Allet jut.

Ein bisschen Chaos kann vorkommen. Die letzten Tage bei der Arbeit war es mir aber eigentlich ein bisschen zu viel. Meine 72 wurde plötzlich stillgelegt, dann ließ sich am anderen Wagen der Sitz nicht verstellen – und lösen konnte ich das Ganze alleine schlecht. Schließlich bin ich ja auch nur Angestellter und kann nicht mal eben irgendwelchen Kollegen die Autos klauen.

Solche – letzten Endes – Technik- und Kommunikationspannen sind natürlich ärgerlich für die, die sie ausbaden müssen. In dem Fall also für mich. Andererseits: Was hab ich nicht schon alles verbockt oder falsch verstanden? Als ob irgendwer von uns durchs Leben kommt, ohne versehentlich jemandem auf die Füße zu treten.

Schön war, dass sich das Problem (ich hatte ja nach wie vor kein Auto) gestern blendend geklärt hat. Obwohl ich einen meiner Chefs im tatsächlichen Wochenende belästigt habe, unser Schrauber ratlos war und die Sitzverstellung sich tatsächlich nicht reparieren ließ, war ich gestern pünktlich auf der Straße und hab am Ende sogar noch mein Schichtziel erreicht.

Gut, es waren ein paar Telefonate quer durcheinander notwendig und ohne einen bestimmten Kollegen hätte das nicht geklappt. Ich nenne ihn nicht namentlich, weil ich nicht weiß, ob er das will. Aber er hat nicht nur selbst versucht, das Auto geradezubiegen, um mir die weite Anfahrt zu ersparen, sondern hat mir letzten Endes sein Wochenendgefährt überlassen, weil er etwas kleiner ist als ich und in die 2925 mit ihrem nicht absenkbaren Sitz gut passt. Nur logisch? Naja, vielleicht. Aber ich möchte erwähnen, dass er mir im Gegenzug eines der besten und neuesten Autos der Firma gegeben hat, es also wirklich kein 1:1-Tausch war.

Deswegen hole ich aus dem kalten und kläglichen Rest-Wochenende jetzt aber auch das Maximum raus! 😀

Das wird nix mehr …

Ich hab’s schon ein paarmal angesprochen: Wenn Dinge schieflaufen, hab ich irgendwo so einen Punkt, ab dem es mich nicht mehr ärgert, ab dem ich ziemlich gut drüber lachen kann, auch wenn es eigentlich nicht mehr wirklich lustig ist. Als ich gestern die 2925 bestiegen hab, hab ich den Punkt schnell erreicht.

Zunächst muss man mal sagen, dass die Kiste einen guten Eindruck gemacht hat. Sie war schön sauber, hatte auf die Schnelle nur einen auffindbaren Kratzer im Blech. Gut, eine Radkappe fehlte, aber der Tacho zeigte 157.000 km an – was ja immerhin 244.000 weniger sind als bei meinem bisherigen Gefährt. Dass die 2925 kein Navi hat … sehr schade – aber mit Handy und Gewöhnung geht das schon. Die letzte navifreie Schicht lief eigentlich ja prima. Langfristig wär’s doof, aber jetzt fürs Wochenende … Also los und endlich die dringend benötigte Kohle einfahren?

Leider nicht. So langsam kenne ich die B-Zafiras ja echt auswendig. Mit all ihren Unterschieden, Macken und geheimen Stärken. Es wäre also nicht verwunderlich gewesen, wenn ich im Laufe der Zeit irgendwas gefunden hätte, was mich die 72 hätte vermissen lassen. In dem Fall ging’s schneller und war leider keine Kleinigkeit: Der Fahrersitz ließ sich nicht nach unten stellen. Und ich hab’s probiert. Ich kenne den Hebel aus nunmehr 5 oder 6 Zafiras, ich muss den schließlich fast immer bedienen. Gut, mein langjähriger Tagfahrer Harald und ich hatten absurderweise die gleiche Einstellung – aber bei jeder Übergangskiste ist das der zweite Griff nach dem Zurückschieben des Sitzes gewesen.

Ja, manchmal isses auch scheiße, zwei Meter zu messen …

Um das klarzustellen: Ich konnte schon im Auto sitzen. Aber mit den Knien am Armaturenbrett und den Augen oberhalb des oberen Scheibenendes. Das kann man mal bei einem Notfalltransport machen, aber an gutes oder gar bequemes Autofahren war nicht zu denken. Dem besagten Hebel muss ich auch meinen Respekt entgegenbringen, denn er ist immerhin nicht abgebrochen bei meinen Versuchen, ihn zu bedienen.

