Das mit den Karten

Über das „Denken in Karten“ hatte ich es ja hier und da schon mal bei GNIT. Also darüber, dass ich mir Gebiete tatsächlich über einen Stadtplan erschließe. Ich hab keine Ahnung, ob das allen Kollegen so geht – vermutlich eher nicht – aber ich vermute, dass es durchaus eine logische Nachwirkung des Lernens auf die Ortskundeprüfung ist.

Das hat im Alltag hier und da zur Folge, dass ich kürzere Wege als die Kundschaft kenne, weil ich mich nicht nur an geschwungenen Straßenverläufen orientiere, sondern auch an Himmelsrichtungen. Ein wirklich schwindelerregendes, aber auch wirklich schon vorgekommenes Beispiel aus Berlin wäre z.B. eine Fahrt von der Kulturbrauerei zum Tresor:

„Einfach die Danziger runter über die Warschauer und dann am Schlesi rechts ab!“

Ähm, nein. Besser nicht …

Ich will mich da auch nicht drüber lustig machen, denn ich brauche z.B. bis heute ewig, um bestimmte Stadtteile von Stuttgart auf einem Plan zu finden – und immerhin hab ich in der Stadt 25 Jahre gelebt, nicht erst 7 wie in Berlin. Es scheint also wirklich vor allem um die Herangehensweise zu gehen, weniger um die Menge des Wissens.

Wie jung diese Möglichkeit ist (nicht ganz so jung wie die Möglichkeit, Auto zu fahren – aber immerhin!), bringt einem wunderbar das Buch mit dem simplen Titel „Karten!“ von Simon Garfield nahe. Das anekdotenhaft geschriebene Werk mit dem Untertitel „Ein Buch über Entdecker, geniale Kartographen und Berge, die es nie gab“ begleitet mich nun schon ein paar Tage – allerdings nicht im Taxi, sondern abends vor dem Einschlafen im Bett. Es ist wirklich so toll, wie die wenigen Rezensionen bei Amazon bisher vermuten lassen, allerdings gibt es das Buch bisher nur in der gebundenen Ausgabe und ist mit 30 € fast ein wenig teuer. Ich hab’s über meine Wunschliste bekommen – in Anbetracht des Preises danke ich doppelt!
Aber ja, Simon Garfield weiß zumindest einen interessierten Laien wie mich durchaus zu begeistern. In der Unterhaltsame-Sachbücher-Liga spielt es fast auf dem Niveau von Tom Standages großartigem „Das Viktorianische Internet„, das von der Einführung der Telegraphie handelt.

Man muss sich sicher auf ein Thema einlassen können, wenn einem ein Buch wie „Karten!“ Spaß machen soll – aber wer das kann, wird den Kauf sicher nicht bereuen. Sag ich jetzt mal, obwohl ich es erst zu zwei Dritteln durch habe. Der Untertitel jedenfalls hält, was er verspricht und zumindest meine Wenigkeit hat mal wieder viel gelernt. Dass Karten vor dem Satellitenzeitalter schwieriger zu erstellen waren, das kann man sich ja noch denken – WIE ungenau sie dabei allerdings waren … man erlebt durchaus einige Überraschungen.

An der Genauigkeit des Kartenmaterials scheitert’s heutzutage allenfalls noch bei anderen Planeten – und auch ich merke bei jeder (meist privaten 😉 ) Fahrt über große Strecken, wie unterschiedlich selbst ich in der Stadt oder auf dem Land navigiere. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr scheint es ein Thema zu sein, mit dem ich mich noch weiter beschäftigen sollte …

Disclaimer:
1. Die Amazon-Links bringen mir Geld, wenn jemand über sie was kauft.
2. Ich habe selbst zwei Karten in meinem Zimmer. Einen Stadtplan von Berlin und einen von San Andreas.

25 Kommentare bis “Das mit den Karten”

  1. D-EQAI sagt:

    Hallo,
    Das ging mir aber ähnlich. Erst seit ich meine Gegend auch von oben kenne und für die Ortskunde mit Karten gelernt habe, kenne ich meine Heimat wirklich.

  2. Axorc sagt:

    Danke für die Buchempfehlung. Hier ist auch eine für Dich: The Martion von Andy Weir (würde ich dringend auf Englisch lesen).

    Ein sehr humorvoll geschriebenes und gut recherchiertes SciFi Buch (Astronaut strandet auf dem Mars, wie macht er aus Hydrazin Wasser um Kartoffeln anzubauen).

