Als Taxifahrer kommt man nicht umhin, gelegentlich mit dem uniformierten Teil der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Zum einen hat man tatsächlich mal Anliegen, bei denen sie eine Hilfe sein können, zum anderen sind Nachts auf Berlins Straßen sowieso fast nur Taxen und Polizeifahrzeuge unterwegs. Von kleinen Konflikten bezüglich der Verkehrsregeln ganz zu schweigen. 😉
Ich will jetzt aber gar nicht so weit ausholen bezüglich meines Verhältnisses zur Polizei, ich wollte mich einfach mal ein bisschen beschweren über den Umgang einiger Staatsbediensteter mit der StVO.
„Dass die Polizei alles darf“ ist ja leider ein weit verbreitetes Bild in der Gesellschaft. Das wird im Allgemeinen durch die Medien gestützt, und ebenso wie eine erschreckend hohe Anzahl an Menschen in diesem Land bei schweren Verbrechen eine Körperverletzung seitens der Beamten für durchaus angemessen empfindet, so finden auch viele es ganz normal, dass im Verkehr für die Gesetzeshüter eben genau die Gesetze anscheinend nicht gelten. Abgesehen von denen, deren Bildungsniveau schon bei den Überschriften der Bild an seine Grenzen stößt, lehnen die meisten es vielleicht noch ab, wenn die Polizei wie bei „Alarm für Cobra 11“ schwere Verkehrsunfälle mit Todesfolge für eine legitime Ermittlungsarbeit hält, beim alltäglichen Rasen und Nötigen lächeln viele dann doch und tun es als Kleinigkeit ab.
Warum eigentlich?
In erster Linie sind Polizisten selbst im Dienst normale Verkehrsteilnehmer und haben sich im Interesse der Sicherheit an die selben Regeln zu halten wie jeder andere auch. Sie stehen nicht über dem Gesetz – wenn man nicht an den inzwischen berühmten „Richter Bleifuß“ gerät, dessen abenteuerlich egoistische Auslegung der StVO aber sicher auch bald ein Ende haben wird.
Ich hab nun wirklich kein großes Interesse am Erbsenzählen und finde es durchaus in Ordnung, wenn mal der gesunde Menschenverstand hier und da zu Ungunsten des gesetzlichen Wortlautes verwendet wird. Aber warum bitte wundere ich mich inzwischen, wenn ich mal auf ein Einsatzfahrzeug treffe, das sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält?
Neulich bin ich erst wieder auf der Autobahn im ach so gefährlichen Tunnel von einem silber-blauen Geschoss mit 150 Sachen überholt worden. Wo soll denn da bitte mein Gefahrenbewusstsein herkommen?
Und was das Einsetzen von Blaulicht und „Einsatzhorn“ angeht, haben einige in Berlin ein bisschen Nachschulung nötig. Während ein gemeinsames Mannschaftsfrühstück beim McDonalds am Ostbahnhof offenbar als Bedingung für Blaulicht ausreicht (Ich vermute mal „Abwendung von schweren gesundheitlichen Schäden“ nach §38 StVO), hatte ich nun auch schon öfter mal Begnungen mit dängelnden Gesetzeshütern, die auf ihr Anliegen glaubten, mit Hupe oder Lichthupe hinweisen zu müssen – wohl im Wissen darum, dass sie eigentlich gerade keine Sonderfahrrechte genießen.
So wurde ich neulich erst genötigt, in der (zugegeben schmalen) Adalbertstraße rückwärts zu fahren, bloß weil ein übereifriger Polizist seine Fahrzeuglänge beim Abbiegen falsch eingeschätzt hat und sich damit zwischen mir und der Fahrbahnbegrenzung eingekeilt hat. Aber sowohl mein Fahrgast als auch ich waren uns einig, dass es den Ärger nicht wert gewesen wäre, einfach zurück zu hupen und zu warten…
Für mich persönlich besonders ärgerlich ist das ständige Halten der Einsatzfahrzeuge am Taxistand am Ostbahnhof. Eine Menge Falschparker blockiert da ständig den Betrieb und sorgt für Verwirrung, da bedarf es wirklich keiner Polizisten mehr, die das auch noch vormachen. Was wohl passieren würde, wenn wir mal deren Parkplatz dort vor Ort als Halte benutzen?
