Keine Ortskundeprüfung mehr für Mietwagen

Es geschehen unerwartete Dinge, wenn man mal ein Weilchen nicht aufpasst. Und nun das: Der Bundesrat hat in seiner Zwölften Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften einfach mal fix die Abschaffung der Notwendigkeit einer Ortskundeprüfung für Mietwagen- und Krankentransport-Fahrer beschlossen. Die Begründung liest sich vollumfänglich wie folgt:

„Im Unterschied  zum Fahrer von Taxen ist dem Fahrer eines Mietwagens und eines Krankenkraftwagens das Fahrtziel regelmäßig vor Antritt der Fahrt bekannt. Eine geeignete Fahrtroute kann bereits vor Fahrtantritt ausgewählt werden. Ein Ortskundenachweis ist daher für die Befähigung der genannten Kraftfahrer zur Fahrgastbeförderung nicht erforderlich und zu streichen. Damit würde zudem dem bestehenden Nachwuchsmangel, insbesondere bei Fahrern von Krankentransporten, entgegengewirkt werden.“

Aha.

Also bei aller Skepsis ob der Notwendigkeit der Ortskundeprüfung heutzutage halte ich das für ziemlich an den Haaren herbeigezogen, insbesondere an einem entscheidenden Punkt: Dass die Grenze hier zwischen Taxi- und Mietwagenfahrern gezogen wird.

Dass die Krankentransport-Branche darauf hingearbeitet hat, glaube ich gerne. Deren Nachwuchssorgen nehme ich jetzt einfach mal so hin, ohne mich näher damit auszukennen. Zudem sind viele dieser Fahrten nicht alleine zu machen, so dass beispielsweise der Beifahrer sich um die Routenplanung kümmern kann.

Aber Mietwagenfahrer? Ehrlich?

Ja, im Gegensatz zu Taxifahrern haben diese die Pflicht, nach der Fahrt zum Betriebssitz zurückzufahren. Das bedeutet allerdings in der Praxis nicht wirklich, dass die Fahrer im Regelfall dann eine halbe Stunde Pause im Büro machen und währenddessen mal die nächste Route googeln können. Die leben genauso im Jahr 2017 wie wir alle auch und selbstverständlich erhalten die ihre Aufträge auch via Funk, bzw. „fernmündlich“, wie es im Gesetz heißt. Wo da bezüglich des Auskennens ein Unterschied zu meiner Arbeit besteht, erschließt sich mir nicht wirklich. Von in die Begründung reininterpretierbaren und eher fragwürdigen Ideen wie einem Nachwuchsmangel im Mietwagensektor mal ganz zu schweigen.

Mir scheint das Ganze eine Art Nachwirkung von einerseits der Debatte um Uber und andererseits der Schludrigkeit gegenüber dem Taxigewerbe zu sein: Da ist offenbar einiges nicht so wirklich gut und es klingt schnuffig, dass mehr Konkurrenz „den Markt belebt“. Und weil es viel komplizierter ist, irgendwo qualitätssichernde oder gar -steigernde Maßnahmen zu etablieren, werden halt lieber die Einstiegshürden auf der anderen Seite abgebaut, da freuen sich die Leute sogar noch.

Die Änderung bringt wirklich keine wie auch immer geartete Verbesserung. Oder existierte irgendwo ein Notstand, weil sich Fahrer zu gut ausgekannt haben? Und es ist auch nicht so, dass die Prüfung überall so eine riesige Sache ist wie in Berlin, vielerorts ist das eine Sache von drei Wochen lernen und 50€ Geldeinsatz, fertig. Wie tief wollen wir die Hürden denn noch senken?

Hier und da sind Mietwagen bereits eine große Taxikonkurrenz. Meine persönliche Betroffenheit hält sich im Übrigen in Grenzen, in Berlin ist das nicht so und hier werden die autonomen Autos kommen, bevor große Mietwagenflotten ein Ding werden, auch mit dieser Änderung. Ich möchte nur noch einmal mahnend im Hinblick auf die Kundschaft anmerken:

Bei allem Ärgern über Taxiregelungen oder einzelne Arschlöcher bitte nicht vergessen: Mietwagenfahrer haben keine Beförderungspflicht und Mietwagenunternehmen dürfen ihre Preise frei bestimmen. Und bevor der Markt als ach so mächtiges Werkzeug auch nur aufwacht, wird es Surge-Pricing à la Uber geben und schwere Koffer oder Rollstühle erspart man sich als Fahrer halt immer gerne, so rein zeitmäßig … und deswegen halte ich es wirklich für einen ausgesprochen dummen Move, ausgerechnet durch den Abbau von Hürden die Konkurrenz zum Taxi zu stärken.

