Wie Silvester…

Die Nacht von Samstag auf Sonntag war eine famose Nacht zum Arbeiten. Irrwitzigerweise. Denn obwohl das Wetter extrem mies war, sind einfach viel mehr Menschen auf der Straße rumgerannt – um dort natürlich umgehend festzustellen, dass es zu kalt und zu nass ist und sie deswegen ein Taxi benötigen 😉

Als ich eine Kundin kurz am Ringcenter in die Bank habe springen lassen, bin ich kurz aus dem Auto gestiegen. Hätte ich besser nicht tun sollen, denn während ich das tat, versuchten auf der anderen Seite gleich Kunden einzusteigen. Die waren nicht sehr begeistert darüber, dass ich behauptete, ich sei besetzt. Ich vermute allerdings, dass sie noch weniger begeistert gewesen wären, die bereits aufgelaufenen 10 € auf der Uhr zu bezahlen…

Glücklicherweise kam gleich ein Kollege und hat sie eingesackt.

Dann pfeift es plötzlich von der anderen Straßenseite. Zwei eher mäßig clever aussehende und vor allem in ihrem Habitus nervig prollige junge Typen kamen über die Bahnschienen angesprintet und nutzten die Distanz von nunmehr unter 10 Metern gleich zu einer gebrüllten Zielansage:

„Alter, wir fahren nur kurz Simplonstraße!“

„Nein!“

Hat mich bei den Typen ehrlich gesagt gefreut… 🙂

Danach war meine Kundin glücklicherweise wieder da. Aber 2 Fahrtanfragen in 2 Minuten – das ist schon ein amtlicher Schnitt.

Noch mehr Wechselgeld…

Wo wir heute morgen schon beim schönen Thema waren: Mir ist da noch ein Typ eingefallen.

Besagter Typ schlich am Ostbahnhof auffällig unauffällig am Taxistand herum. Ganz offensichtlich wollte er ein Taxi nehmen, aber irgendwas hielt ihn zurück. Ich hab meinen Blick in die Runde schweifen lassen und eine ziemlich bunte Auswahl an Taxen vorgefunden: Vier oder fünf verschiedene Marken, von der Limousine bis zum Bus. Von 2 Kollegen wusste ich, dass sie Kartenzahlung anbieten und wer weiß – vielleicht war das sogar einer der raren Momente, in dem wir eine Babyschale hätten auftreiben können.

Aber der Typ war alleine und ohne schweres Gepäck unterwegs – was sollte also sein?

Irgendwann, nach 15 Minuten vielleicht, hat er sich an ein Auto herangewagt und ist danach wieder verschwunden. Ich bin mit einem ebenfalls interessierten Kollegen zu dem Auto und hab den Fahrer gefragt, was er wollte.

„Der hat jefracht, wer hier von uns ’n Fünfhunderter kleenmachen könnte…“

„Wo wollte er denn hin?“

Ich meine, bei Touren über 450 € kann man ja zuschlagen 😉

„Der wollte nirjends hin. Der wollte nur Kleenjeld für irjendwat in’n Bahnhof. Hab ick jesacht, braucht er jar nich erst die annern fragen!“

Vielleicht nicht sonderlich freundlich. Aber verständlich.

Aber der Automat!!!

Tolle Unterhaltung neulich am Ostbahnhof. Ein Mittfünfziger war etwas verwirrt, als er an mein Auto trat, das direkt neben seinem stand:

„Warum stehen Sie hier in zweiter Reihe?“

„Weil Sie hier am Taxistand stehen.“

„Aber hier ist ein Parkschein-Automat!“

„Der macht das Schild dahinten leider nicht ungültig.“

Straßenkampf

Viele Leute sind ja sobald sie ins Auto steigen der Überzeugung, alle um sie herum haben nichts anderes vor, als sie zu nerven. Der blöde langsame Radfahrer? Blockiert ausgerechnet meine Spur! Der Typ, der auch nach dem Umschalten der Ampel noch stehen bleibt? Will offensichtlich, dass ich nicht mehr bei der Grünphase durchkomme. Die blutende Frau auf dem Gehweg? Liegt da natürlich nur, damit die Penner vom Rettungsdienst einen Stau verursachen!

Ich halte mich da eigentlich immer an Hanlon’s Razor:

„Schreibe nichts der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist.“

Aber in manchen – seltenen – Momenten kenne ich das: dass die Ganze Welt sich gegen einen verschworen hat. So gab es vor ein paar Tagen so ein typisches Drama in der Grünberger Straße, bei der alle drei außer mir beteiligten ganz offensichtlich nichts anderes im Sinn hatten, als mich um Glück, Geld und Geduld zu bringen.

In erster Linie war da ein potenzieller Fahrgast. Er hat recht spät gewinkt, noch dazu auf der anderen Straßenseite, aber etwa 15 Meter hinter ihm konnte ich vorsichtig anhalten. Mit Blinken, Rücksicht und allem.

