Hello. AGAIN.

Ich hab die Kunden am Sisyphos wirklich so begrüßt:

„Oh, well. Hello AGAIN.“

Denn es war keine drei Minuten her, dass ich sie genau dort abgesetzt hatte. Der Grund für ihre prompte Wiederkehr war dann auch ganz klassisch die Schlange, die ungefähr anderthalb Stunden tristesseoptimierte Ereignislosigkeit versprach. Oder mit den Worten der einen Kundin:

„See, we love Techno. But: No!“

Ich kann’s nachvollziehen. Denn dazu muss man nicht einmal Techno lieben. 😉

Nutzungshinweis der Kundschaft

„Ich fahre schon schnell. Ach, schnell. Also wenn freigegeben ist und der Verkehr es erlaubt, stelle ich den Tempomat auf 160 bis 180 km/h. 300 km/h hab ich auch schon gemacht, der Wagen ist nicht abgeriegelt, aber … das macht man einmal. Und danach steigt man aus und fragt sich, was das für ein Geruch ist. Naja, die Reifen! Das glaubste nicht, aber: Die sind dann halt scheiße heiß. ‚Nicht abgeriegelt‘ sagen sie, aber auf Dauer geht das auch nicht!“

Nur mal so als Hinweis an alle Besitzer von neu angeschafften und nicht abgeriegelten 7er-BMW. Ist ja schließlich auch ein Informationsblog hier, nicht wahr? 😉

Schwarztour-Angebot des Monats

„Bringste mich einfach inne Niederbarnim? Gradeaus, dann rechts. Ist nicht weit, aber kannst Die Uhr gerne auslassen, kriegst’n Fünfer.“

„Nee danke, ich brauche heute noch etwas Umsatz auf der Uhr.“

[Lustige Geschichte: Diese eher kryptische Aussage beendet meiner Erfahrung nach die Schwarztourdebatten wesentlich schneller als eine prinzipielle Weigerung oder gar der stichhaltige Hinweis, dass ich nichts davon habe, wenn meine Firma pleite geht.]

Naja, es waren dann anderthalb Minuten Fahrt und der komplette Inhalt des Gesprächs lässt sich wie folgt wiedergeben: Der Fahrgast war zu müde zum laufen und ich hab mich über die Tour gefreut, obwohl sie kurz war. Dann die Bezahlung:

„Na denn: Ein Fünfer, Kurzstrecke halt.“

„Hier. Stimmt so.“

Ein Zehner.

Ich weiß, dass die Leute, die uns die Touren schwarz anbieten, es eigentlich nett uns armen geknechteten Fahrern gegenüber meinen (oder einfach eine Verbilligung, koste es was es wolle, erringen möchten).

Aber die Art von Kunden? I don’t get it!

Aus dem seltsamen Universum der Menschen (2)

„Where are you from?“

„Peru.“

„Oh, ok. Guess you’re not here for just Berlin.“

„No, I make a three-month-trip.“

„Where have you been so far?“

„It’s actually the end now. Been to Porto, then Madrin, Barcelona, Nice, Bordeaux, Paris. Took a flight zu London, then Scotland. Then headed to Helsinki and Stockholm and took a flight to Moscow. From there to Scandinavia again, but other route with a stop in St. Petersburg. Down the baltic states and to Bulgaria. After that Vienna, Munich, Prague, Warsaw. And now: Berlin!“

„Wow! Impressive! What’s your job?“

„I am online poker player.“

„Oh. OK …“

„Do that every year. Pile up amount of money, then go waste it. Last year three months in Africa, the year before South America.“

Ich sag’s ungern, aber ich hatte schlagartig das Gefühl, das Internet all die Jahre falsch genutzt zu haben. 😀

Aus dem seltsamen Universum der Menschen (1)

Ein Einsteiger am Ostbahnhof. Zum Flughafen Schönefeld. Reisegepäck: Ein halbvoller Krug Bier*.

WTF?

„So, right to the Airport? I mean, I guess you’re heading for a hotel nearby.“

„No, the Airport. Gotta catch my flight.“

„And this is your luggage?“

„Yeah. Came without anythin this morning. Was only here for Hertha.“

Ein Hertha-Fan aus London, laut eigenen Angaben zu jedem Spiel in der Stadt. Da muss auch ich Nicht-Fußballfan meinen Hut ziehen. 🙂

*Ja, liebe Kollegen: Wie schon oft gesagt: Wenn irgendwann mal wer ein Bier bei mir verschüttet, überlege ich mir das mit dem Mitnehmen. Hat halt echt noch keiner in den letzten achteinhalb Jahren gemacht.

