Kleinere Kommunikationspannen

Nun hatte ich mich gestern so darauf gefreut, bei Cheffe im Hinterhof begrillt zu werden. Extra durstig und hungrig angereist bin ich. Hingemusst hätte ich diese Woche sowieso für ein bisschen Abrechnungs-Papierkram, so kam das alles super gelegen. Eine endgeile Woche im Taxi hinter mir, Bier und Grillgut vor Augen und nebenher die Formalien klären – perfekt!

Hat nicht sollen sein. Denn die Firmenfeier war zwar wohl angedacht gewesen, leider jedoch schon vor der offiziellen Verkündung wegen zu vielen urlaubsbedingt fehlenden Kollegen verworfen, bzw. verschoben worden. DAS hatte der Flurfunk natürlich noch nicht an mich weitergereicht …

Was ich gelernt habe: lieber auf die offizielle SMS aus dem Büro warten!

Immerhin hatte ich nix mitgebracht, was ich jetzt alleine essen musste … obwohl das ja auch ganz nett sein kann. 😉

Nun ja, Steak und Bier wurden auf einen noch unklaren Zukunftszeitpunkt verschoben, für Mineralwasser und ausgiebiges Quatschen im Büro hat es dennoch gereicht. Die Lage im Gewerbe derzeit (Uber, Mindestlohn etc. pp.) lassen solche Gespräche schon mal länger werden.

Heute muss ich mal wieder von meinem Recht Gebrauch machen, hier nicht alles zu schreiben, was ich weiß. Nur, dass ich nach wie vor und einmal mehr sehr sehr froh bin, genau hier in diesem Unternehmen gelandet zu sein. Ich hätte mir jedenfalls vor ein paar Jahren noch nicht erhofft, jemals mit einem Chef derart erfreuliche Gespräche in schwierigen Zeiten zu führen …

Das mit dem kleinen Finger …

Jaja, reicht man ihnen den kleinen Finger, dann wollen Sie die ganze Hand …

Es ist schön, wenn man sich Stresser am absoluten Ende einer absolut grandiosen Schicht einfängt. Dann tut es nicht so weh, falls es wirklich schief geht. Ich hatte dank Biermeile und Leserfahrten „den Sack zu“, wie einige meiner Kollegen diesen Zustand nennen, wenn man den angestrebten Umsatz bereits eingefahren hat. Aber nicht nur das. Ich hatte glatte 25 € über Soll, darüber hinaus aber selbst bei leerer (weiter) Heimfahrt einen bombigen Kilometerschnitt, eine auch für Normalbürger akzeptable Arbeitszeit und dank viel Trinkgeld, ausschließlich netten Fahrgästen und einer kurz vorher eingelegten Kippenpause die beste Laune, die ich so während einer Schicht aufzubringen in der Lage bin.

Ich war also zu 100% auf dem Weg in den verdienten Feierabend, als es durch die Nacht hallte:

„HALT MAL AN, TAAAAXIIIIII, MAAAAAANNN!“

Ach, was soll’s? An einem anderen Tag würde ich eine Stunde auf sowas warten. Drei junge Kerle in hautengen Hemden, nicht mehr komplett nüchtern, aber erstaunlich fit für die Uhrzeit. Sie wollten zum Hermannplatz. Da ich gerade aus der äußerst südwestlichen Ecke der Stadt kam, war das für mich bezahlte Heimfahrt. Gut, nicht ganz der Weg, den ich einzuschlagen gedachte, aber absolut richtige Richtung. So denn!

Kurze Zeit später kam dann die Frage nach einem Festpreis auf, die ich abgewatscht habe. Sie haben das halblebig akzeptiert und sich nun dem Gesang irgendwelcher Lieder gewidmet. Ich hab’s ganz sicher nicht genossen, aber ich hab auch einfach keine Ahnung, was sie gesungen haben. Da ich ihre Sprache kein bisschen beherrschte, hätten das für mich sowohl Fußball-Schmähgesänge oder Kinderlieder sein können. Irgendwann meinte dann einer, dass sie nur noch 12 € hätten. Obwohl ich zuvor bereits „ungefähr 15 €“ angesagt hatte.

