out for art(icles)

Den ein oder anderen Fahrgast lasse ich dann ja schon wissen, dass ich blogge. Bei den meisten halte ich trotz potenzieller Leserschaft die Füße still, bei manchen merkt man ohnehin, dass ihr Interesse nicht gegeben wäre. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel und manchmal ergibt es sich dann auch eher zufällig.

So wie beim von Sarah von out for art recht frei wiedergegebenen Dialog am Ende einer Fahrt von Kreuzberg nach Prenzl’berg.

Dass wir uns trafen, war ein Zufall. Ich stand an einer Ampel und die Tür öffnete sich ohne Vorwarnung, so dass das nicht gerade auf Zimmerlautstärke laufende „Break on through“ von den Doors schlagartig eine gewisse Doppeldeutigkeit bekam. Die Fahrt war nett und das Lob für mich als Fahrer kann ich auch an meine Kundin zurückgeben. Ach, wären nur alle so nett und angenehm!

Die Erwähnung meines Blogs geschah wirklich so zufällig, wie bei out for art geschrieben. Genau genommen hab ich auf die Frage nach einer Karte geantwortet:

„Leider nicht. So professionell bin ich – keine Karte, aber eine eigene Website …“

Der selbstironische Touch meiner Ansagen fehlt mir dort im Blog etwas. Wie dem auch sei: Zum bereits zweiten Mal an diesem Wochenende bin ich zufällig auf eine Autorin gestoßen und so folgte im Anschluss noch kurzes Blog-Fachgesimpel über dies und das. Alles wie gesagt sehr angenehm, weswegen ich den Blog auch gerne verlinke. Wir suchen doch alle nach Lesern und Inspiration für neue Artikel, nicht wahr? Out for articles …

Dass ich das bisher nicht verbloggt hatte, erklärt sich im Übrigen zum einen dadurch, dass ich meist ein paar Tage im Voraus blogge, zum anderen, dass ich mir den Namen out for art nur so grob merken konnte und wusste, dass ich leichter zu googeln bin.

Und jetzt dürft ihr bei Sarah die Statistik explodieren lassen. 🙂

PS: Sarah, wenn Du das liest: Sash ist ok, Sascha Bors auch. Aber Sasch Bors? Bitte nicht …

Kurzstrecke vs. Normaltarif

Nach meinem Artikel mit der „doppelten Kurzstrecke“ neulich kam in den Kommentaren mal wieder die Frage auf, wie und wann sich das rechnerisch lohnen würde, mehrere Kurzstrecken hintereinander zu nehmen. Liebenswerterweise hat Leser TomTom mal fix ein Schaubild erstellt, aus dem das einfach herauszulesen ist:

Kein Treppenwitz, sondern Information. Quelle: TomTom

Ich habe zunächst etwas gestaunt und gedacht, hier wäre sogar die Preisminderung ab Kilometer 7 noch nicht mit einbezogen, das ist allerdings der Grafik geschuldet. Anstatt die Normaltarifslinie zu knicken, ist hier die x-Achse gestaucht, wie mir Apotheker-Typ dann richtigerweise vor die Nase gehalten hat.

Man kann also sehen, dass sich die Kurzstrecke zumindest hypothetisch fast noch lohnt, wenn man sie viermal hintereinander voll ausreizt. Allen Sparenthusiasten muss ich allerdings entgegenhalten, dass sich kein Taxifahrer in Berlin zu diesem Spaß hinreissen lassen würde. Nicht einmal ich – und das will was heißen! Rein theoretisch spricht zwar nichts dagegen, nach dem Aussteigen nochmal zu winken, aber wir lassen uns auch nicht grenzenlos verarschen. Da würde ich ein Winken vielleicht auch mal „spontan übersehen“.

Etwas anderes zeigt das Schaubild allerdings auch sehr gut – und das sollten sich sowohl Kollegen als auch Kunden mal vor Augen halten:

Man spart mit der Kurzstrecke maximal 2,60 €! Im optimalsten Fall. Das ist prozentual bei einer kurzen Fahrt natürlich viel Geld, aber es rechtfertigt rein vom Gesamtwert keinesfalls irgendwelchen Stress. Also deswegen den ganzen Taxistand abklappern, ob vielleicht doch ein Fahrer illegal zu dem Preis fährt – oder als Fahrer fluchen, dass wer eine Kurzstrecke verlangt … nee, ehrlich. Hab ich kein Verständnis für. Und es ist nicht so, dass ich gerade die Möglichkeit hätte, mir mein Geld selbst zu drucken.

