Lachhaft schlechter Rotz

oder kurz LSR.

Nein, natürlich ist das ein Backronym, mal eben von mir erfunden und gar nicht so schwer zu konstruieren, weil man sich bei dem Thema beherzt in den tiefsten Schimpfwort-Niederungen der deutschen Sprache bedienen kann. Das Kürzel LSR steht vorerst noch für Leistungsschutzrecht, ich bin aber zuversichtlich, dass sich meine Interpretation bereits kurz nach Einführung desselben einbürgern könnte.

Warum ich das Thema hier aufgreife? Nun, zunächst mal geht es natürlich auch alle Leser und Schreiber im Netz was an, vor allem aber lässt sich die Geschichte wunderbar mit Taxi-Analogien erzählen. Sehr gekonnt hat es beispielsweise jetzt wieder Bulo gemacht:

Männschen und Medien: Das Wesen des Leistungsschutzrechts zusammengefasst in einem Cartoon

Wer sich mit dem Thema bisher nicht befasst hat: Es geht – ebenso vereinfacht augedrückt wie in dem Cartoon – darum, dass (je nach Entwurf) alle Autoren / gewerbliche Seiten / nur Google an die deutschen Zeitungsverlage zahlen müssen, so sie deren „Content“ nutzen. Dieser Content soll im Gegensatz zum normalen Urheberrecht (das das Zitatrecht beinhaltet und eine gewisse Schöpfungshöhe und damit auch eine gewisse Länge des „Contents“ voraussetzt) auch kleinste Info-Fetzen umfassen, ggf. würde schon das Erwähnen einer Überschrift reichen. Der Grund ist einfach: Google verdient im Netz Geld und die Verlage nicht. Deswegen wollen die Verlage, dass Google dafür zahlt, sie zu verlinken. Obwohl sie erst durch Google die Besucher kriegen, mit denen sie dann Geld verdienen. Klingt bekloppt? Ist es auch. Hochgradig. Immerhin so bekloppt, dass es relevante Teile der Regierung für sinnvoll halten. Und das – hierfür Respekt an die Verlage – muss man ja auch erst mal schaffen.

Ich hab dieses Jahr schon zwei Texte zum Leistungsschutzrecht geschrieben (hier Nummer 1 und Nummer 2)

Insbesondere im zweiten Text gibt es noch lesenswerte Links zum Thema. Hier wiederholen möchte ich natürlich zum einen die Taxi-Analogie, die ich bereits in einem der Texte erwähnt hatte:

Künftig könnten uns große Hotels Werbeflyer zustecken und wenn wir mit diesen Werbeflyern dann Kunden zu ihnen locken, kassieren sie von uns Taxifahrern noch kurz eine Gebühr, weil wir ihren Flyer genutzt hätten dafür. Obwohl wir die Kunden ansonsten ja auch zum Hotel mit der längsten Fahrt hätten bringen können.

Aber man kann das Ganze – das wäre dann meine Forderung 😉 – natürlich auch umkehren:

Wenn ich künftig vor einem Hotel halte und die Portiers geleiten einen Fahrgast zu mir, dann kassiere ich einfach noch ein kleines Trinkgeld – schließlich profitiert das Hotel außergewöhnlich davon, dass ich so schnell bei ihnen bin und ihren Kunden zufriedenstelle. Oder ich kassiere beim Hinbringen. Schließlich würde er ohne mich ja sicher ein anderes Hotel nehmen!

Zurück zum lachhaft schlechten Rotz: Auch wenn es nix mit dem Taxigewerbe zu tun hat (obwohl die Flughafengebühren für Taxen einige erschreckende Parallelen aufweisen), betrifft der Quatsch wirklich alle und ist bestenfalls zu blöd fürs Internet (und auch hier – das muss man mal schaffen!), andernfalls sogar schädlich. Stellt euch mal vor, ich zeige euch plötzlich an, weil ihr netterweise GNIT verlinkt habt … das könnte ich nach Einführung des LSR unter Umständen tun.

 Den paar Lesern, die auch meinen privaten Blog verfolgen, wird es klar sein – aber auch hier nochmal unmissverständlich: Ich bin gegen dieses Leistungsschutzrecht in allen bisher angedachten bzw. ohne Umwege über Neuronen hingekritzelten Variationen. Sollte es kommen, ist meine Position die von Thomas Knüwer (und hoffentlich die von Google): Ich werde nicht mehr auf Seiten von Verlagen verlinken – so lange, bis sie dank Besucherarmut eingehen. Meinem Blog wird’s nicht schaden und auf GNIT wird man immer verlinken, von GNIT wird man immer zitieren dürfen.