Bei meinen Chefs ging niemand ans Telefon, so einfach ein anderes Auto nehmen konnte ich also auch nicht. Man will ja nicht seinerseits einem Kollegen die Schicht versauen.

Und dann steht ganz hinten im Eck die 72. Mein Auto, dessen Schlüssel ich ja noch in der Tasche hatte. Das definitiv unverplant war.

… und bei dem inzwischen sowohl Fackel als auch Taxameter ausgebaut worden sind. -.-

Ein bisschen ärgerlich, dass solche Pechsträhnen ins Geld gehen. Ansonsten hab ich mich nicht lange mit schlechter Laune aufgehalten. Das hätte nun wirklich nichts mehr geändert.

Byebye …

Manchmal geht’s dann schneller als man denkt: Der Anruf meiner Chefs gestern war wirklich wichtig: Sie verkaufen die 72. Ende, Aus, Babela. Während ich gedanklich schon die 444.444 km angestrebt hab, hatten sie im Büro wohl andere Pläne. Aber ein neueres Auto ist natürlich kein Ärgernis. 🙂

Ob es insgesamt jetzt eine gute Neuerung für mich persönlich ist, weiß ich aber noch nicht. Der Vorteil der alten Möhre war halt auch, dass niemand sie als Stammfahrzeug haben wollte und ich sie mit nach Hause nehmen konnte während der drei Tage. Das wird künftig sicher schwierig. Vielleicht findet sich aber auch ein Tagfahrer, mit dem ich wieder fest zusammenarbeite. Könnte aber schwer werden, im Nordosten Berlins hat die Firma nicht viele unvergebene Leute. Eventuell wird das also alles wieder ein bisschen chaotischer bei mir – es könnte auch sein, dass ich meine Arbeitszeiten nochmal ändern muss. Also nicht auf Tagschicht – aber vielleicht kann ich keine halben Schichten mehr machen, ein festes Auto nur noch für drei Tage haben, sowas halt. Da werde ich unter Umständen noch ein bisschen mit Cheffe pokern müssen. Gestern bin ich auch zu Hause geblieben, weil kein Auto für eine halbe Schicht sinnvoll abholbar gewesen wäre.

Jetzt hab ich dann die 2925 für dieses Wochenende. Kein Schreibfehler – nicht die 1925! Aber auch ein B-Zafira, alles vermutlich so wie bekannt. Hab sie aber soweit ich weiß noch nie gefahren. Ist auch kein Jungspund mehr, mal sehen, über welche Marke ich die kriegen kann – so ich sie öfter fahren sollte. 🙂

Viel fahren jedenfalls sollte ich diesen Monat. Nicht nur, weil hier die Taxigeschichten ständig ausgehen, sondern auch weil’s mit dem Geld mal wieder (oder immer noch, ach wer weiß das schon?) nicht so rosig aussieht. Wer will darf gerne wieder seine Weihnachtsgeschenke über meinen Amazon-Link kaufen. Ein kostenloses Investment in besseren Schlaf für einen Taxifahrer … 😉

Aber wie gesagt: Viel Arbeit bedeutet auch viele Geschichten. Mein täglicher Gang zum Supermarkt zeigt mir: Die Irren sind nicht ausgestorben – und damit ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie bei mir im Taxi landen.

Das Weihnachtsgeschäft

So langsam geht es los, das Weihnachtsgeschäft startet. In den nächsten Wochen haken alle Betriebe ihre Weihnachtsfeiern ab. Das ist für uns Nachtfahrer nicht das schlechteste Geschäft, denn Weihnachtsfeiern sind so Anlässe, zu denen auch Wenig-Ausgeher mal ein Taxi brauchen. Ob das die beste Kundschaft ist, darüber darf allerdings stark gestritten werden. Da trinken auch Leute, die sonst nix trinken – und es sitzen Leute mit Kollegen zusammen, mit denen sie sonst nicht zusammensitzen. Gemeinhin kann man Betriebsweihnachtsfeiern durchaus als heikles Unterfangen sehen, das oft schief geht.

Mein erster Fahrgast ging noch. Er hatte eine Tour in den hohen Norden mit mir, zumindest so halbwegs. Neu-Hohenschönhausen, gute 20 € für mich. Er war betrunken, aber ausgesprochen nett und höflich. Wermutstropfen war seine depressive Verstimmung – er hatte sich wohl selbst erfolglos auferlegt, nicht so viel zu trinken. Das sind Gespräche, denen man gerne aus dem Weg gehen würde. 🙁

Ansonsten mache ich mich erst heute Abend wieder auf den Weg – zumindest, so lange nichts dazwischenkommt. Ich hab gestern einen Anruf meines Chefs verpasst, wer weiß, nicht dass was mit der 72 ist …

Naja, ich hoffe mal, dass da nix ist und bei den Weihnachtsfeierfahrgästen hoffe ich auf … hmm, zum Beispiel solche Kandidaten. Oder das hier wäre auch was. Vielleicht auch so eine Tour … ich werde jedenfalls berichten, ist ja klar. 🙂

Auch eine Erwähnung wert:

@luutoo hat mir neben einer etwas verstrahlten Fahrt und unverhältnismäßig viel Geld dafür auch noch eines der kuriosesten Trinkgelder gegeben, die ich je erhalten habe: Eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr in Wien.

