Schon wieder?

Da kam er aus der Tür. Endlich. Er hatte wirklich nicht lange gebraucht, aber zum einen schien er mir ziemlich im Arsch zu sein – so alkoholmäßig – zum anderen hatte ich dann doch nicht auf den Ausweis bestanden, den er mir eigentlich als Pfand dalassen wollte, während er in der Wohnung Geld holt. Und entsprechend hatte er das vergessen. Aber es war eine 12€-Tour nach nur 0,1 Leerkilometern, da bin ich halt auch mal nicht pingelig …

Er lief direkt ums Auto rum und reichte mir freudig einen Zehner für die zwölf, die ich ihm extra noch vor dem Aussteigen genannt hatte. Dann wartete er. Es sah aus, als ob er ein Danke erwarten würde, oder gar Rückgeld. Ich hab innerlich mit den Augen gerollt in Anbetracht einiger eher unschöner Fahrtenden in letzter Zeit, aber äußerst professionell gelassen angemerkt, dass das noch nicht genug sei. Und siehe da:

„Ach, Mensch, jaja, stimmt ja!“

Zugegeben: Etwas mehr als 0,00€ Trinkgeld hatte ich mir erhofft, aber scheinbar kann ich ja gerade froh sein, überhaupt den Fahrpreis zu bekommen.

Und eine gut passende Tour war’s am Ende ja trotzdem. 🙂

Planungsschwierigkeiten

„Orrr, ich glaube, Sie schmeißen mich gleich aus ihrem Taxi!“

Wieso? Weil Sie angesagt haben, dass ich möglichst schnell zu Adresse A fahren soll und eingesehen haben, dass es dank Stau auf der einzigen Zufahrtsstraße nicht schneller geht?

Weil Sie dort ihr Handy abholen wollten, um dem Freund zu sagen, dass Sie nicht rechtzeitig da sind?

Weil Sie mehrfach zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof als Zieladresse durcheinanderkamen?

Weil Sie dann beschlossen haben, doch zum Bahnhof Friedrichsfelde-Ost zurückzufahren?

Weil ich dann doch wieder zu Ihrer Wohnung zurückfahren sollte?

Weil ich dann abermals stoppen musste und es am Ende doch zum Bahnhof Karlshorst gehen sollte?

Ich will jetzt mal ehrlich sagen: Ja, ich hatte schon einfachere Touren. Aber wie ich auch immer wieder gerne sage:

Deswegen fahr‘ ich Taxi und nicht Straßenbahn: Wo Sie wollen, dass ich anhalte, halte ich auch an.

Punkt.

PS: Danke für das gute Trinkgeld! 🙂

In Geh-heim-er Mission

„Abend allerseits!“

„Oder Morgen.“

„Meinetwegen auch das.“

„Es ist doch schon Morgen …“

„Stimmt. Seit sieben Minuten.“

„Na, egal. Wir sind jedenfalls sehr froh, dass wir Dich treffen! Wir dachten schon, hier kommt nie ein Taxi.“

„Deswegen bin ich ja da.“

„Ja! Und dann die Uhrzeit! 0:07! Bist Du James Bond?“

„Ähm, naja …“

„Was denn?“

„Jetzt mal ganz im Ernst: Euch dürfte ich das eh nicht sagen.“

Wenn es nur immer so leicht wäre, das Eis zu brechen.

Wie Du mir …

Ich bin ja nun schon einige Jahre sehr sehr regelmäßig im Straßenverkehr unterwegs. Sicher, im Taxi meist nachts, da ist selbst in Berlin so wenig los, dass man sich nur höchst selten in die Quere kommt – aber auch mir fehlt es nicht an den vielen hier oft ungenannten Beispielen von egoistischen Verkehrsteilnehmern, die allerorten das Klima auf der Straße versauen. Irgendwer drängelt sich immer vor, nimmt die Vorfahrt oder versucht durch Hupen einen Stau aufzulösen.

Während die spannenden Fahrgäste letztes Wochenende leider auf sich warten ließen, hab ich abseits des Taxis aber in den letzten Wochen ein kleines Idyll entdeckt: Die Schleizer Straße. Das ist eine unbedeutende Nebenstraße in Alt-Hohenschönhausen (glaube ich zumindest, ich hab mir die Ortsteilgrenzen da nicht so genau angesehen), die auch ich gerade eher zufällig in einem anderen Auto regelmäßig befahre. Im Berufsverkehr.

