Sprachpoker die zweite

Als ich gestern nach der Jesberstraße gefragt habe, war das nur die halbe Wahrheit, aber um des Rätsels willen hab ich das Ganze abgekürzt. Die Familie, die mir am Ostbahnhof ins Auto fiel, gab als Fahrtziel zunächst den Viktoriaplatz an. Ich weiß nicht, wie es den Kollegen geht, aber ich komme da immer durcheinander. Ich hab mit all den alten Adelsgeschlechtern nix am Hut und so wiederholen sich manche Namen ständig.

Ist doch wahr: Man nenne seine Tochter Viktoria-Luise-Charlotte und nach drei Stadtbummeln glaubt die Kleine, ganz Berlin sei nach ihr benannt.

Aber da keiner der bekannten Doppelnamen gefallen war, hab ich mal kurz das Navi angeschmissen. Ein Ergebnis nur. In Lichterfelde. Wow! Eine Hammertour, locker 25 € und eine Verwechslung war offenbar ausgeschlossen. Während ich zunächst Richtung Westen fuhr, kamen mir leise Zweifel. Ich meine: Nichts ist unmöglich, aber was macht eine Touri-Familie in Lichterfelde?

Also hab ich nachgehakt, ob das richtig sei. Eine wirkliche Antwort bekam ich zunächst nicht, dann wurde mir die Jesberstraße genannt. Das alleine half – wie gestern geschrieben – auch nicht wirklich. Ich bat darum, ihre Aufzeichnungen einzusehen und als erstes fiel mir mal der Fauxpas mit dem Viktoriaplatz auf, denn dort stand laut und deutlich Viktoria-Luise-Platz. Obwohl die Sache da schon recht klar war, hab ich sie trotzdem gebeten, nie nie nie irgendeinen Adressteil unausgesprochen zu lassen und dass ich sie jetzt beinahe 10 Kilometer weiter ins Umland gefahren hätte.

„Nearby the KaDeWe!“

meinte die Frau noch. Naja gut, auch knapp einen Kilometer daneben, aber besser als Lichterfelde allemal!

Die Jesberstraße, Ortskundige werden es langsam erahnen, war natürlich die Geisbergstraße, die unweit des Viktoria-Luise-Platzes liegt. Immerhin war die Richtung zu Beginn nicht falsch, insofern war das wenigstens eine folgenlose Geschichte. Aber ja, hoch gepokert.

9 Kommentare bis “Sprachpoker die zweite”

  1. Sphen sagt:

    Ja das mit den Adressen is ja so eine Sache… ich meine ich komme ja aus einer Kleinstadt, aber am letzten wchenende wollte tatsächlich einer an einer Halle abgeholt werden… genauere Aussagen gibt es nicht, also welche der 30 Hallen der Stadt?

  2. Dicker Mann sagt:

    Na an der, an der er gerade steht. Ist doch voll die Sonne, oder?

  3. elder taxidriver sagt:

    Geisbergstraße: Habe sofort dran gedacht, aber war zu schüchtern es zu sagen..
    War eine spannende Zeit von gestern bis heute.

  4. Ursli sagt:

    Ich hatte mal einen ähnlich gelagerten Fall: „Zur Walderseestr. bitte“. Klare Ansage, immerhin. Dort angekommen liess sich aber die gewünschte Hausnummer nicht finden weil die Strasse so viele Häuser garnicht hatte, ausserdem sah hier „alles so anders“ aus. Wiederholtes nachfragen meinerseits förderte dann einen Zettel mit der Notiz ‚WALDENSERSTR.‘ ans Licht.
    Zum Glück suchten die Fahrgäste die Schuld für den enormen Umweg nicht bei mir.

    Tipp für alle die in Berlin Taxe fahren wollen: Nach Möglichkeit immer den Ortsteil dazu sagen. Das kann besonders hilfreich sein bei Strassennamen die hier in Berlin mehr als dreimal vorkommen. Und davon haben wir hier reichlich. Beispiel „Haupstrasse“

  5. Ursli sagt:

    Sollte HAUPTSTRASSE heissen. 😉

  6. elder taxidriver sagt:

    Früher wurde n u r der Ortsteil angesagt. Die Fahrgäste gingen gar nicht davon aus, dass der Fahrer die Straße kennt.
    Die haben gesagt: ‚Nach Lichterfelde- West‘. Wenn man dann da war, hieß es : Nächste rechts, dann zweite links und
    am Briefkasten halten.

  7. Sash sagt:

    @Sphen:
    „Halle“ ist auch gut 🙂

    @elder taxidriver:
    Zu schüchtern. Wo gibt es denn sowas noch im Internet? 😉
    Und nur die Stadtteile ansagen? Das gibt es ja heute bei Randbezirken immer noch. „Fahrense erstmal Richtung Marzahn“ höre ich auch noch öfter mal.

    @Ursli:
    Ich glaube, sowas hatten wir alle mal. Wenn die Fahrgäste dann wenigstens einsichtig sind, ist es ja immerhin nicht schlimm.

  8. Brunhildegard sagt:

    Lichterfelde = Umland? Ist mir ja ganz neu. Ich hoffe die „10 km ins Umland“ war anders gemeint.

  9. Sash sagt:

    @Brunhildegard:
    Die 10 Kilometer sind auch nicht ganz wörtlich zu nehmen 😉

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