Mehr als Du!

Kneipenauftrag in Marzahn. Aber keine der ganz schlimmen Kneipen. Und siehe da: Eine Familie. Gut angetrunken, allesamt, aber immerhin ohne Minderjährige. Der Start gestaltet sich schwierig, weil sich die Tochter noch einen Döner ums Eck holen will, dann doch lieber auf dem Weg, dann kurz vor zuhause und außerdem ist sie so blau, dass sie sich erst einmal im Fond quer über ihre Eltern legt und Papa fragt, ob er ihr die Beine massieren möchte.

Wenn ich mit meiner WG-Vergangenheit auf eines nicht gefasst war, dann dass mir als Taxifahrer noch so viele Ausprägungen von alkoholinduzierter Verpeiltheit aufgezeigt würden, die ich bis dato nicht kannte.

Statt die Tochter zu massieren erklärte mir der Vater dann, dass die Tochter heute ihr erstes Gehalt erhalten habe.

„Na, das ist doch mal ein Grund!“,

warf ich mitfühlend in die Runde.

„Erss Jehaaald. Un‘ mehr als Du in ein Jaaah mach’s!“

Sympathie von hundert auf null. Wie so ein sich outender AfD-Wähler.

Und nicht falsch verstehen. Ich mach schon ein paar Jahre lang Jobs im Niedriglohnbereich, ich komme irgendwie ziemlich gut damit klar, dass andere Leute mehr verdienen als ich. Mir ist es erschreckend egal, wie offen die Möglichkeiten des Geldverdienens nach oben hin sind, all meine ach so „neidische“ Kapitalismuskritik hat sich immer daran aufgehangen, dass es vielerorts am unteren Ende nicht reicht. Weswegen ich ganz ganz besonders so herablassendes Verhalten eklig finde.

Und ratet mal!

Jepp. Genau 50 Cent Trinkgeld. Nach Rechenspielen, ob ich nicht gerade 1,50 € draus gemacht hätte.

15 Kommentare bis “Mehr als Du!”

  1. Meine Fresse sagt:

    Danke für die Erinnerung. Du kommst auf meine Erstes-Gehalt-Verteilliste.

    Zu den Leuten im Beitrag schreib ich nichts. Als Plattformbetreiber haftest du sonst auch für meine ausfallenden Beschreibungen. Ich habs für dich gleich lieber selbst gelöscht 😉

  2. Jacques sagt:

    Ist klar, deshalb wohnt sie auch in so einer exklusiven Wohngegend wie Marzahn. Wenn ich so wahnsinnig viel verdiene, ziehe ich auch nach Marzahn.

  3. the passenger sagt:

    Brrrr, mit materiellem Besitz angeben ist wirklich ganz ganz übel. Geld macht das Leben zwar angenehmer, aber letztenendes zählen beim Menschen doch andere Dinge. Und wer das nicht erkennt, ist eigentlich ein armer Tropf. Egal, wie dick das Konto ist.

  4. ednong sagt:

    Und wieder jemand, der volle Bodenhaftung beweist. Und wohl später unsere Renten finanziert – sofern es so etwas dann noch gibt und nicht von solchen Leuten abgeschafft wurde …

    Traurig, einfach nur traurig.

  5. Thik sagt:

    „… all meine ach so „neidische“ Kapitalismuskritik hat sich immer daran aufgehangen, dass es vielerorts am unteren Ende nicht reicht. …“

    Bingo!
    Das ist, worum es geht.

    Und ansonsten war da wohl jemand bemüht zu beweise, dass es Gutverdienende gibt, für die wirklich alle Vorurteile zutreffen. http://www.wizardschoolcomic.com/index.php?id=16

  6. MsTaxi sagt:

    Mir drängt sich da die Frage auf, was für einen Job die junge Dame ausübt. Es gibt Tätigkeiten, die würde ich um’s Verrecken nicht machen wollen, egal wieviel Knete ich damit verdienen würde. Mag ja sein, dass diese Einstellung völlig old school ist, aber wenn ich ohnehin schon keine bis wenig Kohle habe, kann ich mir wenigstens moralische Skrupel leisten.

  7. Coreli sagt:

    Widerliches Gesindel! Hut ab vor Deiner Coolness!

  8. Ana sagt:

    Bei einer kindheitsreduzierten Arbeitszeit von 20 Stunden die Woche und einem angenommenen Mindestlohn verdient der Hier-Ruhig-Gebliebene 9360 Euro im Jahr.
    Die junge Chefärztin hingegen verdient laut Tarifvertrag im ersten Monat lediglich 8561 Euro …

  9. Claus Peter Kandel sagt:

    Ich habe auch schon mal Trinkgeld wieder zurückgegeben, das gab mir ein gutes Gefühl, und das Gesicht zu sehen wars wert, 😉

  10. Michel sagt:

    Ich zitiere: „Sympathie von hundert auf null. Wie so ein sich outender AfD-Wähler.“
    Oh weh.
    Absolutes Top-Niveau eines angeblich ach-so-weltoffenen Kerls, den ich sehr zu schätzen weiß aber der anscheinend nicht in der Lage ist, abweichende Meinungen ohne die Träger derer zu diffamieren zu akzeptieren.

    Arm.

    Politische Grundsatzdiskussionen erspare ich dir, euch und mir.

    Unverständlich jedoch ist, weshalb Du mit derart peinlich anrührendem Populismus den dir offenbar gegenüberstehenden politischen Gegnern einen solchen Bärendienst erweist.
    bg
    Michel

  11. Coreli sagt:

    Er beschreibt, dass er die Reaktionen der Menschen auf solche Outings in dieser Weise wahrnimmt. Seine persönliche Meinung über AFD Wähler beschreibt er nicht. Wozu auch. Wichtig ist, für welche Werte man steht. Ganz cool, wenn man eine Partei wählt, die die eigenen Werte in großen Teilen teilt. Das gelingt nicht jedem Wähler.

    Aber wer Diffamierung lesen will, wird sie auch hinein lesen. Also mal eine Runde Mitleid für die selbst erfundenen Opfer von Diffamierung.

  12. Ana sagt:

    Oh, ein passiv-aggressiver Verschwurbelungsbeitrag des Propagandaminsters

  13. Michel sagt:

    @coreli:
    *lach*

  14. Sash sagt:

    @Michel:
    Ja genau. Wenn ein Taxifahrer die AfD nicht mehr scheiße findet, dann werden sie sich aus ihrer peinlichen Opferhaltung befreien können und endlich wieder voll dufte Politik statt Nazipropaganda machen. Voll überzeugend, warum bin ich da nicht vorher drauf gekommen?

  15. michel sagt:

    @Sash
    4:56h… .
    AFD = „Nazipropaganda“…
    *lach*

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