Ganz widerlich sind natürlich die Typen, die sich – wie Klaus eindrucksvoll geschildert hat – Sonderrechte auch noch rausnehmen, wenn sie gar nicht im Dienst sind, und sich auf ihren Status berufen, sobald ihnen jemand ein Vergehen zum Vorwurf macht, bzw. sogar damit drohen, ihre Funktion auszunutzen, um einem das Leben schwer zu machen.
Aber wahrscheinlich sind das genau die Polizisten, die ihr Einsatzfahrzeug hier beim Kaiser’s vor meiner Türe auf dem Behindertenparkplatz abstellen, wenn sie sich ihr Mittagessen holen. In diesem Fall mit dem Behindertenparkplatz kann man meiner Meinung dann allerdings darüber nachdenken, ob nicht das Verhalten selbst sozusagen schon die Berechtigung begründet…
Also das mit dem Behindertenparkplatz, das würde ich so unterschreiben 😉
Ich hatte schon mal überlegt, sämtliche Zivilfahrzeuge der Polizei einen Monat lang mit der Videokamera zu überwachen – das hätte dem Taxigewerbe viele neue und auch aufregende Fahrgäste beschert. 🙂
Einen Fall hast Du vergessen, den ich, der an einer Kreuzung wohnt, leider viel zu oft beobachten darf. Mit einschließen möchte ich hier auch die RTW-Fahrer, die mit ihren Schnittlauch-Kollegen zwar Pflichtbewusst ihr Blaulicht anhaben, wenn sie bei Rot über die Kreuzung fahren. Aber das Martinshorn häufiger „vergessen“, als es mir als Verkehrsteilnehmer lieb sein kann…
@Stefan Grenz:
Wobei zu erwähnen ist, das selbst, wenn die „Sondersignale“ genutzt werden, also Blaulicht und Einsatzhorn zusammen, die entsprechenden Fahrer ebenso verpflichtet sind, bei unübersichtlichen Verkehrssituationen entsprechende Vorsicht walten zu lassen.
Die dürfen dann trotzdem nicht einfach über eine Kreuzung brettern.
Ergänzend:
Ich kann damit falsch liegen, aber in manchen Städten wurde meines Wissens nach darauf gedrungen, das Martinshorn so wenig wie möglich zu verwenden, wegen dem damit verbunden Lärm… .
@highwayfloh: Brettern tun sie immerhin nicht. Oder sehr selten. Selbst mit Martinshorn fahren sie relativ behutsam über die Kreuzung. Und dort muss bei Rotlicht meines Wissens immer beide „Sondersignale“ genutzt werden.
Wobei ich hier mal eine Lanze für die Jungs und Mädels vom Rettungsdienst brechen muss, wenn die Vorredner schon hier ablästern. 😉
Ich wohne nahe an einem Krankenhaus, von wo aus der Notarzt ausrückt und nahe an einer Kreuzung. Bei mir kommt der Notarzt mindestens zweimal am Tag vorbei. Und ich finde die Fahrweise immer sehr vor- und umsichtig.
Zumindest der Notarzt hat zwei Hörner. Ein lautes und ein leises und er ist bemüht, wo es geht, das leise zu verwenden. Aber das hörst du wirklich nicht sehr weit.
Und nachts bin ich ihnen dankbar, dass sie entgegen der Vorschrift nicht die große Schiffströte anwerfen und ich meinen süßen Träumen nachgehen kann.
Daher mache ich jedem Fahrzeug mit Blaulicht sofort Platz. Selbst wenn es nur der Notfall der Unterzuckerung des Bordpersonals ist – denn deren Job möchte ich nicht machen, aber ich bin heilfroh, dass es die Jungs und Mädels gibt.
@Stefan Grenz & Der Maskierte:
sorry, falls mein Kommentar missverstanden wurde.
Der war nicht „gegen“ die Einsatzkräfte gemünzt.
Ich fahre selbst LKW und wenn da mal z.B. der „Freund & Helfer“ auf der Überholspur mit Blaulicht und Martinshorn ankommt kann ich die oft erst (akustisch) wahrnehmen, wenn die auf gleicher Höhe sind (und ich hab das Radion nicht voll aufgedreht!
Was die Fahrweise anbelangt:
Ich gehe davon aus, dass die allermeisten der Einsatzkräfte – auch schon im Eigeninteresse – vorsichtig agieren – dennoch gibt es aber auch da welche die dann nach dem Motto „ohne Rücksicht auf Verluste“ agieren….
Und was im Artikel ebenfalls angesprochen wurde:
Das mit dem missbräuchlichen Einsatz der „Sondersignale“ hab ich schon öfters „live“ erlebt.
