prinzip zwei Sorten Taxifahrer: Die eigentlich Überqualifizierten – und die anderen, über die sich die Berliner so gerne aufregen.

Nein, vielleicht werde ich wirklich nie ein Berliner sein. Aber deswegen bin ich noch lange nicht das böse Berlin-vernichtende Finanzhaimonster aus der anderen Welt. Und komischerweise scheine ich das für genau die Leute zu sein, die sich hier darüber aufregen, dass die von den Schwaben übernommenen Viertel hier auf einmal so intolerant und verschlossen sind…

Bleede Grasdaggl!

Ich glaube nicht…

Nach meinem Zeug, das ich so im Auto verteilt habe, wird nur sehr selten irgendwas gefragt. Warum auch? Sicher: Hier mal eine Frage, ob ich vielleicht einen Kaugummi abtreten könne, dort mal eine Frage nach den Getränken. Aber das passiert vielleicht einmal alle zwei Monate.

Ansonsten sieht man ja nicht viel von mir herumliegen. Handy und Kamera sind seitdem sie mir geklaut wurden, möglichst versteckt untergebracht, und ansonsten liegt bloß ein bisschen Lesestoff auf dem Armaturenbrett herum und ein bisschen benötigter Papierkram: Quittungsblock, Schichtabschreiber und mein kleines Statistik-Büchlein.

Ich lege Bücher und Zeitschriften in der Regel so ab, dass man nicht direkt erkennt, um was es sich handelt. Vielleicht ist das nur eine doofe Marotte, ich selbst hab so ein bisschen das Gefühl, es ist ein letztes Stückchen Privatsphäre. Der Platz im Taxi ist recht begrenzt, insbesondere da ich den meisten Platz ja für die Fahrgäste freihalten muss. Ich würde mir gerne einen Rucksack in den Beifahrer-Fußraum packen, aber letztlich muss ich auf zugängliche Plätze ausweichen.

Und – wenngleich ich meist unverfängliche Sachen wie Nachrichtenmagazine oder triviale Unterhaltungsliteratur lese, denke ich nicht, dass das ein geeignetes Thema ist, um wildfremde Menschen darauf zu stoßen. So schön die Diskussion im Einzelnen sein könnte – wehe wenn bei Literatur verschiedene Meinungen aufeinanderprallen! 🙂

„Entschuldigen sie, ist das die Bibel?“

„Bitte, was?“

„Oh, ich wollte nur fragen, ob das Buch, das sie da liegen haben, die Bibel ist…“

Seht ihr, genau das ist das Problem!
Die Frage ist im Übrigen wirklich fies, denn zu dem Zeitpunkt wusste ich nun wirklich nicht, ob ich da irgendeinen religiösen Fanatiker oder sonsteine Gestalt im Auto habe, die mir jetzt ein Ja oder ein Nein entsprechend schlecht auslegt.

Glücklicherweise war beides nicht der Fall. Aber eine grandiose Fehleinschätzung war es dennoch. Das Buch war „Die Möglichkeit einer Insel“ von Michel Houellebecq. Vielleicht nicht gerade ein Buch für Moralapostel 😉

Wie lange muss man als Taxifahrer arbeiten? (2)

Nachdem ich letzte Woche ja schon mal grob geschildert habe, wie lange, bzw. kurz, ich in der Regel arbeite, muss heute mal ein Kollege zur Beobachtung herhalten.

Ich hab ihn nur ein paar Mal getroffen – und selbst das ist schon länger her – und eigentlich schockiert er mich immer noch ein wenig, wenn ich darüber nachdenke. Wenn man so will ist der Kollege in etwa das, was man als das genaue Gegenteil von mir bezeichnen könnte.
Während ich den Job gerne mache, aber eben nur begrenzte Arbeitszeit investiere, findet der werte Kollege, wie ich etwa 30 Jahre alt, den Job ziemlich beschissen. Er würde lieber etwas ganz anderes machen, und spart sich mit dem Taxifahren nur das Geld zusammen, das er zur Erfüllung seiner weiteren beruflichen Laufbahn braucht.

Dabei ist er weit über die gesetzlichen Grenzen als Angestellter hinaus tätig und arbeitet seit Jahren stur 6 Tage die Woche für exakt 12,0 Stunden. Er kriegt das Auto um 16 Uhr gebracht und stellt es 12 Stunden später wieder ab. Dafür macht er natürlich auch wesentlich mehr Umsatz als ich, das ist klar.