  3. San Andreas? Sash ist ein GTA fan? Fährst du denn dort auch immer taximissionen? XD

  4. Sash sagt:

    @Axorc:
    Speicher‘ ich mir ab! 🙂

    @taxiblog bremen:
    Nur selten, gebe ich zu. Bin auch nicht wirklich so der Hardcore-Zocker. Hab’s nur derletzt mal wieder ausgegraben und dachte, dass ich das ja mit unterbringen kann hier. 😉

  5. Oni sagt:

    Wenn ihr euch für das Buch interessiert und gut Englisch könnt: Auf Englisch kostet es nur halb so viel und gibt es das auch als Taschenbuch für unter 10€.

  6. Bernd sagt:

    Auch ich fahre im Stadtgebiet lieber nach Karte als mit Navi. Das gibt mir den Vorteil, Strecken geometrisch zu beurteilen und so den kürzeren Weg herauszufinden. Die Benutzung von Hypothenusen ist nun mal kürzer als die zweier Katheten.

    Ich hoffe doch stark, daß die Karte von San Andreas nicht glatt und plan an der Wand hängt, sondern eher knittrig! Du weißt doch: San Andreas Verwerfung 😀

  7. Cliff McLane sagt:

    @Bernd,

    > Die Benutzung von Hypothenusen ist nun mal kürzer als die zweier Katheten.

    Im Flachland (Berlin) vermutlich eine ziemlich gute Faustregel (Heuristik), aber im Bergland vor allem im Winter auch eine, die mal fehlschlagen kann. Ich hoffe du hast eine Karte mit Höhenlinien.

  8. hrururur sagt:

    Ich habe einen wirklich miesen Orientierungssinn. Ich orientiere mich anhand einiger weniger Strecken und markanter Punkte. Auch wenn ich damit Umwege fahre, komme ich zumindest an. Hier auf den Deichen kann man sich mangels Abzweigungen ja nicht verfahren und wenn ich wirklich nach Hamburg rein muss, dann fast immer mit Navi. In der zweiten Heimat ist nichts zu navigieren. Entweder man fährt links aus dem Dorf raus oder rechts. Da bedeutet eine zehn Meter lange Baustelle dann auch gleich Vollsperrung und mindestens fünfzehn Kilometer Umweg. Dafür hat man es nicht weit an den Strand

  9. Cliff McLane sagt:

    @hru..dings:

    > Hier auf den Deichen kann man sich mangels Abzweigungen ja nicht verfahren.

    Optimist!

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bildtafel_der_Verkehrszeichen_in_der_Bundesrepublik_Deutschland_seit_2009#mediaviewer/File:Zeichen_129.svg

  10. egal sagt:

    Keine Ahnung wie aktuell das ist… aber interessant allemal:
    http://www.spiegel.tv/filme/uber-schoene-neue-taxiwelt/

  11. Aro sagt:

    @Cliff McLane
    Hey, hey, vorsicht mit Flachland. Wir haben hier auch Berge in Berlin! Den Kreuzberg, den Prenzlauer Berg, Mont Klamott und vor allem den schönen Schöneberg. Der sogar eine Besonderheit hat: Man sieht ihn nicht 😉

  12. elder taxidriver sagt:

    Fichteberg..

  13. Cliff McLane sagt:

    @Aro,

    > Wir haben hier auch Berge in Berlin! Den Kreuzberg

    Ja, aber auf den kommst du mit dem Auto nicht rauf, zum Wasserfall musst du schon zu Fuß gehen.

    Und den Teufelsberg hast du vergessen:
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/31C3-Datensammeln-fuer-Big-Daddy-in-der-NSA-Abhoerstation-Teufelsberg-2507247.html

  14. hrururur sagt:

    Cliff: Deichstraßen sind nicht wasserseitig

  15. Cliff McLane sagt:

    @hrur:

    > Cliff: Deichstraßen sind nicht wasserseitig

    Mag sein. Aber sie geben nach. Dann von mir aus eben zur Landseite hin, aber sie GEBEN NACH. Und da ist es doch wurschtepiepe, in welche Richtung du mit 100 km/h fällst.

    Mag sein, dass das nur meine Meinung als Bergbewohner ist. Es schaffen auch jedes Jahr eine beträchliche Anzahl von Leuten, durch eine Leitplanke zu fahren, und die haben wir ja auch nicht umsonst neben die Bergstraßen gebaut,.

    Was mich angeht, ich habe eine Höllenangst vor Wasser. Vollkommen irrational, ich weiß, weil wahrscheinlich mehr Leute pro Jahr gegen einen Baum fahren als in Amsterdamer Grachten (oder in Berlin im Landwehrkanal) ersaufen, aber es ist eben so. Und aus genau diesem Grund möchte ich keine Küstenstraße entlang fahren, weil ich da wahrscheinlich den einen entscheidenden Fehler begehen würde, der jamdn anderen tötet.

