Ich als Taxiblogger

Habe ich schon mal gesagt, dass ich das Internet liebe?

Ja, natürlich. Aber ich bin ja auch in einer komischen Situation: ausgerechnet, dass ich das Schreiben als Hobby (genau genommen als freiberufliche Nebentätigkeit) habe, sorgt für Kundschaft in meinem Hauptjob. Und das auf oft so kuriosen Umwegen …

Als ich neulich in Friedrichshain umherfuhr, eigentlich in der Hoffnung auf eine Kippenpause nach mehreren Winkern, klingelte mein Telefon. Die meisten Menschen finden das vielleicht normal, bei mir ist das nicht so. Ich bin ein ausgesprochener Telefonmuffel und schätze, dass ich nur ungefähr 10 bis 15 Anrufe im Monat bekomme. Wenn nicht weniger.
Und nun auch noch eine unbekannte Nummer. „Na gut, das schreit geradezu nach Lesertour!“, dachte ich mir und ging mal ran, nachdem ich rechts rangefahren war. Eine Frauenstimme verkündete, Mischa hätte ihr gesagt, sie solle doch mal mich anrufen. Aha.

Nein, im Ernst: der Name hat mir was gesagt. Obwohl die einzige Fahrt mit ihm an Bord 2011 stattfand (die Fahrt mit der „Diskutierband“ Rubicon), gab es seitdem ein oder zwei Anfragen von ihm, der Inbegriff der entferntesten Bekanntschaft. Aber dennoch hatte er an mich gedacht. Sehr nett, danke!

Wie der Zufall so wollte, war es eine Fahrt von Kreuzberg aus, nicht allzu weit weg. Eine ganze Stange junger Frauen, ein Großraumauftrag unproblematischster Art mit netten Gesprächen und – wie ich hoffe – Zufriedenheit auf allen Seiten. Ein Zwischenstopp, ansonsten kürzeste Route, und am Ende einmal Händeschütteln mit dem Initiator der Fahrt, der meinen Tracker genutzt hatte, um zu sehen, wann ich die Mädels aufpicke. So gut passt es leider nur selten zwischen Lesern und mir, meistens bin ich ja außer Dienst oder wenigstens am anderen Ende der Stadt bei solchen Anfragen.

Dank meiner Gesichtsblindheit hätte ich Mischa mit ungewohnt kurzen Haaren sicher auf der Straße nicht erkannt, aber das ist bei so einer Fahrt ja glücklicherweise egal. 🙂

Am Ende stand folgende Frage:

„Ich hoffe, Du hast anständig Trinkgeld gegeben?“

Ich sprang ein:

„Ja, hat sie!“

Und sie wiederum war sich unsicher:

„Jetzt, so gesagt, also eigentlich glaube ich, dass ich das nicht getan habe …“

Ach herrje! Ja, zugegeben: das Trinkgeld lag unter meinem Durchschnitt. Aber es war ok, ausreichend, gut, in Ordnung, alles bestens. Ehrlich!
Für mich als Taxiblogger ist das Trinkgeld manchmal auch einfach nur eine Fahrt, bei der ich weiß, dass sie super wird und mir nicht wegen diesem oder jenem Sorgen machen muss, weil ich die Leute nicht einschätzen kann. Und das ist bisweilen mehr wert als ein Euro extra, wirklich! 🙂

14 Kommentare bis “Ich als Taxiblogger”

  1. Reinhold sagt:

    Oh du Glücklicher – 10 bis 15 Anrufe im Monat. Zur Zeit nerven mich meine arabischen „Ex-Fahrgäste“ über mein Handy. Ich kann die schlecht anhand der Telefonnummer identifizieren. Jedes Mal wenn sie nach Deutschland kommen, kaufen sie eine andere Telefonkarte. Gestern abend wieder; über die Freisprecheinrichtung während eines tollen Gesprächs mit einem Fahrgast: „Hello Mr. Reinhold …“
    Wenn es dann klappt, so wie bei dir; man ist gleich um die Ecke und die Kunden wollen jetzt ein Taxi, passt es ja.

  2. Sash sagt:

    @Reinhold:
    Das liegt aber vermutlich daran, dass Du das Vollzeit machst und nicht so wählerisch bist wie ich. Wie man es macht, ist es verkehrt – oder andersrum.
    Dafür habe ich nicht die hoffentlich großzügigen und auch noch regelmäßigen Zuwendungen dieser Kundschaft.

