Wird schön werden …

Letzten Freitag bin ich die letzte Schicht gefahren, dann kam eine geplante freie Zeit, insbesondere des Twitter-Treffens am Samstag wegen. Sind jetzt also knapp sechs Tage, reicht aber schon aus, um wieder arbeiten zu wollen. Mal abgesehen davon, dass ich zu wenig Kundschaft für interessante Stories hatte: Meine sehr durchlässigen Arbeitswochen lassen selten dieses Gefühl entstehen, mal länger Urlaub zu brauchen. Vor allem nicht Urlaub vom Taxi. Ich bin heute zwar zu müde zum Schreiben, aber genau deswegen wünsche ich mich ein paar Stunden zurück ans Steuer. Nach dem Wochenende ist es vielleicht wieder umgekehrt: Vielleichte freue ich mich dann über die Zeit, endlich Erlebtes runterbloggen zu können.

Nicht ganz so begeistert wirkte der Kollege, der mich am Samstag nach Hause gebracht hat. Dass ich ihm vielleicht erst einmal eher schwierig vorkam, kann ich ja noch verstehen. Ich hatte gut einen im Tee und sah sicher nicht mehr ganz frisch aus. Auf der anderen Seite brauchte ich noch in keinem je erreichten Zustand mehr als zwei Minuten, um glaubhaft zu versichern, dass ich keinen Ärger mache. Und hey, zudem mal eben eine Winkertour für 20 €, manchmal sprechen ja eigentlich schon geschäftliche Gründe dafür, mal nett zu grinsen.
Hat er trotzdem nicht so wirklich hinbekommen. Antworten fielen mit „Ja“ und „Hmpf“ doch eher kürzer aus als ich es von Menschen gewöhnt bin. Ich hab den Typen am Ende in Ruhe gelassen und lieber ein bisschen vor mich hingedöst. Soll er sich doch meinetwegen grundlos Sorgen machen oder endlich Pakete ausfahren, was ich den meisten Kollegen mit der Einstellung immer wieder gerne nahelege. Ich brauch keine Bespaßung und kann sogar ruhig sein, ganz ehrlich. Aber bei Fragen nicht antworten? Echt jetzt?
Gar kein Trinkgeld zu geben hab ich mir noch nicht angewöhnt. Leider. Hat ja jeder so seine Macken. Mir bleibt also nur, hier zu lästern, dass es auch sehr leicht das Doppelte hätte werden können …

Naja, so wird es heute abend nicht laufen. Mal ruhiger vielleicht. Gerne. Aber nicht so doof, denn sowas lässt sich vermeiden, ganz ehrlich.

PS: Andreas, falls Du nur hier mitliest und auf die Antwort Deiner via Amazon gestellten Frage wartest: Hier ist der Link. Und danke! 🙂

Die 72

Wir haben uns nach all dem Gerangel um das Ende der 1925 noch gar nicht über die 72 unterhalten …

Nun, um ehrlich zu sein: Ich hatte bisher keinen Grund dafür.  Die 72 (die Ordnungsnummer meines „neuen“ Taxis, für die unwissende Leserschaft), ist ähnlich wie die zwischenzeitlich eingesprungene 1078 kein großer Unterschied zu meinem alten Auto, der 1925. Deswegen hab ich beispielsweise auch die Seite „meine Kiste“ noch nicht aktualisiert.

Ich hab noch nicht einmal Bilder gemacht, weil der Unterschied niemandem auffallen würde …

Prinzipiell ist das Auto das selbe geblieben und mit allen kleinen Nebenkriegsschauplätzen fange ich gerade an, mich zu arrangieren.

Für mich der entscheidendste Part ist der von mir nicht genutzte Funk. Für das Datenfunkmodul hat die 72 eine Halterung genau dort, wo ich mein Handy anzubringen gedenke. Das ist aber ein mittelschweres Problem, denn meine Handyhalterung ist so vielseitig nutzbar, dass sie sich auch dort anbringen lässt. Was bin ich jetzt froh, damals keine maßgeschneiderte Lüftungshalterung gekauft zu haben!