„4.000 € solltest du als Nachtfahrer schon schaffen!“

hat er mir gesagt, als ich ihn vor 2 Jahren das erste Mal gesehen habe. Dass man die bei 72 Stunden Wochenarbeitszeit auch zusammenbekommt, bezweifel ich gar nicht. Dass er keine große Freude am Job hat bei den Vorgaben, braucht mir allerdings auch kein Psychologe ausufernd zu begründen.

Aber insbesondere in den Familienbetrieben scheint es einige Fahrer zu geben, die sich mit ihrer Schichtablösung einen Schlüssel teilen, und damit gezwungen sind, die 12 Stunden durchzuhalten. In meinen Augen eigentlich skandalös.

Fettnäpfchen Taxi-Floskeln

So sehr mir an einer guten Unterhaltung im Taxi liegt: Der Einstieg in die Unterhaltung gelingt doch am Besten mit Standard-Phrasen. Es mag den ein oder anderen schockieren, das ausgerechnet von mir zu hören – aber wozu sollte ich mir jedes Mal was neues ausdenken? Klar, bei ganz besonderen Fahrzielen oder außergewöhnlicher Kundschaft finden sich auch mal besondere Worte.

Ansonsten… da viele Gespräche nicht über Smalltalk herausgehen, verlaufen sie auch oft ähnlich. Sehr gerne sage ich bei Fahrgästen mit Gepäck beim Ausstieg

„So, jetzt befreien wir noch das Gepäck. Das gibt immer so einen Ärger, wenn ich das mitnehme…“

Kleiner Witz zum Schluß, wirkt originell und lustig. Ich würde schätzen, ich hab den Satz jetzt bereits 500 mal gesagt. Sonderlich individuell ist das nicht, aber das merkt ja auch keiner.
Also jetzt natürlich schon. Ich warte jetzt darauf, dass mich jemand ertappt 🙂

Und beim Einstieg? Unterschiedlich – aber bei Fahrten vom Ostbahnhof klappt als Einstieg eigentlich immer wieder

„Na, dem Gepäck nach war das aber auch (k)eine lange Reise!?“

Das ist fantastisch. Das klappt sogar, wenn die Leute kein Gepäck haben 😀
Und schon hat man ein Thema zum Reden, die Reise. War sie privat, beruflich, schön, scheiße, wie war das Wetter und was ist in Berlin seit der Abfahrt alles passiert?

Damit bin ich jetzt seit 2 Jahren echt gut gefahren (<-Wortspiel!), und ich hätte nicht gedacht, dass ich mit dem Spruch mal irgendwas falsch machen könnte. Ist ja auch herrlich unverfänglich, unterstellt nichts böses…

Hab ich gedacht.

Und dann, neulich, pack ich den Spruch wieder aus der Mottenkiste und als Antwort kam nur so ein eher verstohlenes

„Naja…“

Und dann gleich die Erklärung dazu:

„Wie man es nimmt. Wir waren bei der Beerdigung unseres Vaters…“

Wenig Gepäck und trotzdem die längste aller denkbaren Reisen, irgendwie… ich blamier mich nicht oft in meinem Auto, aber da hab ich mich mal echt ganz aufrichtig entschuldigt.

Sie haben es mir im Übrigen nicht übel genommen.

Anmerkungen zum Kabel1-Bericht

Thomas hat mir zu meinem Text über die versemmelte Funkbestellung in den Kommentaren den Link zu einem Video von Kabel1 geschickt. Hab ich natürlich mal draufgeklickt…

Gleich vorweg: Ich bin Taxifahrer und ich fahre in Berlin. Das allerdings tue ich ohne Funk. Ich hab noch uralten Sprachfunk (einer anderen Zentrale) im Auto, aber ich nutze ihn nicht. Insofern bin ich als Fachmann sicher nicht erste Wahl.
Ein paar Kleinigkeiten wollte ich gerne dennoch anmerken. Ich orientiere mich hierbei (so Pi mal Daumen) an den Zeitmarken des Videos, das sollte einfacher nachzuvollziehen sein.

0.00:
Ich möchte nur mal erwähnen, dass es vielleicht die größte Zentrale Deutschlands ist, sie aber keineswegs alle Taxen in Berlin erreicht, bzw. dort die einzige ist. Die Größte: ja.