Netz der Unwägbarkeiten

Also irgendwie war das Wochenende so ziemlich das mieseste, was einem passieren kann. Gut, dass die 1925 rumgezickt hat … das ist halt so. Kann im Endeffekt niemand was dafür und ich hoffe, dass es wenigstens nix endgültiges ist.
Und meine Chefs wären nicht meine Chefs, wenn sich da nicht in der Regel was machen ließe. Im Büro ist am Wochenende zwar keiner, aber im Grunde hat die telefonische Notfallrettung funktioniert. Es gab ein freies Auto und ich konnte es an der Firma abholen. Also waren sogar die Wege recht kurz. Da ich vorher aber die 1925 zum Schrauber bringen sollte, wurde mir von dort zur Firma sogar ein Taxi gestellt. Bezahlt. Lieb wie ich bin, hab ich die Fahrt an einen Kollegen von uns vergeben. So bleibt das Geld wenigstens in der Firma 😉

Nun gab es nur folgendes Problem: Das Auto war nicht an der Firma. Und – wie ich nach einer halben Stunde lustigen Wanderns festgestellt hatte – auch nicht irgendwo in der Nähe.

Und der Fahrer – der es aller Wahrscheinlichkeit nach mit nach Hause (oder in den Urlaub, was weiß ich) genommen hat, der war konsequenterweise nicht zu erreichen. Herrlich, sowas. Aber wenn ich bei dem Namen richtig liege, ist es ohnehin der Firmenassi und ich sollte nicht überrascht sein … 🙁

Damit war dann alles im Arsch – will heißen: die ganze Schicht. Für den Abend hätte ich zwar noch ein Auto kriegen können – allerdings nicht mal bis zum Ende meiner Schicht. Zuzüglich nerviger An- und Abfahrten, was halt so passiert.

Also hab ich das Angebot angenommen, abermals ein Taxi zu entern und nach Hause zu fahren. Ich hab mir wieder einen Kollegen geordert, abermals einen guten natürlich. Also bin ich heute statt 20-mal mit Kundschaft 2-mal als Kundschaft Taxi gefahren. Nicht so der Bringer.

So viel Pech hat man selten auf einmal – das war es jetzt hoffentlich für die nächsten Jahre. Ozie hat mich schon gefragt, ob ich derletzt irgendwelche Einhörner überfahren hätte oder weswegen mein Karma so offensichtlich mies sei.

Naja, Schwamm drüber!

Ich schulde euch noch ein Netz und das gibt es hier:

Wie ich immer sage: Wir brauchen eine andere Netzpolitik! Quelle: Sash

Großer Nachtrag

Nachdem gestern bei der Grafik über Berlins Größe insbesondere von /me bemängelt wurde, dass die Vergleichsstädte nicht mit dem ganzen Stadtgebiet, sondern nur die besiedelten Flächen eingetragen wären, hat sich ein weiterer Leser, Bo, mal eben schnell ans Werk gemacht und eine entsprechend neue Grafik angefertigt:

Stadtgebiete im Vergleich, Quelle: Bo

Ich finde es immer noch beeindruckend und bedanke mich für dieses Bild. Ich wollte aber auch noch mal sagen, dass ich das nicht als Wettbewerb zwischen den abgebildeten Städten sehen wollte. Es ging mir wirklich nur um die Größenverhältnisse und die sind nun mal so.

Die Größe Berlins

In meinen kleinen Texten klingt oft nebenbei mit, wie groß Berlin ist. Die Berliner wissen das natürlich und sie lernen, damit umzugehen. Ich bin jetzt selbst seit ziemlich genau 5 Jahren (nämlich seit 5 Jahren und 2 Tagen) in Berlin und was sich mehr als alles andere gewandelt hat, ist das Bild der Stadt, der Umgang mit ihrer Größe.

Irgendwo in diesem ebenso nicht sonderlich überschaubaren Internet steht bereits, dass Berlin mich erschlagen hat zu Beginn. Mein erster Besuch in der Hauptstadt Ende 2005 führte mir die Ausmaße dieser Stadt nämlich recht gut vor Augen. Da ich die Reise zu Ozie damals im Auto angetreten habe und noch kein Navi hatte, versprach sie mich zu leiten. Ich solle am besten gleich in Wannsee von der Autobahn, dort am Bahnhof könnten wir uns treffen. Und dann fuhren wir zu zweit los. Nach Neu-Hohenschönhausen. Das ist einmal fast komplett durch die Stadt durch und hat damals tagsüber rund anderthalb Stunden gedauert.

Mein sehr geschätzter Leser, Kommentator und Literaturzusteller elder taxidriver hatte mir vor einiger Zeit schon eine sehr schöne Grafik zugeschickt, die die Größe Berlins eindrucksvoll mit drei weiteren deutschen Großstädten, unter anderem meiner Heimatstadt Stuttgart, vergleicht. Doch nicht nur das: da ich wegen Urheberrechtsbedenken von einer Veröffentlichung Abstand genommen habe, hat er selbst den Verlag kontaktiert und mir die Erlaubnis beschafft, weswegen ich die sehr alte* aber sehenswerte Grafik hier zeigen kann:

Berlin: Groß. Mit freundlichem Dank an den Verlag Karl Baedeker, Ostfildern, Quelle des Bildes

Beeindruckend daran ist allerdings nicht nur, wie groß Berlin ist. Sondern, dass die anderen Städte deswegen ja nicht klein sind. Und mich als Taxifahrer beruhigt es ein wenig, wenn ich darüber nachdenke, wie viel ich nicht weiß. Da wundert es plötzlich kaum noch, dass die Kollegen aus Stuttgart immer alles zu wissen schienen. Ich denke dann gerne mal:

„Und ich Idiot bin nach Berlin gezogen und hab da die Ortskundeprüfung gemacht.“

Die Tatsache, dass ich diese dann (beim fünften Anlauf) bestanden habe, ist ja aber so schlecht auch nicht.