Ansonsten sind es NOCH unbedeutendere Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Z.B. ist die Ablagefläche in der Mittelkonsole anders unterteilt. Nichts, womit man nicht klarkommen könnte. Ein noch nicht genutztes Kleinod ist im Gegenzug eine mitten auf dem Armaturenbrett angebrachte Verteilerbuchse für den Zigarettenanzünder. Tatsächlich eine geile Sache für Navi, Handy und co. – aber da ich mir ja bereits einen echt geilen Supi-Dupi-Akku zugelegt habe – und das Auto ebenso wie die 1925 ein eingebautes Navi hat, ist das derzeit nicht wichtig.

Ansonsten sind Vorzüge und Schwächen vergleichbar. Alles soweit in Ordnung. Natürlich: Das Sitzleder gibt langsam nach, der Teppich im rechten Fußraum hinten ist mit Tape geflickt und der Motor neigt dazu, gelegentlich mit den Drehzahlen Rodeo zu spielen, wenn man an der Ampel hält. Das Auto hat jetzt 342.000 km runter, ich kann also jedem nur empfehlen, es nicht mehr sonderlich lieb zu gewinnen. Ich und mein Tagfahrer sind aus verschiedenen Gründen nicht das Dreamteam, dem die allerneuesten Autos zugeteilt werden.

In den letzten zwei Wochen hatte ich einige „Probleme“ mit den Bremsen. Was aber nur heißt: Sie waren runtergefahren und haben gequietscht. Nix schlimmes, sondern etwas, das im Laufe der Zeit immer mal wieder passiert. War nur doof so direkt nach dem Wechsel. Ich glaube, ich werde mit der Kiste schon noch ein bisschen Spaß haben. Jetzt kommt ja auch der Winter, da hat man das in der Regel ja sowieso – zumindest wenn man keinen Hecktriebler fährt. 😉

Eine Frage der … na was eigentlich?

Ein Leser hat mir eine Frage gestellt, bei der die Antwort vielleicht nicht so eindeutig ist. Deswegen wollte ich sie hier einfach auch nochmal ansprechen:

Hi Sash,
ich lese schon lange bei dir im Blog mit und hätte nun auch mal eine „Taxi-Frage“, die du mir vielleicht beantworten kannst? 🙂

Und zwar war ich gestern in Düsseldorf beim Tourfinale der Toten Hosen. So 65.000-70.000 Leute müssen dort gewesen sein, und wie du dir vorstellen kannst, brach das Chaos aus, als auf einen Schlag alle Leute nach Hause wollten. Die U-Bahn fuhr zwar ununterbrochen, konnte aber die Massen an Menschen natürlich trotzdem nicht schnell genug abtransportieren. Kurz: Viele entschlossen sich, ein Taxi zu nehmen. Man muss dazu sagen, das Konzert fand im Stadion von Fortuna Düsseldorf statt, unmittelbar daneben die Messe Düsseldorf. Da gibt es eine eigene (lange) Zufahrt für Taxen, an deren Ende sich ein Stellplatz für Taxen befindet. Hier fuhren nun also gestern im Sekundentakt die besetzten Taxen weg, fast schon Silvester-Verhältnisse. Die meisten Leute haben sich dann entschieden, dass es an dieser Stelle zu lange dauert, ein Taxi zu bekommen, und sind daher die Zufahrt entlang „gewandert“, in der Hoffnung, unterwegs ein Taxi anhalten zu können oder eben einfach etwas abseits der Masse größere Chancen zu haben. Wobei wir auch hier noch von Hunderten Menschen sprechen, die die Taxi-Zufahrt entlang gepilgert sind.

Auf dieser Zufahrt fuhren also nun zum einen die Massen an besetzten Taxen, vom Stadion her kommend, ab. Gleichzeitig fuhren in der Gegenrichtung ständig „neue“, sprich leere Taxen zurück Richtung Stadion/Taxiplatz. Wir, und auch die meisten anderen Leute versuchten nun, auf der Zufahrt, also ein gutes Stück vom Taxiplatz entfernt, in eines dieser leeren Taxis einzusteigen, um dann Richtung Stadt zu fahren. Es weigerten sich aber fast ausnahmslos alle Fahrer, Leute aufzunehmen, also sprich, sie fuhren einfach mit Vollgas die Straße entlang, ohne auf Winker zu reagieren. Statt dessen fuhren sie den ganzen Weg bis zurück zum Stadion, um dort zu „laden“. Nur einige wenige Taxler erbarmten sich und nahmen bereits auf der Zufahrt Leute auf, um dann zu wenden und sich den anderen beladenen Taxen anzuschließen. Auch wir hatten nach dem x-ten Versuch Glück, einen netten Fahrer zu finden.

