Parkplatztouren

Ich hab heute ernstlich während der Parkplatzsuche zum Abstellen des Autos einen Funkauftrag angenommen. Dabei war die letzte Tour schon stressig und irgendwo in zwei Quadratkilometern um die Firma rum wird ja wohl was frei sein!

Aber ich war schon so lange am Suchen, ich hab mir lieber einen Gaststättenauftrag gedrückt. Unter der Woche um drei Uhr irgendwas. Zu einem Casino. Verzweiflung, endgültige.

Ich bin zum Casino, musste beim Wenden dreimal um eine korpulente Frau mit Hackenporsche und zweimal um Baustellenpoller kreisen, stieg aus um wie verlangt im Casino bescheid zu geben, da meint die Frau:

„Da is zu. Ick bestelle.“

Naja, besser als eine Fehlfahrt.

„Wo darf’s denn hingehen?“

fragte ich, nachdem wir ihr zentnerschweres Gefährt zu zweit in den Kofferraum gewuchtet haben.

„Gänse alle.“

„Gänseallee?“

„Ja. Gänse alle!“

Ihr Deutsch war gar nicht so schlecht, die Aussprache war halt nur so mittel sauber. Also hat auch das offensichtliche etwas gedauert:

„Gänseallee, da muss ich leider nachgucken.“

Woraufhin sie mich SEHR entgeistert ansah.

„Ja, tut mir leid – welcher Stadtteil ist das denn?“

„WAS?“

Und das war nicht böse gemeint, sondern erstaunt. Etwas zu Recht, denn sie fügte an:

„Isse Nökn!“

„Ach, Sie meinen GRENZALLEE? In Neukölln?“

Da muss ich jetzt auch als Taxifahrer sagen: Die Straße hat eine eigene Autobahnausfahrt, das sollte man kennen. Sie gab mir noch eine Nummer, die hab ich mal kurz ins Navi gehauen, um zu checken, auf welcher Seite der seit Jahren bestehenden Sperrung die liegt, erhielt eine Antwort und gut war. Auf nach Nökn!

Die Adresse schien am Ende der Straße zu liegen, da war die Sperrung egal. Komisch wurde mir, als wir uns über die Sperrung unterhielten und sie, obwohl sie meinte, dort öfter zu sein, nix von einer Baustelle wisse. Die eine fucking Baustelle, die mir seit Jahren meine Lieblingsroute zum Flughafen versaut!

Am Ziel angekommen guckte sie dann auch ernüchtert. Nein, hier hatte sie nicht hinwollen. Und das Navi war leider auch keine Hilfe, denn die von ihr gegebene Nummer in den 160ern existierte schlicht nicht. Sicher, vielen Dank auch hier nochmal ans dümmste Navi des Planeten, das nicht sagt „Adresse existiert nicht“, sondern mich bei der Eingabe von Nummer 167 einfach zur höchsten verfügbaren schickt! 🙁

Aber ich hab’s gecheckt: Google macht das leider genauso.

AARGH! Was inzwischen wohl alles an Parkplätzen frei war!

Aber die Kundin war eine nette. Sie hat versucht, die Freundin zu erreichen, mit der sie sich treffen wollte und ich hab erst einmal die Uhr ausgemacht. Wenn’s nachher die 67 sein sollte … die paar Meter.

Aber die Freundin meldete sich nicht. Was ich wesentlich verstörender fand als die Kundin, die sich mit ihr treffen wollte. Ich hab echt in einer sehr schrägen WG gewohnt, in der schon entfernte Kumpels mal geklingelt haben, um sich eine Pizza in den Ofen zu schieben. Aber mit zwei Zentnern Rentnersackkarre nachts um drei zu jemandem fahren und „Ach, schläft vielleicht schon“ als Erklärung hinzunehmen, finde ich komisch.

Ich will ehrlich sein: Ich dachte umgehend an Demenz oder sowas. Sie war jetzt zwar nicht hochbetagt, aber zwei bis zweieinhalb Jahrzehnte hatte sie mir schon voraus und man weiß ja nie.

Sie überlegte dann aber auch aktiv mit und fragte mich mal spontan, welche Allee sie denn sonst gemeint haben könnte. Da war doch auch der Bahnhof …

OK, Taxifahrer-Grundwissen: Neukölln. S-Bahnhöfe gibt es da nur begrenzt. Und in diesem Stadtteil ist es die Karl-Marx-Straße, nicht -allee (und der Bahnhof dazu heißt eh schlicht ‚Neukölln‘), am Ende bleibt als Verdacht nur die eine, dank filmischem Denkmal auch bundesweit bekannte Sonnenallee.

„Sonnenallee?“

„Sonnalle! Sonalle! Ich sagen Gänsealle, ist Sonnalle! Sonnalle 167!“

Das kommt nahe ran an australische Touris, die zu „a place called platz“ wollen!

