Trübe Aussichten

Ja, ich meine Tatsächlich die Wolke von Island. Obwohl ich es eine witzige Tatsache finde, dass z.B. die Radiosprecher beim rbb gar nicht versuchen, den Namen des Vulkans zu nennen, der uns diese Aschewolke beschert, reihe ich mich doch aus Gründen der Zeitersparnis gerne ein.

Ich habe nichts gegen Vulkane, im Gegenteil: Vollkommen im Rollenbild meines Geschlechts aufgehend hege ich tatsächlich eine morbide Form der Zuneigung zu allerlei Katastrophen, so lange sie nur schön aussehen. Ich weiss, die Wirtschaft liegt am Boden und endlos viele Menschen sitzen problematischerweise in vielen Ländern fest! Deswegen sage ich das ja auch nur ganz leise.

Fürs Geschäft ist es überraschend scheiße mit dieser blöden Wolke.

Natürlich kommt auch der allgemein miese Umsatz zum Tragen, aber die heutige Nachtschicht ging so überhaupt nicht. Ohne es zu wollen, habe ich mich schon öfters beschwert über miese Umsätze, und ich will das auch gar nicht allzu sehr ausreizen. Schließlich rühme ich mich damit, keiner von den Kollegen zu sein, die tagein tagaus nur darüber jammern, dass sie zu wenig Geld haben.

Aber für heute Nacht möchte ich eine der Ausnahmen machen.

F U C K ! ! !

Begonnen hat alles gut mit Winkern, und nach 30 Minuten Arbeit hatte ich 12 € zusammen. Guter Wochenendschnitt. In den folgenden 6 Stunden kam aber alles zusammen, was ich mir niemals hätte erträumen können. Doof wie ich bin, habe ich mich tatsächlich eine Runde am Bahnhof angestellt, wo es auch eigentlich gar nicht so voll war wie gestern.

Ohne dass ich da in der Regel auch nur drauf achte – weil ich es ok finde – ist mir heute mal aufgefallen, dass mindestens 12 (Die Dunkelziffer ist wesentlich höher, da ich nie alles überblicken konnte, und zudem oft gelesen habe) Kollegen vor mir weggekommen sind, obwohl sie hinter mir standen.

Nach ziemlich genau 2 Stunden steigt dann ein wirklich netter Fahrgast ein, der sich auch noch für seine Kurze Strecke entschuldigt. 5,60 € und 40 ct Trinkgeld.

Nach einer halben Stunde im Kreis fahren hatte ich dann tatsächlich noch einen Winker: Kurzstrecke.

Nach abermaligem Anstellen und vorzeitigem Wegfahren bin ich eine halbe Stunde bei Ozie eingekehrt, aber als ich wieder auf der Straße war, wurde es nicht besser.

Eine halbe Stunde stehen für eine 11€-Tour ist völlig ok, aber selbst die wurde mir dadurch verlitten, dass ich um einen der Fahrgäste permanent Angst hatte, weil er schon vor dem Einstieg gekotzt hat. Immerhin gab es dennoch keine Komplikationen – ich sollte das eher positiv werten!

Dann, nach insgesamt 6 Stunden Arbeitszeit und knapp über 30 € Umsatz (kurz zur Erinnerung: Das bedeutet etwa 2 € Bruttolohn plus 50 ct Trinkgeld die Stunde) hatte ich dann einen echt netten Typen, der mir ins Auto sprang und meinte:

„So, jetzte! Jetzt müssen wir verhandeln!“

Schlimmste Befürchtung wurde war: Er wollte nach Brandenburg/Havel, aber der vorgeschlagene Preis meinerseits war natürlich zu hoch. Ich hoffe, meine Chefs wissen es zu schätzen, dass ich ihn die 85 km nicht für 80 € gefahren habe! Für mich wäre das ein guter Deal gewesen, da ich ja Auto und Sprit nicht zahle.