Meine Frage an dich jetzt: Kannst du mir dieses Verhalten erklären? Gibt es dafür vielleicht sogar eine gesetzliche Grundlage, dass in solchen Situationen nur am Taxiplatz Fahrgäste einsteigen dürfen? Oder hat das was mit dem Kodex unter Kollegen zu tun, dass die Taxen „der Reihe nach“ Fahrgäste aufnehmen sollen? Wobei bei diesem Ansturm wohl wirklich niemand zu kurz gekommen ist…

[…]

Meine erste Reaktion – und auch meine Mail-Antwort – war, kurz zusammengefasst:

„Vielleicht auch nichts von alledem: Für mich ist es auch die Frage: Will Ich die Leute bevorzugen, die sich in gewisser Weise vordrängeln?“

Das ist auch gar nicht so fies oder anklagend gemeint, wie es vielleicht klingen mag. Bei Großveranstaltungen ist das rasche Entfernen vom Ausgangspunkt ja nicht nur ein absichtliches Vordängeln, sondern auch ein notwendiger Schritt, um irgendwann mal überhaupt eine Art Ordnung zuzulassen. Außerdem ist es je nach Location auch eine Frage, inwiefern die entgegenlaufenden Fahrgäste sich jetzt z.B. noch „im Haltebereich“, bzw. „auf der Zufahrt“ befinden. Bei der O2-World z.B. nehme ich öfter mal Leute vorne an der Mühlenstraße mit, während ich bei der Einfahrt auf den Parkplatz niemals den Weg blockieren würde, bloß um jemanden 50 Meter vor dem Taxistand einzuladen.

Meine Antwort hat sich so gesehen eigentlich nur auf den direkten Zufahrtsweg beschränkt. Da halte ich das unplanmäßige Stoppen mitten auf der Straße – und da ergibt sich schnell ein Chaos, wenn erst ein, dann zwei, dann noch mehr Taxen „irgendwo“ angehalten werden – für zum einen unnötig kompliziert, zum anderen aber auch für wie oben erwähnt unfair. Da sind dann die die Dummen, die am Taxistand auf Taxen warten, während die schnellsten (und gerne dreistesten) belohnt werden.

Was mich im Nachhinein auch auf die andere Interpretation meines eigenen Verhaltens brachte, dass mir das vielleicht die subjektiv, und vielleicht durchschnittlich sogar objektiv, die eher unangenehmeren Fahrgäste sind.

Einen Kodex, dass bei so einem Ansturm der erste Kollege auch die erste Fahrt bekommen soll, erschließt sich mir nicht. Bei solchen Ereignissen, wo klar ist, dass jeder zumindest diese eine Tour kriegt, gerät das eh ein wenig aus den Fugen. Da ist Geschwindigkeit und halbwegs koordniertes Verhalten viel eher ein Kriterium.
Möglicherweise aber hat da doch die Stadt oder der Stadionbetreiber mitzureden, denn auch in der Taxiordnung Düsseldorf gibt es folgende Sätze unter §3:

(3) Im Interesse einer ordnungsgemäßen und bedarfsgerechten Verkehrsbedienung kann die Genehmigungsbehörde in Einzelfällen anordnen, daß Taxen an den für den öffentlichen Verkehr wichtigen Punkten zu bestimmten Zeiten bereitzustellen oder Fahrgäste nur im Bereich bestimmter Ladezonen aufzunehmen sind.

Und es würde mich nicht wundern, wenn dieses hier so ein Einzelfall war, in dem die Ladezone vorgeschrieben war. Am Ende bleibt: Sicher weiß ich es nicht, vielleicht kann ja ein Düsseldorfer Kollege zumindest bezüglich der Rechtslage helfen.

Ansonsten wären natürlich überhaupt die Gedanken von Kollegen interessant, warum sie in solchen Situationen welche Fahrgäste aufnehmen – oder eben nicht. Ich bin ja schließlich auch nur einer von vielen und kann nicht für alle sprechen …

Sash, 31, Lotse

Ich kam gerade von der Autobahn. Quasi. Eigentlich bin ich nur von der Pasewalker Straße aus rüber auf die Prenzlauer gewechselt. Da nimmt man noch ein paar Meter Autobahn mit, eine Ecke, die einen in der Ortskundeprüfung den letzten Nerv kostet. Vor allem in die andere Richtung.