Da ich mittlerweile ein paar Meter vorgerollt war, hatte das Taxameter die Tour bereits beendet. Ich hätte jetzt eiskalt eine neue starten können, aber ich hab ihr als Zeichen meines guten Willens vorgeschlagen, dass ich jetzt noch eine Kurzstrecke für 5 € reinhaue und dass es damit gut ist. Sie hat hocherfreut in die Hände geklatscht, sich tausendmal entschuldigt und mir am Ende gutes Trinkgeld gegeben. Gott sei Dank also doch keine verschwendete Unterbrechung der Parkplatzsuche!

Ach ja, die Parkplatzsuche …

Ich bin danach abermals dreimal um die Firma gekreist und hab mich am Ende doch entscheiden müssen, die Kiste im Hof abzustellen, wo sich zwar die Zweitfirma im Haus ärgert, das Auto aber wenigstens nicht abgeschleppt wird, wenn der Kollege pünktlich ist. Sonst scheint Niederschöneweide gerade wegen Bauarbeiten, Ersatzverkehr und allgemeiner Überbelastung echt ein schlechtes Pflaster für nächtliche Parkplatzsucher zu sein. Hoffe, das hat so gepasst, aber ich hab’s – mit Tour zwischendrin! – versucht. Mehr können meine Chefs echt nicht erwarten.

Erstaunlich emotionslos (1)

Ich bin beim Thema Taxikosten sensibilisiert. Natütlich weiß ich besser als die meisten, wie gerade noch so angemessen unsere Dienstleistung bezahlt ist, aber auf der anderen Seite weiß ich ja auch, dass niemand gerne mal 30 Euro oder mehr liegen lässt, um einfach nur in einer Großstadt mit gutem ÖPNV von A nach B zu kommen.

Und dann war da die Kundin, deren Nagellack sicher Spuren in meinem Auto hinterlassen hat (ich hab’s ernsthaft nicht kontrolliert, das gebe ich zu), als ich an ihrer Adresse ankam, niemand da war, dann zum Wenden anfuhr und sie hinter einer geparkten Karre vorsprang, um mich eben mit den Fingernägeln aufzuhalten.

Aber ok, immerhin war die Kundin da!

Sie nannte mir eiskalt eine Adresse in locker 25€ Entfernung und bat mich dann, nochmal eine Runde um den Parkplatz zu drehen. Sie suchte offenbar nach einem Auto, aber ich will mich in die Story nicht reinsteigern Sie hat währenddessen viel russisch mit jemand anders am Telefon gesprochen, ich hoffe mal, es war nicht wegen mir.

Die Fahrt verlief weitgehend schweigend, dann kamen wir an der Zieladresse an, wo sie mich aus heiterem Himmel fragte, ob ich vielleicht kurz warten könne. „Höchstens drei Minuten!“. Sie wolle klingeln, ggf. jemanden anrufen, aber im Falle der Erfolglosigkeit weiter mit mir fahren. Na denn!

Da wir am Arsch der Welt in Mahlsdorf waren, war ich auch froh, dass sie die Fahrt erst einmal bezahlt hat und das nicht unter sehr fragwürdigen Bedingungen ablief. Ich hätte mir die Wartezeit natürlich bezahlen lassen können, aber eine Anschlusstour von hier war viel zu verlockend. Zumal ich im Falle eines nicht erneuten Wiederaufkreuzens nur drei Minuten verloren hätte, das Starten einer komplett neuen Tour – eventuell bis zurück zur Startadresse! – mir aber ein sattes Plus von mehr als sieben Euro beschert hätte …

Und so kam es dann auch: Sie kam zurück und nannte mir ein neues Ziel in Tiergarten. Was nach den 26 Euro bis dahin noch einmal 37 weitere bedeutete.

Und ja, sie war es, bei der die Sache mit den Plakaten passiert ist. Und sie war es auch, die es ernstlich geschafft hat, bei insgesamt 63,60€ auf der Uhr nur 40 Cent Trinkgeld zu geben, aber sei’s drum, so ist das Leben halt.

Am Ende war ich ja doch froh, dass ich sie fahren durfte, so ehrlich will ich sein.

Voll vertrauenswürdig

Ich wurde zu einer Firmenadresse bestellt. Ich fand das Gebäude schnell und dort im Hof traf ich meine Kunden auch umgehend. Sie stiegen ein, hatten währenddessen aber noch eine Art gebrülltes Gespräch mit einer Frau, die in einem anderen Auto saß. Es klang nur so mittel freundlich, aber ich verstand die Sprache auch gar nicht.

Mit mir sprachen sie deutsch und mein Beifahrer sagte gleich, ich solle die zweite Ausfahrt vom Hof nehmen, damit wir gleich links auf die Hauptstraße fahren könnten. Das war bezüglich der Zieladresse auch sinnvoll, da man auf dem anderen Weg für fast einen Kilometer nicht hätte wenden können. Irritiert war ich nur, weil er auffällig die Frau im anderen Auto beobachtete und mir sagte, er wolle auch nicht „direkt vor ihr“ vom Hof fahren und sich sehr freute, als sie das Auto abwürgte.

WTF?

