Alle einsteigen!

OK, so ganz ohne richtige Geschichte kann ich Euch ja nicht in die Woche starten lassen. Ich meine, es ist Montag, wer braucht da nicht etwas Ablenkung?

Leiten wir an dieser Stelle möglichst schlecht über zur kurzen Szene: Ablenkung brauchten die ungefähr 12 Leute auf der Oranienburger Straße in Mitte nicht mehr. Sie schienen alle schon gut dabei zu sein und störten sich kein bisschen daran, dass sie den Verkehr komplett lahmlegten, indem sie im engen Einbahnstraßenbereich kurz hinter dem Hackeschen Markt ein Taxi anhielten. Dann begannen sie zu erörtern, wer mitfährt, wer das nächste Taxi nimmt, usw. usf.
Durch die schleichende NewYorkisierung des Berliner Verkehrs sind nachts ja beinahe nur noch Taxen unterwegs. Hinter dem angehaltenen Fahrzeug stauten sich nur zwei Privatwagen und vier weitere Taxen. Das vierte war meines. Die Truppe von Feierwütigen begann sich nur sehr langsam zu verteilen, aber insbesondere die Taxifahrer warteten geduldig. Schließlich hätte ja für jeden noch eine Tour dabei herausspringen können. Taxi 1 wurde besetzt, der zweite Wagen auch. Zwei Autos vor mir öffnete einer der jungen Typen schon die Tür des dritten Wagens, da wurde es plötzlich laut unter den Protagonisten:

„Steig ein!“

„Spinnst Du?“

„Was denn? Jetzt steig ein!“

„Nein, Alter!“

„Warum nicht?“

Ja, warum nicht?

„Das ist kein Taxi, Alter!“

Tatsache. 🙂
Ich hab’s von meinem Standpunkt aus auch nicht gleich gesehen, aber es handelte sich tatsächlich um einen privaten PKW in silber. Im gelblichen Licht der Straßenlaternen nicht sehr verschieden zu den in Reihe stehenden hellelfenbeinfarbenen Droschken. Am Ende war das keine große Sache. Die Tour hat der Kollege zwischen mir und dem Pseudo-Taxi bekommen, und ich die nächsten Winker etwa 400 Meter weiter. Ich muss trotzdem ein wenig schmunzeln, wenn ich mir das ganze aus Sicht dieses Autofahrers vorstelle. Für mich ist das Alltag: „Da steht eine Horde betrunkener Jugendlicher, hoffentlich steigt einer davon ein!“. Ich schätze, diese Einstellung ist unter der Normalbevölkerung relativ unverbreitet. 😉

Nicht so viel Glück

hatte ich am vergangenen Wochenende. Klar, so schlimm wie dem Kollegen aus dem gestrigen Eintrag ist es mir nicht ergangen, aber dass mein Autochen gemeint hat, ausgerechnet am frühen Samstag Morgen so ziemlich jedes Verschleißteil nach einer Inspektion schreien zu lassen, war irgendwie schon schlechtestmögliches Timing.
Ich bin durch die hochbetagte 1925 im Laufe der Jahre ja durchaus tolerant geworden, was die Macken an Autos angeht, aber manche Dinge gehen nicht. Als ich am Samstag Abend nochmal testweise eine Runde um den Block gedreht habe – um zu sehen, ob es vielleicht nur vorübergehend war – hat meine bessere Hälfte es ganz gut auf den Punkt gebracht:

„Und lass mich raten, das Geräusch kommt nicht von der Straßenbahn, sondern vom Auto …“

So manches Teil muss eben alle paar zehntausend Kilometer gewechselt werden – und im Falle von Taxen natürlich dann, wenn die Werkstätten zu haben und die Zeit zum Geld verdienen gut ist. Und kein Ersatzwagen vorhanden ist, logisch. Darüber hinaus ist meine neue Kiste, die 72, ja auch weit davon entfernt, ein Jungspund zu sein. Ich hab während der besagten Freitagsschicht die 340.000 km voll gemacht, wahrscheinlich wird sie mich nicht arg viel länger als ein Jahr begleiten. Einen Artikel zum Auto wollte ich eigentlich auch irgendwann schreiben, aber die Ähnlichkeit zur 1925 ist so hoch, das wäre am Ende ein Text darüber geworden, an welcher Stelle das neue Auto im Vergleich zum alten noch keine Schrammen hat.
(Die kurze Variante: An keinem Karosserieteil anstelle von allen.)

