Superman-Hemd, yes!

Ich hab nicht ohne Grund meinen „Silvester im Taxi„-Artikel geschrieben. Die Situation an Silvester war eben genau so, wie es zu erwarten war: Die unbesetzten Taxen waren rar und folglich waren auch ein paar eher verzweifelte Gesellen unterwegs. Nach wie vor tut mir das leid für jeden einzelnen. Ich würde ja gerne alle Fahrgäste in dieser Nacht mitnehmen, aber mein Tag hat auch nur 24 Stunden…

Mein letzter Fahrgast vor der Autopanne war insgesamt eine halbe Stunde in meinem Wagen und sichtlich irritiert davon, wie viele Menschen winken, wenngleich wir doch wenigstens ohne leuchtende Fackel unterwegs waren. Er selbst gehörte zur eher lockeren Sorte und lud mich mehr oder weniger zu einer Raucherpause mit laufender Uhr an der East-Side-Gallery ein. Ein paar hundert Meter vorher hatten wir dann allerdings die „freundlichste“ Begegnung des Abends. Ein reichlich genervt und dümmlich dreinblickender junger Mann beließ es nicht beim Winken, sondern schritt auf die Fahrbahn, als ich keine Anstalten machte, das Tempo zu drosseln.
Das tat ich fortan zwar leicht, wechselte ansonsten aber auf die linke Spur und fuhr zügig vorbei. Die an sich völlig logische Tatsache, dass ich meinen Fahrgast noch zu seinem Ziel bringe, anstatt besser den übereifrigen Fußgänger einzuladen, quittierte er damit, dass er uns sein Bier in einem Schwall über die Windschutzscheibe leerte, als wir vorbeifuhren.

OK, der Scheibenwischer lief eh und der Kerl hatte jetzt weniger Bier… was soll’s?

Wir hielten also bald darauf an und rauchten wie geplant eine Zigarette. Kurz darauf kam just jener Evolutionsverweigerer mit seiner Truppe angelatscht, wir lagen wohl auf dem Weg. Dann machte er mich mit genervtem Unterton an, wer von uns denn „dieses Ding da“ fahren würde.

Daraufhin hab ich in Anbetracht der vergangenen Ereignisse ziemlich gehässig gesagt:

„Ich. Aber mach dir keine Hoffnung, denn DICH werde ich ohnehin nicht fahren!“

Wirklich gerafft hat er das nicht, aber einer seiner Kumpels fühlte sich berufen, zu fragen:

„Was soll’n des? Wohl mit’m Superman-Hemd geschlafen heute Nacht!?“

„Ja, heute ausnahmsweise mal schon. Viel Spaß noch bei der Taxi-Suche!“

Leute, ganz im Ernst: So rede ich eigentlich nie mit potenziellen Kunden! Egal, ob ich besetzt bin oder nicht. Aber derartige Dünnbrettbohrer könnten mir auch Montags gestohlen bleiben! Es ist schön, sie in einer Nacht zu treffen, wo man sich im Nachhinein mal kein schlechtes Gewissen machen muss. 😀

Es tut mir leid für alle, die in dieser Nacht leider kein Taxi erwischt haben, aber ich und meine Kollegen haben alles menschenmögliche versucht. Wer meint, es ausgerechnet uns, die wir arbeiten, während fast alle anderen feiern, mit Häme, Gewalt oder Missgunst danken zu müssen, der muss halt laufen. Für diese Form der Gerechtigkeit lege ich mir gerne Nachts das Superman-Hemd an 😉

8 Kommentare bis “Superman-Hemd, yes!”

  1. Seismo sagt:

    Es ist doch schön wenn man so einem Arschloch einmal etwas Feedback geben kann. *gg*

  2. Gut gelöst – Ich habe an Neujahr für mich und Freunde um 5 Uhr morgens versucht am Bremer HBF ein Taxi zu kiregen. Die Zentralen hoffnungslos überlastet, am HBF waren alle 4 Stände mit jeweils 20 Plätzen wie leergefegt. Nach 20 Min am Stand, gaben wir es auf und begaben uns auf eine größere Hauptstraße…mit Erfolg: Ein Taxi hielt gerade an um eine Gruppe rauszulassen…und kaum waren die einen draußen, waren wir schon drinnen. Sowas wünscht man sich doch ständig 😉

  3. Krüml sagt:

    Versuch mal deinen besoffenen Freund davon abzuhalten, jedem Fahrzeug zuzuwinken, dass auf der Straße fährt .. und wenn er gerade nicht am winken ist, fahren unbesetzte Taxen an einem vorbei. Sowohl auf der Frankfurter Allee, als auch am Alex. War irgendwie frustrierend und die Fahrt mit der Bahn letztendlich zwar billiger, allerdings auch nerviger. Ich hätte gerne einem Fahrer nen bisschen Geld in die Hand gedrückt ;D Mach ich eh gerne, seitdem ich deinen Blog lese….davor bin ich auch nicht wirklich Taxi gefahren.
    Nunja, jedem das seine. Aber solche Idioten würde ich auch nicht fahren wollen

  4. STK sagt:

    Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Den Spruch hat mein Opa immer von sich gegeben und diesmal scheint er zu passen…

  5. Bei solchen Gestalten zweifel ich auch, dass der Mensch vom Affen abstammt. Affen benehmen sich logischer!

  6. Aro sagt:

    @Krüml
    Unbesetzte Taxis? Vielleicht hatten die einen Funkauftrag und fuhren gerade zum Fahrgast abholen. Oder sie mussten tanken. Oder nach Hause zum Schlafen. Oder sie waren Sash, der sein verendendes Autochen noch zum Abstellplatz fuhr. Das würde auch mit der Gegend passen.

  7. Krüml sagt:

    @Aro: Keine ahnung. Ich hab zwei von gefühlten 1000 mit leuchtenden Fackeln gesehen, und das heißt meines Wissens unbesetzt. Und der eine ist auch nicht rechts auf der Seite der Fußgänger gefahren, sondern die Spur ganz links. Keine ahnung, was die da wollten. Das andre war auf der andren Straßenseite undhat keine Minute später nen paar Menschen eingepackt XD

  8. Sash sagt:

    @Seismo:
    Oh ja, das war es 🙂

    @Busfahrer Michael:
    Ja, so kann es laufen. Ich hab meine glücklichen Fahrgäste auch immer wie erwartet auf der Straße gefunden.

    @STK:
    Mit dem Unterschied, dass dieses Mal ich mich wie Gott fühlen durfte 😀

    @Der Maskierte:
    Naja, immerhin hat er versucht, Bier als Waffe einzusetzen. Das ist doch… ok, du hast Recht! 😉

    @Aro:
    Ich hab in der Nacht auch einige freie Kollegen gesehen. Als ich um 1:30 Uhr losgefahren bin, hab ich es über 2 Kilometer weit geschafft ohne Kundschaft. In den letzten Jahren waren das nur 200 bis 400 Meter…

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