0.50:
Koordinatoren wie hier an der Messe sind extrem selten. In der Regel organisieren wir Fahrer unsere Aufstellung vor Veranstaltungen selbst. Und nicht, dass ich das Einladen außerhalb der dafür vorgesehenen Plätze verteidigen will – oder die Funkzentrale diskreditieren – aber den Tonfall, mit dem der Kollege hier mit dem Fahrer spricht, der nicht mal für die Zentrale fährt (es fehlt der Kleber in der Scheibe) müsste nun ja auch nicht sein. Aber ich sollte mich raushalten: Mich hat es als Nachtfahrer bisher noch nie zur Messe verschlagen. Vielleicht sagt ein Tagfahrer mal was dazu.

1.25:
Rein rechtlich haben Taxikunden eigentlich die freie Wahl“ klingt ein bisschen herabwürdigend – bei allem Verständnis dafür, dass Ordnung hier Not tut. Aber ich halte dieses Recht für wichtig!

3.02:
Ja, so hat man sich das an Silvester vorzustellen: Der Kunde steigt ein, und überall Beschwerden, er wäre nicht dran. Ist für den einzelnen Fahrgast immer blöd, als Fahrer hat man leider auch keinen Überblick…

4.00:
Ich persönlich finde es nur lustig, dass die erste Szene am Spittelmarkt spielt, der Fahrer die Fahrt dann aber woanders (Reichstag, oder?) annimmt. Aber das lassen wir mal als Dramaturgie gelten 😉

6.07:
Das mit dem Gehalt trifft nicht auf jede Stadt zu, aber da es um Berlin geht, ist das wohl richtig.

6.30:
150 € Umsatz mindestens? Naja, ich hab einen niedrigeren Lebensstandard, wie mir erscheint. Wobei ich zweifelsohne froh wäre, wenn es so laufen würde…

6.35:
Also Kollege! Degressiver Tarif? Es stimmt ja, dass das Fahren ab dem 7. Kilometer billiger wird – aber nicht „immer um ein paar Cent“. Die ersten 7 Kilometer kosten derzeit 1,65 €, die danach 1,28 €. Da gibt es keine Zwischenschritte oder sonstwas. Ich würde es mit meiner bescheidenen Kenntnis von Tarifmodellen eher für einen Stufentarif halten. Aber ich hab auch Leute bei mir in der Firma, die nach Jahren noch nicht wissen, wie sich ihr Gehalt errechnet…

7.00:
Der Kollege darf von 20 € nur 7,50 € brutto behalten. Das sind 37,5%. Falls du das siehst, Kollege: Ich weiss, wo man deutlich mehr bekommt…

7.20:
Soso, ein Taxi wird nach dreieinhalb Jahren ausgetauscht? Mal ganz im Ernst: Das halten alle 5.000 voneinander unabhängige Taxiunternehmen also genau gleich? An dem Punkt merkt man dann, dass man nicht blind allen Zahlen vertrauen sollte…

7.45:
Folien sind tatsächlich eine Alternative zu Lackierungen. Allerdings ist es natürlich nicht gerade neutral, was die werte Dame da erzählt. Zum einen fahren immer noch viele Taxen lackiert und nicht foliert herum. Dann ist der Lack natürlich am Ende gewissermaßen neuwertig, die Entfernung der Folie aber keinesfalls kostenneutral – und es wird oft vergessen, dass Taxen auch nach kurzer Laufzeit enorm viele Kilometer runtergerissen haben. Die Schwankungen wegen der Lackierung beim Verkaufspreis eines Fahrzeugs, das zwischen 200.000 und 600.000 km hinter sich hat, ist nicht ganz so entscheidend, wie es hier vielleicht klingen mag 🙂

8.27:
Betrug unmöglich? Ich würde es gerne glauben. Aber die einfachste Betrugsvariante ist, nach dem Eichen kleinere, und zum Eichen wieder größere Reifen aufzuziehen… was es noch an Optionen für technisch versierte Leute gibt, kann ich nicht einschätzen – mit der Vokabel unmöglich wäre ich aber vorsichtig!