Als wir dann endgültig unterwegs waren, änderte er die Zieladresse um ein paar Meter, aber das hat von der Sache her kaum einen Unterschied gemacht. Statt direkt an der Hauptstraße sollte es nun zwei Querstraßen weiter gehen.

„Aber kannst Du hier mal rechts fahren?“

„Also abbiegen?“

„Nein, nur rechts fahren. Antäuschen, falls sie hinter uns ist, dass sie denkt, wir biegen gleich ab?“

Man tut ja, was man kann …

Die Erklärung für das Ganze war in etwa folgende:

„Weisst Du, es ist Freitag Abend. Wir feiern noch, aber meine Freundin denkt, wir fahren jetzt heim. Und ich wollte nur sichergehen, dass sie uns nicht hinterherfährt, um zu checken, ob wir das wirklich machen, verstehst Du?“

Eigentlich wüsste ich gerne, was er gesagt hätte, wenn ich ehrlich mit Nein geantwortet hätte. Aber das war gestern Abend nicht der „hill to fight and die on“. Ich hab aber die düstere Vorausahnung, dass die nicht 2070 in einem Interview Rede und Antwort stehen, wie sie 50 Jahre Ehe so liebevoll miteinander verbringen konnten.

Wenn man die Kumpels einlädt, sie heimzubringen …

Kürzester Weg! Quelle: google maps

Mit Trinkgeld eine 50€-Tour. Im Übrigen mit sehr nettem Nicht-nur-Smalltalk eine angenehme Fahrt. Und jetzt stellt Euch vor: Beinahe wäre da entweder noch eine zwanzigminütige Wartezeit zwischendrin angefallen oder ein „kleiner Umweg“ in Richtung Friedrichshain. Nur eines davon und es wäre die vermutlich lukrativste Tour innerhalb der Stadtgrenzen in bald neuneinhalb Jahren geworden. Am Ende war dem Kunden aber bewusst, dass das dann „doch ein bisschen unsinnig“ gewesen wäre.

Wie verpeilt kann man sein?

„Bringst mich Stendaler Straße 18?“

„Die in Hellersdorf?“

„Ja, genau. Ist da beim Lidl.“

Ich hab das Navi angestellt, wir haben uns unterhalten und als wir da waren:

„Nee, hier ist das nicht.“

„Naja, aber Stendaler 18 ist hier.“

Der Typ guckt auf sein Handy:

„Ach nee, hab ich falsch ausgesprochen: Stollberger Straße.“

„Also Stollberger Straße 18?“

„Nee, Stollberger Straße 41.“

WTF?

Reich werden mit Otto

Ob er Otto hieß, weiß ich gar nicht. Aber irgendwie fällt mir der Name so ein, wenn ich an ihn denke. Ein ziemlich stressiger Zeitgenosse, aber sowas kommt halt vor. Er war genervt, weil es Probleme mit seinem Bus gab und er deswegen letztlich im Taxi gelandet war, was ich verstehen kann. Warum er mir gegenüber damit angeben musste, wie er dem Busfahrer mit der Entlassung gedroht hat, verstand ich eher weniger.

Überhaupt schien „glücklich“ jetzt nicht so ganz das Wort der Wahl für seinen Gemütszustand zu sein, aber will ich’s ihm verdenken? Durch all die Verspätung hatte er nun „Entziehung, kennste?“ und brauchte dringend ein Bier. Ich bin dankbar, nicht mit ihm tauschen zu müssen.

Aber dass er ein stressiger Zeitgenosse war, stimmte halt auch. Er lotste mich verkehrtrum durch eine Einbahnstraße in eine Gartensiedlung, freute sich diebisch über den dadurch gesparten Euro und kam immer wieder auf den Busfahrer zurück, den er in einem weg beleidigte, wobei mir bis zuletzt echt nicht klar war, was ausgerechnet der Busfahrer falsch gemacht haben soll.

Irgendwann waren wir dann angekommen, dank des nicht ganz legalen Weges recht günstig. 10,70€.

Otto schwang seinen Geldbeutel aus der Hosentasche, wobei eine Münze hinausflog. Irgendwas kleines. Er tönte dann groß:

„Ha, was immer rausfällt, is für Dich! Mein Rücken is im Arsch, ich bück mich da nicht wegen so ’ne 20 Cent!“

Mit der Aussage steht er nun wirklich nicht alleine da, das sagen viele und die meisten meinen das sogar recht nett, obwohl man sich durchaus mal Gedanken machen kann, wie das rüberkommt.

Otto merkte gar nix mehr. Der beschränkte sein Trinkgeld lauthals auf die 30 Cent, die bis zum nächsten vollen Euro reichten und verkündete in einem fort, dass er ja stattdessen locker ein bis zwei, also mindestens zwei Euro hier ins Auto hat fallen lassen … und dann hat er natürlich mit gespielter Sorgfalt seine Börse geschlossen, um nicht noch mehr zu verlieren.

„Am Ende wirste noch reich durch mir hier, wa?“

Was am Ende im Auto lag:

„Mindestens zwei Euro!“ Quelle: Sash


 

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.