Ansonsten will ich mich nicht beschweren. Die Freitagsschicht lief zumindest mal so gut wie erwartet, ich hab nur eine Stunde vor der eigentlichen Zeit abgebrochen wegen des Wagens. Und ein bisschen Spaß machen unerwartet freie Tage dann ja doch auch. Nur das mit dem Geld könnte halt besser sein. 🙁

Wenn es mal nicht gut geht …

Schon Mitte des Monats hat mir ein Kollege eine recht lange Mail geschickt, in der er seine eher als unschön zu bezeichnenden Erfahrungen mit einer Kundin schilderte. Das Ganze beginnt wie die vermutlich beste Fahrt der Schicht:

 Eine junge Frau (etwa 25, normale Erscheinung, nicht betrunken), hatte
sich gegen 2.00 Uhr über die Zentrale ein Taxi bestellt und wollte
schnellstmöglich von Moabit/Beusselstr. nach Köpenick/Altstadt. Ihre
Freundin hätte Geburtstag und sie habe es vergessen. Also über die
Autobahn. Unterwegs sollte ich noch an einer Tankstelle anhalten, damit
sie noch ein Geschenk besorgen kann. Hat sie dann auch in Form einer
Flasche Sekt und eines Blumenstrausses erledigt. Kurz vor dem
eigentlichen Ziel sollte ich plötzlich anhalten. Sie hatte ihre Freundin
vor einer Bar entdeckt. Bezahlung (44€) blieb erstmal aus, sie wollte
schnell gratulieren. Als sie dann wieder kam, stellte sie fest,das sie
gar kein Geld mehr hatte. Aber kein Problem, die Freundin war ja da und
würde ihr sicher was leihen. Ich bat um ein Pfand und bekam die
komplette Handtasche dagelassen. Soweit sogut.

Und das kann man wirklich so sagen. Ach wie vielen Leuten passiert es, dass sie mal kein Geld fürs Taxi dabei haben! Da gehe zumindest ich noch nicht von böser Absicht aus. Ganz ehrlich: Ich bin auch schon mal zu Hause die Treppen hochgesprintet, um noch schnell das Restgeld zu holen. Ist ja auch alles kein Ding. Normalerweise.

Es stellte sich aber
heraus, das die Freundin auch nicht genug Geld dabei hatte und so
wollten beide zur Freundin nach Hause laufen um es zu holen, wäre auch
gleich hier um die Ecke, ich sollte hier warten. Mein Hinweis auf das
laufende Taxameter wurde mit „Es dauert ja nur einen Moment“
entgegengenommen.

Ja, dumme Sache. Aber auch hier: Was passiert nicht alles. Nicht, dass das jetzt schon dramatisch wäre – vor allem, so lange die Uhr weiterläuft – aber da geht’s dann zumindest in die Kategorie „nicht schön, aber selten“.

Der „Moment“ nahm kein Ende, nach einem Gespräch mit der Zentrale zwecks
evtl. Handynummer der Dame (hat leider nicht vorgelegen weil ein Café
der Besteller war) und einem nichts erbringenden Anruf von der Zentrale
beim Café (wegen Name oder Tel.-Nummer vom Fahrgast) rief ich die
Polizei. Es dauerte ein ganzes Weilchen bis die eintrafen. Die Uhr lief
immer noch. Die Polizei liess sich den Sachverhalt erklären, und nahm
sich daraufhin der Handtasche an. Diese war fast leer, nur ein leeres
Portmonee war darin. ABER: In diesem Portmonee befand sich in einem
versteckten Fach eine KV-Karte mit ihrem Namen drauf. Also Anzeige
gemacht und die inzwischen 64€ eingefordert.

Manchmal kann man als ehrlicher Mensch ja dann doch von der Blödheit der anderen profitieren …

Die Fahrt fand schon im Frühling dieses Jahres statt, diesen Monat war dann die Gerichtsverhandlung. Alles in allem liest sich das wie ein Auszug aus einem Fernsehschauspiel: Die Dame will den Kollegen noch nie gesehen haben, die Tasche habe sie vielleicht irgendwo verloren, sie sei jedenfalls in der entsprechenden Zeit nie Taxi gefahren, schon gar nicht so eine weite Strecke …
Das offenbar in, nun ja, größerer Ausführlichkeit vorhandene Vorstrafenregister ließ das Gericht nun aber offenbar von einem geplanten Betrug ausgehen. 50 Tagessätze à 15 € zuzüglich Verfahrenskosten und natürlich den 64 € waren das Ergebnis dieser „günstigen“ Taxifahrt.