2 Minuten später steht ein Haufen bedröppelt dreinblickender Jungs vor mir und will wissen, wieviel es wohl nach – man glaubt es kaum – Brandenburg/Havel kostet. Aber wie ihr sicher erahnt…
Dabei wäre es sicher lustig geworden, denn ich denke, dass die drei – gerade vom Sepultura-Konzert kommend – es sicher zu schätzen gewusst hätten, dass ich 8 Stunden Metallica auf meiner CD des Tages dabei hatte. Aber letztlich haben auch wir uns (mit gequältem Lächeln meinerseits) aufs Netteste schon am Ostbahnhof verabschieden müssen.

Meine nun folgenden Fahrgäste hatten das enorme Fernziel A&O Hostel in der Köpenicker Str., was mir atemberaubende 4,80 € in die Kasse spülte. Aus bisher ungeklärter Ursache habe ich sie versehentlich beschissen, weil ich komischerweise gesagt habe, es seien 4,90 €, und auch so rausgegeben habe. Wie man erahnt: Das spielt auch nur eine Rolle, weil es trotz bester Laune nicht einmal Trinkgeld gab. Naja, jetzt halt die erschlichenen 10 ct.

Nun hatte ich allerdings gleich zwei Winker hintereinander, die keine Kurzstrecke wollten. Damit hatte ich sagenhafte 53 € erreicht – kaum 8 Stunden nach Arbeitsbeginn. Zwischen den beiden Touren wurde mir allerdings noch einmal eine Tour von einem Kollegen weggeschnappt, der spontan mal bei Kirschgrün von rechts auf die Warschauer geschossen kam. Wie es an so einem Tag halt sein muss.

Die nun folgenden Touren haben tatsächlich noch dafür gesorgt, dass ich bis 6.30 Uhr morgens einen dreistelligen Umsatz hatte: 103 €, wenn es jemand genau wissen will. Dennoch habe ich mich abermals gedanklich in mein fleischiges Hinterteil gebissen, als am Bahnhof reihenweise Leute hektisch angerannt kamen. Ich war das siebte Taxi, und die mit Koffern bewaffneten stürmten rund 10 Taxen am Stand nahezu gleichzeitig. Wahrscheinlich Touren zum Flughafen oder zum nächsten großen Bahnhof. Ausgerechnet vor meinem Auto standen plötzlich aus dem Nichts aufgetauchte Mädels, die zum Burger King in der Landsberger wollten…

Manchmal ist das Gewerbe einfach nicht fair.

Positiv anzumerken wäre noch die Frau im Auto neben mir und den Mädels an der Karl-Marx-Allee, die mir einschäfte, dass man das Leben genießen muss. Jaja, bald mal wieder – wenn dieser scheiß Vulkan mal Ruhe gibt!

Aber ein nettes Bild gibt er ab, zweifelsohne.

26 Kommentare bis “Trübe Aussichten”

  1. Nick sagt:

    Ich hab irgendwo gehört, dass es das letzte Mal rund 2 Jahre gedauert hat, bis sich olle Eyjafjallajökull wieder abjeregt hat.

  2. Sash sagt:

    @Nick:
    Hm, hab ich jetzt nicht gehört. Aber das liegt wohl eher daran, dass ich nicht so genau zuhöre 😉
    Das wäre allerdings echt übel, wenn deine Quellen Recht hätten…

  3. Will Sagen sagt:

    … und wir verdrehen uns gestern Abend die Köpfe nach irgendeinem freien Taxi, das uns zwischen Köpenicker Altstadt und S-Bahnhof Köpenick aufgabeln könnte. Nichts. Nada. Niente. Eine leuchtende Fackel hielt neben uns an. Der war aber vorbestellt. Kann der sein Lämpchen dann nicht ausmachen? Grmpf.
    Schlussendlich sind wir zu Fuß bis zur S-Bahn gelatscht und mit selbiger nach Hause gefahren. Kann ich dann auch nichts für. ;(

  4. Sash sagt:

    @Will Sagen:
    Das sind dann wohl die üblichen Kuriositäten des Gewerbes. Tut mir leid, dass ihr keinen Wagen bekommen habt!