Nun, was tun? Sie waren schon wieder am Singen. Ich hab für mich die Lage sondiert. Ich hatte es mit drei kraftstrotzenden jungen Kerlen zwischen 20 und 25 zu tun, die laut eigener Aussage „die Party erst starten“ und noch zum McDonald’s wollten. Ergo: sie hatten Geld, egal was sie erzählten. Ich war zwar „satt“, aber auch nicht gewillt, sonderlich große Zugeständnisse zu machen. Wenn ich schon lautstarkes Singen und Rumhampeln ertragen muss, dann bitte zu meinen Konditionen. Sie bei 12 € irgendwo in unbekanntem Terrain abladen wäre sicher scheiße für die Stimmung gewesen. Bei aller guten Laune: um mich mit denen im Dunkeln anlegen, waren mir 3 € zu wenig. Also hab ich die Uhr einfach weiter laufen lassen, denn am Hermannplatz ist es immerhin mal hell und belebt. Und im schlimmsten Fall hätte ich ein paar Euro als Fehlfahrt abzurechnen. …

Kurz vorher bemerkte einer der drei, dass die Uhr bei 14,80 € stand und erinnerte sich in jeder Hinsicht falsch, dass wir 15 € ausgemacht hätten. Nun ja:

„Ach ja, ist ja nicht mehr weit. Also mach‘ ich hier mal aus, ok?“

Ja, ich hab das nur halb freiwillig gemacht. Aber besser so als mit Stress. Und immerhin waren das jetzt schon 3 € mehr als vorher. 😉
Die letzten 500 Meter sind wir dann also so gefahren, was soll’s. Der Schnitt war wie gesagt ohnehin bombig. Und auch wenn ich gerne stur bin beim Preis: ich muss ja nicht in unklaren Situationen Stress provozieren. Und wirklich schlau geworden bin ich aus den Typen nicht.

Das Drama am Ziel hatte ich jedoch nicht vorhergesehen, jetzt, da wir uns „auf 15 € geeinigt“ hatten.

Vom einem Typen bekam ich einen Fünfer. Von einem zweiten vier Euro. Und die sechs vom Dritten? Nicht. Der beschwerte sich und sagte, es sei sein Fünfer gewesen, den er dem ersten gegeben hätte. Der wiederum versuchte mir klarzumachen, dass er mich ja bezahlt hätte und ich mich gefälligst an den anderen zu wenden hätte.

Um es klar zu machen: keiner hat sich getraut, mich nicht zu bezahlen, sondern einer von ihnen hat versucht, seinen Kumpel in die Scheiße zu reiten. Da ein ewiges Hin-und-Her nicht fruchtete, hab ich eingeworfen, dass es mir wirklich vollkommen scheißegal sei, wer jetzt wem was schulde, dass bei mir aber 6 € offen seien.

Und obwohl der eine bereits gesagt hatte, ich solle die Polizei holen, um den Kumpel anzuzeigen (WTF? Wer geht mit solchen „Freunden“ feiern?), hab ich einfach mal der primitivsten Küchenpsychologie vertraut und darauf gewettet, dass ich bei der Sache nicht der Verlierer sein würde:

„Jungs, macht mal halblang! Ihr wollt feiern und ich bin Euch entgegengekommen! Ich hab die Uhr vorher ausgemacht, obwohl ich das nicht gemusst hätte! Und jetzt wollt Ihr mich hier abziehen? Was läuft bitte bei Euch schief? Klärt das mit der Kohle doch später untereinander und fickt nicht mich, der ich nichts damit zu tun hab, ok!?“

Ich hab noch nicht einmal aussteigen müssen, wirklich mit der Polizei drohen oder sonstwas. Ich hab die „total coolen“ Jungs, die mir ein paar Minuten zuvor „fetten Gangsta-Rap“ vorgelegt hatten, einfach nur bei dem gepackt, was sie für essentiell wichtig in ihrem peinlichen Biotop halten: der Ehre.

„Ihr würdet euch wegen 6 € gegenseitig die Bullen auf den Hals hetzen? Und mich abzocken? Na herzlichen Glückwunsch!“

Gut, ich muss zugeben: Trinkgeld gab es keines. Und ja, ich hab 500 Meter umsonst zurückgelegt. Aber von Möchtegern-Posern geknickt 6 € gereicht zu bekommen … ich will mich im Nachhinein nicht über den Unterhaltungswert dieser Fahrt beschweren. Und so lange ich nicht solche „Freunde“ habe, lache ich ggf. auch über solche Fehlfahrten. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ich in der Nacht insgesamt weniger Stress hatte als diese drei anschließend beim McDonald’s. Die streiten wahrscheinlich zur Stunde noch rum, wer das einsame Gürkchen auf diesem oder jenem Cheeseburger bezahlt hat  …

Auflösung

So, kommen wir zur Auflösung bezüglich der Besetztkilometer bei meiner vorgestrigen Schicht. Tobias hat als schlauer Fuchs versucht, das Ergebnis zu berechnen und ist damit dem realen Wert ziemlich nahe gekommen:

Tobias tippte auf 46,58%

Meine Berechnung ergab 47,53%

Wie ich in dem alten Beitrag gesagt hatte: man sollte da keine Wunderdinge erwarten!

