Sash, 33, Lichthupenkünstler

Manchmal macht man Dinge, die von anderen falsch verstanden werden und am Ende dann doch genau richtig sind. Passiert selten, ist aber so gut, dass es fast schon lustig ist.

Ich fuhr die Tage irgendwann auf der Skalitzer lang. Plötzlich steht da auf der rechten Spur ein Taxi, das gerade frei wird. Ich hätte jetzt Gas geben können, um schnell vorbeizuziehen und vor dem Kollegen Winker bekommen. Aber da ich da nicht so bin, hab ich kurz Lichthupe gegeben. Nett gemeint als „Kannst ruhig rausziehen, ich lass Dich vor!“.
Anstatt nun Gas zu geben, trat der Kollege auf die Bremse und machte die Fackel aus. Und in dem Moment hab ich dann auch realisiert, dass es ein LDS-Taxi war …

Gut, damit kam die Lichthupe bei ihm wohl eher wie ein „Ey Du Arschloch, mach hier in Berlin gefälligst die Fackel aus!“ an, aber vom Ergebnis her kann ich jetzt nicht behaupten, dass mir das missfallen hat. 😉

Mal Du, mal die anderen, aber immer er.

Ich hab neulich schon über unseren Fernfahrtspezialisten geschrieben. Ob wir ihn nun Jörg, Rolf oder Gustav nennen, ist ja mal egal. Mit ihm stand ich am Mittwochabend am Ostbahnhof und wir waren beide etwas gebeutelt. Nur knapp ein Zehner Umsatz pro Stunde, ein schlechter Witz. Aber der Kollege belehrte mich in väterlichem und leicht sächsischem Tonfall:

„Ach Sascha, das weißte doch: Mal verlierst Du, mal gewinnen die anderen!“

Eine halbe Stunde später stehe ich wieder bei ihm am Auto, da kommen zwei Punks angelatscht.

„Entschuldigen Sie. Würden Sie uns für diesen Scheiß-Gutschein der Scheiß-Bahn nach Fürstenwalde bringen?“

„Ach, warum nicht?“,

meinte der Kollege dann gelangweilt. Wie der das macht, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Immerhin war er seit meinem letzten Artikel schon wieder in Frankfurt/Oder …

Ich glaube, meine Schulter hatte heute Sex im Taxi …

Und eigentlich habe ich immer noch keine Ahnung, was genau los war.

Eingeladen hab ich sie, da war ich schon fast auf dem Weg zur Firma. Der Abend lief erst schlecht, dann gut, und so langsam hatte ich meine Zeit abgesessen und die nötige Kohle im Sack. Aber dann: Winker. Na gut, alles mitnehmen, warten kann ich auch morgen wieder!

Die beiden waren sehr sehr betrunken und außerdem Schotten. Mein Englisch loben konnten sie ganz gut, das eigene war aber schon des Alkohols wegen kaum mehr verständlich. Die Straßenangabe war so schwammig, dass ich von der Allee der Kosmonauten bis zur Littenstraße bei jedem Versuch etwas neues herausgehört habe. Aber es sollte unweit des „Nollnoplaas“ sein, von dort könnten Sie es mir zeigen. Und nach einer dreiminütigen Vergewisserung, dass es der Nollendorf- und nicht der Nöldnerplatz war, konnte es auch schon losgehen. Ein guter Zwanni, von so mitten in Friedrichshain – nicht ganz meine Richtung, aber Geld ist Geld.

Während er eher müde vor sich hinbrabbelte, fand die junge Dame allerdings offenbar Gefallen an dem Taxifahrer, der sie sicher heimbringt, wo sie doch keine Ahnung hätten, wo sie wären. Das gipfelte in dem Wunsch, ich solle doch einfach dahin fahren, wo ich wolle, sie würde einfach mitkommen. Was grundsätzlich eine nette Idee war, aber ich glaube, sie hätte sich ziemlich verarscht gefühlt, wenn ich sie im Hinterhof meiner Firma in Niederschöneweide rausgelassen hätte. 😉

Aber natürlich war das so nicht gemeint. Sie lehnte sich zum Reden stets so vor, dass sie mir fast direkt ins Ohr flüsterte und legte mir die Hand auf die Schulter. Damit kann ich inzwischen ganz gut leben, am Anfang hat mich das noch erschreckt. So wirklich üblich ist Körperkontakt dann ja nun auch nicht zwischen Fahrern und Kunden im Taxi. Soweit hätte ich das mit allen Komplimenten, die sie mir machte, auch noch als weitgehend normal abgetan. Man klopft einem Kumpel ja auch mal auf die Schulter, ne?

