SuDie die Zweite…

Kollege Torsten von taxi-blog.de hat heute ein auch bei mir schändlichst unter den Tisch gekehrtes Thema angesprochen: Das Siezen, bzw. Duzen im Taxi.

Wie redet man sich im Taxi an?

Klar ist das kein Thema, das irgendwelche Patentrezepte kennt. Aber es steht nicht nur manchen Kunden die Frage ins Gesicht geschrieben, ob sie mich duzen oder siezen sollen – nein, auch ich tue mich bisweilen schwer bei diesem Thema.

Ich für mich selbst bin da anspruchslos, aber ich bin in einem Alter, in dem es noch ein Kompliment sein kann, gesiezt zu werden, ebenso aber schon eines sein kann, mich zu duzen.

Ich bin stets höflich, nicht nur bei der Arbeit, und ab einem gewissen Alter ist es klar, dass ich Menschen sieze. Ich stimme Torsten bei seinem Abschlusssatz zu: Respekt lässt sich nicht an einer Höflichkeitsform festmachen, was ja auch ein nicht unbekannter Ex-Aussenminister mit seinem zum geflügelten Wort gewordenen „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“ eindrucksvoll bewiesen hat.

Aber ich bin ja auch Nachtfahrer. Viele meiner Kunden sind jünger als ich, und in meiner und den nachfolgenden Generationen wird das Siezen offensichtlich immer unwichtiger. Das ist im Übrigen kein Wehklagen über die deutsche Sprache, sondern eher ein mit anerkennender Bewunderung geschriebener Satz, da mich die Wandlungsfähigkeit von Sprache weit mehr fasziniert als gewisse Worte an sich.

Wie also verhält es sich bei mir:

Die typischen Abend-Kunden vom Bahnhof sieze ich ohne Ausnahme eigentlich. Gelegentlich sind Leute in meinem Alter dabei, die während der Fahrt automatisch ins „Du“ verfallen, oftmals mit der Anmerkung:

Ähm, ist jetzt schon ok, wenn ich Du sag, oder?“

Je später die Nacht, desto Du.

Natürlich achte auch ich darauf, nur Leute zu Duzen, die von sich aus offen auf mich zugehen. Bisweilen tut ein wenig Distanz ja auch ganz gut, und nicht zuletzt wirkt sie auch professionell, was den ein oder anderen auch mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Aber es kommt schon vor, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob ein Du angemessen ist – etwa weil das Alter an der Grenze liegt und das Gespräch eher stockend ins Rollen kommt.  Solche Zweifelsfälle sind selten und in den meisten Fällen bleibe ich dann beim Sie, weil man damit bei Leuten über 20 zumindest mal keine beleidigte Reaktion hervorruft.

Also: Ich werde öfter geduzt als ich es selbst tue, sehe darin aber kein Problem. Auch Höflichkeit gehört zur Dienstleistung, und es liegt mir fern, mir Gedanken darüber zu machen, ob es jetzt respektlos von einem Fahrgast war, dass er mich geduzt hat, obwohl ich beim Sie geblieben bin. Ich merk auch an anderen Dingen, ob mich mein Gegenüber respektiert, und oftmals ist dieses Duzen auch geradezu „lieb“ gemeint. Gutes Beispiel dafür sind alte Opas, die mir was übers Taxifahren zu DDR-Zeiten erzählen und dabei zwangsläufig immer auf ein „Das kannst Du ja nicht mehr wissen…“ zurückfallen.

Bei Kollegen fällt es mir irgendwie aber schwerer. Klar, die die ich kenne und die aus meiner Firma duze ich. Da wär ich schnell verschrieen, wenn es anders wäre. Aber als „Neuer“ und „Junger“ fällt es mir bisweilen schwer, auf 60-Jährige zuzugehen und sie zu Duzen. Aber auch da gewöhnt man sich ja so seine Tricks an…

Und als Kunde habe ich bisher jeden Taxifahrer gesiezt. Zumindest zu Beginn. Wenn man sich dann aber über den Umsatz der Schicht unterhält, kommt man doch auch schnell aufs Du 🙂

Zu guter Letzt: Auch wenn ich grundsätzlich keinen besonderen Wert auf Höflichkeit in Form der Ansprache lege: Die Antworten auf „Du, machste mal 10 pauschal?“ und „Entschuldigen Sie, ich hab nur noch 10 €…“ fallen bei meiner Wenigkeit eigentlich immer unterschiedlich aus…

War jetzt etwas durcheinander und unklar? Stimmt. Aber so ist es eben…

14 Kommentare bis “SuDie die Zweite…”

  1. Basti sagt:

    Hallo Sash,
    der Satz: Je später die Nacht, desto du – hast du auf den Punkt gebracht. Ich denke mal, das es vielleicht auch mit am Alkohol liegt. Wenn man von einer Feier kommt und man hat was getrunken ist die Zunge sowieso lockerer. Ansonsten kommt es vielleicht auf die Sympatie an.Sowas klärt sich meist nach wenigen Sätzen.Ich bin auch kein großer Fan von „Sie“.Wenn ich so nachdenke, wäre ich auch gar nicht auf die Idee gekommen dich hier im Blog zu siezen.Das hat aber nichts mit Respektlosigkeit zu tun!!!Mit dem „du“ wird es eben persönicher….