Dass das Ergebnis von Tobias nicht ganz passt, hat zwei Gründe.

Zum einen schreibe ich die Kilometer auf dem Abschreiber ohne Nachkommastellen auf. Rundungsfehler sind also vorprogrammiert. Zweitens ist aber auch Tobias‘ Rechenweg meiner Vermutung nach nur unsauber:

Er hat wohl den Umweg genommen und über die Anzahl der Touren und dem Umsatz pro Stunde den Umsatz der durchschnittlichen Tour bestimmt und dann mit Hilfe eines Taxirechners nachgeschaut, wie viele Kilometer das sind, den mit der Anzahl dieser Touren multipliziert und den so erhaltenen Wert der Besetztkilometer mit meinen Gesamtkilometern pro Stunde abgeglichen. Schlau! Und bemerkenswert, dass sonst niemand drauf kam. 😉

(Im Ernst: Ich bin auch nicht drauf gekommen, als ich die Aufgabe gestellt habe.)

Das Problem hierbei ist, dass der Durchschnittswert der Tour eben nur ein Durchschnitt ist. Einen guten Nährungswert bekommt man damit (wie man sieht), aber in der Tat spielt es eine Rolle, wie sich die Touren verteilen, da Touren, die weit über den Durschnitt gehen, viel weniger pro Kilometer bringen, kurze hingegen wesentlich mehr. Im Alltag kommt man durch eine ausgeglichene Geschäftslage zwar sehr nahe an den Wert ran, theoretisch hätte die Abweichung aber durchaus noch größer sein können. Findige Köpfe können sich gerne mal Beispiele mit Kurzstrecken oder Überlandfahrten ausdenken, die lustige Falschergebnisse zur Folge haben. 🙂

PS:

Heute war ich noch besser: ganze 55% Besetztkilometer. Strike! 😀

Nachschlag zu den Besetztkilometern

Hab mir in Anbetracht der sauguten gestrigen Schicht gestern eben nochmal den Abschreiber wegen der Besetztkilometer angeschaut – weil wir es da neulich drüber hatten.

Wie gesagt: hammergute Schicht, nahezu perfekter Umsatz pro Stunde, quasi 0% Standzeit. Dazu nur eine wirklich längere Tour, bei der ich mal fast 10 km leer in die Stadt zurück „musste“.

Schätzt mal, wie hoch der Anteil der Besetztkilometer war …

(Auflösung gibt’s morgen, Ihr dürft Euch gerne in den Kommentaren beraten. 🙂

Puh, Arbeit …

Taxifahren ist ja ein sehr entspannter Job, bei dem man in der Regel wegen der anfallenden Wartezeit auch mal deutlich über 8 Stunden noch locker-flockig unbekümmert ist. Wenn … ja wenn ich nicht eben Biermeile ist. Sie hat bisher gehalten, was sie versprochen hat. Ich war quasi durchgehend unterwegs. Dreimal Rast für eine Zigarette, einmal ganze 10 Minuten Pause am Bahnhof. Ansonsten zumindest immer mit laufendem Motor, meist auch wirklich fahrend.

Nein, allzu lange hab ich das gestern auch nicht mitgemacht. Aber wozu auch, wenn die Statistik dank der ersten Stunden so aussieht:

Fast Silvester. Quelle: Sash

Fast Silvester. Quelle: Sash

PS: natürlich lohnt es sich, an gut laufenden Tagen länger draußen zu sein. Aber zum einen muss man sich wirklich erst einmal dran gewöhnen, wenn einem die 20 Minuten „Pause“ pro Stunde genommen werden – andererseits ist der Fahrtengarant gestern wie gesagt die Biermeile gewesen. Und die ist für einen Nachtschichtler recht früh vorbei. 😉

PPS: Und das „netto“ ist nicht netto, sondern brutto. Das hat sich mal als sinnvolle Bezeichnung im Vergleich zu anderen Werten in einer alten Tabelle eingeschlichen. Und normalerweise veröffentliche ich die ja nicht.

Guter Dinge

Mir ist gerade danach, einfach mal zu sagen, dass ich diesem Wochenende äußerst fröhlich entgegenblicke. Und das nicht einmal grundlos.