Dann war da dieses Arschloch von LKW-Fahrer. Anders kann ich es in dem Fall wirklich nicht sagen. Er war sichtbar unerfreut über mein Anhalten auf offener Straße, was ich eigentlich albern finde, denn er hätte bequem überholen können. Breit genug für unsere Fahrzeuge war die Straße locker. Aber nein, er machte einen auf Aufstand und hupte sich da einen zusammen, dass wahrscheinlich noch am Ostkreuz ein paar Schwerhörige aus ihren Betten gefallen sind.

Da sich meine Lust auf Diskussionen mit Leuten, die eher hupen als blinken, in Grenzen hält, hab ich kurz Gas gegeben und 20 Meter weiter an der nächsten Kreuzung gewendet. Dadurch konnte der Spinner kurz vorbei und ich konnte direkt zum K…

Und dann war da der Kollege, der in diesem Augenblick die Straße entlanggefahren kam und den Kunden eingeladen hat.

Und so stand ich dann dumm in der Gegend rum, hab mich über einen LKW-Fahrer geärgert und das alles für nichts und wieder nichts. Unglaublich aufbauend, sowas! Aber wenigstens Weiß ich jetzt, wie sich manch andere scheinbar den ganzen Tag im Verkehr fühlen…

Im Taxi warten

So, Schluss mit Ostern – weiter geht’s mit GNIT!

Sie hat mich etwas schief angelächelt und ich hab die Scheibe auf der Beifahrerseite heruntergelassen. Mir war nicht entgangen, dass sie mit dem Kollegen vor mir schon geredet hatte und offenbar abgeblitzt war. Das macht immer misstrauisch. Sicher, es gibt auch viele Kollegen, die normale Kundenanfragen ablehnen, aber allzu oft sind es dann eben Fragen, die man auch selbst nicht positiv beantworten kann. Festpreise, Kurzstrecke vom Stand aus, Fernfahrten zu abenteuerlichen Kursen, die Mitnahme von mehr Fahrgästen als erlaubt etc…

Was nun mochte die Frau vor dem Berghain für mich bereithalten? Das hier:

„Du, sag mal: Kann ich vielleicht bei dir im Taxi warten? Meine Freunde kommen gleich und es ist so kalt…“

Zugegeben, sonderlich häufig passiert sowas nicht. Aber für alle, die das für eine reizvolle Idee halten, möchte ich hier erstmal sagen:

„Nein!“

Und erklären, weswegen.

Erstmal gibt es natürlich keine Regel ohne Ausnahmen und hier reagiert sicher jeder Kollege auch anders. Aber ihr wisst, ich bin kein egoistisches Arschloch und wenn ich nein sage, hab ich auch Gründe dafür. Genau genommen sind es zwei:

1) Freie Fahrzeugwahl
Wenn wir am Stand stehen, haben wir uns bereitzuhalten. Auf jeder Position am Stand könnte uns ja gleich ein Kunde einsteigen. Das ist sicher auf Platz 25 unwahrscheinlicher als auf Platz 1 und theoretisch kann man ja rausspringen, sobald einer kommt. Jein. Zum einen schleichen sich Kunden manchmal wirklich hinterrücks an. Zum anderen ist das mit dem Rausspringen zwar eine theoretische Option, aber aus Erfahrung weiß ich, dass die Leute nicht lange fackeln. Wenn der erwählte Taxifahrer schläft, liest, irgendwo auf dem Gehweg eine raucht, zu lange zum reagieren braucht oder sonstwie nicht Gewehr bei Fuß steht, laufen viele Leute weiter. Ebenso wenn bereits Leute an der Türe stehen – vom drinsitzen ganz zu schweigen. Und jeder Kunde, der vorbeirennt, kostet (zumindest theoretisch) erstmal Geld oder wenigstens Zeit. Da wir das nicht freiwillig machen, sondern um Geld zu verdienen – und unsere Chefs das nebenbei in der Regel auch von uns erwarten – ist so ein kostenloses Aufwärmen im Taxi nicht ganz so kostenlos für uns, wie es vielleicht zunächst erscheint.

2) Freizeit
Gerade wenn wir für eine Umsatzbeteiligung arbeiten, ist unsere Wartezeit komplett unbezahlt. Das alleine ist nicht schlimm, wir wussten von diesem Geschäftsmodell ja, bevor wir eingestellt wurden. Aber damit sind die Wartezeiten auch die Zeiten während der Schicht, die wir für uns haben. Ich mache in vielen Schichten keine einzige reguläre Pause, sondern nutze die Zeit am Stand zum lesen, schreiben, essen etc.
So gerne ich auch mit Menschen kommuniziere und so oft ich das auch während der Wartezeit z.B. mit Kollegen mache: Diese Zeit teile ich mir ein. Und nur weil irgendwer anders seine Zeit schlecht plant, möchte ich mir deswegen auch nicht immer beim Essen zugucken lassen oder anstatt zu lesen über Dinge reden, die mich nicht interessieren. Wenn jemand im Büro Kaffeepause hat, nutzt er die in der Regel ja auch nicht (gerne), um nochmal kurz für eine andere Abteilung die Netzwerkeinstellungen zu checken, oder?