Falls ich mal wieder Österreich erschrecken will, bin ich mobil! Quelle: Sash

Falls ich mal wieder Österreich erschrecken will, bin ich mobil! Quelle: Sash

🙂

Vergurkt

Manchmal klappt’s einfach nicht. Jeder hat mal einen schlechten Tag auf Arbeit, ich natürlich auch. Meist merke ich das an geringen Umsätzen – aber selbst da hab ich als Nichtfunker schon mal eine Gefahrenquelle weniger. Fehlfahrten hab ich so gut wie nie. Aber keine Regeln ohne Ausnahmen. Am Freitagabend hab ich mich nach etwas Hin und Her via Twitter (und letzten Endes SMS) mit @luutoo am Flughafen Tegel treffen wollen. Das war ein krisensicherer Plan, das hat bisher immer funktioniert. Er wurde nur geringfügig dadurch beeinträchtigt, dass wir uns nicht darüber unterhalten haben, an welchem Terminal ich warten solle.

Natürlich ist das bescheuert, aber ich hab bisher alle meine Fahrgäste am Terminal A abgeholt und mit der Zeit einfach nicht mehr darüber nachgedacht. Dass mein äußerst netter Leser an Terminal C ankam und fortan wohl etwas irritiert durch den Flughafen irrte – wozu auch ich mit unzureichenden Angaben sicher beigetragen habe – war so nicht geplant.

Dabei waren wir beide ungefähr mit gleich viel Verspätung angekommen, es hätte also alles so gut passen können. Stattdessen war es dann ein klassisch wortkarger Kollege, der mir wohl zumindest mal entfernt ähnlich sah, der keine Anstalten gemacht hat, die Verwechslung aufzuklären und „meinen“ Fahrgast mitgenommen hatte, was ich etwas überrascht mitbekam, als es in einer SMS nunmehr nicht mehr um Terminals ging, sondern darum, dass – sollte ich nach der grandiosen Verpeilung noch Interesse an der Fahrt haben – nun nach Moabit kommen könnte.

Da war er wieder: Der Punkt, an dem ich aufgehört habe, mich darüber zu ärgern, was passiert war, sondern mit geradezu grenzdebilem Grinsen einfach nur gemeint hab, dass das ja nun nach all dem Hickhack auch kein Problem mehr sei. OK, natürlich war das am Ende eine Stunde mehr Zeit als geplant, die Tour war kürzer und auf der Uhr standen nochmal 10 Kilometer mehr. ABER WENN WIR MAL ANFANGEN, EINE TOUR ZU „PLANEN“, DANN ZIEHEN WIR DIE AUCH DURCH! 😀

Und ich hab’s nicht bereut, ehrlich. Der @luutoo ist ein furchtbar netter Zeitgenosse und der Umweg war definitiv besser als die Tour am Ende nicht zu fahren. Und das nicht wegen des Trinkgeldes oder weil es am Ende doch noch wenigstens eine 17€-Tour war, sondern weil’s Spaß gemacht hat. Obwohl oder weil es so schiefgegangen ist. Egal! Und wer von uns jetzt mehr oder weniger verpeilt hat? Egal! Am Ende hat’s auf abenteuerliche Weise dann halt doch gepasst.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Neuer Rekord!

Ein 401.227 km herumgekommenes Opel-Taxi und ein rauchender Fahrer. Und was sagt die Kundschaft:

„Dit is‘ mal’n jutes Taxi, wa Inge? Is‘ so bequem und so …“

„Ja, und dit riecht auch so jut hier. Wie neu.“

Yes! \o/

Im Ernst: Man merkt der 72 ihre Macken an. Ich bin auch kein Geruchskünstler, ich rauche nur draußen und kenne mich mit meiner Dusche etwa so gut aus wie ein Durchschnittsuser. Aber das scheint zu reichen. 🙂

(Tatsächlich hab ich heute gleich zweimal Lob fürs Auto gekriegt, obwohl ich mich geärgert hab, dass ich das Scheibenputzen nicht auf den Plan gekriegt hab. Aber die waren alle halbwegs zurechnungsfähig, ich schwör’s!)