Der Kollege ist ein wenig sauer, dass es nur so wenig ist, die Richterin hat jedoch offenbar verlauten lassen, mehr sei nicht drin, da die „Kundin“ ohnehin nur ALG2 bezieht. Gut, nach den Schilderungen darf bezweifelt werden, ob sie das in Zukunft daran hindert, Mist zu bauen. Auf der anderen Seite isses doch schön, dass der Kollege sein Geld bekommt. Und, hey: Voraussichtlich über 1.000 € für ’ne innerstädtische Taxifahrt zu blechen würde mich persönlich ganz schön ärgern …

Dagegen sind unsere normalen Tarife doch eigentlich recht fair, oder? 😉

Also im Ernst: Verscherzt’s Euch nicht mit uns!

Ganz ruhig …

Auch ich ärgere mich ja gelegentlich ein wenig über Fahrgäste, bzw. kommentiere ihr Verhalten etwas boshaft. Und ja, das ein oder andere Mal nerven Dinge. Warum ich dennoch nicht die ganze Zeit gestresst durch die Gegend fahre, wäre da eine adäquate Frage, sofern mein Gemütszustand eine Rolle spielen sollte. Und? Weil die meisten das nicht böse meinen. Weil viele Dinge auch einfach nur deswegen nerven, weil sie wiederholt auftreten.

Die klassischen Preisfeilschereien zum Beispiel: Es ist doch eigentlich relativ verständlich, dass jemand nach einem Preisnachlass fragt. Hatte ich heute Nacht erst wieder. Die Fahrt sollte ungefähr 8 € kosten, mir wurden bei 5,50 € auf der Uhr 7,50 € Festpreis angeboten. Nervig ist nur, dass es relativ viele sind und zudem natürlich auch noch einige dabei sind, die sich aus grenzdebilem Halbwissen eine Berechtigung für einen Nachlass herleiten.

Dass Leute bei einer Kurzstrecke Stopps einlegen wollen … das kann schon mal passieren. Wenn man z.B. eine Kurzstrecke startet, dann merkt, dass man was vergessen hat und seine Pläne ändert. Dumm für mich, da ich das Taxameter nicht umstellen kann, aber ok. Ist mir ebenfalls heute Nacht passiert. Nervig isses nur dann, wenn Leute – am Besten noch gegen besseres Wissen – behaupten, das wäre normal und so vorgesehen.

Anfragen, ob man im Taxi rauchen darf. So lange da draußen haufenweise Taxifahrer rumgurken, die die Kippe im Mundwinkel hängen haben, kann ich die Frage als Raucher gut nachvollziehen. Hatte ich heute Nacht auch erst wieder. Störend wird’s eigentlich erst dadurch, dass sich manche Leute nicht mal für 5 Minuten am Riemen reißen können oder versuchen, ihre Fluppen angezündet mit ins Auto schleppen, weil sie einen für blöd halten.

Touren, bei denen all das passiert … seien wir ehrlich, da braucht man wahrscheinlich wirklich die Eselsgeduld von mir. Denn ja: all das ist mir heute nacht erst passiert. Bei einer einzigen Tour. Statt auf die Finger klopfen gab’s ein paar Witze, fiese Sprüche und den Hinweis, dass sie nicht sonderlich originell sind. Das Fazit war genau wie bei Ärger eine weitgehend ordnungsgemäße Fahrt* in einem rauchfreien Auto, die mit schallend lachenden Fahrgästen** und immerhin rund 17% Trinkgeld endete.

Deswegen: In der Ruhe liegt die Kraft. 🙂

* Den Halt während der Kurzstrecke gab es, aber er blieb verdächtig nahe an einer Minute, so dass das Ergebnis passen sollte
** Zu sagen, man solle das mit der Kindersicherung links nicht persönlich nehmen, klappt immer! Fast alle müssen schmunzeln, ich schwör’s!

Mitten im Wald …

Nein, ok, ganz ehrlich: es war nicht mitten im Wald. Aber es sah für mich so aus.

Ich war im Urlaub. Und wenn ich im Urlaub bin, dann neige ich dazu, mich in Situationen zu begeben, in denen ich ein Taxi brauchen könnte. Das kam bei mir mit der Zeit. Irgendwann lernt man, dass Taxen einen aus jeder Ecke wieder heimbringen. Kostet im Notfall halt mal einen Zehner mehr. Den hatte ich am vergangenen Sonntag glücklicherweise. Ich hab Urlaub bei der Familie gemacht und das hatte wie so oft zur Folge, dass ich kaum dazu gekommen bin, Geld auszugeben. Egal, wie groß der Blödsinn war, am Ende blieb mir für den letzten Abend reichlich Geld.

