Direkte Antwort

Einen Dank an dieser Stelle noch an einen Leser und Kunden, der in bester Verbrüderung mit meiner Gesichtsblindheit gestern den famosesten Weg gefunden hat, mich zu trollen. Er ist Straßenbahnfahrer bei der BVG und hatte gestern zufällig mich auf dem Arbeitsweg als Fahrgast. Selbstverständlich hatte er den Eintrag vom gestrigen Morgen gelesen, inklusive der nicht nur liebevollen Worte meinerseits zur kalten und oft verspäteten Bahn.

Und als ich so ausstieg und mir eine Kippe anzündete, stieg er auch aus und richtet das Wort an mich. Da sich mir aber binnen weniger Wochen seit unserer letzten Begegnung jegliche Erinnerung an das Gesicht aus meinem Gedächtnis verflüchtigt hatte, staunte ich nicht schlecht. Ich dachte in dem Moment, dass ich doch eigentlich aus dem Alter raus bin, in dem ich in der Bahn irgendwelchen Mist baue, der vom Fahrpersonal beanstandet werden muss. Und dann sagte er auch noch:

„Pünktlich! Und ohne Klima!“

Respekt für die direkte Antwort und sorry an dieser Stelle dafür, dass ich’s nicht umgehend kapiert hab! Ich hoffe, mein etwas verstörtes Gesicht hat dafür entschädigt. 🙂

PS: Ich bin froh, dass das mit meiner Gesichtsblindheit meist so glimpflich abläuft. Aber von meiner Seite aus ist das immer wieder hoch pokern. Vielleicht vertue ich mich auch jetzt und es war wirklich ein anderer Fahrer. Ich weiß es nicht. Das kann wirklich doof sein und es ist von mir nicht böse gemeint, wenn ich Euch mal nicht wiedererkenne.

4 Kommentare bis “Direkte Antwort”

  1. MsTaxi sagt:

    Wie kommt es, dass dein Straßenbahnfahrer dein Kunde war/ wurde bzw. vice versa? Jagst du Fahrgäste am Ende von BVG-Linien ganz im Sinne des Schließens des letzten Lücke des ÖPNV und es kam zum kollegialen Gespräch zwischen zwei Lenkern (hier Bahn, dort Taxi) an der Endhaltestelle? Oder hab ich Töffel irgendwas überlesen oder eine Gedächtnislücke nach der Nachtschicht? 🙂

  2. Der Banker sagt:

    Ach weißte, Sash, wir Gesichtsblinden machen das wie die Analphabeten: wir haben mit der Zeit einfach Strategien raus, um uns Leute entweder trotzdem irgendwie zu merken oder aber gekonnt drumrum zu eiern.

    Aber ich kann von mir sagen, es war schon eine immense Erleichterung, als ich vor einigen Jahren gelesen habe, dass es sowas wie Gesichtsblindheit gibt. Man kommt sich nicht mehr so wie ein Idiot vor, man weiß nun, dass man einfach nur ein Handicap hat – und bekommt einen Blick darauf, was man stattdessen kann. So ein Handicap schult häufig andere Fähigkeiten, die es ausgleichen sollen.

  3. elder taxidriver sagt:

    Prosopagno.., ach egal..

  4. Sash sagt:

    @MsTaxi:
    Naja, wie ich im ersten Satz geschrieben habe: ein Leser. Und als solcher hat er wie viele andere einfach mal angefragt. Aber ja, es hat schon was von „die letzte Lücke schließen“, wenn man als Taxifahrer den Bahnfahrer heimfährt, der einen anderntags zur Arbeit bringt. 🙂

    @Der Banker:
    Das stimmt. Und ich als nur mittelschwerer Fall komme meistens mit Kleinigkeiten, die ich mir merke, recht weit. Aber ja: es ist gut zu wissen, was es ist. Und im Grunde kann ich damit gut leben. Ich erwähne es hier an passender Stelle halt gerne, weil es ja gerade Leser sind, mit denen ich gelegentlich nach einmaliger Begegnung später wieder zu tun habe.

    @Taxifahrer:
    Schon ironisch, dass das Wort wiederum der Horror für Legastheniker ist …

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