Legalität vs. Kundenservice und Menschenverstand

Ich bemühe mich ja wirklich, allen Seiten gerecht zu werden, auch wenn die Situation vielleicht mal schwierig ist. Ich sag Kunden, die ein Taxi bestellt haben und mich dann ranwinken immer, dass der Kollege sicher gleich kommt, anstatt sie einfach mal einzusacken. Das einzige, was mir diesbezüglich schon passiert ist, dass ich Kunden eingeladen hab, die erst später gesagt haben, dass sie „ja eigentlich bestellt hatten“. Aber es ist nicht so, dass ich Kollegen absichtlich die Fahrten klaue, ich weiß ja, wie sich unnötiges Warten anfühlt, will ich auch nicht haben, sowas.

Und nun liefere ich mitten in der Nacht einen Fahrgast für einen Frühflug am Flughafen Schönefeld ab und der ganze Taxistand ist voll mit wartenden Kunden und kein Taxi ist weit und breit in Sicht. Ich hab versucht, Scheuklappen aufzusetzen, mit meinem Fahrgast noch die Bezahlung geregelt und wollte eigentlich wieder weg. Ich hatte ja schon Pläne, wo ich hinfahren wollte. Aber, was war? Klar: Ein älterer Mann klopfte an mein Fenster und fragte:

„Sagen Sie, sind Sie jetzt frei? Hier is ja keene Taxe!“

Allerdings. Und gute 15 weitere Touren standen da zudem an der Halte rum. Wäre jetzt noch einer von den sympathischen Ordnern dagewesen, die einem immer das Leben schwermachen, wenn man legal jemanden am Flughafen abholt, dann hätte ich den ja gefragt, ob man nicht ausnahmsweise mal … den Kunden zuliebe …? Aber Pustekuchen: Das Gewerbe in LDS hatte offenbar komplett Feierabend und ich hatte nun die illegale Anfrage an der Backe.

Nun kommen wir mal zum Punkt: Ich hätte dem mit schweren Koffern beladenen Pärchen natürlich zur Geduld raten können. Oder ihnen meine Handynummer geben, eine Runde um den Block fahren und sie korrekt bestellt am Taxistand einladen. Mal abgesehen vom Aufruhr unter den anderen potenziellen Passagieren beim anschließenden Rauspicken wäre das so elegant gewesen. Und so wasserdicht, mir könnte keiner was.

Stattdessen hab ich nochmal geguckt, ob da nicht eh gleich ein Rudel Schönefelder an der Ampel wartet und hab beim Nichterkennen irgendwelcher Taxifackeln trotz Brille einfach angefangen, das Gepäck zu verladen. Nicht, dass ich mich jetzt so sehr gefreut hätte, wie Umsatz und Kilometerschnitt es erwarten lassen würden, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es dort so viele Touren gab und ich jetzt nicht dem einen fleißigen Fahrer, der eh in anderthalb Minuten da ist, die Tour vermassele, war ich mit mir soweit im Reinen.

Und dann kam das LDS-Gewerbe. In Form eines kleinen aufgebrachten Fahrers, der in Anbetracht von 15 Touren, aus denen er die freie Auswahl hatte, auf meine Kunden zustürmte und sie drängte, auszusteigen, weil ich da ja nicht laden dürfe. Im Übrigen ohne auch nur aufs Kennzeichen zu schauen, sondern weil ich „nicht im Taxibereich“ stehe.