Das ließ sich selbst in der Kneipe nur schwer ändern – bei einem Bierpreis von 1,45 € kein Wunder. Glücklicherweise bin ich erst auf ein paar gute Dartspieler getroffen, gegen die ich bei guter Laune ein paar Getränke verlieren konnte; dann auf eine Truppe, die wahrscheinlich nicht halb so verstrahlt war wie ich an dem Abend. Aber ausgerechnet nach der Wahl neben meiner Familie mit lauter Leuten rumzuhängen, die sich nicht für Politik interessierten, war ziemlich deprimierend. Und just als die Kneipe dabei war zu schließen, stand plötzlich eine Truppe eher alternativ aussehender Gestalten in der Tür, um noch ein oder zwei Dinge mitzunehmen. Nachdem ich erst einmal einen ausgegeben hatte und mir sicher war, dass es nicht bloß ein paar Nazis in schlechter Verkleidung waren, hab ich eine Großladung Bier geordert und mich den Jungs angeschlossen.

Mit zwei Taxen sind wir dann irgendwohin gefahren, wo ich noch nie zuvor gewesen bin (Kunststück in einer mir weitgehend fremden Stadt bei Nacht), woraufhin ich über Stock und Stein durch den tiefsten Wald (der wie oben angeschnitten wohl nicht so wirklich tief war) zu einer Wagenburg, bzw. eher Wagensiedlung geleitet wurde, wo ich die nächsten Stunden bei amüsanten Unterhaltungen und guter Musik bei schummrigem Licht in einem Bauwagen mit echt total netten Leuten verbracht habe. OK, lange Rede, kurzer Sinn:

Am Ende wurde mir in den frühen Morgenstunden bewusst, dass ich irgendwie – egal wie prall ich auch bin – heim sollte. Eigentlich wollte ich sogar früh aufstehen … nur war ich mitten im (tiefsten, jaja …) Wald. Also haben mir zwei der Jungs ein Taxi gerufen und sind mit mir im Dunkel der Nacht zu einer Lichtung gewankt. Und was soll ich sagen: Da stand dann nach 5 Minuten auch ein Taxi. Ein echtes. Nur nicht in hellelfenbein, aber das ist in Niedersachsen ja so üblich.

Ich hab mir für einen Moment überlegt, was ich mir wohl denken würde, wenn ich der Taxifahrer wäre: Ein Haufen nur so mittel vertrauenswürdiger Leute bestellt mich in den Wald, und dort setzen sie mir einen schwarz gekleideten und ziemlich betrunkenen Typen ins Auto. Zwei Meter groß und zumindest mal nicht mehr ganz dicht wirkend. Dem Dialekt nach auch noch Tourist.
Ich hätte natürlich das Gleiche getan wie der Kollege: Er hat mich freundlich begrüßt, mir den Sitz zurückgestellt und das Taxameter angeschaltet. Besser so eine Tour als gar keine!
Und dann kam der Moment, wo mir klar wurde, dass ich gar nicht im Wald bin. Binnen einer Minute nämlich waren wir wieder in bewohntem Gebiet. Während der Kollege mir sanftmütig erklärte, dass das „hier draußen eigentlich alles nette Jungs“ seien, standen wir quasi schon vor der Türe. Zu einem Preis, für den ich in Berlin nur vom Ostbahnhof zum Berghain fahren würde …

Hatte ich eingangs erwähnt, dass ich noch ein paar Euro über hatte? Die hatte ich ab da nicht mehr. Und irgendwo in Cux rennt jetzt ein Taxifahrer rum und erzählt ungläubigen Kollegen, dass er über 100% Trinkgeld von einem betrunkenen Touristen bekommen hat, der gemeint hat:

„Ihr habt aber echt einen beschissenen Tarif hier oben …“

🙂

Kurzes Radio-Intermezzo

Viele werden es nicht mitbekommen haben: Ich hab gestern Abend – trotz zahlreicher Hinweise eher spontan – noch bei der Lateline angerufen und mit Holger Klein im Radio bei Fritz geredet. Ist nicht gerade ein Beweisstück meiner gelegentlichen Eloquenz, aber vielleicht interessiert es den ein oder anderen ja. Es wurde ohnehin die ganze Zeit übers Taxifahren geredet, da waren sicher auch ein paar weitere hörenswerte Beispiele (und mindestens ein … ähm, ihr werdet es ja hören …) dabei:

http://mp3.podcast.hr-online.de/mp3/podcast/lateline/lateline_20130925.mp3

Ich komme erst irgendwann mittendrin. Mein Player zeigt gerade keine Zeitmarken an, hört einfach rein …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Neues aus der Gerüchteküche