Aber gut, ich kam von der Leser-Tour und mir fehlten noch 20 Cent auf der Uhr, um ins – zumindest in meinen Augen: wohlverdiente – Wochenende zu kommen. Plötzlich gab mir der Wagen hinter mir Lichthupe. Oder war es eine Bodenunebenheit, die mich in den Fokus seiner Scheinwerfer rücken ließ? Sowas passiert ständig, aber ich bin da immer etwas nervös, weil ich so tatsächlich schon mal eine Tour bekommen habe. Das kann man hier nachlesen.

Ich fuhr also etwas langsamer und der Wagen setzte zum Überholen an. Ich dachte an vieles, z.B. auch daran, dass sie mich auf was aufmerksam machen wollten. Ich gebe auf der Straße auch hier und da mal Leuten ein Signal, damit sie z.B. das Licht einschalten. Vielleicht war ja bei mir das Rücklicht kaputt. Man weiß ja nie …

Ich ließ den Wagen überholen und sah hinüber. Ein schwarzer Kombi mit drei ziemlich grobschlächtigen Gesellen drin. Der Beifahrer hatte das Fenster runtergekurbelt und winkte mich rechts ran. Mein Gedanke war folgender: „Fuck, die Bullen! Ich bin nach der Autobahn sicher noch zu schnell gewesen …“
Wäre ja ein klassischer Einsatzort für eine Zivilstreife. Aber dann hätten sie doch die Kelle …

Wir haben also beide angehalten und einer der Typen ist wie ich ausgestiegen. Anstatt mich nun auf ungebührliches Benehmen hinzuweisen, fragte er mich, ob ich ihnen sagen könnte, wo die Storkower Straße sei. Nun, ähm, ja, schon irgendwie. In ein paar Kilometern links ab …
Bevor ich den Gedanken zu Ende bringen konnte, schlug er aber selbst vor:

„Would you bring us there? We pay!“

Eine Lotsenfahrt also. Immer gerne, auch wenn im Konvoi fahren nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen im Straßenverkehr gehört. Außerdem ist Vorkasse da geradezu Pflicht. Es kommt ja so schon gelegentlich (seltener als ich dachte) vor, dass Leute ohne Bezahlung abhauen. Aber wenn sie auch gleich noch in einem anderen Auto sitzen, ist mir die Gefahr dann doch zu groß. Für Verfolgungsjagden bin ich wohl inzwischen zu erwachsen. Traurig, aber wahr.

Das aber sollte kein Problem sein. Einer der Typen bot sich an, in meinem Auto mitzufahren und teilte mir dann mit, dass sie zum Generator Hostel wollten. Super Tour, über 10 €. Und wenn man eh nur noch 20 Cent braucht …
Ebenfalls von meinem Beifahrer erfuhr ich indirekt, warum die Fahrzeugbesatzung irgendwie nach 50 Jahren Knast aussah: Sie waren Kickboxer und zu einem Kampf angereist. Aus Dänemark.
Nun funktionierten ihre Handys im fremden Deutschland halt nicht und sie waren ohne Navigation aufgeschmissen. Sie hatten wohl schon mehrere Versuche, die Straße zu treffen, hinter sich und waren müde. Verdammt müde. Aber clever, dabei an ein Taxi zu denken! Lotsenfahrten sind ja – zumindest hierzulande – nicht gerade das häufigste Einsatzgebiet von uns. Und werden es sicher auch nie mehr werden dank Navis.

Ich hab die müden Fighter dann ohne Probleme in ein paar Minuten zu ihrem Ziel gebracht. Dort haben sie dann leider noch lernen müssen, dass 200€-Scheine fürs Taxi in Berlin echt eine Nummer zu groß sind, aber da waren sie schon dankbar und lieb und sahen weit nicht mehr so gefährlich aus wie bei unserer ersten Begegnung. Am Ende haben sie die 12,20 € in klein zusammengekriegt. Und ich hab Feierabend gemacht. 🙂

Von Zielen und so …

Ach, wie oft fragen mich die Fahrgäste:

„Und, wie lang musste heute noch?“

Dabei ist einer der Gründe für diesen Job bei mir, dass ich nicht „muss“. Wobei das jetzt auch ein bisschen zu locker rüberkommt. Natürlich brauche ich eine gewisse Geldsumme am Monatsende und mein Nebenjob (das hier) wirft nicht gerade Reichtümer ab. Aber am Ende zählt die Kohle auf dem Taxameter immer mehr als meine Stunden. Natürlich nehme ich mir an gut laufenden Wochenendtagen vor, möglichst lange zu fahren, damit ich entsprechend Geld verdiene – meist aber ist das Ziel ein Euro-Betrag. Wenn der überraschend schnell auf der Uhr steht, dann gebe ich das Steuer gerne aus der Hand. Und wenn’s mal gar nicht werden will, erhöhe ich halt mein Ziel für den nächsten Tag oder die nächste Woche.

Ich will nicht sagen, dass das Konzept besser ist, es hat auch seine Schwächen. Aber da sich die Umsätze im Laufe der Zeit zumindest halbwegs abschätzen lassen – nicht für eine Stunde oder einen Tag, aber für die Woche dann doch genau genug – ist es mit ein bisschen Disziplin durchaus drin, die Arbeitszeiten weit flexibler zu halten als viele andere. Da ich es jetzt grundsätzlich eher nicht so mit Disziplin habe, bin ich aber manchmal dann doch hart.

Dieses Wochenende ist ein schönes Beispiel. Ich mache heute und morgen frei. Heute ist ein hoffentlich lustiges Twitter-Treffen in Berlin, und da möchte ich was trinken. Ergo: Danach in die Nacht starten geht nicht. Als Nachtschichtler hätte ich zwar gut Zeit, wenigstens bis Sonntagabend wieder ausgenüchtert und völlig fit und einsatzbereit zu sein, aber ich kenne meine Arbeitslaune, wenn ich am Tag zuvor zu tief ins Glas geschaut habe. Da das Treffen lange geplant war, hab ich das mit meinen Umsätzen auch gemacht und zwei freie Tage vorausgesetzt. Da das letzte Wochenende schon über den Erwartungen lag, hab ich gestern und vorgestern mit eigentlich lächerlichen Zahlen gerechnet. Ich hab sogar extra noch 100 € für nächste Woche mit in den Plan gepackt, damit ich nicht unsinnig für drei Stunden nur rausfahre. Aber am Ende blieb es bei bescheidenen 103 € für die vergangene Schicht. Bescheiden nicht, weil die sich im Taxi grundsätzlich leicht verdienen – sondern, weil es Freitag Abend war. Da muss man glücklicherweise keine 8 oder 9 Stunden für sowas einplanen.

Meine Hoffnung war, so gegen 2 Uhr heimzufahren. Das klappte nicht. Um 2 Uhr fehlten mir noch rund 19 €. 18,80 € um genau zu sein. Dann wurde ich via Twitter angefragt, eine Lesertour, die schon einmal prima geklappt hatte. Gut, keine 18,80 € im Umfang, aber die vorletzte Tour, so viel war sicher …

Nun passieren Dinge. Manchmal lustige, manchmal nervige. Und manchmal beides zusammen. In dem Fall war es eine Ampel. Ich hätte sie umfahren können, daran hab ich aber zu spät gedacht. Und die Kundschaft war ja glücklicherweise auch nicht von der nervigen Sorte. Aber die Ampel wollte nicht grün werden, obwohl sie eh schon ein unnötiger kleiner Umweg war. Verdammte Axt!
Ich bin am Ende bei rot rüber, es schien wirklich ein Defekt zu sein. Naja, nun war die Lage so, dass ich an der Tour sicher 2 bis 3 € mehr verdient habe, als es unter optimalen Umständen der Fall gewesen wäre. Nicht nur das: Ich kam bedrohlich nahe an meine heißersehnten 18,80 € heran. Die Uhr sprang irgendwann auf 18, dann 18,20 € …