Und da kommen wir an den Punkt, wo ich’s lächerlich finde. Mir ist kollegiales Verhalten auch wichtig, ich hoffe, dass ich das weiter oben soweit klargemacht habe. Ich gönne den Kollegen in LDS ihre Touren und habe nicht vor, nachdem wir den ganzen Flughafenstreit hinter uns haben, einen neuen anzufangen. Andererseits gönne ich auch gestrandeten Kunden ihre Heimfahrt und in Anbetracht der Kunden-Taxi-Unausgewogenheit war da wirklich nicht mein Ziel, heimlich mit einer gemopsten Fahrt wegzukommen, ich wollte schlicht den Kunden helfen. Was weiß ich denn, wie lange die sonst gewartet hätten? Und Ihr kennt mich:

Ich bin auf den Kollegen zugegangen, hab nett und freundlich gesagt, dass mir das durchaus bewusst ist, dass das so eigentlich nicht in Ordnung ist, dass hier aber nunmal keine Taxis seien und die Kunden sich bestimmt sehr freuen würden, schnell wegzukommen, zumal’s ja eben nur um eine Fahrt von vielen gehen würde. Während sein Auto inzwischen von potenziellen Fahrgästen umringt war, musste er seine Zeit darauf verwenden, mich anzufauchen, dass das nicht erlaubt sei (was ich ja unlängst selbst gesagt hatte) und wusste gar nicht, ob er jetzt lieber einen Herzinfarkt oder einen Asthmaanfall bekommen wollte. Da schrillte plötzlich mein Funkgerät los und er brüllte mich an:

„DA! DA HASTE’N AUFTRAG! DEN NIMMSTE JETZT BESSER MAL AN!“

Meine Fahrgäste waren der Situation entsprechend auch eher weniger für die Position des Kollegen zu haben:

„Na komm jetzt, wir steigen jetzt ein!“,

meinte der Mann zu seiner Frau. Und ich hab (ich hatte ihnen ja auch gleich zu Beginn gesagt, dass ich sie eigentlich nicht mitnehmen dürfte) in Anbetracht der Umstände einfach nur gesagt:

„Gerne. Das Bußgeld nehm‘ ich auf meine Kappe.“

Ob der „Kollege“ überhaupt dazu gekommen ist, meine Konzessionsnummer aufzuschreiben? Wer weiß es. Ich werde es ggf. erfahren. Und er hatte sicher auch noch viel Spaß damit, 50 potenziellen Kunden zu erklären, warum er lieber Taxifahrer verscheucht, als Kunden heimzubringen. Kommt immer gut an, sowas.

Ich hab dann beim Losfahren den Funkauftrag weggedrückt. Dreimal dürft Ihr raten! Oder nee, ich sag’s Euch gleich:

„UMLANDABHOLUNG FLUGHAFEN SXF“

Nochmal ein großes PS:

Liebe Kollegen, das ist von meiner Seite aus keine Rechtfertigung dafür, im Umland einfach wild zu laden. Ich ärgere mich ja auch über die LDS-Kutscher, die in Friedrichshain mit angeschalteter Fackel rumcruisen (und auch über Berliner Kollegen, die’s witzig finden, im Umland vor Clubs im Schritttempo Patrouille zu fahren). Und rechtlich war das von mir auch nicht ok, Asche über mein Haupt, vielleicht war die Entscheidung sogar moralisch falsch (war sie in Anbetracht des Fahrpreises auf jeden Fall, uiuiuiui!). Aber es fängt schon – GERADE am Flughafen Schönefeld und zwischen Berlin und LDS – damit an, dass die Kunden damit nix zu tun haben. In so einem Fall tut’s das Notieren der Nummer und eine Anzeige beim LABO, fertig! Dieses peinliche Rangeln um Kundschaft, egal wann und wo und egal von welcher Seite, lässt alle Taxifahrer wie geldgeile Vollpfosten aussehen, denen die Kunden egal sind. Und witzigerweise am ehesten den, der sich beschwert.
Und wären da acht Taxis und zehn Touren gestanden, hätte ich den Kunden natürlich nahegelegt, die zwei Minuten zu warten, Ehrensache, so von Kollege zu Kollege. Aber wer gleich pampig wird oder sogar wie hier erst einmal Kunden vernachlässigt, bloß um seine Wut noch schnell und völlig unnütz loszuwerden, dem werde ich hier eindeutig NICHT die Heldenrolle zugestehen. Trotz PBefG , TaxO, StVO und Konsorten. Und ich möchte auch mal anmerken, dass ich weiß, in welchem Haifischbecken ich mich hier rumtreibe: Wer mir diesen (immerhin eingestandenen und zur Diskussion gestellten) rechtlichen Fehltritt vorwirft, der darf vor dem Antworten gerne mal seine heimliche Liste mit geklauten Touren, Schwarzfahrten, Festpreisen und Umwegen mit dem abgleichen, was ich hier gerade geschrieben habe. Seriously!