PS: bei netzpolitik.org findet sich eine tolle Auflistung von „Erklärungen“ zum Leistungsschutzrecht.

13 Kommentare bis “Lachhaft schlechter Rotz”

  1. ednong sagt:

    Das LSR ist absolut dämlich – genauso dämlich wie das neue Melderecht, was sie durchsetzen wollen/wollten. Albern und dämlich. Und für so etwas bekommen Politiker und Lobbyisten Geld. Mein Geld. Aus Steuern und allen anderen Einnahmen.

    Manchmal denke ich, ich lebe in einer verkehrten Welt.

  2. Bernd K. sagt:

    Das passt aber nahtlos in eine Reihe z. B. zu den aktuellen Aktivitäten der GEMA oder dem geplanten GEZ-Gebührenmodell pro Haushalt. Wer am lautesten schreit und die besten Beziehungen hat, erhält die Gesetze, die ihm (vermeintlich) eine Gewinnoptimierung ermöglichen. Und ausbaden müssen es die ca. 70 – 80 Mio Leistungsträger in dieser Gesellschaft.

  3. Ralf E sagt:

    In meiner Kindheit stand noch an vielen Häusern „LSR“. Und DAS hatte eine ganz andere Bedeutung …
    http://de.wikipedia.org/wiki/Luftschutzraum

    Aber es gibt noch mehr … http://de.wikipedia.org/wiki/LSR

  4. Bernd sagt:

    Konnte man sich denn keine andere Abkürzung einfallen lassen als „LSR“. Diese Buchstabenkombination war nämlich hierzulande bis vor einigen Jahren an manchen Gebäuden zu sehen und wiesen mit einem Pfeil zum nächsten Kellereingang. „Luftschutzraum“ bedeutete das. 😉

  5. Sash sagt:

    @ednong:
    Ja, verkehrte Welt. Das trifft es beim LSR sowieso in ganzer Pracht.

    @Bernd K.:
    Es macht einen manchmal fassungslos, wie beratungsresistent die Leute sein könnten. Ein Gesetz durchpeitschen, das einem selbst schaden wird – das mache den Verlegern mal einer nach!

    @Ralf E und Bernd:
    Naja, im Internet wird man nicht so oft Luftschutzräume finden 😉

  6. mm. sagt:

    Das Internet darf kein luftschutzfreier Raum bleiben!! 😉

  7. Falcon030 sagt:

    Da bin ich doch erleichtert, dass ich auf meinem Blog (http://froehsing.blogspot.de/) den Link auf Deinen Blog stehen lassen kann…
    Und gleich noch für meinen Blog geworben – krieg ich dafür jetzt Geld von Dir? Oder habe ich vielleicht etwas falsch verstanden?

  8. breakpoint sagt:

    Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und soll auch kein linksfreier werden.

  9. Michi sagt:

    Es könnte lustig werden, wenn Google die entsprechenden Seiten einfach auslistet (wofür die zwar auch selbst sorgen könnten, aber komischerweise nicht machen…). Dann wird das Leistungsschutzrecht seinem Namen wenigstens gerecht – es schützt uns vor den Leistungen der internetausdruckenden Verlage…

    Eine erschreckend lange Liste der Seiten, die den Mist mitmachen, findet sich übrigens hier (klick).

  10. Sash sagt:

    @mm.:
    Äh, ja. Meinetwegen 😉

    @Falcon030:
    Ja, müssteste wohl kriegen. Zumindest, wenn Du abstreitest, den Kommentar selbst geschrieben zu haben – und mir unterstellst, ich würde davon profitieren 🙂

    @breakpoint:
    Das ohnehin.

    @Michi:
    Das Problem ist, dass ja prinzipiell trotzdem jeder Blogger ebenso Geld verlangen könnte. Ergo: Wenn Google auf Nummer sicher gehen will, müssten sie eigentlich den (Suchmaschinen-)Dienst in Deutschland einstellen. Ist jetzt vielleicht hoffentlich etwas zu apokalyptisch, aber eben sachlich eine logische Überlegung …

  11. Falcon030 sagt:

    @Sash: Für Geld würde ich doch alles abstreiten 😉

  12. […] ein Artikel bei welt.de, ich werde ihn hier nicht verlinken. Aus Gründen. OK. Mal kurz ein Gedanke: Ich hab gestern gelesen, dass die Deutschen durchschnittlich 103 € […]

  13. […] Kollegen hier in Berlin soll sich derzeit das Gleichnis vom Taxi finden, das ich so ähnlich auch in meinem alten Blogeintrag zum Thema verwendet […]

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