„Warum eigentlich fahren Taxifahrer immer wie die letzten Henker?“
Ich hatte diesen Artikel etwas aufgeschoben, aber da das Thema jetzt durch einen *hüstel* an Sachlichkeit erstickenden Kommentar sowieso wieder Thema ist, bringe ich ihn jetzt.
Zunächst einmal muss ich sagen, dass es für all meine Vermutungen keinen Nachweis gibt. Sorry, ich wünschte mir, es wäre so. Ich versuche nun nur, ein paar halbwegs schlüssige Überlegungen anzustellen.
Fahren Taxifahrer anders als andere Autofahrer?
Selbstverständlich. Inwieweit sich das auswirkt, ist dann eine Detailfrage, aber natürlich fahren wir anders. Wir sind Berufskraftfahrer und unsere berufliche Existenz hängt von unserem Führerschein (also auch dessen kurzfristigen Verlustes) ab. Andererseits fahren wir nicht für uns selbst, sondern auf Wunsch uns fremder Menschen. Außerdem haben wir mehr Fahrpraxis als der Durchschnitt, kennen uns in unseren Gebieten meist gut aus und haben ein paar sehr wenige Sonderrechte. Mit anderen Worten: Es ist nicht verwunderlich, dass wir anderen Verkehrsteilnehmern auffallen.
Zudem darf man nicht vergessen, dass schon unsere meist deutliche Kennzeichnung uns in den Fokus rücken lässt. Wir kennen das alle: Schneidet uns ein Audi-Fahrer, dann vermuten wir das Problem bei der Automarke, schleicht ein älterer Fahrer vor uns her, dann liegt es wohl am Alter. Und von den Vorurteilen Frauen gegenüber will ich besser erst gar nicht ausführlich berichten. Und ganz egal, wie viele Gegenbeispiele wir kennen: Wir suchen nach Mustern, so ist unser Gehirn halt. Sprich: Wenn ein Taxifahrer wie ein Idiot fährt, sortieren wir gedanklich Taxifahrer unter Idioten ein. Hab ich selbst schon gemacht, so ironisch das auch sein mag.
Aber die Taxifahrer heizen doch alle wie Sau!
Glaubt es oder nicht: Das ist alles andere als klar. Natürlich versuchen wir, unsere Geschäfte schnell abzuschließen, wir kennen die Gegend, wir erfahren sogar oft via Funk von Kollegen, wo geblitzt wird. Natürlich verleitet das hier und da mal. Andererseits büßen wir den P-Schein schneller ein als andere ihren Führerschein und wir sind zudem weit mehr unterwegs als der Durchschnittsfahrer. Statistisch gesehen ist es reichlich unglaubwürdig, dass Taxifahrer auf lange Sicht schlechter abschneiden können im Vergleich zu Hans Mustermann.
Wo sind die tatsächlichen Unterschiede?
Wenn ich was aus meinem Alltag (jenseits der gelegentlichen 10 – 15 km/h Geschwindigkeitsübertretung) weiß, dann folgende Dinge:
Taxifahrer sind oft abgelenkt.
Die Kunden quasseln auf einen ein; man versucht nebenbei den Weg zu finden und an die neue Baustelle hat man im Gegensatz zum Berufspendler oder Anlieger auch mal wieder nicht gedacht.
Taxifahrer halten oft unerwartet.
Teil unseres Jobs ist es; Menschen, die uns ranwinken; mitzunehmen. Das erfordert manchmal recht unvorhersehbare Stopps.
Taxifahrer fahren manchmal langsamer als erlaubt.
In manchen Straßen, manchen Vierteln, rechnen wir mit Winkern. Da kann eine langsame Fahrt der Verkehrssicherheit zuträglich sein.
Taxifahrer fahren links langsamer.
Die gewerbeinterne Regel, keine freien Kollegen zu überholen, führt manchmal zu seltsamen Verhaltensweisen.
Taxifahrer blinken oft rechts und biegen dann links ab.
Wir müssen den Kunden Folge leisten und manchmal sind die gar nicht so zurechnungsfähig, wie man hofft.
Taxifahrer halten oft an ziemlich unangebrachten Stellen.
Ja, das ist wahr, aber wer selbst schon einmal bei laufender Uhr in einem Taxi saß, wird vielleicht verstehen, warum wir nicht dreimal um den Block fahren, um einen Parkplatz zu finden.
Das ist keine Entschuldigung für schlechtes Benehmen!
Natürlich entbindet uns Taxifahrer das oben gesagte nicht davon, auf der Straße achtsam zu sein und niemanden zu behindern oder gar zu gefährden. Natürlich gehört auch diese Professionalität zu unserem Job. Aber im Alltag kann das ein schwieriger Interessenausgleich sein, der mitnichten immer nur von den Fahrern aus Bequemlichkeitsgründen entschieden wird. In welcher Entfernung zu wem darf ein Taxifahrer bremsen, wenn er Kundschaft sieht? Was machen, wenn die Kunden rechts sagen und drei Sekunden später nach links zeigen? Natürlich ist eine rücksichtslose Gefährdung anderer keine Option, aber ebenso natürlich machen wir Taxifahrer auch hierbei – gerade in den größten Stresssituationen – mal Fehler. Das aber, weil wir Menschen sind, nicht Taxi- (oder Audi- oder Freizeit-)Fahrer.
Wat willste eigentlich sagen?
Ich möchte gar nichts besonderes sagen. Wenn ich mal Mist baue, bin ich bereit, dafür einzustehen. Ob das dann Absicht, Fehler oder was auch immer gewesen sein wird. Aber dann bitte, ohne dass alle da draußen Kollegen mitmeinen, die in einem anderen Auto für einen anderen Chef in oftmals einer anderen Gegend unterwegs sind! Ich bin nicht nur Taxifahrer. Ich bin auch Autofahrer, Verheirateter, Fußgänger, Blogger, Mensch, etc. … ebenso wie Audifahrer Familienväter sein können oder Blondinen Diplomphysikerinnen. Die Einsortierungen in Schubladen liegt nahe, ich weiß das, ich handhabe das leider oft selber so. Das macht es leider nicht richtiger.