  3. Mic ha sagt:

    Hi Sash, ich hoffe, dass ist nicht ganz unpassend: Ich hab mich gestern mit einem Berliner Taxifahrer unterhalten, der schon 25 Jährchen aufm Buckel hat. 2 Dinge haben mich überrascht. Zum einen dass er kaum Kontakt zu Kollegen hat. („Is wie beim Bäcker. Der kennt die Kollejen ja au kaum.“) Und zum anderen – und darum gings in dem Gespräch – dass man auf kleinere Baustellen als Taxifahrer kaum Informationen bekommt. Er meinte, dass er sich den Tagesspiegel nach größeren Baustellen durchliest und beim seltenen Kontakt mit Kollegen bissl was erfährt, was er aber meist dann schon wusste, da er selbst dran vorbeikam.
    Ich frag mich, warum ihr da nicht ne Sammelplattform habt in irgendeiner medialen Form. Vielleicht in Kooperation mit dem Bauamt. Oder einfach durch regelmäßiges Informieren der dran vorbeifahrenden Kollegen. Ist das utopisch? Was ist deine Meinung dazu?

  4. Sash sagt:

    @Mic ha:
    Das mit den Baustellen ist auch echt nervig, da hat der Kollege recht. Eine umfassende Sammlung gibt es nicht. Aro hat mit mir und Klaus mal sowas (auch für Neueröffnungen von Hotels etc.) versucht, sowas aufzuziehen, aber zumindest ich hab nie Zeit dafür gefunden und inzwischen schreibt auch Aro nur noch gelegentlich mal was rein … http://www.taxi-weblog.de
    Ich vermute, dass es insgesamt utopisch ist. Das ist – gerade wenn’s aktuell sein soll – ein Mordsaufwand. Dagegen ist das Einmal-um-den-Block-fahren im Notfall echt das kleinere Übel. Darfst ja auch nicht vergessen, dass man da am Ende 500 Baustellen in der Liste hat und die darfste Dir dann jeden Abend durchlesen, und vorbeikommen tuste nur an zweien oder dreien davon.

  5. franz sagt:

    Die Baustellensache schreit ja nach „Crowdsourcing“. Wär vielleicht mit Openstreetmap machbar. Da gäbe es Möglichkeiten, auch temporäre Sperrungen einzugeben, also „Gesperrt von x bis vorraussichtlich y“. Dann macht es nichts, wenn dieser Eintrag vergessen wird, weil ja schon ein Ende angegeben ist. Ob es schon Software gibt, die sowas ausliest, weiß ich nicht. Vielleicht braucht es erst eine Software, damit die Leute motiviert sind, solche kurzen Baustellen einzutragen.

  6. metro sagt:

    @ Mic ha

    Viz-info.de

    Aktuelle Verkehrslage Berlin

  7. Sash sagt:

    @metro:
    Jedes Mal, wenn ich da reingesehen hab, waren Baustellen, die ich kannte, nicht eingetragen. Aktuell z.B. die einseitige Sperrung der Friedelstraße. Die ist natürlich für die Verkehrslage in Berlin insgesamt völlig egal – aber ein typischer Fall für die ärgerlichen Stellen, an denen man von Baustellen einfach überrascht wird und unnötige Haken schlagen muss.

  8. metro sagt:

    @sash:

    Ja, kann sein, dass die da keine 30-er Zonen berücksichtigen. Da müsste man sich da mal glatt beschweren. Schließlich werden die von der Senatsverwaltung -und damit vom Steuerzahler finanziert…
    Die sollen arbeiten für Ihre Kohle!!!

  9. elder taxidriver sagt:

    Und wenn man die Baustelle kennt: Der Fahrgast glaubt es einem aber oft nicht. Der muss sie erst selber sehen. Muss erst selber sehen: ah da staut sich was. Dann und erst dann möchte er schon von Anfang an ganz anders gefahren sein..

  10. Patrick sagt:

    Mich hat der Titel an eine alte Fernsehwerbung erinnert: „Ich als Zanharztfrau…“
    😀

  11. Mic ha sagt:

    Ha, dass es auch so rum geht, hätte ich nicht erwartet, elder taxidriver. Hätte eher damit gerechnet, dass man dem Texifahrer die Baustelle zumindest glaubt und dann mosert, wenn jener überrascht in eine reinfährt.
    @Sash
    D.h. auch große Baustellen könnten dich unerwartet ärgern?

  12. Sash sagt:

    @Mic ha:
    Selten. Die richtig großen bestehen ja meist länger oder werden im Radio durchgesagt oder dergleichen. Aber ja, vorgekommen ist das schon. Hatte allerdings bisher nie verständnislose Kunden.

  13. Mic ha sagt:

    Die Welt ist vielleicht doch nicht so schlecht 😉

  14. Sash sagt:

    @Mic ha:
    DAS ist ja so oder so immer eine Frage des eigenen Blickwinkels und mit Interpretationsspielraum versehen. 🙂

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