  5. Nick sagt:

    Nee Sash, das war anno tobak 1800irgendwas.
    Ich denke ganz so lange wird es diesmal nicht dauern.

  6. ednong sagt:

    40 % sind deins?

  7. Sash sagt:

    @Nick:
    Ja, aber ich hab auch aktuell nichts dazu gehört, wie es anno dazumal aussah…

  8. Sash sagt:

    @ednong:
    Nee, 45%!

  9. Taxi123 sagt:

    Ich bin mit dem Vulkan bis jetzt ganz zufrieden. Bei uns in der Provinz kommen Fahrgäste am Bahnhof an, die man dort sonst nicht treffen würde. Dazu kam noch ein kleines Problem der DB bei Eisenach und schwuppdiwupp … gab es jede Menge Gutscheine für Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung. Meine Kasse war jedenfalls gerettet.

  10. Ingmar sagt:

    Vielleicht solltest du dir an solchen Tagen die Möglichkeit offenhalten, deinen Funk einzuschalten, vielleicht hilft’s ja :-/

  11. Nobody sagt:

    Warum fährst du eigentlich nicht mit Funk?

  12. Sash sagt:

    @Taxi123:
    Das klingt ja wirklich nicht allzu schlecht! 🙂
    Ich wundere mich eigentlich, schliesslich müssten in Berlin ja auch einige Leute festsitzen.

  13. Sash sagt:

    @Ingmar:
    Kann schon sein, aber die Kollegen haben sich gestern auch nur beschwert, dass im Funk nix los ist. Einer hat morgens gemeint, es gäbe nur 27 Vorbestellungen auf 2 Kanälen zusammen, und normal wären eher 70 pro Kanal. Also selbst da war tote Hose.

  14. Sash sagt:

    @Nobody:
    Gewohnheit. Am Anfang war es mir zu hektisch und zu unverständlich, und inzwischen hab ich mich dran gewöhnt, ohne zu fahren.

  15. Klaus sagt:

    @Sash
    Selbst wenn jetzt gerade auf dem Funk auch nicht viel los ist, ist es doch eine Option, mitzuhören und vielleicht doch mal was zu ergattern. Gerade in solchen Zeiten! Wer sich zur Zeit nicht möglichst viele Optionen offen lässt, sorry, aber dem ist wirklich nicht zu helfen. Und mithören kostet nichts und tut nicht weh.
    Was ist so schwer daran Großes, großes Fragezeichen. *kopfschüttel*

  16. fahrertuer sagt:

    @Sash
    Naja, das DLR will heute wohlnen FLugzeug mit Sensoren raufschicken, nachdem Air Berling, KLM und Lufthansa sich beschwert haben – bei Testflügen von denen durch die Ascheschicht wurden keine SPuren von Vulkan Asche gefunden.
    Finde es ja reichlich unverständlich, dass bis jetzt nur wegen eines Computermodells der Luftraum gesperrt wurde…

  17. Will Sagen sagt:

    Wenn man erst mal in so ne Wolke geflogen ist, ist es halt nicht ganz ungefährlich. Hier steht mal ganz gut beschrieben, was da so passieren kann.
    http://skypointer.swissblog.ch/2010/04/16/volcanic-ash/

  18. Ozie sagt:

    @Klaus und Ingmar: Auch wenn ich Sash’s Abneigung gegen den Funk auch nicht verstehen kann, muss ich mal was zum Statistischen sagen… Die Anzahl der gesamten Aufträge erhöht sich an solchen Tagen nicht, wenn Sash den Funk anmacht. Er kommt vielleicht wenige Minuten früher am Stand los oder bekommt statt des Winkers einen Handyauftrag, aber dafür kann er dann den Kunden nicht fahren, der ohne Funk bei ihm eingestiegen wäre. Durch ein wenig Zeitersparnis springt am Ende sicher mal eine Tour mehr raus, aber ob man dann die gute Tour bekommen hätte, die die Schicht gerettet hat, entscheidet das Glück…

  19. Klaus sagt:

    @Ozie
    Ganz entschiedenes Nein. Manchmal vielleicht kann das Glück entscheiden. Insgesamt ist es aber ein Ausschöpfen der Ressourcen und Optionen. Aber wenn er nicht will, dann will er halt nicht. Für mich zwar unverständlich, aber man kann ja niemanden zu seinem Glück zwingen. Und ich bin nun wirklich kein Viel-Funker.

