Uberholt

So, nun haben wir 2015. Im Taxigewerbe brechen mit dem Mindestlohn neue Zeiten an und zudem darf man so langsam wohl die Hoffnung haben, dass sich der 2014er-Spuk Uber zumindest hier in Berlin totgelaufen hat.

Derletzt hat mich eine Journalistin (privat, während einer Tour) gefragt, was denn nun mit Uber sei. Tja, puh …

Sie haben in Deutschland nicht wirklich einen Fuß in die Tür gekriegt – und selbst in vielen anderen Ländern bläst ihnen seit Ende des Jahres eisigster Wind entgegen. Verbote über Verbote, trotz Milliardenbewertungen. Natürlich ist Uber nicht tot. Und sie werden hier und mehr noch in manch anderen Ländern Nischen besetzt halten und vielleicht sogar global eine große Marke bleiben. Die große Revolution jedoch scheint so langsam verpufft zu sein.

Zu zahlreich waren die Negativschlagzeilen, zu heftig der Widerstand.

Wie ich der Journalistin auch gesagt habe: Natürlich kann ich als Taxifahrer als Betroffener rumwettern, ohne dass es wen interessiert. Am Ende bleibt halt, dass es an der Firma nix Gutes gibt. Uber gebremst hat ja letzten Endes nicht irgendein erfundenes Taxikartell, sondern das ganz normale Leben, das halt nicht ganz nach den Regeln von Ayn Rand spielt. Selbst der ultimative Kapitalismus hat Grenzen – und wer einfach nur scheiße ist, muss halt auch mal einstecken. Uber hat mit Lohndumping, Schwarzarbeit, Datenschutzverletzungen, unlauterem Wettbewerb und Bedrohung der Pressefreiheit einfach alles ausprobiert, was man sich an Widerlichkeiten für ein „nettes kleines Startup-Unternehmen“ vorstellen kann. Darüber hinaus gab es Probleme, die ihnen „nur“ indirekt zugeordnet werden konnten, wie Versicherungsstreitigkeiten und Zwischenfälle dank unzureichender Sicherheitsvorkehrungen. Die Schlagzeilen bestimmten in letzter Zeit weniger irgendwelche marginalen Preisvorteile gegenüber Taxis als vielmehr Vergewaltigungen und Totschlag. So gesehen hat die Firma alle meine Befürchtungen binnen eines halben Jahres sowas von übererfüllt, ich könnte mich glatt gut fühlen, wenn es nicht um das Leben von Menschen gehen würde. Seit sie bei UberPOP die Preise auf ungefähr die Höhe der Betriebskosten gesenkt haben (um nun eine erlaubte Mitfahrzentrale zu sein), spielen sie in Berlin erwartungsgemäß kaum mehr eine Rolle. Es finden sich eben – Überraschung! – nur wenige Fahrer, die einfach zum Spaß Leute mitnehmen wollen. Es ging halt doch ums Geld und damit um gewerbliche Personenbeförderung …

Wie viele Branchen – und vielleicht sogar mehr als die meisten – wird sich die Personenbeförderung im Laufe der Zeit wandeln. Das tut sie jetzt schon, z.B. mit vielen Sharing-Angeboten und Nischenanbietern. Daran ist überhaupt nichts auszusetzen. Vielleicht wird sich auch die Taxibranche wandeln (und nein, Taxiapps alleine sind eigentlich kein so großer Wandel gewesen) oder es wird sogar ganz andere Konzepte geben. So ist die Welt eben, alles entwickelt sich weiter. Aber auch 2015 gilt: Es wäre der worst case, wenn eine derart widerliche Firma wie Uber daran Anteil hat.

Und wer jetzt auch denkt, dass das ja mal wieder typisch ist, dass ich als Taxifahrer sowas sage, der soll sich kurz meine Geschichte aus der Silvesterschicht anhören:

Ich hatte eine junge Kundin, nennen wir sie mal Ulrike. Vielleicht ist es besser, ihren wirklichen Namen nicht zu nennen.

Ulrike fragte mich, wie es so liefe, nebenbei hatten wir eine entspannte Fahrt. Dann kam sie etwas komisch auf’s Thema zu sprechen:

„Ich arbeite ja quasi gerade für diese Taxi-App Uber. Fährst Du auch für Uber?“

„Nein.“

„Gut. Würde ich auch nicht machen. Das ist so eine Drecksfirma!“

Ich nenne hier bewusst wenige Details, sorry. Ich möchte einfach nicht, dass Ulrike meinetwegen Ärger kriegt. Sie hat jedenfalls im Rahmen ihrer Ausbildung mit Uber zu tun und es geht bei ihr darum, Kampagnen für Uber zu entwerfen oder zu fahren – so genau hab ich das auch nicht verstanden. Jedenfalls entschuldigte sich Ulrike bei mir persönlich und fügte an, dass sie viel lieber eine Kampagne gegen Uber starten würde. Mit der Begründung, dass es ethisch einfach nicht vertretbar sei, was dieser Drecksverein veranstalten würde. Und dabei war sie keineswegs überzeugte Taxi-Anhängerin:

„Ich finde Euch auch zu teuer und es nervt mich, wenn die Taxifahrer immer pissig sind. Vielleicht könnte man das alles besser regeln. Aber einfach so Leuten das Leben zerstören, bloß um mehr Kohle zu verdienen – das geht nicht!“

Ich habe mir den Start des Jahres 2015 dank der Silvesterschicht durchaus positiv ausgemalt. Dass ich nun aber von einer (eher freien) Mitarbeiterin von Uber folgendes gesagt bekommen würde, hat selbst meine Erwartungen übererfüllt:

„Danke für die nette Fahrt. Und lass‘ dich ja nicht von Uber unterkriegen, ok!?“

Loyalität kriegen nicht zwangsläufig die, die am meisten Kohle rüberrücken. Schön, dass das auch 2015 so zu sein scheint.

19 Kommentare bis “Uberholt”

  1. Roichi sagt:

    Loyalität kann man eben nicht kaufen. Man muss sie sich verdienen.

  2. paul sagt:

    Tja, aber eine Werbe(fach)kraft, die gegen ihre Überzeugung (gute) Werbung für Uber entwirft – DAS bekommt man für Geld.

  3. Andy sagt:

    Hast Du eigentlich ein Privatauto? Wie wäre es denn wenn du mal um der Erfahrung willen damit eine Schicht als Übermensch fahrst? Um die Erlebnisse zu verbloggen und ein Innenansicht zu bekommen? Klar, es wäre finanziell ein Nullsummenspiel oder gar ein Verlust aber es wäre mal interessant warum Leute statt dem Taxiwinken lieber ein Uber heranklicken oder nicht?

    Und rechtlich bist Du ja dank Personenbeförderungsschein sogar im grünen Bereich…

  4. Kapitalismus bedeutet nicht, dass die „Schurken“ durchkommen, das wäre eher „Cronyism“, (lässt sich noch am ehesten mit Vetternwirtschaft und/oder Korruptionswirtschaft übersetzen). Uber ist also gerade deswegen nicht erfolgreich, weil es offensichtlich schlechter als die Konkurrenz ist und weder für Fahrer noch für Kunden subjektiv einen Mehrwert bieten konnte. Die Idee mag gut gewesen sein, die Umsetzung verbesserungswürdig. In einer freieren Marktwirtschaft gäbe es vielleicht mehr und bessere „Ubers“, die Sicherheitsstandards und ähnliches freiwillig übererfüllen, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Das ist allerdings reine Spekulation.

    Was hat eigentlich ausgerechnet Ayn Rands Objektivismus damit zu tun? Da gäbe es bessere Vertreter für freien Wettbewerb, die man an dieser Stelle erwähnen könnte. (Keine Kritik, nur eine neugierige Frage.)

  5. hrururur sagt:

    Anda: er heißt Sash, nicht Wallraff 😉

  6. Draalo sagt:

    „Und rechtlich bist Du ja dank Personenbeförderungsschein sogar im grünen Bereich…“

    Nee, eben nicht. Genauso wie man seinen Führerschein verlieren kann wenn man ein nicht zugelassenes Auto fährt kann man seinen PerBefSchein verlieren wenn man mit einem nicht zugelassenen „Taxi“ fährt 😉

  7. Draalo sagt:

    -Sorry fürs Doppelpost-

    Sash müsste sich zunächst mal ein Auto anschaffen denn er hat meines Wissens nach keines 😉

    Dazu kommt:

    – Konzession für einen Mietwagen besorgen
    – entsprechenden Versicherungsvertrag abschliessen
    – einen geeichten Wegstreckenzähler einbauen
    – eine jährliche Steuererklärung abgeben
    – weitere Auflagen erfüllen wie z.B. einen Feuerlöscher an Bord zu haben
    – ggf. einen zusätlichen TÜV Besuch absolvieren (wenn Plakette älter als 12 Monate)

    etc. etc.

  8. ednong sagt:

    “Und rechtlich bist Du ja dank Personenbeförderungsschein sogar im grünen Bereich…”
    Uha, da wollte ich gerade intervenieren – aber ich seh schon, hat ja schon jemand gemacht. Gut so. 😉

    Denn das ist ja der Punkt an Uber – es ist eben nicht im rechtlich grünen Bereich. Absolut nicht. Aber egal, Sash hat da ne FAQ für …

    Loyalität – ok, die gibt sie vielleicht. Dennoch ist sie, wie schon angemerkt, dazu „verdonnert“ gute Werbung (oder was auch immer) zu liefern. Sonst wird sie eben nicht bezahlt. Und könnte sie es sich leisten, auf den Kunden zu verzichten, täte sie es. So ist das Geld dann wohl doch ausschlaggebend, um die Arbeit zu machen. Leider.

  9. Sash sagt:

    @paul:
    Das ist wohl wahr. 🙁

    @Andy:
    Siehe den ausführlichen Kommentar von Draalo. Es wäre nicht legal.