8.45:
Auftritt Axel. Axel ist auch mein Lehrer gewesen – ein sehr netter Kerl übrigens. Er gibt auch den Spezialatlas heraus, eine prima Hilfe zum Lernen auf die Ortskundeprüfung. Ohne seinen „Werbeauftritt“ jetzt diskreditieren zu wollen: Normalerweise macht man keine Übungsfahrten zum Lernen – es sei denn, das ist sein neues Konzept – zum anderen wird das sicher nicht über die Zentrale vermittelt. Sieht nett aus, keine Frage. Aber in der Realität steht Axel dann doch eher vor einem Stadtplan und fragt ungemütliche Sachen à la „Wie kommen wir denn am besten vom Brandenburger Tor zum Unfallkrankenhaus Berlin?“
Und so läuft auch die Prüfung ab. Man muss keine Bedingungen erfüllen, um sie zu machen. Legt 55 € auf den Tisch – je nach Jahreszeit beim TVB oder der Innung –  macht einen Termin aus und nehmt teil! Axel ist hier keine Instanz, die über die Zulassung zur Prüfung richtet, seinen Kurs kann ich dennoch empfehlen, denn er erhöht die Wahrscheinlichkeit, es zu schaffen.
Außerdem steht Axel hier jenseits des Taxistandes im absoluten Halteverbot 😉

9.52:
Die Prüfer sind „relativ streng“? Die Wortwahl kenne ich von Axel eher nicht. Lag wohl an der Kamera. Wer das unzensiert hören möchte, sollte sich an ihn wenden 😀

10.00:
190.000 mögliche Routen? Ich hab Axel angefragt, die Zahl ist seine Berechnung. Ich hab hier noch leise Zweifel, aber die Angabe lässt sich sowieso nicht genau bestimmen., weil es viele Überschneidungen gibt. Man kann grundsätzlich sagen, dass es verdammt schwer ist, genau die zwei Strecken zu erraten, die einem in der Prüfung vorgelegt werden 🙂

10.18:
Das Lachen nach der Frage, ob man nachts schon von den Straßen träumt, war echt. Das kenne ich von Axel zur Genüge 😉

10.50:
Übrigens: Ich zweifel die 18.000 Kollegen mal an. Das ist das erste Mal, dass ich diese Zahl höre. Natürlich kann sie stimmen, ich hab bisher aber immer nur von 12.000 gehört. Wer hier irgendwelche verlässlichen Daten hat, kann mir die gerne zukommen lassen. Aber vorerst halte ich aufgrund der meist doch etwas längeren Schichten und der vielen (meist selbständigen) Alleinfahrer die Annahme für wahrscheinlicher, dass es pro zugelassenem Taxi weniger als 2 Fahrer gibt, und nicht beinahe 3. Und die Zahl der Taxen liegt knapp über 7000.

11.05:
Ganz im Ernst: Das ist nervige Werbung für die neue App! Ehrlich: Natürlich ist es eine tolle Idee (mal abgesehen davon, dass sie sich aufs iPhone beschränkt), aber es spricht nicht viel dafür, dass eine herkömmliche Funkvermittlung zwingend langsamer sein muss. Selbst wenn sie das ernstlich ausprobiert haben – was ich bezweifle – ist das eine nette Anekdote, keine verlässliche Messung.
Ansonsten: Wer am Potsdamer Platz überhaupt ein Auto bestellt, ist selten dämlich bei der Menge an Taxen, die da rumkurvt. Ich würde am Funk auch keinen Auftrag dahin aufnehmen, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Kunden einen zufällig vorbeifahrenden Kollegen anhalten, irgendwo jenseits der 90% liegt…

13.25:
Und mal wieder – wie im Bild-Artikel vor einiger Zeit – ein ungerader Betrag…
Seit dem ersten Juli 2009 ist das unmöglich! Das Taxameter zählt in 20ct-Intervallen! Verdammt nochmal! Die Preise kriegt man nur mit Zuschlägen hin. Und was eine einzelne Person ohne Gepäck an Zuschlägen kostet, soll mir mal jemand erklären…

Ich will den Beitrag nicht unnötig schlechtreden. Es hat schon schlimmere Berichte über mein Gewerbe gegeben, das muss ich anerkennen. Aber ganz ehrlich: Manchmal nehmen sie es hier wirklich an unnötigen Punkten (siehe der letzte) nicht so genau. Zum Abschluss zitiere ich eine Mail, die Axel an die Verantwortliche nach der Ausstrahlung geschrieben hat:

“Hallo S., war ja ein lustiger Beitrag. Allerdings zugleich
beeindruckend, wie viel frei erfundener Schwachsinn in ein paar Minuten
Sendezeit passt. Warum fragt Ihr uns denn nicht, wenn Ihr Sachen nicht
wisst? Du hast mich doch als auskunftswillig erlebt. Ich würde sagen, so
haben die Zuschauer kaum Fakten erfahren.“

FAQ

Es wird sicher kaum jemand gemerkt haben, aber ich hab in den letzten Tagen meine FAQ ein bisschen ausgemistet, umgeschrieben und kategorisiert. So findet man statt der einzelnen Seite jetzt oben in der Leiste ein Drop-Down-Menü, wo man gleich aus 5 thematisch sortierten Unterseiten wählen kann:

FAQ zum Taxi

FAQ zum Job als Taxifahrer

FAQ zum Taxitarif

FAQ zum Taxischein und

FAQ für Taxikunden

Manche Texte sind neu, manche noch die alten. Wer es sich geben will, kann ja mal durchschauen, ob soweit alles korrekt ist, oder ob ich gar noch was vergessen hab. Soll mir ja auch manchmal passieren 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Umwelt-Taxen

In den Kommentaren zu meiner Frage nach dem Sinn und Unsinn von Hummer-Fahrzeugen als Taxi ging es mehr oder weniger hoch her. Olli hat z.B. als Verfechter großer und luxuriöser Taxen gemeint:

Ein Taxifahrer als Umweltaktivist passt eben genau so wenig, wie ein Zigarettenhersteller als Unterstützer des Nichtraucherschutzgesetzes!

Diesem konkreten Vorwurf habe ich dann doch einiges entgegenzusetzen. Ich habe mich zu Beginn, als ich anfing mit Taxifahren, auch gefragt, ob sich das mit meinem Anspruch an Naturschutz und ökologisch durchdachte Lebensweise decken kann. Ich setze meine Ansprüche an mich selbst zwar so oder so leider nicht konsequent in allen Details um, aber mich hat der Gedanke gestört, nun die Ölindustrie zu stützen, die Automobilindustrie, etc.

Ganz ehrlich: Über ein für jeden Zivilisationsfreund hinausgehendes Maß tue ich das nicht. Unter der Annahme, dass ein öffentlicher Personennahverkehr auch eine Individualausführung besitzen muss, ist es eigentlich gar nicht so verkehrt, Taxi zu fahren.

Den Sinn des Gewerbes zweifel ich nicht ernsthaft an. Klar, in meiner Jugend hätte ich auch gedacht, Taxen seien nur was für Snobs und Besserverdienende, aber mein Alltag zeigt mir, dass wir tatsächlich öfter gebraucht werden. Und zwar nicht nur von Bequemlichkeitsjunkies oder selbstverschuldet im Drogenrausch gelandeten Spinnern. Die alte Oma beim wöchentlichen Einkauf, der Nachtschichtler mit beschissenem sonstigen ÖPNV-Anschluss, die nur so halbwegs kranke Mutter auf dem Weg zum Arzt oder jeder Teil der Restbevölkerung bei einem Bahnstreik: Dass es Taxen gibt, macht irgendwann mal für fast jeden Menschen Sinn.

Natürlich wirkt es in erster Linie einmal unsinnig, dass wir Fahrer die ganze Zeit in der Stadt umherfahren, um Kunden zu finden. Was für eine Spritverschwendung!
Das stimmt zum Teil, auf der anderen Seite stehen wir meist mehr als dass wir fahren (wenn wir nicht besetzt sind). Wer jetzt aber unbedacht die vielen Liter Sprit hochrechnet, die grundlos verbrannt in die Atmosphäre geblasen werden, muss im Gegenzug auch darüber nachdenken, dass es tatsächlich Leute gibt, die dank der Verfügbarkeit von Taxen kein eigenes Auto unterhalten (müssen). Und so lange man ein eigenes Auto nicht jeden Tag für die Fahrt zur Arbeit braucht, rechnet sich das durchaus manchmal. Ich hatte schon Kunden, die mir gesagt haben, sie sparen sich inzwischen das Auto und fahren dafür ein paar Mal im Monat mit dem Taxi heim, wenn sie unterwegs waren.