  20. Ozie sagt:

    @Klaus: Mal sehen ob Sash uns seine Gründe noch verrät… Ich tippe mal auf seinen Blutdruck: http://cab-log.blogspot.com/2009/11/rauber-und-diebe.html
    🙂

  21. Klaus sagt:

    @Ozie
    …ist mir heute mal aufgefallen, dass mindestens 12 (Die Dunkelziffer ist wesentlich höher, da ich nie alles überblicken konnte, und zudem oft gelesen habe) Kollegen vor mir weggekommen sind, obwohl sie hinter mir standen.

    Wenn er einen zu hohen Blutdruck hätte, hätte ihn aber das auch die Säule platzen lassen.

  22. Aro sagt:

    Bei mir sind ca. 50 Prozent der Touren aufgrund von Aufträgen durch die Zentrale. Allerdings habe ich den Funk meist auch aus, aber die Aufträge kommen trotzdem, über das PDA. Da muss man das schreckliche Gelaber nicht hören. Und falls es einen Notfall gibt, bekomme ich trotzdem eine Meldung. Und kann notfalls auch selber eine abschicken.
    Drauf verzichten würde ich auch nicht gerne, weil ich oft Aufträge kriege, wenn ich in der Reihe noch viel weiter hinten stehe. Aber das ist sicher von Halte zu Halte unterschiedlich. Am O-Bhf. nehme ich überhaupt keine Aufträge mehr an, dafür ist da schon zu viel schiefgegangen.

  23. Klaus sagt:

    @Aro
    Am Ostbahnhof haben wir (WBT) ein Hotel, bei dem ist noch nie was schiefgegangen. Und oft gibt es da gute Fahrten zu den Flughäfen.

  24. Aro sagt:

    @Klaus
    Welches denn? Lange Straße? Da ist die Gefahr auch nicht so hoch wie bei dem gegenüber an der Brücke, dass die Fahrgäste schon woanders eingestiegen sind. Das ist mir mehrmals passiert. Genauso natürlich wie bei Aufträgen zur Mehrzweckhalle. Und der Rest sind meist Sufffahrten, auf die ich auch gerne verzichte.

  25. Klaus sagt:

    Ja, das IBIS hatte ja mal zu uns gehört. Und da waren die Chancen den Fahrgast noch zu erwischen, bevor sie von einem anderen eingeladen wurden ziemlich gering.
    Aber in der Lange Str. ist das mir noch nie passiert. Übrigens, das Hotel hat den Beinamen „Roter Teppich“. 🙂 Von dort bin ich vor zwei Wochen mal morgens um 7 Uhr nach Schönefeld gefahren. Meistens geht es nach TXL. Wenn man so was nicht mitnimmt…

  26. Sash sagt:

    @Klaus und Aro:
    Ich weiss, dass ich sicher hier und da mal eine Fahrt eingebüßt habe, weil ich den Funk aushatte. Manchmal höre ich durchaus auch mal rein, hab durchaus öfter drüber nachgedacht, ne Fahrt anzunehmen, wenn eine passende kommen würde. War aber meist in Zeiten, zu denen auch nix los war dort 😉
    Mir ist tatsächlich etwas unwohl beim Gedanken daran. Sprachfunk ist nicht wirklich mein Ding, ich kann die Gründe auch nicht wirklich beschreiben. Datenfunk hab ich ja nicht in der Kiste, wäre mir aber wenn dann lieber.
    Aber ich hab tatsächlich ungern eine dritte Partei mit im Bunde, wenn es ums Fahren geht. Ist vielleicht ein wenig irrational, aber irgendwie hat jeder so seine Macken, nicht wahr?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: