Zu meinen regelmäßigen Standplätzen gehört auch die Kulturbrauerei. Dort ist leider wunderbar zu beobachten, wie Interessen von Stadt und Taxigewerbe auseinandergehen können und was das im Alltag für Stress bedeuten kann.
Da selbst Google Maps noch nicht ganz auf dem aktuellen Stand ist an dieser Kreuzung, müsst ihr eine meiner seltenen Zeichnungen ertragen. Bitteschön:

Die Kulturbrauerei-Haltesituation (+Elch) Quelle: Sash
An der Ecke Knaack-/Danziger Straße befindet sich ein Ausgang der Kulturbrauerei, hier durch das X links markiert. Da die Knaackstraße eine Einbahnstraße ist, bietet es sich für die Taxifahrer an, in zweiter Reihe vom Eingang bis weiter unten in der Straße auf der linken Seite zu halten. Die gewohnheitsmäßigen Halteplätze sind hier mit den Buchstaben A bis E gekennzeichnet, am Wochenende kann es schon mal bis zum Buchstaben R gehen 😉
Die Halte ist natürlich nicht legal, das hat sie mit vielen anderen gemein. Es ist auch tatsächlich relativ eng in der Knaackstraße, wenn dort eine Stange Taxen wartet. Nun hat man uns dort vor einiger Zeit etwas fantastisches geschenkt: Eine Taxihalte in legal. Diese findet sich auf dem Bild dort, wo TAXI geschrieben steht, und etwas ungelenk dazuwischengekritzelt sind die Halteplätze 1 bis 3. Abgesehen von meinem unklaren Verhältnis zur maßstabsgetreuen Zeichnung kann man sich jetzt wahrscheinlich bildlich vorstellen, wie es da aussieht, oder?
Sowohl die Macht der Gewohnheit, als auch Platzmangel und rationale Erwägungen sorgen nun dafür, dass die Halte eigentlich kaum genutzt wird. Zumindest Nachts. Zum einen eignet sie sich viel besser als einfache Ausfahrt von Position A. Auf A kann man quer zur Fahrtrichtung halb in den Eingang der Kulturbrauerei hineinstehen und dann über den eigentlichen Taxistand auf die Danziger fahren (das hat im Übrigen auch den Vorteil, dass man sich die oft rote Ampel am hier nur angedeuteten Fußgängerüberweg an der Danziger spart).
Die Kunden fallen einem quasi direkt ins Auto, und gut ist. Der Nachteil ist natürlich: Wenn die Cops das doch mal mitbekommen, ist man dank Halten auf der Straße, dem Gehweg und in einer Feuerwehreinfahrt wahrscheinlich ziemlich viel Geld los…
Ein guter Grund, die legale Halte zu verwenden, oder? Unter der Woche sicher, denn solange nur maximal 3 Taxen vor Ort sind, funktioniert das ganz gut. Sobald aber Taxi 4 dann entweder auf Position A oder B wartet, steigen alle (!) Kunden aus der Kulturbrauerei (und das sind die meisten) in dieses Auto ein, weil es näher ist. Mal ganz abgesehen davon, dass die Kunden wegen dieser Entfernungsphobie auch grundsätzlich eher Taxi 3 wählen – was zwar die Abfahrt schwieriger macht, aber so ist es eben…
Da ich dennoch nicht viel Lust auf Ärger mit den Cops hab, und mich gerne unter der Woche spät dort ans Eck stelle, wo man auch mal ein Weilchen warten kann, versuche ich tatsächlich, mitten auf der Halte, also eher in Position 2 zu warten. Sollte ein Kollege kommen, rücke ich kurz vor.
Dummerweise inspiriert das einige Kollegen, zu denken:
„Haha, ein Idiot! Der stellt sich soweit vom Eingang weg, da stelle ich mich doch auf Position A und räume die Kunden ab!“
Das ist weder ein Einzelfall, noch erfolglos. Man hat also die Wahl zwischen Pest und Cholera: Riskiere ich ein Bußgeld oder riskiere ich, dass mir eine Fahrt – durchaus auch mehrmals 🙁 – weggeschnappt wird?
Kleiner Witz am Rande: Als ich mich mal ausnahmsweise als einziges Taxi auf Position A gestellt hab, kam prompt ein Kollege an, positionierte sich auf der 3 und beschuldigte mich, ein widerlicher Aasgeier zu sein…
Aber normalerweise entscheide ich mich gegen die rauhen Sitten und nehme es in Kauf, dass mir ein oder zwei Touren durch die Lappen gehen. So auch neulich. Es kam auch, wie es kommen musste: Ich stand 10 Minuten da, dann kam ein Kollege ohne mich eines Blickes zu würdigen zur Position A gefahren, lud binnen zweier Minuten Kundschaft ein und brauste (noch dazu über die rote Ampel hinweg) davon. Man gewöhnt sich dran, aber an dem Abend hat es mich echt gefuchst. Also hab ich mein Buch zugeschlagen und zu mir selbst gesagt, dass ich auf die Kundschaft hier scheiße und eine Runde durch die Stadt fahren werde. An der nächsten Ecke würde ich sicher eine gute Tour bekommen! So!
Danziger Ecke Prenzlauer (also 400 Meter weiter) sprang mir dann ein kleiner Mann ins Auto und wollte zur Deutschen Oper. Die Tour hat etwa 20 € gebracht, die Genugtuung war unbezahlbar 😀