Und jetzt mal gucken, ob da noch was kommt. Wäre immerhin auch mal was neues.

Ui! Betrug! Na sowas!

Der Tagesspiegel meldet, dass ein vom Senat beauftragtes Gutachten zeigen soll, dass ein beträchtlicher Teil der Berliner Taxiunternehmen das Finanzamt bescheiße. Unternehmen mit bereits eingebauten Fiskaltaxametern sollenwesentlich höhere Umsätze melden als ein „erheblicher Teil“ der anderen.

Im Text wird als Extrembeispiel genannt, dass ein Taxi im Doppelschichtbetrieb nur 25.000 € Jahresumsatz gemacht haben soll. Um das mal in Perspektive zu rücken: Das bedeutet, dass jeder Fahrer ungefähr 1.000 € Monatsumsatz macht, bei 20 Arbeitstagen also ungefähr 50 € täglich. Ich meine, ich will ehrlich sein: Diese Schichten kenne ich auch. Aber mein Schnitt in diesem Monat liegt bei ca. 120 € pro Schicht. Und „Schicht“ bedeutet im aktuellen Monat bei mir (Fußball-EM und so*pfeif*) 6,5 Stunden – also weit weniger, als selbst mein Arbeitsvertrag eigentlich vorsehen würde. Und da in den Drecksbuden unserer Zunft gerne mal utopische Schichtvorgaben wie 10, 11 oder gar 12 Stunden glatt verlangt werden, kann man sich mal überlegen, wie realistisch das ist.

Meine Einschätzung: 3.000 € pro Fahrer ist bei allen Hochs und Tiefs trotz Faulenzern und Workaholics sicher kein schlechter Pi-mal-Daumen-Wert für einen Monat. Ein paar schwer hobbylose Gesellen mit leicht 1890er-mäßigen Arbeitszeiten sollen wohl auch schon mal das Doppelte schaffen. Dem Taxigewerbe geht es schlecht, ja – aber sooo schlecht dann auch nicht.

Es betrügen also viele, einige vermutlich so weit, dass am Ende der Staat die Fahrer bezuschusst, die laut Gehaltsabrechnung unter HartzIV landen.

Da bleibt mir nur die Frage:

DON’T YOU SAY?

Für das Gutachten hätten echt nicht noch weitere Steuergelder rausgeschmissen werden müssen. Ich weiß nicht, was es gekostet hat, aber ich hätte das Ergebnis für einen niedrigen dreistelligen Betrag binnen 24 Stunden via Mail vorhergesagt. Also zumindest so grob.

Ich weiß, dass der Berliner Senat in Verkehrsdingen andere Prioritäten hat. Wir haben statt eines Flughafens eine Dauerbaustelle, die S-Bahn ist kaputtgespart und über den aktuellen Stand des Ausbaus der A100 will ich mich nicht einmal informieren, um nicht zum Runterkommen die komplette Saw-Reihe nochmal anschauen zu müssen.

Aber was zur Hölle erwartet Ihr denn, wenn das Taxigewerbe keine Sau interessiert?