  1. Hab ich heute nacht einfach mal „versehentlich“ doppelt so viel eingefahren wie geplant. Ja, mein Ziel war tief gesteckt, aber schon mal ein paar Euro in der Statistik voraus zu sein, freut einfach.
  2. Wir haben einen neuen Monat. Es fängt alles wieder von vorne an und die Motivation ist wieder etwas größer. Außerdem ist der Monatswechsel ein gutes Symbol dafür, dass es wieder länger dunkel ist. Was meinen Arbeitszeiten sehr zugute kommt. 😉
  3. Ab heute ist Biermeile. Das macht die Kundschaft nicht unbedingt einfacher, aber dafür gibt es in der ersten Nachthälfte mit ziemlicher Sicherheit immer welche zu holen. Es müsste mir schon zu Schichtbeginn jemand ins Auto kotzen – anders kann man mir das vermutlich nicht kaputt machen.
  4. Wenn die Arbeit dann getan ist, also nach der Sonntagsschicht – wartet unmittelbar nach dem Aufstehen bereits das Firmengrillen auf mich. Wer arbeiten kann, kann auch feiern. So sagt man doch, oder? 😉

Im Ernst: ich glaube, dieses Wochenende wird arbeitsmäßig echt angenehm. Und falls ich mich da irren sollte: keine Sorge, Ihr erfahrt es als erste …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Meinetwegen auch so …

Winker. An einer Stelle, an der ich mir seit Jahren welche verspreche, aber aufgrund der vielen Taxen vor Ort so gut wie nie welche kriege: an der Potsdamer Straße. Ich war schon mit der letzten Tour über mein Umsatzziel rausgeschossen und wollte noch tanken und dann heim.

Eine Truppe junger Männer, die ihre Alkvorräte auf einem Stromkasten abgestellt hatten, waren es. Was es bis zum schlesischen Tor kosten würde, wollten sie wissen.

„Grob geschätzt 15 €.“

„Sagen wir 12 und Du lässt die Uhr aus? Dann können wir das easy teilen …“

20 wäre noch besser, dann braucht’s nicht mal Münzen! Hab ich nicht gesagt. Sondern einfach nur:

„Nö.“

Natürlich wäre das kein schlechter Deal gewesen. Nicht mal mit Uhr. Und lag für mich auch wirklich in die richtige Richtung, alles gut. Aber 4 Leuten, die statt z.B. darüber nachzudenken, dass man mit 4 x 4 € sogar noch ein durchaus übliches Trinkgeld geben könnte, eine Fahrt für 3 € zu ermöglichen – vermutlich der Preis einer ihrer Bierflaschen, von denen auf dem Kasten inklusive leerer Exemplare etwa 7 herumstanden – warum?

Ich sag’s immer wieder: Ausnahmen bestätigen die Regel, aber über diese Ausnahmen entscheide ich.

Die Jungs waren irritiert. Damit hatten sie nicht gerechnet und mussten sich jetzt erst einmal beraten. In diesem Moment kam ein älterer Mann daher, sicher schon 40 Jahre mehr auf dem Buckel als die Jungs. Er fragte, ob er stattdessen das Taxi haben könnte. Da die Jungs sich nicht einmal entscheiden konnten, ob sie sich eventuell mit dem Herrn die Taxikosten teilen, überließen sie mich ihm. Schön, immerhin kein Handeln mehr!

„Wo soll’s hingehen? Zum Alex, hab ich das richtig gehört gerade?“

„Ja, genau.“

„Und wohin da exakt?“

„Ach, is‘ egal, ein paar Meter kann ich ja laufen.“

Er hatte sich dort im ParkInn einquartiert, stellte sich heraus. Ein wenig zusammenhanglos erfuhr ich, dass er eigentlich seit ein paar Jahren am Stadtrand wohnt, jetzt aber dort untergekommen ist. Was auch immer da die Hintergrundgeschichte war – sie hätte mich interessiert. 🙂

Aber allzu weit sollten wir gar nicht kommen. Denn bereits am Molkenmarkt sah er das ParkInn hinter den anderen Häusern aufragen und beschloss, damit am Ziel zu sein. Klar kann man den Weg laufen, aber unter hundert Metern hab ich mir dann doch eine kleinere Strecke vorgestellt. Aber er war überzeugt und ließ mich anhalten. Da er nur noch einen Fünfziger hatte (genau genommen eine ganze Menge von denen), hat er gemeint, ich soll’s „rund“ machen. Nachdem ich nochmal kurz nachgefragt hatte, was er in Anbetracht von 11,00 € Fahrtkosten als rund betrachten würde, durfte ich satte 4 € nebenbei einstreichen.

Nette Fahrt, legal und trotzdem lukrativ. Irgendwie war’s schon ganz gut, dass er sich „vorgedrängelt“ hat. Die Jungs jedenfalls hab ich irgendwie nicht wirklich vermisst. 😉


PS: Noch besser gefallen hat mir allerdings der Typ, der einen wirklich blöden „Verhandler“ absichtlich verdrängt hat.