Nichts desto trotz hege ich großen Respekt vor allen, die diesen Job machen, egal ob bei der Feuerwehr, dem Rettungsdienst, der Polizei etc. …
Sehe ich genauso, highwayfloh.
Wobei, jetzt wo Du Dich als LKW-Fahrer geoutet hast, könnte ich auch dort Negativbeispiele ohne Ende aufzählen. 😉
Aber letzten Endes gibt es immer solche und solche. Wirklich in Erinnerung bleiben nur die schlechten Beispiele und die tausend guten verdrängt man gerne mal.
@Stefan Grenz:
stimme ich Dir vollkommen zu!
Das Grundlegende Problem ist IMHO doch diese vorherrschende „zu erst komm ich … dann ich, dann nochmals ich und dann eventuell was anderes / andere – Mentalität“ ….
Aber wehe, wenn genau solche Leute mal selbst schnelle Hilfe brauchen … dann ist das Geschrei groß, warum die Einsatzkräfte nicht schneller vor Ort waren…
Ich wollte nur auch mal das Dilemma aufzeigen, dass man z.B. insbesondere die Polizei oft gar nicht wahr nimmt, sofern man nicht – wie ich als LKW-Fahrer – regelmäßig die Rückspielgel kontaktiert …
Radio ist laut, da wird mit MP3-Ohrstöpsel gefahren – ob im Auto oder auf dem Fahrrard oder auch auch als Fußgänger etc. …
Feuerwehr und RTW haben da zwar „etwas lautere Tröten“ aber auch die gehen zuweilen unter …
PS: kannst ja mal auf meinen Blog kommen, da schildere ich mal den Alltag aus „Fahrersicht“ … einfach auf meinen Nick klicken… 😉
Und da stimme ich Dir zu.
So, und jetzt gehe ich erstmal stöbern. 😉
Hallo Sash,
ich verfolge Deinen Blog schon länger und sehe mich nun zum erstenmal „genötigt“ einen Kommentar zu schreiben.
Da ich selber bei der Rennleitung arbeite, würde ich Dir gerne mal die andere Seite beschreiben.
Ich fahre zwar keine Streife (mehr), habe aber bei einer Operativen Einheit noch ausreichend Gelegenheit den Straßenverkehr Tag und Nacht live zu erleben.
Es gibt viele Situationen, wo es aus taktischen Gründen nicht geboten ist mit Alarm (Sondersignalen) zu fahren, z.B. bei einem Bankraub. Das größte Risiko hierbei wäre, dass der Täter in der Bank schon hören kann, dass die Polizei im Anmarsch ist und anschließend Geiseln nimmt. Also wird so leise und so schnell wie möglich zur Bank gefahren. Dass Du das natürlich von außen nicht sehen kannst, ist mir durchaus bewusst.
Und dass es naürlich bei der Polizei, genauso wie in JEDEM anderen Beruf, sog. schwarze Schafe gibt, versteht sich von selbst. Das kann ich auch nicht gut heißen. Ich denke schon, dass das was Du hier schreibst Hand und Fuß hat, ich würde Dich nur bitten auch mal zu bedenken, dass manches andere Ursachen hat, als man landläufig meint.
Speziell die im Kommentar angesprochenen Zivilwagen (bzw. derjenige, der drin sitzt) haben unter Umständen Aufträge, von denen Du/Ihr gar nichts wissen wollt. Und aus leidvoller Erfahrung kann ich sagen, dass es in der Regel speziell nachts besser ist ohne Sondersignale zu fahren, da die anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu komischen Fahrmanövern genötigt werden. In meinem speziellen Aufgabenbereich z.B. ist es gar nicht gewollt, dass man als Polizei erkannt wird.
Und ja ich arbeite bei dem Verein um die Bevölkerung zu schützen und ihr zu dienen und das auch noch nach fast zwanzig Jahren. Und Ihr könnt mir glauben, das ist nicht leichter geworden. Das alles rechtfertigt natürlich nicht das Parken z.B. auf Behindertenparkplätzen oder ähnliche Verhaltensweisen.
Und mal zum Nachdenken: Streife fahren ist der gefährlichste Job bei der Polizei, weil man nie weiß, was einen erwartet. Und es gibt leider immer mehr Irre und schmerzbefreite Kaputte, die in unserer Gesellschaft leben. Wenn ich dran denke, dass mittlerweile bei Krawallen sogar Rettungskräfte (Feuerwehr und Rettungsdienste) angegriffen werden, wird mir schlecht. Vielleicht auch nur ein Gradmesser, wie kaputt unsere Gesellschaft tatsächlich ist.