19 Kommentare bis “Keine Ortskundeprüfung mehr für Mietwagen”

  1. „Der Bundesrat … einfach mal fix die Notwendigkeit … beschlossen.“

    Irgendwo fehlt da noch die Verneinung … also er hat ja die „Nicht-Notwendigkeit“ beschlossen … bzw. die Abschaffung der Notwendigkeit … oder wie auch immer. 😉

  2. Sash sagt:

    @Jens aus Tiflis:
    Upsi. 🙂
    Ist korrigiert, danke!

  3. -thh sagt:

    „Zudem sind viele dieser Fahrten nicht alleine zu machen, so dass beispielsweise der Beifahrer sich um die Routenplanung kümmern kann.“

    Kranken*transporte* unterliegen – im Gegensatz zu Kranken*fahrten* – ohnehin den Rettungsdienstgesetzen der Bundesländer („qualifizierter Krankentransport“), was eine Fahrt alleine ausschließt. (Das ist auch gut so.)

    (Die Relevanz der Änderung ist deshalb insoweit auch eher gering, weil die meisten Krankenkraftwagen durch § 48 Abs. 2 FeV ohnehin von der Notwendigkeit eines P-Scheins ausgenommen worden sind.)

  4. Cliff McLane sagt:

    @Sash, im Mietwagengeschäft herrscht tatsächlich Nachwuchsmangel — allerdings hier auf dem Land. Die meisten Fahrer, die es noch gibt, halten sich mit Krankenfahrten über Wasser. Das bedeutet zugleich, dass du morgens zwischen 5 und 9 und nachmittags zwischen 15 und 19 Uhr keinen Mietwagen bekommen kannst: Das sind die Hin- und Rückfahrten zur Chemo, Dialyse, whatever. Und spätestens um 21 Uhr ist dann für die meisten Feierabend. Einen aus der 30 km entfernten Kreisstadt zu rufen ginge zwar, wäre aber finanziell ruinös.

    Daher halte ich es schon für sinnvoll, die Einstiegsschwellen in dieses Gewerbe gerade auch für junge Fahrer zu senken. So kann sich vielleicht mancher der „Eingesessenen“ einen zusätzlichen Fahrer mit eigenem Fahrzeug leisten, und da die alten ja irgendwann mal sterben werden, einen Nachfolger für sein Geschäft finden.

    Wir haben in meiner Gemeinde noch 2 (in Worten: zwei!) Mietwagenunternehmen mit insgesamt drei Fahrzeugen. Das deckt den Bedarf bei Weitem nicht.

    Dass die Situation in der Stadt anders aussieht, ist mir klar. Aber mit einem einheitlichen Bundesgesetz kann man es eben nicht allen rechtmachen. Vielleicht wären lokale Verordnungen da sinnvoller, aber wie das politisch machbar wäre, da bin ich überfragt.

  5. MsTaxi sagt:

    @Cliff

    Also irgendwie steh ich nun auf dem Schlauch. Einerseits implizierst du viele potentielle Kunden für das Abendgeschäft und andererseits halten sich die Unternehmen mit Krankenfahrten über Wasser. Eine Beschreibung, die ich angesichts der Tarife für Krankenfahrten und steuerlicher Gegebenheiten nachvollziehen kann. Warum verlegt dann keiner seine Hauptarbeitszeit auf den Abend/die Nacht? Sorry, aber irgendwie hab ich da wohl noch nicht alle Infos.

  6. Michael Cadow sagt:

    Mein Lob….sehr treffend formuliert……
    Ich kann auch nicht verstehen ,das Unwissenheit belohnt wird.
    Es ist schon was besonders…..Taxifahrer zu sein…….
    Ich finde, ich kann für Geld schon ein gewissen Fachwissen verlangen, als Kunde .
    Bei mir hat sich noch nie ein Fahrgast beschwert ,das ich mich auskenne und die Grundlagen beherrsche.

