Ein Fehler kommt selten allein

Der Tag fing gut an. Aber als ich nach der vierten Tour zum zweiten Mal am Ostbahnhof aufgeschlagen bin und vor dem Auto eine Kippe rauchen wollte, fiel mir auf, dass die Fackel aus war. Also kurz rein und wieder anschalten! Hatte ich wohl einfach vergess … WTF, die war angeschaltet! Aber weder die Fackel noch das Licht am entsprechenden Knopf leuchtete. Scheiße! So eine gute Nacht und dann ein Fehler in der Elektronik!

Ich hätte wie üblich mal nicht so eine Panik machen sollen. Es war mein Fehler, und noch dazu ein sehr klassischer: Ich hatte nach der letzten Tour vergessen, das Taxameter auszuschalten. Das hab ich dann nach zweimaligem Hin und Her auch zielsicher bemerkt. 😉

OK, die Fahrt war nicht weit, aber ungefähr sechs Euro mehr standen inzwischen trotzdem drauf. Kein Drama, das kann ich Cheffe sagen, mal abgesehen davon, dass es für mich selbst ohnehin nur um dreiirgendwas ging.

(Für die Neulinge unter den Lesern: Ich muss meinem Chef natürlich den Betrag abliefern, den ich laut Taxameter eingefahren habe. Sollte ich so einen Fehlbetrag mal vergessen, würde mir das Geld natürlich als ganzes fehlen. Da ich aber einen Teil des Geldes als Lohn wieder ausbezahlt bekommen würde, ist der Verlust insgesamt nicht so hoch.)

Ich hab mich schon etwas geärgert, denn immerhin muss ich mir den Spaß ja merken und für Cheffe ist es auch nicht so leicht, mal eben einen Teilbetrag einer Tour zu stornieren. Eigentlich erlaubt das System nämlich nur das Löschen kompletter Fahrten.

Aber gut, der Tag war noch nicht zu Ende.

Gegen zwei Uhr nachts stand ich dann nämlich bei einem Kunden vor der Haustüre und stellte fest, dass ich vergessen hatte, das Taxameter überhaupt einzuschalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei solche Fails überhaupt nur in einem Monat passieren, ist schon gering. Aber an einem Tag? Wow!

Mit dem Kunden indes hatte ich riesiges Glück. Der hat mir einfach einen Betrag angeboten, der über meiner knappen Schätzung zu Beginn lag, am Ende haben wir uns aber drauf geeinigt, dass er kurz mal bei Google Maps die Fahrtstrecke eingibt und ich den Preis ausrechne. Beim aktuellen Tarif (3,90€ + 2,00€/km) geht das ja fix. Ich hab einen halben Kilometer als Ausgleich für meinen Fehler unter den Tisch fallen lassen, der Kunde hat im Gegenzug keine Überprüfung vorgenommen und mir nochmal Trinkgeld draufgepackt. Das sind so Fahrten, bei denen mir klar wird, dass es ohne all die Aasgeier auf Kollegen- und Kundenseite auch mit Laissez-Faire ganz locker laufen könnte.

Am Ende stand ich dann da und hatte ein paar Euro in der Hand, die ich jetzt einfach mal hätte einstecken können. Im Ernst. Mein Kilometerschnitt war ultrasuper in der Nacht, niemand hätte das bemerkt. Das berühmte lockere Schwarzgeld, das einem immer wieder mit den Worten „Ach, lass doch die Uhr aus!“ angeboten wird. Ich bin kein Heiliger, aber in diesem Punkt doch sehr konsequent: Ich mach das nicht.

Aber nach Aufwand war mir auch nicht. Ich hätte es ja als „Pauschalfahrt“ gesondert notieren können (wie z.B. Ferntouren nach außerhalb). Stattdessen hab ich mich an die vorherige Tour erinnert und beschlossen, das damit auszugleichen. Da das nicht wirklich gepasst hätte, hab ich kurz eine imaginäre Kurzstrecke ins Taxameter gehauen.

Ja, am Ende passt das nicht zu 100%. Ich hab immer noch drei Euro Plus bei der Sache gemacht. Aber da kommen wieder meine Chefs ins Spiel: Die dürfen jetzt nach diesem Blogeintrag bei der nächsten Abrechnung gerne die drei Euro von mir einfordern, das wäre rechtens. Das dürfen all die Hater ihnen auch gerne melden, man findet schnell raus, für wen ich arbeite. Aber zum einen würden mich die drei Euro nicht stören, zum anderen weiß ich auch, dass das Thema sofort vom Tisch wäre, wenn ich sagen würde, dass ich in den letzten paar Monaten locker einen Zehner aus eigener Tasche fürs Aussaugen des Autos ausgegeben habe. Was ich einfach mache, weil ich mir für 50 Cent niemals irgendwo umständlich eine Quittung holen würde, auch wenn diese Kosten prinzipiell natürlich nicht in meinen Aufgabenbereich fallen.

Eine Hand wäscht die andere und ein Fehler gleicht manchmal den anderen aus. So ist das Leben. Am Ende bin ich einfach froh, dass ich keine größeren Probleme hab als sowas. 🙂

10 Kommentare bis “Ein Fehler kommt selten allein”

  1. ELP sagt:

    Das ist ein tolles Beispiel für einen Grundsatz:

    Ob einem der Job Spaß macht, hängt nicht nur vom Inhalt des Jobs ab (klar, das soltle schon auch irgendwie passen), sondenr auch von den Menschen, mit denen man dort zu tun hat. Und da sind die Chefs/Vorgesetzten ein wesentlicher Bestandteil.

