In den letzten Wochen seit ich mich zum Mindestlohn im Taxigewerbe geäußert habe, höre ich beinahe täglich – nicht nur hier in den Kommentaren, auch draußen auf der Straße – von Kollegen folgendes:
„Das wird nicht funktionieren! Das geht bei uns gar nicht! Die Umsätze reichen dafür gar nicht!“
Deswegen ist es mir langsam, bevor es anfängt körperlich weh zu tun, ein Bedürfnis, mal eine Sache klarzustellen: Ich hab mir das mit dem Mindestlohn nicht ausgedacht und es ist ganz genau völlig scheißegal, wie ich darüber denke. Dieser Mindestlohn wird per Gesetz verordnet und das schert sich einen feuchten Kehricht darum, wie viel Umsatz irgendeiner von uns Fahrern einfährt.
„Funktionieren“ wird der Mindestlohn damit so gut oder schlecht wie das neue Punktemodell, die Gurtpflicht oder das Verbot, fremde Menschen auf offener Straße anzuzünden – und zwar völlig unabhängig davon, wie uns das im Einzelnen schmeckt.
Man kann natürlich auch als Fahrer gegen einen Mindestlohn sein und ihn schlecht finden. Das hat aber nix mit o.g. „funktioniert nicht“ zu tun. Die besonders merkbefreiten Genossen versuchen mir mit ihren persönlichen Umsatzzahlen zu „beweisen“, dass das mit dem Mindestlohn „nicht gehen“ würde. Was ist das nächste Argument? Dass grüne Gummibärchen grün sind?
Kein Mensch ist so blöd, dass er glaubt, ein Chef könne von 15 € Umsatz 8,50 € Lohn zahlen! Und auch ich hab das nie behauptet. Die Preisfrage ist folglich, was wohl passieren wird, wenn es sich für Unternehmer nicht rechnet, einen Angestellten zu haben. Und für die Antwort braucht man kein BWL-Studium. Ich verrate mal so viel: es wird nicht so sein, dass sich der Mindestlohn für die Unannehmlichkeiten entschuldigt und wieder heim geht.
An der derzeitigen Misere im Taxigewerbe wird nicht der Mindestlohn kaputt gehen, sondern Taxiunternehmen. Seine Einführung wird im Taxigewerbe eine völlige Revolution darstellen und das Denkmodell von Fahrern, mehr aber noch Unternehmern, völlig umkrempeln. Das wird einige von uns hart treffen, da werden eine Menge Katastrophen passieren und ich maße mir nicht an, sagen zu können, wo die Bombe wann einschlägt. Ich jedenfalls mache mir bereits Gedanken darüber, was ich tue, falls ich in neun Monaten meinen Job verliere. Und ob das passiert, hängt einmal mehr nicht davon ab, ob ich den Mindestlohn mag oder nicht.
Im Ernst, liebe Kollegen: Verschont mich mit diesem geistigen Dünnpfiff von wegen „funktioniert nicht“!
Wenn Ihr gegen den Mindestlohn seid, dann hätte ich hier ein paar richtige Argumente:
Man kann es als Marktliberaler falsch finden, dass der Staat so in die unternehmerische Freiheit eingreift.
Man kann sich konservativ auf den Standpunkt stellen, dass es lieber schlecht bezahlte, dafür aber mehr Arbeitsplätze gibt.
Man kann sich nach den Folgen für das Modell „Angestellter Taxifahrer“ fragen und welche Rolle den Selbständigen beim Umbruch zukommen wird.
Man kann Zweifel äußern, ob die gesetzlichen Vorgaben von allen Unternehmern umgesetzt werden.
Und man kann’s auch einfach persönlich scheiße finden, dass der eigene Job in Gefahr ist.
Ich hab zu den o.g. Punkten eine klare Meinung, begründete Annahmen und ggf. Gegenargumente. Und da dürft ihr ganz ganz dolle anderer Meinung sein, das ist für mich in Ordnung. Aber bleibt mir weg mit Grütze wie „Kein Unternehmer wird freiwillig seine Konzessionen abgeben, deswegen klappt das alles nicht.“! Das ist nämlich nix anderes als sich die Augen zuzuhalten und „Mimimi, dich gibt’s gar nicht wirklich!“ zu rufen.