Ich hab der guten Frau das auch alles ganz nett erklärt und nebenher gleich mal mit dem Vorurteil aufräumen können, man dürfe uns nicht nehmen, wenn wir nicht an erster Stelle stehen. Zumal ich bereits auf Position 7 war, und damit sogar das erste Großraumtaxi. Sie Sie folgte mir redend, während ich vorgerückt bin, nach 2 Minuten kamen ihre Kumpels, nach 3 Minuten war ich erster und gleich danach weg. Sie ist dabei definitiv nicht erfroren 🙂

Die kleinen Momente im Leben…

Ich stand gerade gemütlich an der Halte am Ostbahnhof. Aus dem Gebäude kam eine größere jugendliche Reisegruppe, den umhergebrüllten Wortfetzen nach Holländer. Um den äußerst schmalen Gehweg (sieht man hier auf dem zweiten Foto ganz gut auf der rechten Seite) entlangzutrotten, musste sich die Gruppe in eine lange Schlange umformatieren.  Das gelang recht gut und so sind sie im Gänsemarsch dem Weg gefolgt.

Irgendwann kam einer aus der Truppe auf die Idee, an einem abgestellten Fahrrad die Klingel zu betätigen…

Es hat ganze zwei Minuten gedauert, bis ich in Ruhe weiterlesen konnte, weil das offenbar einen Gruppenreflex ausgelöst hat und fortan die meisten der Reisenden mindestens eine der Klingeln zum Ertönen brachten. Eine wunderbar absurde Kakophonie. Aber ich will mich nicht beschweren, schließlich hätten sie als Holländer ja auch dem Swaffelen zugeneigt sein können. Das wäre zwar leiser gewesen, aber auch weitaus verstörender.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Car2Go, Carsharing und so…

Jan hat mir vorher folgende Mail geschrieben:

Moin Sash,

ich bin zwar einer Deiner stilleren Leser, aber immerhin treu. 🙂

Jetzt habe ich aber doch mal eine Frage. Wie stehst Du als Taxifahrer eigentlich zu Angeboten wie Car2Go? Also Carsharing mit Autos, die ortsunabhängig sind?

Bin gespannt

Also zunächst wollte ich danke sagen, denn durch diese Mail ist mir wieder eingefallen, dass ich vor Jahren im Stuttgarter Bürgerbüro diesen tollen Satz „Das Fahrzeug ist ja standortgebunden.“ gehört habe – einer der Punkte, weswegen ich mich dazu entschieden haben, über belanglose Kleinigkeiten zu bloggen, die vielleicht erst beim zweiten Mal lesen lustig sind 🙂

Nun aber zum Carsharing:

Eine besonders von meinem Beruf abhängige Meinung hab ich dazu nicht. Ich denke mal, die Frage zielte darauf ab, ob ich diese Angebote als Konkurrenz zum Taxigewerbe sehe. Das tue ich nur zu einem kleinen Teil. Sicher wird hier und da mal eine Taxifahrt wegfallen, weil einer mehr sich an Car2go beteiligt. In der gesamten Menge schätze ich die „Gefahr“ allerdings gering ein. Es gibt Taxis noch, obwohl es Privatautos, Fahrräder, Flugzeuge, Züge, Straßenbahnen, Busse, Kutschen, Fähren und nun eben auch Carsharing gibt. Wie ich ja schon oft in diesem Blog geschrieben habe, besteht ein großer Teil der Dienstleistung Taxi in der Anwesenheit des Taxifahrers selbst. Wir werden beauftragt, wenn wir schnell vor Ort sein müssen, wenn der Fahrgast nicht fahrtauglich ist, wenn man ein bisschen reden will, wenn noch Gepäck getragen werden muss, wenn man keinen Parkplatz suchen will etc.

Carsharing schließt zweifellos eine Lücke im breiten Angebot der Mobilität heute, als Konkurrenz sehe ich sie nicht unbedingt. Da ist die Konkurrenz innerhalb des Gewerbes viel heftiger.

Und was halte ich nun davon?

Ich finde es persönlich eine gute Idee. Es stehen so unglaublich viele Autos in Deutschland einfach nur blöd rum und verrosten lange bevor sie wirklich ausgedient hätten. Wer für sich nicht jeden Tag und rund um die Uhr ein Auto braucht und es auch nicht liebevoll individuell zumüllen will, der ist doch ganz gut bedient damit.

Im Interesse der Umwelt wäre es ja zweifelsohne schön, die Zahl der produzierten Autos zu senken und diese dafür auch auszulasten. Da ist Carsharing sicher ein guter Ansatzpunkt.

Ob das Angebot nun für einen persönlich attraktiv ist, das muss natürlich jeder selbst wissen. Ich z.B. würde das für mich eher negativ beantworten. Ich brauche zum einen wahnsinnig selten ein Auto für größere private Touren – mir reichen da die Angebote der gängigen Vermietungen. Außerdem hab ich mit dem Taxi (wenn auch zeitlich eingeschränkt) ja für Kleinigkeiten wie Einkäufe notfalls eines zur Verfügung.

Also meiner Meinung nach gibt es daran nichts auszusetzen – auch als Taxifahrer nicht.