    @monkeysmarket:
    Naja, das stimmt nur teilweise. Uber ist im Großen und Ganzen ja sehr erfolgreich. Anecken tun sie überwiegend an staatlicher Stelle, sei es wegen einzelner Skandale oder eben der Geschäftspraktik. Das aber nicht überall, da ist Deutschland ja quasi mit in einer Vorreiterrolle.
    Und Rand wird von Uber-CEO Kalanick wie in seinen Kreisen üblich gerne als Vorbild genommen. Und der ungezügelte Kapitalismus, den Uber als Unternehmen fordert (Das Personenbeförderungsgesetz ist verfassungswidrig – da muss man erst einmal drauf kommen!) lässt sich ja relativ leicht aus Ayn Rands Objektivismus herleiten.

    @hrhrurur:
    Er/Sie heißt Andy, nicht Anda.
    (Sorry, die Vorlage war so spitze! 😀 )

    @Draalo:
    Danke! 🙂

    @ednong:
    Ja, das stimmt natürlich. Wobei ich in dem Fall nicht so sicher wäre, ob das so bleibt …

  10. taxe9999 sagt:

    …hmmm, ist starcar soviel besser als uber?

  11. hrururur sagt:

    Jaaa, Autokorrektur und so… Was erwartest du von mir? Mein Nick entstand mit der Nase – die Smartphonevariante vom „mit dem Kopf über die Tastatur Rollen“…

  12. Sash sagt:

    @taxe9999:
    Natürlich nicht. Und Fußgänger erst – man denke an Marathonläufer. Was uns das an Touren kostet!

    @hrhrurur:
    😀
    (Das hat eine Frage beantwortet, die ich mir heimlich immer gestellt habe)

  13. hrururur sagt:

    Frag doch, wenn’s dich interessiert 0o

    Dass ich den beibehalten hab, ist eh die eigentliche Story. Ich wollte drei Beiträge später wegen irgendwas einen Bezug herstellen und hab extra nachgeguckt, was ich da fabriziert hab und dann musste ich ja dabei bleiben und jetzt mag ich den aber auch irgendwie. Normalerweise muss jedes Mal die Nase dran, also fühl dich geehrt*gg

  14. Robert sagt:

    Ich wollte das Filmchen über den aufstrebenden Jung-Ubernehmer auch gerade verlinken. Ganz verstanden habe ich seine Rechnerei ja nicht. Wie er aus € 51 schlussendlich auf über 80€ für sich kommt, hat sich mir nicht erschlossen.

    Und ein wenig war mir auch so, als hätte der Herr Wirtschaftsingenieur-Student tatsächlich vergessen, die Kosten seines neuen BMWs herauszurechnen. Krass.

    Im Ernst: Es gibt viele Hürden, an denen Uber in D scheitern könnte. Ein Ding ist sicher, dass viele Menschen ganz unbedarft als Uber-Fahrer anfangen und dies womöglich solange machen, bis sie bei einer Reparatur oder einem Unfall oder beim nächsten TÜV oder beim Reifenkauf merken, dass überraschenderweise auch ihr Auto pro Km Geld kostet. Und das mal nicht zu knapp.

    Oder sie wachen auf, wenn es Steuerprobleme/Sozialversicherungsprobleme gibt. Oder wenn der neue BMW das erste Mal so richtig schön vollgereihert wird.

    Da hört dann garantiert der Spass auf. Für ihn. Die Kunden finden das natürlich alles ganz klasse, weil sie ein Drittel weniger zahlen müssen (noch!) und sich den Tip auch noch sparen können.

  15. Sash sagt:

    @Robert:
    Das sagen sie doch am Ende: Uber schießt derzeit einfach noch ein paar Euro pro Stunde (anderswo pro Fahrt) dazu. So absurd es ist – ja, die finanzieren ihre Fahrer gerade und zahlen ihnen mehr als sie Umsatz machen. Einfach weil sie die Knete haben und in den Markt drängen wollen.
    Schwierig mit den Fahrern wird’s vor allem, weil sich immer Leute finden, die „ein bisschen“ Geld brauchen können. Ich bin ja auch schon Montags rausgefahren, obwohl ich wusste, dass die Umsätze mies sind. In den USA geht Uber teilweise ja soweit, dass sie den Fahrern Kredite für Neuwagen vermitteln – da kommen die Fahrer dann gar nicht mehr raus, weil sie die Scheiße so finanzieren. Deswegen ist es durchaus wichtig, dass das gerichtlich gestoppt wird, bevor sich das selbst immer mehr verstärkt.

  16. taxe9999 sagt:

    gerichtlich gestoppt….ja, bei der derzeitigen rechtslage für mietwagen. aber die wird geändert werden, weil die regulierungen aus den 50ziger jahren obsolet sind. und dann passt die rechtslage für uber und dann sind sie im markt.

  17. taxe9999 sagt:

    erste berichte über diskussionen zum thema unter bundestagsabgeordneten waren ja schon zu lesen. bin mir sicher, dass die p-scheinpflicht + rückkehrpflicht wegfallen werden und mietwagen auch keinen wegstreckenzähler mehr brauchen werden…..und dann kommt das arschloch taxi richtig unter druck.

  18. […] ich Uber schon mehr oder weniger totgeschrieben hab, will das “nette kleine Startup” das natürlich nicht einsehen und wirbt unverdrossen […]

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