  16. hrururur sagt:

    Mh. Deichstraßen und auch Küstenstraßen sind nicht wie Bergstraßen, bei denen eine Leitplanke und dann ganz viel Nix kommt

  17. hrururur sagt:

    http://f.666kb.com/i/cvhceb36c9nppefqo.jpg

    Hier guck mal. Ich steh auf der Deichkrone(„ganz oben“). Die Straße liegt so anderthalb Meter tiefer, landseitig. Wasserseitig sind da ja so Bäume, Riesendinger. Da kommen noch so zwei bis vier, die nicht mehr mit auf dem Foto sind und dann nochmal so dreißig Meter oder so bis zum Wasser. Rutschen kann da nix und wenn dann kündigt sich das an. Dann steht nämlich tagelang das Wasser direkt am Deich und das ziemlich hoch. Dann darf man da aber auch nicht mehr hin. Auch nicht als Anwohner. Kam die letzten dreißig Jahre ein einziges Mal vor.

  18. Cliff McLane sagt:

    @hrur, bin nicht sehr überzeugt, aber trotzdem danke für das Bild.

    Ich komme mehr aus so einer Gegend:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Arber#mediaviewer/File:Gro%C3%9Fer_Seeriegel_Arber.JPG

  19. hrururur sagt:

    Ach und insgesamt sind die nur so neun Meter hoch. Und man darf auch nur fünfzig bis sechzig fahren

  20. hrururur sagt:

    Berge sind ganz doof. Ich habe Ohrenprobleme und extreme Probleme mit dem Druckausgleich. Berg hoch und runter und so macht Schmerzen. Aber ich fahre gerne Ski. Angst hab ich keine vor den Bergen

  21. Cliff McLane sagt:

    @hrur,

    > Berge sind ganz doof. Ich habe Ohrenprobleme und extreme Probleme mit dem Druckausgleich.

    Bekommst du hin, ich habe einen Trommelfellriss und mir macht das auch zu schaffen, aber „heftig schlucken“ funktioniert wirlklich, sogar im Flugzeug. Es mag zwar sehr dämlich aussehen, wenn man sich dabei die Nase zuhält, aber das wirkt.

    > ich fahre gerne Ski

    Naa, i ned. (auf Hochdeutsch: Nein, ich nicht.) Mich bringst auf keine so ’ne Brettln, weil, ich schwimm lieber im Sommer im Badeweiher oder so, als dass ich mich in die Kälte stell und mir den …. [Sphinxter] [Anus] [Allerwertesten], du weißt schon, den da hinten, zufrieren lasse. Nur weil man in den Bergen wohnt muss man ja nicht jeden Blödsinn mitmachen.

  22. Andy sagt:

    Es gibt eine Studie aus England, wo Londoner Taxifahrer untersucht worden. Die Ortskundeprüfung ist dort wohl eine der härtesten der Welt, und man braucht wohl mindestens zwei Jahre wenn man gut ist um alle Strassen zu lernen. Bei diesen Leuten wurde festgestellt das sich der Bereich des Hirns der mit Orientierung befasst ist eine deutliche Vergrößerung erfährt. Ich kann mir gut vorstellen das das in geringerem Maße auch auf deutsche Fahrer in entsprechend großen Städten zutrifft….

  23. hrururur sagt:

    Cliff: Kälte ist toll. Und Skifahren ist halt das Einzige Sinnvolle was Berge können. Daseinsberechtigung quasi. Aber das Valsalva-Manöver(Tubensprengung, das mit der zugehaltenen Nase und dagegen atmen und so) alle paar Meter machen müssen, nervt gewaltig. Zumal das auch jedes Mal wehtut. Es reicht schon eine schnelle Fahrstuhlfahrt in den fünften Stock, damit ich das merke im Ohr. Das ist echt ziemlich blöde. Ich befürchte auch, dass das bei einer schnellen Abfahrt auch ein Problem wäre. Ich war nicht wieder Ski fahren seit das so schlimm ist. Trau mich ja nicht in die Berge

  24. Ich konnte mich schon als Teenager stundenlang mit Landkarten beschäftigen. Auch heute funktoniert das mit OpenStreetMap und Google Maps immer noch prima als Zeitsenke.

    Beim Autofahren nehme ich inzwischen lieber das Navi, weil das einfach viel besser einschätzen kann, ob die zwei Hauptstraßen-Katheten mit grüner Welle etc nicht am Ende doch etwas schneller sind als die Hypothenuse durch Wohngebiet mit Verkehrsberuhigung und Millionenmal rechts vor links

  25. elder taxidriver sagt:

    Am Rande bemerkt:

    Mehrere kleine ‚h‘ aus dem Wort Hypotenuse zu verkaufen.

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