Das besondere Setting der Straße ist wie folgt: Es wird von Ortskundigen derzeit zur Umgehung einer Baustelle benutzt und oft von Anfang bis Ende befahren. In beide Richtungen. Dabei handelt es sich um eine 30er-Zone mit überwiegend nur einer freien Spur, die andere Seite ist legal beparkt. Sollte allen Gesetzmäßigkeiten des deutschen Verkehrs nach die absolute Hölle sein. Und vielleicht ist das sogar oft so, aber ich hab in den letzten paar Wochen erstaunt gesehen, dass dort, in dieser kleinen Straße, alles sowas von absurd planmäßig verläuft, dass es mich als Vielfahrer schaudert. Die Fahrer auf der beparkten Seite scheren frühzeitig in Lücken ein und die, die in der anderen Richtung unterwegs sind, haben fast immer eine komplett freie Fahrt. Nix mit Lichthupen, Dränglern, Auf-den-Gehweg-Ausweichern. Alles gesittet und wie geplant, ich traue meinen Augen immer noch kaum.

Aber ich glaube, ich habe eine Idee, warum es so ist:

Ziemlich genau in der Mitte der Straße ist eine Kreuzung und an der wechseln die Vorzeichen. Jeder kann die erste Hälfte durchfahren und wird erst in der zweiten zu dem, der ausweichen muss. Und als nicht wirklich kleiner und nicht wirklich begabter Psychologe glaube ich, dass das vielleicht wirklich kein Zufall ist. Erst kann man trotz wenig Platz frei fahren, weil alle entgegenkommenden Autos regelkonform ausweichen – und dann ist man selber der, der ausweichen muss. Erhöht das Verhalten der Entgegenkommenden zuvor nicht die Bereitschaft, hier auch brav zu sein und immer in eine Parklücke zu schwenken? Ich bin mir da sehr sicher.

Was ich noch nicht weiß: Wem ich dafür danken soll.
Eher dem Planer, der die Parkplätze dort so verteilt hat oder dem armen Trottel, der irgendwann vor Jahren mit seiner Nettigkeit ein Spiel angestoßen hat, das seither kein Ende findet? 😉

Beweismodus an …

Manchmal kommt man als Dienstleister mit der Kundschaft ja nicht so ganz auf die selbe Wellenlänge. In dem Fall war die Kundin etwas irritiert, dass mir ihre Straße nix sagte und ich wusste nicht, ob diese Irritierung nun aussagte, dass sie das schlimm fand oder nicht. Sie war nett, aber obwohl ich nach drei Nachfragen wusste, wo es hingehen sollte, hat sie immer weiter Straßennamen eingeworfen, um mir zu helfen.

Da ich ohnehin noch nachfragen wollte, welchen Weg sie bevorzugt, hätte das hilfreich sein können, war es aber nicht. Straßennamen kannte sie in Wirklichkeit nämlich auch nur drei im ganzen Stadtteil und andere Wege als der ihrige waren ihr nicht bekannt. Dumm an der Sache war: Ich war mir sehr schnell sicher, dass dieser Weg nicht ging. Also „ging“. Einmal Durchfahrt verboten und einmal ein Abbiegeverbot.

„Nein nein, da meinen Sie was anderes! Ich kenne den Weg doch!“

Schnell war klar, dass ich in dem Punkt recht hatte. Aber der kürzeste legale Weg war nun hinter uns und … mein Gott, es war kaum noch Verkehr … also hab ich das Ganze als Lehrstunde betrachtet und meinen Ruf als Ortskundiger wiederhergestellt. Ich bin ihren Weg gefahren, hab ihr aber die Schilder gezeigt und auch, dass es aufgrund der Straßenbahn z.B. durchaus gar keine so dumme Idee ist, so zu fahren. Das hat immerhin geklappt.

