Taschenkontrolle

So. Die Weihnachtsfeier ist überstanden, der nur eher mittelprächtige Tag danach auch. Dass ich gestern nichts geschrieben hab, hatte damit eigentlich nichts zu tun, das war eher ein bisschen Grundverpeilung meinerseits. Dabei sind mir durchaus ein paar Dinge noch erinnerlich. Ein lustiges Beispiel für alltägliche Konfliktsituationen zum Beispiel.

Meine Fahrgäste waren ein paar fast noch jugendliche Holländer. Vielleicht auf Studienfahrt oder so. Sie waren zu fünft, hatten alle ein bisschen was getrunken und waren dadurch ein ziemlich durcheinandergackernder Haufen. Aber ganz nett eigentlich.

Nun muss ich mal ein bislang eher unerwähntes Detail meines Autos erklären: Die Armlehne. Wie schon die 1925 hat auch die 72 eine Armlehne für den Fahrer. Die ist seitlich am Fahrersitz montiert und lässt sich bei Nichtbenutzung (und ich benutze sie nicht, da sie mich beim Schalten stören würde) nach hinten klappen. Dann steht sie parallel zur Rückenlehne und gefällt mir dort als Raumteiler auch ganz gut, weil sie als kleinen Nebeneffekt Blicke und Zugriffe auf die Mittelkonsole von hinten erschwert. Und auch wenn ich da seit dem Diebstahl von Handy und Kamera nichts wertvolles mehr liegen habe, ist es doch schön, dass nicht jeder gleich meine Trinkflasche begrabbelt.
Bei der 72 nun ist diese Rückenlehne mit einem „Geheimfach“ ausgestattet. Schöne Idee, bei Benutzung der Lehne sogar ziemlich sicher und schwer zu finden. In hochgeklapptem Zustand allerdings ist es eher den Fahrgästen hinten als mir zugänglich. Und gerade wenn es mal eng wird im Auto, stoßen die Leute schon mal mit Knien gegen diese Lehne beim Einstieg. Und das muss auch jetzt bei den Holländern der Fall gewesen sein, denn das Fach sprang auf.

In unserem Fall liegen darin ein paar Kugelschreiber, die meisten wahrscheinlich leer. Kein großer Verlust also im Zweifelsfall. Aber nachdem ich mit den Jungs für eine kurze Tour zum Alex gestartet bin, nestelten sie immer noch daran herum und irgendwann kramte einer sogar eine Taschenlampe raus. Unterhalten haben sie sich nach wie vor auf holländisch, so dass ich auch kaum irgendwas verstanden habe. Ich hab ihnen ein bisschen Zeit gegeben, aber irgendwann fand ich es dann doch ziemlich frech, so dass ich mich umgedreht hab und die Jungs fragte:

„Hey guys, should I search your pockets?“

„Äh … what?“

„I said: SHOULD I SEARCH YOUR POCKETS?“

“ … no?“

„So why are YOU searching MY pockets?“

Da war schnell Ruhe im Karton und unangenehm ertappt gefühlt haben sie sich auch. Dabei hatten sie eigentlich sogar ein gute Erklärung:

„It is open and we wanted it to close.“

Ich hab mich entsprechend auch entschuldigt. Vor allem, weil ich sie wirklich ziemlich rüde angegangen war. Ist zwar nicht die schlechteste Taktik, wenn man sich bei 5 angetrunkenen Kerlen Gehör und vorsichtshalber Respekt verschaffen will, aber übers Ziel rausschießen und den unfreundlichen Fahrer markieren, wenn eigentlich gar nix wildes passiert ist, wollte ich auch nicht. Dafür ging es etwas ruhiger zu in den verbleibenden fünf Minuten, die Stimmung brauchte ein bisschen, um sich wieder zu erholen. Immerhin geschah dann am Alex etwas, das ich so auch nicht wirklich erwartet hatte:

Nachdem ich den Jungs, insbesondere dem in der letzten Reihe, beim Aussteigen geholfen hab, kam der große Kerl von hinten links zu mir, bezahlte, rundete großzügig auf und entschuldigte sich nochmal:

„I’m really sorry. This was our fault. It’s your car and we really had nothing to search for there. I can understand your reaction and I hope it is ok for you now.“

Wow! Man könnte gerade meinen, in meinem zugegeben so schon recht schnuckeligen Paralleluniversum fangen jetzt auch noch die Fahrgäste an, Anti-Aggressions-Kurse o.ä. zu besuchen. 😉

PS: An dem Fach war am Ende auch nichts kaputt. Die Jungs hätten einfach ein bisschen beherzter zuklappen müssen, dann wäre das Ding auch wieder eingerastet …

11 Kommentare bis “Taschenkontrolle”

  1. hrururur sagt:

    Ich finde deine Reaktion voll okay. Und die Jungs ja dann auch…

  2. SaltyCat sagt:

    ohne den genauen Tonfall gehört zu haben, würde ich sagen, das hat nichts mit wirklicher Unfreundlichkeit, sondern eher mit „Duftmarke setzen“ zu tun. Einmal kurz und bestimmt die Jungs einnorden – wenn sie ok sind, verstehen sie es (haben sie ja auch)

    Es ist einfach Fakt, dass sie mit ihrer Bezahlung nicht automatisch auch das Recht erwerben, über dein Auto und deine Sachen zu verfügen.

  3. elder taxidriver sagt:

    Kann man eigentlich jetzt generell sagen, dass einrasten besser als ausrasten ist?

  4. Micha sagt:

    …und viel besser als -rosten.

    Sash, dir wurden mal Handy und Camera gemobbst? Gibts dazu einen Blogeintrag oder kannste mal kurz berichten?

  5. radfahrerin sagt:

    Wie ist das denn ausgegangen? Hast du die Sachen/den Sachwert wiederbekommen?

  6. Sash sagt:

    @hrhrurur und SaltyCat:
    Denke auch, dass das alles in allem gepasst hat.

    @elder taxidriver und Micha:
    Spannende Fragen! 😉

    @Bwana:
    Danke fürs schnelle Raussuchen des Links!

    @radfahrerin:
    Nein. Hatte aber auch damit zu tun, dass die Polizei erst einmal nix machen wollte – war ja schon sehr spät. Also 0 Uhr etwa. Als sie mir angeboten haben, ein paar Wochen später eine Gegenüberstellung zu machen, hab ich abgewunken. Dank meiner Gesichtsblindheit kann ich mich an die meisten Stammkunden nur schwer erinnern, eine Gegenüberstellung wäre schlicht verschwendete Zeit gewesen. So ist das dann vermutlich eingestellt worden. Wobei ich mich zu erinnern glaube, niemals einen entsprechenden Brief bekommen zu haben. Hmm …

  7. Krüml sagt:

    „Wow! Man könnte gerade meinen, in meinem zugegeben so schon recht schnuckeligen Paralleluniversum fangen jetzt auch noch die Fahrgäste an, Anti-Aggressions-Kurse o.ä. zu besuchen“

    Erinnert mich daran, dass mir neulich eine unserer Verkäuferinnen erzählt hat, dass es im Zweifelsfalls ihre Schuld sei, wenn an den Computern was nicht klappt. Nicht die der EDV. Man muss ja nicht immer anderen die Schuld in die Schuhe schieben.
    Ich hab Bauklötze gestaunt bei der Aussage 😀

  8. SaltyCat sagt:

    Sash: Die Berliner Polizei hat ja auch wichtigeres zu tun – z.b. das Musik-Biz aufzurollen -> http://www.youtube.com/watch?v=2Qle4Y-sZpc …… 😉
    (Nein, ohne Witz, ich find den Song, das Video UND die Story, wie es dazu kam, stark, auch wenns nicht meine Musikrichtung ist)

  9. SaltyCat sagt:

    grad gesehen, dass da bei youtube gar nichts zur Story steht … Also: hier hat der Stern es erklärt -> http://www.stern.de/digital/youtube-hit-der-polizei-rap-aus-dem-wilden-wedding-2073551.html
    Die Kurzfassung: Der Song wurde geschrieben von einem nach aussen anonym gebliebenen Zivilbeamten des Abschnitts 36 für eine Betriebsfeier. Dort kam er so gut an, dass die Kollegen zusammen ein Video dazu gedreht haben. Dieses wurde „von oben“ abgesegnet (Respekt an dieser Stelle!) und auf Youtube veröffentlicht. 🙂

  10. Micha sagt:

    @Bwana
    Danke.
    @Sash
    Klingt so als wären die minderjährig gewesen. Halbstarke. Da wirds dann ja auch nochmal schwieriger.
    @SaltyCat
    Total peinlich. Nur meine Meinung 😉 Hüüüd..

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