Nee, das mit Weihnachten haben wir hinter uns!
Aber da war doch noch was, stimmt’s? Genau. Wir schreiben den 28. Dezember. Zumindest, so wir einen Grund haben, das Datum irgendwo niederzuschreiben. Aber vielleicht sollten wir, denn wie uns die Beklopptenwelle um den 21.12.2012 gezeigt hat, kann es noch tausende Jahre später Idioten geben, die den Fakt missbrauchen, dass man über ein Datum nichts geschrieben hat. Ich will also meiner Chronistenpflicht nachkommen und nicht nur den heutigen 28. Dezember, sondern gleich auch noch das diesjährige Silvester erwähnen. Die Weltuntergangsfanatiker können sich zurücklehnen, die Apokalypse bleibt auch an diesem Tag aus. Zumindest als globales Ereignis. Im Taxigewerbe weiß man das jedes Jahr aufs Neue nicht und deswegen schreibe ich auch immer etwas dazu.
Meine Stammleser können sich zurücklehnen, ich schreibe diesen Text wirklich jedes Jahr, seit ich an Silvester ins Taxi steige. Seitdem hat sich nichts geändert. (Falls jemand will: hier die Texte zu Silvester 2011 und 2010 )
Aber schon alleine der BOBs wegen hat GNIT auch 2012 zahlreiche Neuleser und von denen ist nicht jeder so liebenswert bekloppt (ich meine das ernst, ich liebe euch dafür!), diesen Blog komplett durchzulesen und damit schon auf dem Laufenden.
Ausnahmezustand!
In manchen Städten kennt man das auch von verschiedenen Großveranstaltungen, in Berlin ist die Silvesternacht eher eine Ausnahme: es ist die Nacht, in der das Taxigewerbe scheinbar zusammenbricht. Silvester wird von einem Großteil der Menschen hierzulande gefeiert, in dieser Nacht ist in fast jeder Bude eine Party. Nicht nur in den Clubs wie sonst auch. Das heißt, dass etliche Leute betrunken sind, die es sonst nie sind und etliche Leute Taxi fahren, die uns sonst nur mit dem Arsch ansehen. Dazu kommt, dass Silvester recht zuverlässig während einer kalten Nacht stattfindet und das Feiern auch unter Taxifahrern recht verbreitet ist. Kurzum: In dieser Nacht gibt es zahllose Kunden und im Vergleich nur wenige Taxen!
Toll und Scheiße – zwei Seiten einer Medaille.
Für uns Taxifahrer bedeutet das zwei Dinge: Zum einen ist die Nacht lukrativ wie sonst keine und einige Kollegen fahren deshalb freiwillig Schichten, deren Dauer nicht ohne Grund seit etwa 20 v. Chr. nicht mehr legal ist. Die Umsätze sind von Abends bis fast Mittags bombig, je nach Glück verdient man hier in Berlin als Taxifahrer das zwei- bis dreifache einer guten (!) Wochenend(!)-Schicht. Auf der anderen Seite hat man es mit überdurchschnittlich schwierigen Kunden zu tun. Fast alle haben lange auf ein Taxi gewartet, fast alle sind betrunken und oftmals führt das dann dazu, dass sich die Fahrgäste streiten oder allgemein nicht gut auf uns Taxifahrer zu sprechen sind. (Hier kann man lesen, weswegen man sich als Taxifahrer in der Nacht gerne mal das Superman-Hemd anlegt)
Und zu all jenen Fahrten gesellen sich dann noch diejenigen mit Menschen, die an Silvester todunglücklich sind, realisiert haben, dass das Jahr scheiße war, akut vom derzeitigen Tag enttäuscht sind oder einfach Bock auf eine Depri-Phase haben. Ebenso das ganze Glas und die Böller auf den Straßen und die laut Murphy erhöhte Chance auf eine Autopanne. Von ganz absurden Geschichten mal abgesehen.
Keep cool!
Deswegen muss ich einmal mehr sagen: Bleibt ruhig an Silvester und erwartet nicht zu viel von uns!
Die Taxifahrer, die sich in dieser Nacht auf die Straße schmeißen, anstatt angemessen besoffen ins Bett zu fallen, können nichts dafür, dass sie zu spät sind, dass eine Bestellung nicht funktioniert oder dass es vielleicht gar nicht geht.
Wie immer möchte ich euch keineswegs vom Taxifahren abhalten, aber in dieser einen Nacht geraten wir an unsere Grenzen und ebenso wie ich werden wahrscheinlich alle Fahrer keinerlei Bestellungen annehmen. Und das ist gut so!
Am effektivsten arbeiten wir nämlich, indem wir einfach an jedem Eck jeden Kunden mitnehmen und so insgesamt für möglichst wenige Leerkilometer sorgen – sprich: mehr Leute in kürzester Zeit befördern. Das ist für den einzelnen vielleicht mal scheiße, aber wir tun unser Bestes, versprochen! Wir haben zu keinem Tag im Jahr mehr Stress, aber genau deswegen haben es auch an keinem Tag des Jahres Arschlöcher schwerer, ein Taxi zu bekommen. Wer also glaubt, sich seinen Platz mit Gewalt und Hass sichern zu müssen, wird eher in die Röhre gucken als die vernünftigen Leute!
Und wenn ihr es eilig haben solltet, kümmert euch privat um einen Fahrer!
Ich bettele sonst nicht darum, aber bitte shared, retweetet und verbreitet diesen Artikel in jeder Form! Mein Umsatz in dieser Nacht wird ok sein, dafür muss ich nichts tun. Aber es wäre mir ein Anliegen, wenn wir alle bis zuletzt – also der Taxifahrt nach Hause – ein schönes Silvester hätten! Plant die Wartezeit ein, seid nett und denkt daran, dass wir Taxifahrer trotz all dem Stress selbst in den besten Stunden kaum über 20 € Stundelohn kommen werden – beileibe also kein Betrag, für den man sich alles antun muss!
Mein Silvester
Obwohl meine mal wieder ausgeprägte Geldknappheit durchaus fordern würde, mich ebenso wie viele Kollegen 12, 14 oder sogar 16 Stunden in den Kampf zu werfen, werde ich voraussichtlich wieder ab etwa 1.00 Uhr im neuen Jahr starten, wenn die Luft wirklich brennt – nachdem ich mir einen schönen Abend mit Ozie gemacht habe. Und ich hoffe, ihr gleicht mein fehlendes Engagement mittels Lesen, Einkaufen und Schenken schon aus 😉
Ich freue mich auf Silvester und hoffe, ihr tut es auch. Es ist eine schöne Nacht und sie wird hoffentlich ein würdiger Abschied fürs Jahr 2012. Ich wünsche mir nur, dass ihr gerade wenn ihr betrunken seid noch zu schätzen wisst, was wir Taxifahrer für euch tun!
Rock on und ein frohes Jahr 2013!