*Die Zeichnung ist wohl aus den 60er-Jahren, selbst der Verlag konnte offenbar nicht mal eben so rausfinden, von wo das Bild ist 😉

Taxistand. Taxistand! TAXISTAND!!!

Ich bin wirklich keiner dieser sturen Rechthaber, die immer alles nach ihren Wünschen und ihrem Wissen durchprügeln müssen. Gerade im Verkehr. Im Grunde gibt es für mich eine einzige wirklich entscheidende Verkehrsregel. Und das ist witzigerweise die erste überhaupt: Straßenverkehrsordnung, §1:

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Ich bin mir sicher, dass 95% allen Ärgers vermieden werden könnten, würden wir uns alle an diese Regel halten. Aber das ist natürlich Auslegungssache, weswegen wir all die anderen Paragraphen gleich noch miterfunden haben.

Die Halte am Ostbahnhof ist bekloppt. Ich habe das die Tage erst ausgesprochen und von einem Kunden (der dann bei einem Kollegen einstieg) bestätigt bekommen. Wir müssen an dieser Halte nämlich wenden. Das wird schon dadurch erschwert, dass auf der zu erreichenden Seite direkt an den Taxistand eine Halte für Einsatzwagen der Polizei grenzt. Dieses Problem ist rein geometrischer Natur – auf den letzten Platz der ersten Rücke könnten wir einfach leichter vorrücken, wenn der Platz frei wäre.

Das war er auch, als ein Kollege zum Blinken und Herüberrücken ansetzte. Doch dann geschah das hier:

Polizeifahrzeug parkt am Taxistand

„Weg gegangen Platz gefangen, nänänänänänä!“ Quelle: Sash

Ein Polizist hielt eben mal kurz am Taxistand (die Trennung zwischen den beiden Ständen ist das Schild hinter dem Corsa!) und ging in den Bahnhof. Der Kollege vor mir hatte ziemlich zu rödeln, um sein Auto (hier inzwischen vor dem Polizei-Corsa) zu wenden. Schließlich war er auf der anderen Seite (die, von der aus ich das Foto gemacht habe) bereits so weit vorgerückt, dass er vor dem Polizei-Bus hätte bequem einscheren können.

Aber man nimmt das ja mal hin. Abgesehen davon, dass man sich ungerne mit der Exekutive direkt anlegt. Man weiß ja auch nicht: Ist das wichtig? 5 Minuten später kam der blaubefrackte Scheinkollege dann zurück. Mit einer McDonalds-Tüte. Fragwürdig genug. Nun aber dauerte es zwei (zwei! ZWEI!!!) Minuten, bis er den Corsa aus der engen (siehe Foto) Lücke herausmanövriert hatte und mich derweil am Wenden hinderte …

Ja, die Polizei hat wichtige Dinge zu erledigen. Klar. Da werden wir uns drauf einigen können. Aber wenn es ums Essen geht, dann wäre es doch schön, wenn diejenigen die Plätze nutzen, die damit auch umzugehen wissen und dazu befugt sind. Und manchmal sind das eben auch wir Taxifahrer …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Zum lachen?

Vanessa (@nessi6688) hat mir gestern abend bei Twitter mal eben einen Link zu einem Comic geschickt. Den reiche ich gerne an euch weiter:

Tim Dinter: Kurzstrecke

Darüber hinaus wollte ich mich zu diesem Anlass bei den vielen Kollegen bedanken, die tagtäglich mit unermüdlichem Einsatz geradezu dafür kämpfen, dass wir Taxifahrer in Berlin als so liebenswerte Menschen wahrgenommen und dargestellt werden, wie Tim Dinter es hier exemplarisch getan hat!

/ironie

Ob die Kurzstrecke dem Taxigewerbe nützt oder schadet, kann man geteilter Meinung sein. Ich kenne die Zeit vor der Kurzstrecke nicht, hab allerdings bisher auch nicht mehr Aussagen als „Früher war alles besser“ gehört. Da sich das wahlweise auf die Wiedervereinigung Berlins, die Euro-Einführung, die Kurzstrecke, die letzte Tariferhöhung, den letzten Sommer oder die letzte Tour bezieht, will ich mich nicht zu einer endgültigen Aussage hinreißen lassen, die eventuell falsch ist.

Was ich aber ganz sicher sagen kann: Wir Taxifahrer hätten mehr Geld zum Leben, hätten wir mehr Kunden. Inwiefern das hier so schön skizzierte Verhalten dazu beitragen soll, Kunden zu gewinnen oder an die Dienstleistung Taxi zu binden, kann ich aber nicht wirklich erkennen.

Und ebenso wie ich es den Kunden immer sage:

„Es geht um 2,60 €. Das ist alles! Ist das den ganzen Stress wirklich wert?“