Mein P-Schein ist ein Äquivalent zum Micky-Maus-Geheimagentenausweis: Ich hab mir den Arsch abgefreut, ihn zu haben, aber kein Erwachsener will, dass ich ihn vorzeige! Ich hatte in siebeneinhalb Jahren noch keine Zollkontrolle und wenn ich es richtig verstanden hab, waren selbst meine Chefs bei der letzten Unternehmensprüfung schwer überrascht, obwohl sie zu den größten Betrieben in Berlin zählen. Kein Schwein will wissen, was wir da draußen auf der Straße machen, vermutlich sind einfach alle nur froh, dass es schon irgendwie läuft.

Ziemlich zeitgleich mit meinem Dienstantritt im Dezember 2008 wurde beschlossen, das „Hamburger Modell“ (im Wesentlichen mehr Aufzeichnungen und mehr Kontrolle) auch in Berlin durchzusetzen. Auch damals geisterten bereits Millionenbeträge durch die Medien, wenn es darum ging, was das Berliner Taxigewerbe wohl jährlich an Steuern hinterzieht. Trotzdem wurden die damals anberaumten sechs (!) zusätzlichen Kontrolleurstellen wegen der Kosten von 250.000 € nicht geschaffen. Ja, that’s Berlin: Ein paar sichere Millionen Euro (es werden bis zu 50 davon medial gehandelt) mehr Steuereinnahmen sind keine 250.000 Euro an Investitionen wert!

Ich bin ja nun wirklich kein Law-and-Order-Typ, aber: Was bitte soll man denn erwarten von einer gewinnträchtigen Branche, wenn keinerlei Kontrolle existiert? Natürlich findet sich da ein Haufen Arschmaden, der das zu nutzen weiss!

Aber klar: Ob Berlin 60 oder 60,1 Milliarden Euro Schulden hat, ist im Grunde nicht interessant. Und ob man Touristen mit zwielichtigen Taxifahrern abschrecken oder mit ehrlichen eher anlocken sollte: Darüber gehen die Meinungen sicher auch auseinander. Der Depp, dem die Einnahmen durch die unehrlichen Kollegen geschmälert werden, der ist ja nur so ein – wie hießen die doch gleich? – ach ja: Taxifahrer!

Also, lieber Berliner Senat: Gutachten in Auftrag geben und Pressemeldungen bewirken klappt schonmal ganz gut. Da kriegt Ihr alle eine Eins und meinetwegen ein Bienchen für besonderen Fleiß.
Darüber hinaus muss ich als ehrlicher und (begrenzt) ebenso fleißiger Taxifahrer aber mal sagen:

KRIEGT ENDLICH DEN ARSCH HOCH UND MACHT EURE ARBEIT!

Dann klappt’s auch mit den Steuereinnahmen. 😉

PS: Ja, vielleicht ist das Gutachten ja ein Schritt in die richtige Richtung. Aber seit der Hamburger-Modell-Geschichte bin ich da „etwas“ pessimistisch.

„Besonders nett“

Auch wenn ich gestern noch einmal einen Rant loswerden musste: Ich bin ja im allgemeinen sehr dankbar über Kundschaft und entsprechend auch nett zu ihr. Manchmal hab ich die Vermutung, ich wäre sogar nett, auch wenn sie mir kein Geld bringen würde, aber schließt daraus bitte nicht auf psychologische Anomalien!

Nun also ein Kunde am Tierpark. Gott sei Dank! Ich war einen ziemlich weiten Weg in Richtung Heimat gefahren, in der steten Hoffnung, auf die verkorkste Schicht wenigstens noch ein kleines Winkerkrönchen setzen zu können. Der Kunde war zwar leicht angeschlagen, aber das wirklich nur in dem Sinne, dass man merkte, das er getrunken hatte. Gefahr durch Brockenlachen, Totalausfall oder völlige Enthemmung war nicht gegeben. Aber wir mussten umdrehen. Weil er seinen Schlüssel vergessen hatte.