Autofahren ist natürlich nie „gut“ für die Umwelt. Aber gerade die Leute, die auf die Anschaffung eines Autos verzichten, sind letztlich die, die sich – natürlich auch weil Taxen teuer sind – nur bei einem tatsächlichen Notfall (=notwendiger Fall) dafür entscheiden, Auto zu fahren. Gerade in einer vom öffentlichen Nahverkehr gut erschlossenen Großstadt wie Berlin schließen Taxen die letzte Lücke, um ein persönlich autofreies Leben zu ermöglichen. Mache ich zum Beispiel ja auch so. Ich hab nur das Glück, dank meines Jobs fürs gelegentliche Taxi vom Ikea nach Hause nix zu zahlen, weil ich es selber fahren kann.

Von den Kunden richtig genutzt ersparen Taxen die Produktion von Autos, deren Unterhalt und wahrscheinlich sogar eine Menge Sprit, weil wir durchschnittlich weniger „unsinnige“ Leerkilometer fahren, da wir oftmals nach der Tour weitere Kunden in der Umgebung aufnehmen, während man privat ja immer z.B. nach Hause fährt.

Zugegeben: Taxen umgibt immer noch diese Aura des unbezahlbaren Luxus, der eigentlich gemacht ist für die Geschäftsmänner, die den Fuffi auch noch schnell mit auf die Rechnung des Millionendeals aufschlagen.
Tatsächlich sind wir längst Massendienstleister. Wer ein Taxi nutzt, wenn es nötig ist, vielleicht sogar mal nicht nur alleine, der gönnt sich im Prinzip wesentlich weniger Luxus als derjenige, der sich für ein paar wenige Fahrten ein Auto anschafft.
Wenn man es mal veranschaulichen will: Was ist Taxifahren anderes als Car-Sharing mit Fahrpersonal?

Dass die Kunden natürlich angemessen transportiert werden sollen, steht außer Frage. Und ob man persönlich den Luxus höher wertet als die Umweltfreundlichkeit, das bleibt (leider?) den Kunden überlassen.
Natürlich muss man als Fahrer in dem Wagen bequem sitzen und seine Arbeit vernünftig erfüllen können, und natürlich sollten die Kunden auch entsprechend der aktuellen Mögichkeiten sicher sein. Tatsächlich aber erfüllen alle Anforderungen an einen vernünftigen Taxenverkehr sowohl mein Opel Zafira, der Dacia vom Taxiblogger, Klaus und Torstens E-Klassen sowie der Hummer mit dem mir noch unbekannten Fahrer.

Die Erwartungshaltung der Kunden ist letztlich aber sowohl der individuelle Grund zur Taxenwahl am Stand, als auch (wenn sich beispielsweise bestimmte Autotypen als zu unbeliebt erweisen würden) für die Anschaffungen der Betriebe.
Was den meisten Kunden nicht bewusst ist: Taxifahren ist nicht so teuer, weil man dann endlich mal in einem Mercedes mitfahren kann – Taxifahren ist in erster Linie teuer, weil man einen Fahrer dazu bekommt, der seinen Lebensunterhalt mit diesem Job verdient. Bei einer normalen Taxifahrt kostet alleine der Fahrer etwa die Hälfte, wenn nicht mehr. Wenn man dann die Unterhaltskosten und die Firmenkosten dazuzählt, stellt man fest, dass ein Auto mit Fahrer eben seinen Preis hat, und man nicht teuer für den Weg bezahlt, weil da jemand einen besonderen Luxus anbieten will – die Unterschiede zwischen den Autos würden den Tarif nicht groß verändern.

Mein Chef vertritt die Meinung, im Grunde seien die Taxen fast allesamt übermotorisiert. Er schafft eigentlich nur noch Opel und VW neu an, und ich finde seine Einstellung diesbezüglich sehr lobenswert. Denn es ist natürlich ein (vielleicht kleiner) Beitrag zum Umweltschutz, auf die ganz großen Kisten zu verzichten. Egal, ob das privat oder geschäftlich ist.

Ergo: Taxen können gerade aus Umweltschutzgründen ein sinniges Angebot sein. Ob das aber so ist, liegt letztlich auch am Kunden.

Olli darf meinetwegen gerne weiter mit dem Hummer fahren. Wenn ihm der Luxus so wichtig ist, dann ist das sein gutes Recht. Die Frage, ob Taxifahren umweltfreundlicher sein kann, berührt das indes nicht. Das hat man als Kunde selbst in der Hand, denn wir Taxifahrer fahren ja nicht grundlos durch die Gegend. Wir tun es für unsere Fahrgäste, und zwar letztlich genau so wie sie es wollen.