„Ach Mensch, DAS ist ja interessant! Das erzähle ich morgen meinem Mann! Wissense, der fährt ja jeden Tag so. JEDEN TAG!“

Dann glaube ich kaum, dass es an mangelndem Wissen liegt …

Auch besoffen

Ich hab vorgestern schon wegen der persönlichen Aufarbeitung erst einmal die Kundin mit dem Totalausfall verbloggt. War halt eine Fahrt, die mich nachhaltig beschäftigt hat. Um aber zu verstehen, warum ich sowas überhaupt mache, möchte ich auch die Fahrt davor erwähnen. Und „davor“ bedeutet, dass sie noch keine 10 Minuten Vergangenheit war, als ich die Dame aufgepickt habe, die wider Erwarten inzwischen ja auch gezahlt hat.

Die Schicht war mies und ich bin unbesetzt von der Halte los, weil ich befürchtete, das Autofahren zu verlernen, bevor Kundschaft kommt.

Und dann stand er da. Und mit Stehen meine ich eine stete Folge von Ausfallschritten in alle Richtungen. Rotzebesoffen, ein guter Kandidat, um auch von 90% der Taxifahrer nicht mehr mitgenommen zu werden. Junger Typ, groß, muskulös, Kurzhaarfrisur. Könnte Soldat gewesen sein.

„Schuljng, bin bsoffn.“

„Sehe ich. Wo soll’s hingehen?“

Eine Hauptstraße, keine zwei Kilometer entfernt. Wird schon pass …

„Schmuss kotzn!“

„Rechts ran?“

„Nee, ’s ok, schsag bscheid!“

„Aber bitte rechtzeitig!“

Und er sagte Bescheid. 150 Meter weiter. Er stieg etwas hakelig aus und begann dann eine fast schon erotisch anmutende Symbiose mit einem Baum einzugehen. Die Uhr lief.

Und dann fiel er um.

Ich also raus aus dem Auto. Ich gebe zu, ich hatte bei nur 4,50€ auf der Uhr überlegt, abzuhauen, aber fuck it! Es war arschkalt, ich kann den da nicht liegen lassen!

Ich hab ihm hochgeholfen, ihm Küchenrolle zum Abwischen gegeben und ein Bonbon gegen den Geschmack verpasst. Cent-Artikel, Sekunden-Aktionen, definitiv nix, was mein Leben schlechter gemacht hat.

„Dange Mann, bis korreggder Typ, schmagdir!“

Zugegeben: Mit normaler Kundschaft hätte das vier Minuten weniger gedauert. Aber genau dafür lief ja die Uhr weiter. Am Ende war es ein Zehner mit gutem Trinkgeld und zudem das Gefühl, jemandem geholfen zu haben.

Ich weiß, es ist furchtbar in, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie man jemandem nachweisen kann, dass er sich selber in die Situation gebracht hat und ihn deswegen scheiße zu finden, bzw. ihm die Hilfe zu verweigern. Ist mir ehrlich gesagt zu stressig und so war die Tour am Ende wirklich mehr als ok für mich.

Und was es für ihn bedeutet hat, dass er nicht neben seiner eigenen Kotze unter einem Baum aufgewacht ist … ich maße mir nicht einmal an, den Unterschied zu ermessen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Kleines „Faith in Mankind restored“-Update

Überraschende Neuigkeiten!

Ich war gestern tatsächlich etwas voreilig. Das kann passieren, wenn man mal wirklich tagesaktuelle Dinge verbloggt. Der „Totalausfall“ war wohl gar keiner. Ich bin genauso überrascht wie Ihr, aber schon während ich noch schlief hat die gute Frau offenbar mein Gekritzel auf der Küchenrolle entziffert und mir eine SMS geschickt: Ich „lieber Taxifahrer“ solle ihr doch sagen, wann sie mir das Geld geben „darf“ und zudem hat sie sich entschuldigt.

Wir haben noch ein paar Nachrichten ausgetauscht, am Ende hab ich ihr meine Kontonummer gegeben und die letzte SMS ihrerseits sagte aus, dass sie das Geld überwiesen hat. Und auch wenn ich das jetzt noch nicht verifizieren kann, bin ich mir sicher, dass das nicht gelogen war. Warum sonst hätte sie sich melden sollen?

Zumal der Austausch jetzt echt nett war. So wie es aussieht, ist also auch das wieder ein Fall für die Akte „Es ist nicht alles so schlimm, wie man schnell denkt“.

I really really like it!

😀