    Ich finde, auch in der Navizeit ,
    sollte ein Taxifahrer und Mietwagenfahrer sofort wissen ,
    bei Nennung des Fahrzieles ,
    in welche Richtung er zu starten hat und während der Fahrt sollte er doch auch wissen, wo wir uns gerade befinden……. in unserer wunderbaren Hauptstadt Berlin.
    Ich glaube, das ist nicht zuviel verlangt,etwas Wissen und Voraussetzungen(Gesundheit) für eine Dienstleistung zu verlangen…….

  7. ednong sagt:

    Der Fahrer, der mich fährt, sollte schon wissen, wie man das Ziel auf dem kürzesten Wege erreicht. Wenn das – bei Teilen von Transporteuren – nicht mehr notwendig ist, dann gute Nacht. Wird wahrscheinlich ohne Ende Beschwerden über „diese blöden Taxifahrer“ geben, die dann nicht mal Schuld dran sind …

  8. Michael Cadow sagt:

    Ich finde auch den Unterschied zu einem „Transporteur“ ……
    bitte ich eine Dienstleistung als Taxifahrer :
    Ein Freundliches Guten Tag
    Ein Lächeln,wenn ich dem Fahrgast behilflich bin ,
    Dem Fahrgast Aufmerksamkeit geben……
    🙁 nicht weiter telefoniern,rauchen ,essen,nicht in der lage zu sein ein Navi zu bedienen etc.( die beschwerden meiner vielen Kunden)
    Ein Gespräch führen,fragen beantworten und und unsere Stadt mit meinem Fachwissen(P-Schein) auf der Fahrt näher bringe.
    Gleichzeutig wähle ich den kürzestens Weg ,damit ich den Fahrgast zu einem festen günstigern Tarif zu seinem Fahrziel bringe.
    Ich gehöhre noch zur alten Garde von Taxifahrern, die ohne Navi klar kommen und Kaupert und Stadtplan lesen können
    Ich „Diene“ meinem Fahrgast sehr gerne ……Meine Dienstleistung kommet sehr gut an 🙂

  9. Cliff McLane sagt:

    @MsTaxi, die fehlende Info gebe ich dir gerne:

    In meinem ländlichen Bezirk sind die beiden Mietwagenunternehmer Familienväter, die KÖNNEN ganz einfach nicht ihre Hauptarbeitszeit in die Nacht verlegen, obwohl sich viele junge Kunden vor allem am Wochenende darüber freuen würden und die „Rennleitung“ dann auch nicht mehr so viele Führerscheine einkassieren würde.

    Daher halte ich das Senken der Eintrittsschwelle für so ein Gebiet für eine vernünftige Lösung. Junge Fahrer haben meist (noch) keine Familie und sind sowieso nachtaktiv. Das könnte tatsächlich eine Versorgungslücke beseitigen.

    Doch, wie Ihr alle ja richtig schreibt, ist die Situation in der Stadt eine völlig andere.

    Wie man das im Detail regelt, das sollte man, wie gesagt, der Lokalpolitik überlassen. So ein „one size fits all“-Gesetz gefällt mir auch nicht.

  10. hafensonne sagt:

    @Cliff

    Ich komme bei Ihnen nicht klar: Meinen Sie TAXI- oder MIETwagenunternehmen?

    Aber ich muss Ms. Taxi zustimmen: Wenn nachts tatsächlich die dicke Kohle zu holen wäre, würden es diese Familienväter auch tun. Und wenn sich die beiden Unternehmer dabei absprechen müssten.

  11. Locksmith sagt:

    Wahrscheinlich ist der Gesetzgeber auf der Seite der Mietwagen, weil diese 19% MwSt für den Staat einbringen.

  12. Alkcair sagt:

    Es gibt tatsächlich Unterschiede zwischen Mietwagen- und Taxiunternehmen, aber die sind rein rechtlicher Natur:

    Wie du schon erwähnt hast, muss ein Mietwagen zurück zur Zentrale fahren, sobald er seine Fahrt beendet hat, sie dürfen sich auch nicht an Taxistände hinstellen. Desweiteren werden Mietwagen IMMER mit 19 % Mehrwertsteuer besteuert, bei Taxen geschieht dies erst ab 50 km Fahrtstrecke.