„Kein Problem, kriegen wir hin!“

„Ehrlich jetzt? Na Du bist ja mal’n besonders netter Taxifahrer!“

„Wieso? Für sowas sind wir doch da.“

„Naja, aber manche Kollegen gucken immer gleich so und …“

„Kann sein. Das sind dann die, die meiner Meinung nach Pakete ausfahren sollten. Pakete quatschen nicht und haben keine Sonderwünsche.“

„Hihi. Naja, ick bin ja auch betrunken … aber nicht so, dass ich jetzt von mir aus irgendwie Stress mache oder so.“

„Dann wird das ok sein. Ich von meiner Seite aus hatte auch nicht vor, jetzt Streit anzufangen.“

Waren am Ende satte 30 €, Streit gab’s ebenso keinen. Und ich war nüchtern genug, ich hätte das bemerkt. 😉

Die schnellen Stunden am Ostbahnhof

Ich hab mich an den Bahnhof gestellt. Letzte Rücke, eine lange Taxischlange also. Eine Zigarette, einmal den Radiosender wechseln, und schon bekam ich mit, dass eine Kundin beim Fahrer zwei Autos vor mir an der Rücke ihren Koffer wieder auslud und nach hinten lief. Neben mir stoppte sie unsicher und ich fragte sie, was denn das Problem mit dem Kollegen gewesen sei, der nun eben gen zweiter Nachrücke vorzog.

Ja, der wollte sie nicht mitnehmen, weil sie nur zur Pücklerstraße müsste.

Diese Arschlöcher, orrr!

Die Kundin nahm’s eher gelassen:

„Naja, er sagte, er warte schon seit über einer Stunde, da verstehe ich das ja …“

Vorweg mal ganz im Ernst: Kurze Touren ablehnen ist einfach scheiße! Und wenn man das nur mit Lügen rechtfertigen kann, dann ist man so ein erbärmlicher Wichser, dass mir dafür viele Beschimpfungen einfallen, wobei ich aber bei keiner das Wort „Taxifahrer“ mit verunglimpfen würde.

Etwas ironisch würde ich aber anmerken:

Respekt, Kollege! Dein Optimismus ist vollkommen deckungsgleich mit deiner Arschlochhaftigkeit: Unübertreffbar! Wenn Du auf Position 14 ungefähr schon über eine Stunde gestanden hast (wo 30 Minuten vorher auch nur die Plätze 1 bis 15 belegt waren, ich war vor Ort), dann hast Du dich in über 60 Minuten höchstens einen Platz in der Schlange bewegt und hast dennoch erwartet, in absehbarer Zeit eine Tour zu bekommen, die dich für diese Wartezeit mehr entschädigt als diese 8€-Tour. Sicher, so eine 120€-Fahrt kann man durchaus als schichtrettend bezeichnen, nur würde ich keine 14 Stunden darauf warten, weil meine Schicht da schon lange vorüber ist. War sie auch an diesem Abend, und das sogar mit mehr als 120 €, trotz der einen kurzen Fahrt. Aber gut, unsere Stunden scheinen ja ohnehin in verschiedenen Universen zu vergehen, selbst am Ostbahnhof.

😉

Journalisten braucht bald keiner mehr!

Ein (nur so mittel) lesenswerter Text von rp-online hat mich eben dazu gebracht, ihn zu kommentieren. Was dann leider nicht ging, weil die Zugangshürden, um bei einer Regionalzeitung zu kommentieren dann leider doch meine persönliche Toleranzgrenze überschritten haben.

Der Autor hat die letzten (ganz ganz sicher ganz genau) sieben Mal erfolglos am Ende einer Taxifahrt versucht, mit Karte zu zahlen. Und das ging nicht, bzw. die Kollegen haben sich mit Ausreden versucht, davor zu drücken. Ich weiß, dass sowas passiert und ich finde es nicht schön. Das allerdings als irgendwie einziges Argument zu nehmen, einen Abgesang auf Taxifahrer anzustimmen, weil „Ein Navigationsgerät kann heute jeder programmieren“? Nun ja.