Wie geschrieben, ich will Deine Erfahrungen mit der Staatsgewalt gar nicht entschuldigen oder runterreden – ich hatte bisher den Eindruck, dass Du ganz gut differenzieren kannst. Denk vielleicht nur mal daran, dass die große Masse der Polizei den Job aus Überzeugung macht und dafür sorgen will, dass Ihr ruhig schlafen könnt.
Und was ich Dir von Taxifahrern erzählen könnte…
Puhh, das war jetzt lang. Sorry.
Ansonsten gefällt mir Dein Blog sehr gut und ich hoffe, Du machst weiter so…
Falls Du Fragen hast, kannst Du mich gerne per Mail kontaktieren
Vic
Was ich jetzt lustig finde: genau das denke ich mir immer bei Taxifahrern. Und oft denke ich noch dazu: wenn ich auf meinen Führerschein angewiesen wäre, würde ich mich an die Regeln halten.
Und das betrifft nicht nur das Halten udn Parken an unmöglichen Stellen, sondern die Geschwindigkeit, Rücksicht, rote Ampeln…
Aber es wird wie überall sein: 5-10% Idioten, der Rest ist ok, fällt halt nur mehr auf, wenn man eine Gruppe zuordnen kann: Polizei, Taxis, LKWs etc.
@all:
Dass es solche und solche gibt, ist klar. Das hab ich ja hoffentlich auch nicht anders rübergebracht.
@Vic:
Wow. Danke für den ausführlichen Kommentar!
Dass es die andere Seite auch gibt, das ist mir natürlich bekannt und wie du schon geschrieben hast: Ja, ich sehe das durchaus differenziert. Eine Pauschalschelte von mir sieht anders aus 😉
Ich denke mir auch nicht bei jedem Wagen mit überhöhter Geschwindigkeit automatisch: Was für ein Idiot!
Mein Problem mit den Regelverstößen durch die Polizei liegt natürlich – deswegen hab ich sie ja auch extra benannt, ansonsten könnte man das allen Verkehrsteilnehmern, inkl. Taxifahrern, ja dauernd vorwerfen – auch ein bisschen in ihrer Funktion begründet.
Dabei will ich gar nicht die alte Vorbild-Klamotte rausholen. Zum einen ist die Polizei zugleich mit der Überwachung der Verstöße betraut. Dann ist die Begründung für eigentlich jede Verkehrsvorschrift die Sicherheit. Die wird durch ein Fehlverhalten aber nach dieser Definition auch von Polizisten gefährdet – ganz gleich, ob er einen „höheren“ Auftrag hat. Es ist die alte Leier, dass jeder für sich, seinen Job oder irgendwen anders gerade etwas so wichtiges macht, dass es eine Regelverletzung „rechtfertigt“. Deswegen finde ich es besonders gefährlich, wenn die Polizei mit genau dieser Argumentation durchkommt – dabei möchte ich den Zweck des Verhaltens gar nicht anzweifeln, dummerweise werden genau im Verkehr reihenweise auch Leute bestraft, die es nicht weniger gut gemeint haben.
Ich gebe zu, ich kann meine Gedanken zum Thema gerade nur unzureichend sortieren.
Ansonsten: Bei der Schwarze-Schafe-Geschichte stimme ich zu!
Nachts auf dem Land fahren Sondersignalberechtigte gerne nur mit Blaulicht, aber ohne großes Tatütata. Einfach aus Rücksicht. Das Geflackere sehen andere Autofahrer auch so. Im Verdachtsfall machen sie halt kurz vor einer Kreuzung die Tröte kurz an. Sie wissen, andere wollen auch schlafen oder verhalten sich komisch.
Es gab einmal einen Klavierkomiker, Sir Henry glaube hieß der, der seinem Schüler zwischen einer Art Flohwalzer-
Klimperei den Hinweis gab: ‚Und auch die schwarzen Tasten mal beachten‘.
Analog dazu beachte ich gerade ältere Sash-Geschichten und das passende Gedicht dazu wäre hier von Gerhard
Seyfried.
“Stei, Polizpop!
äh, Pop, Stolizei!
nee: Stop, Polizei!
MIst – weg isser….‘
Es gab Stolizeiwachen , da hing es eine Zeit lang am Schwarzen Brett..