Dann aber hat sie damit angefangen, mich zu massieren. Ich will jetzt nicht behaupten, dass das grundsätzlich einfach in Ordnung ist, aber ich hab nunmal auch meine Vorlieben und die Tatsachen, dass sie nett war und wir uns gut verstanden, haben mich das dann doch durchaus genießen lassen. Hey, eine Schultermassage während der Arbeit … andere bezahlen für sowas!

Etwas irritiert hab ich dann allerdings zur Kenntnis genommen, dass die gute Frau zum einen nur noch schwer geradeaus reden konnte – und dieses Mal weder ihres Akzents noch des Alkohols wegen, sondern weil sie leise aber doch hörbar gestöhnt hat – und zum anderen meine Schulter indes angepackt hat, wie man normalerweise fremde Schultern wirklich nicht anpackt. Ich kenne den Unterschied zwischen Massage und Festkrallen – und das war letzteres. Wobei es, das muss ich auch zugeben, immerhin dazu geführt hat, dass meine linke Schulter nun derart unverkrampft ist, dass ich merke, wie verspannt die rechte ist …
Was immer da zwischen der jungen Dame und meiner linken Schulter vorgefallen ist: Es hat beiden Seiten gefallen. Und nur um das festzuhalten: Es geht hier nicht um eine flüchtige Berührung, der Spaß hat ein paar Minuten angehalten.

Am Ende habe ich die beiden mangels näherer Zielinfos am Nollendorfplatz rausgelassen. Ihr Begleiter meinte, er wisse schon, wo sie nun lang müssten. Sie hat mir mich anschmachtend irgendwelche Unanständigkeiten ins Ohr geflüstert, die ich aber ganz ehrlich nicht mehr verstanden habe. Alkohol und so. Dann gab es von ihm (!) fast einen Fünfer Trinkgeld und ich darf mich jetzt mit der Frage beschäftigen, was da eigentlich genau passiert ist.

Nicht wirklich hilfreich dabei war, dass ich beim Abstellen des Autos auf ihrem Sitzplatz eine Dose Vaseline gefunden habe.

Immer wenn man denkt, man hat schon alles erlebt …

Die eindeutig bessere Wahl

Ich verkündete der Kundin, dass das mit der Kurzstrecke wie von mir prophezeiht hingehauen hätte und nun vier Euro von ihr bekommen würde. Sie drückte mir allerlei Kleingeld in die Hand und fragte, ob das so stimmen würde. Ich kam alleine beim Zählen der Euro-Münzen auf sieben Euro, nebenbei lag aber noch einiges an Centbeträgen auf meiner Handfläche …

„Ja, reicht definitiv. Ich würde sogar sagen, dass das eher schon zu viel ist.“

„Dann stimmt das so. Besser zu viel als zu wenig sag ich immer!“

Die Einstellung gefällt mir. 🙂

Was Fahrgäste vorgeben zu sein …

Das war seit langem die außergewöhnlichste Fahrt. Eine Winkertour in den frühen Morgenstunden, die ich nur bekommen habe, weil bei einem Kollegen in die E-Klasse ein Möbelstück nicht reingepasst hatte. Na also, wozu fahre ich schließlich genau dieses Auto!?

Zunächt hatte ich noch gedacht, sie hätten das gute Stück direkt von der letzten Kneipe geklaut, aber im Gespräch fiel sehr schnell das Wort Flohmarkt. Die beiden hatten gut einen im Tee, ein Pärchen rund um mein Alter, er eher etwas jünger, sie etwas älter. Eigentlich nix besonderes.

Nach dem Taxifahrer-Kunden-Smalltalk redeten die beiden munter untereinander. Ich hab mich nicht mehr eingemischt, ist ja nicht meine Sache. Als er dann aber sagte, dass er ja immerhin 300 € die Stunde für sie zahle – und sie das mit „Na das wär‘ ja ein Traumlohn!“ beiseite wischte – war ich etwas verwundert. Aber egal, ob sie nun wirklich Prostituierte oder das alles nur ein Necken war … alles im grünen Bereich.

Irgendwann fing er dann aber an, über ihren Zuhälter zu reden:

„Ich kenn doch den Paul, brauchste mir nix erzählen …“

Und sie konterte:

„Ach, Paul! Paul ist egal. Paul ist nur für Probleme da. Der hat gar nix zu sagen. Mit Matze müssteste reden, wenn’s ums Geld geht!“

„Na, dann ruf ich den doch mal an …“

„Matze? Den kennste nicht.“

„Natürlich.“

„Niemals. Der ist für Kunden nicht erreichbar.“

„Ohne Witz! Ich ruf‘ den jetzt an!“

„Jaja, schon klar. Na, dann mach mal …“

Bis dahin hab ich das noch für eine Neckerei gehalten. Dann hat er telefoniert:

„Hi Matze, Tom hier. Du, ich bin gerade mit Leila unterwegs, eine von deinen Frauen, kennste, ne? Ja, Leila. Ja nee, wir fahren gerade zu ihr. Was denn? Darf man nicht mal mehr Spaß haben? Nee, im Ernst, ist das ok? Ah, ok, verstehe. Freundschaftspreis, ja? Danke, Alter! Ja, sag ich ihr, geile Sache!“

Um ehrlich zu sein, das klang dann doch ziemlich nach Fake-Anruf. Aber schließlich bat sie darum, noch eben mit ihm sprechen zu können – und das hörte sich ungefähr so an:

„Matze? Ja. Ja. Ja. Was? Ey, nee! Nicht dein Ernst. Ja, nee passt schon. Wir sehen uns dann.“

Und während sie auflegte, kam dann noch mittelleise folgendes hinterher:

„Freundschaftspreis!? Du Arschloch!“

Die Fahrt dauerte noch an. Ich wunderte mich so langsam wirklich über die Umstände der Protagonisten. Am Ende rief Tom nochmal Matze an, was aber kaum sinnvolle Infos ergab, da Tom breit war wie sonstnochwas und ich Matze nicht hören konnte. Und Leila schmollte.

Beim Bezahlen bat Tom dann Leila, mir aus seinem Geldbeutel einen Zwanni zu geben; die Fahrt plus gutem Trinkgeld also.

Hä? Wieso hatte sie jetzt sein Portemonnaie?

Da meinte Leila dann:

„Ach, Sie als Taxifahrer kriegen sicher noch komischeres als unsere Gespräche mit, oder?“

Ich flüchtete mich in die nächstgelegene Ausredengasse:

„Vielleicht. Ich hab ehrlich gesagt nicht wirklich zugehört.“

Bis dahin hatte ich noch nicht ernsthaft beschlossen, die Fahrt zu verbloggen. Ich hab mich in einem Pärchen verschätzt, ach herrje, sowas passiert dann doch öfter mal. Dann aber meinte Leila enttäuscht:

„Was? Dabei haben wir uns so eine Mühe gegeben! Und Sie beachten unser Hörspiel gar nicht!?“

PS 1:
WTF?

PS 2:
Doch „Leila“, ich hab zugehört. Ich wollte bei der Nachfrage nur niemanden in Verlegenheit bringen.

PS 3:
Auch wenn ich das jetzt verfremdet habe: Wir Taxifahrer haben keine Schweigepflicht! Die beiden wussten das wohl – aber ich erwähne das an dieser Stelle nicht ohne Grund! 😉

John Nash ist tot

Ich will hier sicher nicht wahllos Todesanzeigen verbreiten, aber wenn ein Nobelpreisträger bei einem Unfall zu Tode kommt und ein Taxi beteiligt ist … was kann ich schon dagegen tun?

John Nash ist den meisten vermutlich wie mir bekannt durch den Film „A beautiful mind“, der neben Nashs mathematischen Fähigkeiten insbesondere auch seine Schizophrenie zum Thema hatte. Ich gebe auch gerne zu, dass ich allenfallsin Teilen nachvollziehen kann, was der Mann großartiges geleistet hat auf seinem Gebiet, da selbiges mir mehr als nur fremd ist. Aber nach allem, was ich über ihn gelesen habe, muss ich meinen (leider nicht wirklich existenten) Hut vor John Nash ziehen.

Ein trauriges Ende für solch ein Leben; und noch mehr, wenn es wirklich an nicht angelegten Sicherheitsgurten lag. Und falls das stimmt, dann hoffe ich, dass Nash nachträglich auch sagen würde, dass Gurte auch eine geile Erfindung sind, die er als Spieltheoretiker besser mal ernstgenommen hätte.

Ich verneige mich vor einem großen Wissenschaftler und hoffe, der Kollege kann mit all dem auch irgendwie umgehen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Fahrgäste, die gierig und fies sind.

„Kriegst auch einen Euro Trinkgeld. Oder wären Dir zwei lieber?“

„Das ist jetzt fies.“

„Was ist daran fies?“

„Na komm‘, wenn ich mich jetzt für zwei entscheide, dann klingt das, als wäre ich gierig …“

„Nur keine Sorge. Also ich … ich arbeite für die Pharmaindustrie, ja?“

„OK?“

„Und mein Medikament kostet 2.800 €. Für eine Injektion. Und da machst Du dir Sorgen, wegen einem Euro gierig zu wirken?“

„OK, dann hätte ich gerne zwei.“

„Na also.“

Der eine Euro mehr hat sich im Übrigen als 50-Cent-Münze herausgestellt. Aber das war dem Alkohol geschuldet, da bin ich mir sicher.

PS: Es ging im Übrigen um eine Kurzstrecke. Da ist mehr als der eine Euro schon eher selten. Obwohl ich in den letzten Tagen mehrfach das Vergnügen hatte.