  2. Und nach dem das FA diesem Blogeintrag gelesen hat, wird sofort die Forderung im Raum stehen, dass demnächst sowohl eine verplombte Innenraumüberwachungskamera als auch das Taxameter an die Sitzbelegungs-Sensoren des Autos angeschlossen werden müssen…

    …und wenn man mal ne schwerere Reisetasche auf den Nebensitz stellt (weils ja dann immer so schön piept, da die sich nicht freiwillig anschnallen will), dann gilt die ab sofort als separater Fahrgast! Jawoll! 😉

  3. Sebastian sagt:

    Der Buchhaltungsaufwand würde den Wert der drei Euro bestimmt übersteigen 🙂

    Bleibt zu hoffen, dass es beim Finanzamt auch so etwas wie „irrelevant wegen Geringfügigkeit“ kennt…

  4. Ulf sagt:

    Muss ich morgen doch wohl mal nicht nur das Einkaufszentrum da besuchen und den Burger King, sondern gegenüber mal vorbeischauen…
    Wenn Sash schon dazu auffordert… wenigstens einer, der das dann durchführt. Wobei… nee schlechte Idee vielleicht schmeißen die Chefs mich mit den Worten „Wir mögen keine Petzen und Kameradenschweine hier RAUS“ raus…

  5. Sash sagt:

    @ELP:
    Exakt!.

    @gedankenknick:
    Mindestens. Und auch wenn das bei Dir eher ironisch gemeint war: Ich hab den letzten Teil nicht umsonst geschrieben, ich hab solche Kommentare bekommen. -.-

    @Sebastian:
    Ich fürchte, dass es das nicht gibt. Aber es wird schon schwer, einen Blogeintrag als Beweis für anderslautende Zahlen zu verwenden. 😉

    @Ulf:
    Ich denke, ich kenne meine Chefs gut genug, um zu versichern, dass sie Dich nicht hochkant rausbefördern. Insbesondere weil sie tatsächlich innerhalb der Gewerbestrukturen das Thema Schwarzarbeit immer wieder ansprechen. Dass ich das gelassen sehe, liegt vor allem daran, dass ich vermutlich bisher nicht viel Anlass für einen diesbezüglichen Verdacht geliefert habe. 🙂

  6. Mark Neis sagt:

    Ich finde das zum einen sehr cool von deinen Chefs, wenn sie so was akzeptieren. Zudem finde ich es auch korrekt deinerseits, wenn du das „im Kopf“ so verrechnest _UND_ deine Chefs auch damit klarkommen. Ich mein: Nicht wenige Chefs würden Beschiss vermuten und versuchen, da hinterherzubleiben, oder?

  7. Gast sagt:

    @Sebastian

    Sowas gibt es.
    Ich habe vor ewigen Zeiten mal Kaffeepads bei Ebay gekauft. Die kamen aus Holland.
    Fast ein Jahr später habe ich einen Brief vom Hauptzollamt bekommen, in dem mir aufgerechnet wurde, dass ich den Kaffee nicht versteuert habe und somit eine Schuld von 0,26 € besteht. Die wurde mir wg. Geringfügigkeit (ich glaube die hatten eine Grenze von 5,00€ angegeben) erlassen.
    Der Brief hat damals 0,55 € gekostet, und der Zollmensch hatte mindestens einen Stundenlohn von 15-20 €. Da habe ich mich auch gefragt was das für Relationen sind: für 26 Cent machen die einen Aufriss für 25,00€ ….

  8. Raoul sagt:

    @ Gast: Die wollten Dich einfach wissen lassen, daß sie Dich und Deinen Kaffee ganz genau im Auge haben. 🙂

  9. oni sagt:

    @Gast Ich glaube auch, dass es da eher darum geht dich zu erinnern, dass es den Zoll auch noch gibt. Wenn du damit durchkommst, versuchst du als nächstes etwas teureres zu schmuggeln. Broken Window-Theorie. Ob das sinnvoll ist, ist eine andere Frage, aber so sind die Vorschriften.

  10. Sash sagt:

    @Mark Neis:
    Sicherlich. Ich meine, gut, die Abrechnung für die Schicht ist noch nicht gemacht, aber bisher ist das immer so gelaufen. Ich will allerdings auch anmerken: Da ist von der Sache her ja in meinen Augen nix besonderes dran. Ebenso wie meine Chefs grundsätzlich erwarten können, dass ich allen Umsatz auch korrekt angebe, ist für mich auch klar, dass sie von mir nicht erwarten können, dass ich mich zu meinen Ungunsten verrechne. Das Problem ist eher, dass das Gewerbe grundsätzlich so dermaßen durchdrungen ist von unfähren, halb- oder ganz illegalen Geschäften und Absprachen etc. pp., dass man das wirklich schon wieder ungewöhnlich nennen könnte. Was ich am Taxistand alles höre von Fahrern, die mit Schwarztouren prahlen, weil ihre Chefs solche Arschlöcher sind und ihnen dies oder jenes abzocken … es ist unfassbar.

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