  2. Sash sagt:

    @Basti:
    Es ist komisch, aber „im Internet“ hat sich das Du ja auch sehr verbreitet. Da lege ich überhaupt keinen Wert drauf. Bei vereinzelten Leuten hab ich mal beim Kommentieren nachgefragt, weil es mir angemessen erschien – aber auch da hab ich jedes Mal ein „Sag du!“ zurückbekommen.
    Aber sowas liest sich gerade bei Blogs mit vielen Kommentaren auch meist von selbst raus. Ich meine, ich bin – wenn auch nicht ohne Nachdenken – auch dazu übergegangen, in meinen Beiträgen „ihr Leser“ und nicht „sie Leser“ zu schreiben. Würde auch zu meinem Blog in keinster Weise passen. Aber es gibt so Kandidaten, die gerne eine gewisse Distanz haben wollen – und die sollen sie auch haben. Ich mach es so, und wenn ihr kein Problem damit habt: Erledigt!
    Was das im Taxi angeht:
    Vom Alkohol würde ich das nur bedingt abhängig machen. Es liegt in meinem Fall eher an der Alterstruktur. Um 5 Uhr morgens feiern meist nur noch Leute bis 30. Um es mal grob zu vereinfachen. Abends hab ich halt oft noch ganz anderes Publikum.

  3. Nessa LG sagt:

    Hmm… Da ich grundsätzlich im Alter-Schätzen so derbe schlecht bin, würde ich Leute, die, wie ich glaube, älter sind als ich grundsätzlich erst einmal siezen. Es wird mir andersrum auch schwer fallen, die Schüler der 10. Klasse nach 6 Wochen Sommerferien nicht mehr zu duzen, sondern zu siezen… Nicht-Schüler dürfen mich aber grundsätzlich duzen. Mit Ausnahmen… Es ist also nicht nur im Taxi kompliziert… Argh.

  4. daju77 sagt:

    „Je später die Nacht, desto Du.“ Das klingt gut und stimmt.

  5. Sash sagt:

    @Nessa LG:
    Klingt wirklich nicht besser als bei mir 😉
    Mein Beileid.

    @daju77:
    Ja, der Satz ist echt gut geworden 😀

  6. Kat sagt:

    Mich darf jeder duzen, an Sie kann ich mich mit 25 immer noch nicht gewöhnen.

    In meinem Job (Kino) duze ich Leute, die jünger oder nicht wesentlich älter scheinen als ich und alle die mich duzen, egal welchen Alters.

    Trotzdem bin ich froh über jeden englisch sprechenden Gast, es kann ja so einfach sein. 🙂

  7. Sash sagt:

    @Kat:
    Kenne ich. Und ich denke, dass das auch durchaus eine Generationenfrage ist.

  8. Meister Hutgewinde sagt:

    Aha: You can say you to me?!
    Aber ernsthaft, auch als „alter Sack“ habe ich kein Problem damit geduzt zu werden. Das mag aber eher am Web liegen, da hier die Siezerei eher stockend für die Kommunikation erscheint.
    Es ist wohl eher keine Generationenfrage sondern eine Frage, wo und wie man am meisten kommuniziert. Der „laxe“ Ton schleicht sich schnell bei gemeinsamen Interessen ein. 😉

  9. […] Umgangsarten habe ich natürlich auch im Auto. Und ich bin da durchaus gewohnt, mitzuwechseln. Vom Du zum Sie, vom Machma zum Bitte, vom prolligen Kumpel zum seriösen Chauffeur – hab ich alles […]

  10. […] ist der Eintrag: SuDie die Zweite. Und ich kann den noch heute weitgehend unterschreiben. Nur bei den Kollegen bin ich inzwischen […]

  11. […] ← SuDie die Zweite… […]

  12. […] aus fremden Firmen duzen kann, ohne darüber nachdenken zu müssen. Mit der Kundschaft ist das – wie schon mehrfach besprochen – unterschiedlich. Manche Menschen hält man geradezu gerne mit einem professionellen Sie auf […]

  13. […] Es ist ja schon kompliziert genug mit dem Duzen und dem Siezen im Taxi. Neulich wurde mir irgendwo in den Weiten der Internetkommentarspalten unter einem Zeitungsinterview bereits attestiert, unfreundlich zu sein, weil ich in einer Anekdote Kotzer geduzt habe. Zu dem Thema kann ich eigentlich nur einen alten Text verlinken. […]

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