Der Moment, in dem man weiß, dass man verloren hat

Ich wusste bei meiner letzten Fahrt an diesem Abend, dass ich verloren habe, als mir der Fahrgast neben mir mit einem schallenden Lachen „Haha, Du bist geil!“ entgegenschmetterte. Das Blöde war halt: Es war seine Freundin, die mich in Anbetracht des hellen Lichtes im Auto noch mal schnell fragte, wie alt ich sie schätzen würde …

Und ich hab da schon gesagt, dass ich da ja nur verlieren kann. Sie hingegen hat versichert, dass ich da heute nix mehr falsch machen könne. Und da Bezahlung und Trinkgeld schon geregelt waren, hab ich ehrlich geantwortet:

„Ende 30 vielleicht?“

Wenn man bedenkt, was man da bei 3 Jahren für einen Sturm auslösen kann, dann stellt Euch mal vor, wie groß das Geschrei war, als sie sagte, sie sei 29.

Ich hasse das. Zunächst natürlich mal, weil ich niemanden beleidigen will. Andererseits aber auch, weil das ein derart dummes Spiel ist. Zum einen fragen ohnehin immer nur Leute, die entweder deutlich jünger oder älter aussehen als sie sind, oder überhaupt niemand sieht so alt aus, wie er ist. Zum andern, weil das halt stark vom Umfeld des Betrachters abhängt.

Als ich z.B. 15 war, haben die ersten Kumpel gelacht, dass ich noch keinen Bartwuchs hatte und ich hätte mich selbst im Spiegel auf eher 13 geschätzt. Dafür konnte ich überall Schnaps kaufen, weil ich mit 1,90 Meter bei allen Ladenbesitzern eher als ein Typ durchging, der vermutlich 25 ist und einem eine klatscht, wenn man ihn nach dem Ausweis fragt. Mit Anfang 20 wurde ich von einem Kind erstmals über 50 geschätzt und dieses Jahr, mit 35, haben mir schon mindestens drei Fahrgäste überrascht gesagt, dass sie mich nicht für so alt gehalten hätten. Aber Taxifahrer gibt’s gefühlt halt auch nur zwischen 20 und 30 und 50 und 90. Vielleicht machen normale Menschen dazwischen „was vernünftiges“. 😉

Im Ernst: Wenn man einfach ein Kompliment haben will, dann ist der nächstbeste Fremde auf der Straße vielleicht die falsche Adresse. Oder man fragt halt nach anderen Dingen. Ich meine: Fand ich die Kundin hübsch? Auf jeden Fall. Aber sie hatte halt ein paar Falten mehr als die Leute, die ich in ihrem Alter kenne, sorry. Und auf jede Nachfrage einfach mit „Na höchstens 22, nicht wahr?“ zu antworten, ist mir schlicht und ergreifend zu doof.

Und so unter uns: Ich bin sowas von froh, dass ich da in den letzten paar Jahren irgendwie rausgewachsen bin. Ihr dürft mich natürlich weiterhin hässlich finden, aber ich hab nicht einmal mehr Angst vor einer Glatze im Alter. Und sollte dieses Alter in fünf Jahren schon kommen, isses halt so. Die Lockerheit wünsche ich denen, die mich bitten, ihr Alter zu bewerten, auch irgendwann mal. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Was die Kollegen so treiben

OK, OK, ich hab’s  nicht wie versprochen gestern zum Bloggen geschafft. Als ich gesagt habe, ich äußere mich mal zu dem, was mein Fahrgast sonst noch so erzählt hat. Das ist natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, denn dass jemand, der gerade schlechte Erfahrungen mit einem Taxifahrer hatte, gerne schlechte Erfahrungen mit Taxifahrern teilen will – ob es sie gibt oder nicht – kann auch ein rein psychologisches Phänomen sein. Das ist nicht böse gemeint, so ticken wir Menschen halt. Was für mich die Glaubwürdigkeit des Kunden erhöht hat, war, dass er eben gerade nicht in einer Schimpfkannonade festhing, sondern eigentlich eher amüsiert war und durchaus zufrieden damit, dass er mit mir eine gute Fahrt hatte. Ein paar Reflexe und sonstige Fehler fallen also schon einmal weg. Und so nett und beiläufig, wie er das erzählte, als ob es nix gewesen sei …

Und was?

Nun ja: Einen Fahrer hätte er mal wecken müssen. Der sei an einer Ampel eingeschlafen. Finde ich übelst krass, aber da ich selbst nachts auch schon von Müdigkeit übermannt wurde und das kaum verhindern konnte, und zudem von Kollegen weiß, dass ihnen das genau so auch passiert ist, halte ich es nicht für weit hergeholt.

Und unter weiterem kramte er eine Tour hervor, bei der der Fahrer – „Schwörisch, Bruda!“ – mindestens vier, vielleicht auch mehr, rote Ampeln überfahren hat. Ich  kenne (gleichermaßen plausible wie glaubhafte) Stories über zwei Ampeln. Aber MINDESTENS vier?

Was soll’s? Daran ändern kann ich nix und ich bin zum einen froh, dass wohl nie was passiert ist; und zum anderen, dass der Kunde dementsprechend mit mir mehr als zufrieden war.

Wie gesagt: Ich warte derzeit auch auf einen weiteren Liebesbrief vom Polizeipräsidenten und will mich entsprechend wirklich nicht zur moralischen Instanz aufschwingen. Ein kleines WTF bleibt aber halt doch …