    Zu ersterem: Das hält mich natürlich nicht davon ab, mich trotzdem an den einen Taxistand, den wir hier in der Samtgemeinde haben, zu stellen… Ich fahre in letzter Zeit öfters mal in meiner Nachtschicht einen der Busse von meinem Chef und die sind allesamt als Mietwagen anstatt als Taxi zugelassen. Unter anderem, um den Kunden die 5 Euro Aufpreis bei Bestellung zu ersparen.

  13. Martin sagt:

    Moin,
    iat das mit der Mietwagenregelung überall so , oder gibt es Regionale regelungen?
    Denn immer wenn ich in Cuxhaven bin stehen dort auch Mietwagen am Taxistand und nehmen auch „laufkundschaft“ auf.

  14. Nania sagt:

    @Hafensonne
    Auch wenn ich Cliffs Fall nicht genau kenne: auf dem Land ist es manchmal schwierig, spontan ein Taxi zu bekommen und genauso schwierig, spontan einen Mietwagen. Nachdem ich beim letzten Mal gesagt bekam, ich müsste in einer 35.000-Einwohner-Stadt 20 bis 30 Minuten auf das Taxi warten (Mittags um 17 Uhr), bin ich die knapp zwei Kilometer zu Fuß gegangen. Da war ich dann zwar auch 20 Minuten unterwegs, leider zeigen die Erfahrungen aber, dass man manchmal noch länger als angesagt warten muss.
    Da bin ich froh, dass ich in der Regel, wenn ich dorthin fahre, abgeholt werden kann.

  15. Börni sagt:

    Alles okay bei dir Sascha?

    10 Tage kein Blogeingtrag, muss man sich Sorgen machen?

  16. Sash sagt:

    @Börni:
    Ich bin vor dem Urlaub nicht mehr zum Schreiben gekommen und muss jetzt gerade noch überlegen, was letzte Woche alles war. So gesehen: Nein, alles in Ordnung. Leichte Verplanung vielleicht, mehr aber nicht. 🙂

  17. Alex sagt:

    Moin Sash,

    wollte dich nur wissen lassen, dass ich dank deines Blogs am Wochenende in einer fremden Stadt entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten für ca. 1km ein Taxi genommen habe, weil es geregnet hat. Auch das Trinkgeld ist dank deiner Werbung höher ausgefallen, als es sonst vielleicht wäre. Du tust hier Gutes für deine Kollegen in ganz Deutschland.

    Auf dem Rückweg hat uns der Wirt kein Taxi bestellt sondern einen Mietwagen. Zugegeben hat er gefragt ob wir einen bestimmten Anbieter wollen, bevor er das gemacht hat. Würde ich hier nicht mitlesen, hätte ich gar nicht verstanden, was da passiert ist. Der Fahrer hat sehr sorgfältig darauf geachtet nicht so zu tun, als wäre das ein Taxi („Haben sie einen _Wagen_ bestellt?“) aber für den unbedarften Kunden ist der Unterschied trotzdem kaum zu erkennen.

    Ich muss gestehen, als Kunde ist es mir ziemlich egal, ob mich ein Taxi fährt oder ein Mietwagen. Aber es war dennoch interessant, das ganze mal mit eine, durch deinen Blog geschärften Blick auf euer Business zu erleben.

    Cheers

    Alex

  18. Lotte sagt:

    Ich lese hier immer den Begriff Fachwissen… Welches „Fachwissen“ muss man sich für den Personenbeförderungsschein denn aneignen? Ist doch ganz grob gesehen ein Zeugnis über die Ortskunde… (Den Schnickschnack drumherum lass ich mal weg… ärztliches OK, Führungszeugnis und so, das sind nur Formalitäten). Das wichtigste Instrument bei der Personenbeförderung ist doch das fahrerische Können, das aber in Bezug auf Magenfreundlichkeit des Fahrgastes oder Patienten eh nicht geprüft wird. Macht für mich also wenig Sinn.

  19. Neeltje sagt:

    Interessant, dass es keine Ortskundeprüfung für Fahrer von Krankentransporten geben soll. In Zeiten von Navigation und Google Maps kann ich diese Entscheidung eigentlich nachvollziehen. Es muss eben auch mit der Zeit gegangen werden, oder?

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