Nun also etwas ausgelagert hier mein Kommentar:

Natürlich wird es andere Dienstleister geben, wird das autonome Auto kommen, machen wir uns nix vor. Und natürlich sind unter den ca. 0,2 Millionen Taxi- und Mietwagenfahrern in Deutschland wie überall bei Gruppen mit mehr als fünf Mitgliedern Idioten, Arschlöcher, Abzocker und sonstwie ungeeignete Leute dabei.
Die will keiner. Weder die Kunden, noch die ehrlichen Arbeiter unter den Chauffeuren.
Ich als Taxifahrer erinnere mich anderseits ebenso wie der Autor an die letzten Handwerker, die letzten Bankmitarbeiter und ja, auch an den letzten Journalisten.
Oder war es doch der vorletzte oder der 2009?
Schön und gut. Auch mein Kartenleser war derletzt mal defekt, auch ich nutze mal ein Navi. In Berlin, einer 891-km²-Stadt mit einer fünfstelligen Straßenanzahl. Wobei es übrigens gerade die [im Text erwähnte] Bahnhofstraße zigfach gibt. Ja, rege ich mich jetzt dann auch über den Maler auf, der eine Wasserwaage nutzt? Müsste ich wohl.
Es schreit sich leicht, dass „die“, wer immer das dann ist, alle völlig scheiße sind. Mit etwas Recherche (das Navi des Journalisten?) wäre dann immerhin bekannt, dass alle (!) Gewerbevertretungen zumindest hier in Berlin die Politik seit Jahren anbetteln, uns besser zu kontrollieren. Das würde sich sogar rechnen (Schwarzarbeit etc.), aber: Nee, zu teuer!
Und dann muss ich als ehrlicher Fahrer mir anhören, dass menschenverachtende Drecksbuden wie Uber besser sind, nur weil irgendein Kollege aus einer anderen Stadt und einem anderen Betrieb mit einer anderen Geschichte als ich mal wieder irgendwelchen Bockmist gebaut hat. Das ist, als würde ich alle Journalisten an bild-online oder noch schlimmerem messen. Kann man machen, aber da ich inzwischen nicht mehr 12 bin, würde man mir das wohl zu Recht übel nehmen.
Wie eingangs erwähnt: Ja, die Autos werden bald selbst fahren können und Taxis werden nicht mehr nur die neunte, sondern vielleicht elfte Alternative zum Laufen sein. Kann ich mit leben, so ist das eben. Wofür ich derzeit bezahlt werde, ist im Übrigen, Kunden zu befördern, die ins Navi gerne mal „Brinssma Schaargse unnana an verfiggn Spädi!“ flöten würden.
Ebenso wie ich meinen Kollegen hier und da gerne mal empfehle, sich die Taxiordnung nochmal zu Gemüte zu führen, würde ich Journalisten nahelegen, nach dem ersten Unmut vielleicht zunächst zu googeln, bevor der Text online geht.

Ich schreibe das hier übrigens gerade ins Internet. Umsonst. Weil ich zum Thema Taxi mal voll das verschärfte Insiderwissen habe. Und eine Tastatur bedienen kann heutzutage doch jeder. Natürlich hab ich keine Ausbildung und eine nur umzureichendr Rechtschreikontrole. Aber, nun ja, das ist halt die Digitalisierung. Da nehme ich von Lesern auch gerne mal eine Bezahlung in bar an. 😉

PS: Werter mir als oberflächlichem Leser anonym bleibender Journalist mit dem geschleckten Profilbild: Das hier soll kein Billig-Rant auf Kosten deiner Mudder sein. Melde Dich, lass uns ohne laufendes Taxameter über das Thema reden! Ich erkläre Dir das Taxigeschäft in Berlin, Du mir was über Journalismus. Mit etwas Glück lernen wir beide was!