Und am Ende drückte ich bei 18,60 € Kasse. Und ich hatte mir SOOO fest vorgenommen, mein Ziel als Untergrenze zu sehen, es also „auf jeden Fall“ zu erreichen. Wenn man diesen psychischen Druck mal aufgebaut hat, treibt er einen zu komischen Dingen. Ein Kollege von mir hat sich mal aus Verzweiflung eine Kurzstrecke auf dem Heimweg reingehauen, die er dann quasi mit sich selbst gefahren ist. Einfach, um endlich den verdammten Hunni vollzukriegen. Obwohl er die damit zu über 50% selbst bezahlt hat, was die Sache völlig ad absurdum geführt hat.
Ich jedenfalls hab auch mit mir gerungen. 20 Cent? Scheiß auf 20 Cent! Die sind natürlich völlig irrelevant. Auf meiner Gehaltsabrechnung werden daraus 9 Cent. Brutto. Und ich verschenke großzügig Kippen an Schnorrer …
Ich hätte die Uhr ja auch „versehentlich“ noch einen Ticken weiterlaufen lassen können. Zack! 20 Cent mehr Umsatz, 20 Cent weniger Trinkgeld, passt schon und sieht in der Statistik richtig aus.

Da ich eh nicht so richtig Lust hatte, hätte ich das fast gemacht. So ein kleiner Selbstbetrug: Ja, ich hab zwar 11 Cent verloren, aber dafür – olé – das Tagesziel erreicht!

Dann hab ich’s gelassen. Ich musste das Auto eh noch waschen und betanken. Und um 3 Uhr an einem Samstag Morgen wird ja wohl irgendwo ein Winker …

Kleiner Spoiler: Ich hab mein Tagesziel noch erreicht. Aber die Tour war zu schön, um sie jetzt hier als kleines Anhängsel an diesen arbeitspsychologischen Exkurs zu pappen. Die gibt es dann morgen. 🙂

„Vorne, nicht hinten …“

Ein kleiner Dankeintrag ist das. Für meinen Namensvetter., „vorne, nicht hinten“.

Ich stand nämlich ziemlich frustriert am Ostbahnhof gestern Abend. Das habe ich meine Follower auf Twitter auch wissen lassen. Und dann trat plötzlich jemand neben mein Auto, obwohl ich erst an dritter Stelle war, und sagte:

„Man sollte nicht bei Twitter nach Umsatz betteln …“

Ähm ja, hm, äh, puh. Was sagt man darauf? Ich hab versucht, der Situation mehr oder weniger mit Grinsen zu begegnen. Wir waren uns nicht fremd, aber meine partielle Gesichtsblindheit kann ein Arsch sein …

Das Ende vom Lied?

„Wir fahren nach Neuenhagen.“

Schicht – also besser: halbe Schicht – gerettet. Danke. 🙂

(Wobei sich natürlich für mich die Frage stellt, was für mich jetzt falsch daran war, bei Twitter zu betteln. 😉 )

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Gut gelauntes Wagnis

„Sie werden mich gleich hassen.“

meinte die junge Frau gleich zum Einstieg. Nicht gerade eine der gängigen Begrüßungsfloskeln. Also fragte ich nach, wie so ich sie hassen sollte.

„Ich muss nämlich gar nicht weit.“

„Ach so. Na das ist ja kein Problem!“

Ich hab gleich mal instinktiv eine Kurzstrecke gedrückt, auch wenn es eigentlich an den Kunden ist, das anzusagen. Ich mach’s auch seltener als früher, aber ich hab’s gemacht. Ein paar hundert Meter nach Schichtbeginn bereits Kundschaft zu kriegen, stimmt ja auch mich versöhnlich. 🙂

Es war wirklich keine weite Strecke, mit Normalpreis wären wir vielleicht knapp über einem Fünfer gelandet. Am Ziel sage ich dann, dass ich ausnahmsweise mal zu ihren Gunsten eine Kurzstrecke gedrückt hätte und es somit jetzt genau 4 € wären. Sie drückt mir einen Fünfer in die Hand und bedeutet mir, das Restgeld zu behalten.

„Das war sowieso mein letztes Bargeld.“

„Dann war das aber knapp kalkuliert …“ (vor allem ,ohne „Kurzstrecke“ zu sagen 0.o)

„Ja, aber was soll’s!? Kartenzahlung wäre ja auch noch gegangen.“

„Äh, nein. Ich hab keinen Kartenleser.“

„Na dann war’s ja umso mehr Glück …“

meint sie fröhlich und springt grinsend aus dem Wagen.

Ich stimme ja zu: Glück gehabt, alles ok. Aber wer wäre nachher der herzlose Arsch gewesen, wenn wir wegen einem Euro einen kostenpflichtigen Umweg zu einer Bank hätten nehmen müssen? Ich hab da so eine Vermutung – und die gefällt mir nicht.