Die „guten“ Touren immer zuletzt

So hatte ich mir das heute morgen jedenfalls gedacht. Die Schicht war neun, abzüglich der Zeitumstellung acht Stunden alt. Nicht komplett vorbei, aber auf gutem Wege. Und die Tour war super, wenn auch noch einiges an Weg zum Abstellplatz zurückzulegen war. Noch ein oder zwei Winker hätten ja gut gepasst.

Stattdessen stieg mir nach dieser netten Plauderrunde mit fantastischem Trinkgeld sogar umgehend eine weitere Gruppe zu. An der Kulturbrauerei, direkt nach dem Absetzen des wohl besten Fahrgastes. Ich wollte schon weiterfahren, weil ein paar Kollegen dort an der Halte standen – dann aber sah ich, dass es eine Großraumtour werden würde, die keiner der Kollegen machen konnte: Der besoffenen Honks waren es fünfe. Ich möchte die Ausdrucksweise über meine zahlende Kundschaft nicht einreißen lassen, aber es waren Honks. Alles Männer zwischen 40 und 50, voll bis Oberkante Unterlippe und rumnervend wie es mir mit 17 nicht eingefallen wäre.

Aber gut, Zusatzsitz raus, gute Miene zum bösen Spiel, die rocken wir jetzt auch noch weg!

„Wo soll’s hingehen?“

„Dallgow-Döberitz.“

Fuck!

30 Kilometer, 50 Minuten. Und ich hätte sie ablehnen dürfen. Aber klar, das Geld … und sie saßen nun ja schon drin …

Aber was war das für eine Tortur. Bitten, die Uhr auszumachen – wegen 100 Meter baustellenbedingtem Umweg. Lautes Rumbrüllen, langweilige Stories … aber das steckt man als Nachtfahrer ja noch locker weg. Die waren eh so druff, die hätten nach 10 Minuten alle pennen müssen. Aber nein: Stattdessen haben sie in abwechselnder Besetzung jeden Kumpel gepiesackt, der eingeschlafen ist. Laut, mit Ohrfeigen und dummen Sprüchen. Der hinter mir trat mir gelegentlich ins Kreuz, der in der letzten Sitzreihe beschwerte sich andauernd. Dauernd Nachfragen, wann wir endlich da wären, unterbrochen durchs Brüllen derer, die wachgeohrfeigt wurden … alter Schwede. Und dafür hab ich meinen Feierabend um eine ganze Stunde verschoben.

Ich bin wirklich NICHT zu alt für den Scheiß. Ich mag die chaotischen Truppen auf eine gewisse Art ja auch ganz gerne. Aber die Kombination aus unlustig, laut, lang und nervig im Zusammenspiel mit meiner Müdigkeit, der falschen Richtung … das fällt so eben auch selten zusammen.

Aber man sollte ja auch die positiven Seiten nicht vergessen: Ich hätte sonst nicht mehr so viel Umsatz gemacht – und außerdem fühlt sich der Feierabend nach so einer Fahrt auch WIRKLICH gut an. 🙂

3 Kommentare bis “Die „guten“ Touren immer zuletzt”

  1. elder taxidriver sagt:

    „Der besoffenen Honks waren es fünfe‘

    In einem sechs-Wörter-Satz mal eben drei Sprachebenen touchiert, ist auch ’ne Kunst ..
    (Hochsprache, Slang, Berlinisch)

  2. Senfgnu sagt:

    Das ist auch mein Lieblingssatz für heute. Ich liebe Niveauvermischung 🙂

  3. MsTaxi sagt:

    Bei solchen Kunden sehe ich den Arbeitslohn eigentlich als Schmerzensgeld an. 🙂

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