Ein kurzes „Haha!“ an die XYZ

Unweit des Ostkreuzes bin ich rangewunken worden. Drei Kerle, nüchtern, lustig, beste Kundschaft an diesem Abend.

„Hi, äh, bringste uns auch nur bis vor zur Niederbarnimstraße? Für so ’ne Kurzstrecke?“

„Sicher.“

„Ja, super Mann, echt jetzt! Kollege von Dir hat uns gerade wieder rausgeschmissen.“

Am Ende der Fahrt dann:

„Weißte, mach einfach mal 10, echt jetzt!“

„Oh, danke vielmals!“

„Nee, echt jetzt. Hast uns ja gefahren. Und dein Kollege hatte hinten XYZ draufstehen. Wenn Du über Funk kannst oder wenn Du ihn siehst: Sag ihm einfach mal „Haha!“.“

Hiermit geschehen. 🙂

PS: Ja, sie haben die Konzessionsnummer genannt und ich hab sie jetzt nicht öffentlich gemacht. Und zwar deswegen: Erstens weiß ich nicht, ob sie ihn bestellt haben. Da wäre ein Rausschmiss zwar unfein, die Ablehnung einer Kurzstrecke aber ok. Zudem: Weiß ich, wie sehr ihre Geschichte der Wahrheit entsprach oder ob die Nummer vollständig war? Nein. Dementsprechend möchte ich keinen Kollegen (bzw. auch die, die das Auto außer ihm vielleicht nutzen) grundlos anschwärzen. Ich bin ja nicht die BILD. Aber vielleicht kommt die Botschaft ja auch anonymisiert an. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Und noch eine Tour …

Die Vermutung, man bekomme als netter Taxifahrer auch mal ein paar Touren mehr, ist strittig. Leider. Zu zufallsbasiert ist das Gewerbe, zu egal ist es manchen Kunden, wenn es mal eilt.

Aber nun, auf Position vier, standen sie vor mir: zwei junge Damen, aus Polen, wie ich noch erfahren sollte, und freuten sich:

„Wow, sehr schön, dass Du noch hier! Wir fahren mit Dir!“

Ihre S-Bahn war wohl ewig nicht gekommen, jetzt also doch das Taxi. Obwohl es 15 Minuten vorher noch zu teuer war. Wie hab ich mir diese Sonderstellung, mal eben eine sehr nette Tour bevorzugt zu bekommen, verdient?

Eine Viertelstunde zuvor:

„Wir wollte fragen, was kosten bis Fiensehnvagochstrase? Nöscheniuha … Schienöheuha … äh …“

„Vincent-van-Gogh-Straße, Neuhohenschönhausen, ja?“

„Ja genau. Kollege sagt 30 €.“

„Na, so viel wird es nicht. Aber 20 bis 25 € werden es auf jeden Fall sein.“

„Sooo viel? Aber wir bezahle von Reinickendorf nur 25!“

„Das kann sein. Aber auch wenn wir deutlich östlich von Reinickendorf sind, sind wir hier doch auch deutlich weiter im Süden. Und deswegen ist es nicht arg viel näher dran, sorry.“

Nennt mich schleimig, aber ich finde das eine absolute 08/15-Aussage, eine einfache Erklärung des Preises, den ich für meine Arbeit verlange. Wir haben uns nach diesem kurzen Gespräch kurz nett verabschiedet, obwohl da klar war, dass sie Bahn fahren würden. Auch da würde ich sagen, sehen große verbale Heldentaten anders aus. Aber ja: Deswegen sind sie dann bei mir eingestiegen:

„Warst Du einzige, der hat korrekt gesprochen mit uns. Andere nur so: ’30 Euro!‘. Und nicht mal angeguckt!“

Tja, damit waren die 23 € dann mein. Und eine nette Fahrt war’s obendrein.

Unter den Bkloppten ist der Gehirnamputierte Professor. 🙂