Ich suche schon seit einigen Tagen Bestätigungen für etwas, das ich von nur einer – wenn auch sehr vertrauenswürdigen – Quelle gehört habe. Dabei geht es um die Ortskundeprüfung hier in Berlin. Die meisten meiner Leser wissen es, aber ich erkläre es noch einmal kurz: Die Ortskundeprüfung ist so ziemlich das größte Hindernis in Berlin auf dem Weg zum Taxifahrer. Da wir hier keine Begrenzung der Taxikonzessionen oder vernünftige Kontrollinstanzen haben, ist diese Prüfung die eigentliche Hürde, wenn man hier Taxi fahren will. Entsprechend hoch sind die Hürden, es gibt so viel zu lernen, man glaubt es kaum. Ich hab das während meiner Lernphase (siehe die Kategorie Ausbildung) auch oft genug thematisiert. Auch auf der Seite meiner Chefs hab ich im Blog (beginnend hier) ein paar Worte dazu verloren.

Diese Ortskundeprüfung wurde bislang vom Gewerbe selbst organisiert.

Denn zusätzlich zu tausenden (überwiegend Einzel-)Unternehmen im Berliner Taxigewerbe haben wir natürlich auch Interessenvertretungen. Jawohl, Mehrzahl! Zum einen wären da die beiden „Big Player“ Innung des Berliner Taxigewerbes e.V. und der Taxi Verband Berlin Brandenburg e.V. Die beiden haben das mit der Ortskundeprüfung jahrelang im Alleingang geschmissen. Halbjährlich wechselnd haben sie die Prüfungen in durchgeführt. Das war der Stand, als ich den P-Schein 2008 gemacht habe.

Kurz danach hat TaxiDeutschland, eine weitere Vertretung mit zumindest damals zunehmenden Einfluss, auf eine Mitwirkung geklagt. Seitdem sind auch sie berechtigt, die Ortskundeprüfung abzunehmen. Wie das seitdem organisiert ist, weiß ich allerdings nicht genau, gerade die Seite von TaxiDeutschland ist ein Aktualitätsdesaster.

Aber gut. Als wären drei Gewerbevertretungen noch nicht genug, um niemals zu einer Meinung zu kommen, gibt es auch noch die BTV (Berliner Taxi Vereinigung e.V.), den BTB (Berliner Taxibund e.V.) und die IITB (Interessengemeinschaft iranischer Taxiunternehmer Berlin e.V.). Das ist verwirrend und bekloppt, aber so ist es. Wir haben in Berlin 6 Gewerbevertretungen, die im Einzelfall natürlich alle was anderes wollen. -.-

Nun hat der BTB offenbar erwägt, Klage einzureichen, um ebenfalls die Ortskundeprüfung durchführen zu dürfen; was für das LABO (Landesamt für Bürger- und Ordnungs-Angelegenheiten, die verwalten unseren Taxi-Saustall hier) zu viel war. Mal abgesehen davon, dass das ohnehin ein einziges Kuddelmuddel ist, muss man auch anmerken, dass der BTB in der Vergangenheit durch unschöne Äußerungen aufgefallen ist. Im Gegensatz zu den anderen Gewerbevertretungen haben sie offenbar – ich behaupte das nicht, ich hab das nur gehört – verlauten lassen, dass man ja „ohne Schwarzarbeit in dem Gewerbe eh kein Geld verdienen“ könne. Ein Schlag ins Gesicht aller Beteiligten, drückt die Schwarzarbeit hier doch fleißig mit die Verdienstmöglichkeiten …
Das LABO jedenfalls hat nun offenbar von seiner Weisungsbefugnis in dieser Angelegenheit Gebrauch gemacht, und allen Verbänden die Berechtigung entzogen, die Ortskundeprüfung durchzuführen.

Ohne weiteres Bohei wie zum Beispiel eine Ausschreibung wurde diese jetzt offenbar an TÜV und Dekra abgegeben, was die nächsten Jahre spannend machen dürfte. Denn wer weiß schon, was die sich unter einer Ortskundeprüfung vorstellen und wie das in Zukunft laufen wird? Als Außenstehende könnten sie die Prüfung wesentlich schwerer oder leichter machen, und keiner weiß, was kommen wird. Ich möchte nicht mit jemandem tauschen, der jetzt darüber nachdenkt, in Berlin Taxifahrer zu werden …

Wie gesagt: Das ist noch nicht bestätigt, leider. Soweit ICH weiß, ist es so. Aber Vorsicht bitte mit Zitaten dieses Beitrages!

Was folgt?

Ich halte die Abgabe an eine unabhängige Einrichtung teilweise für sinnvoll. Gerade wegen des Vertretergerangels in Berlin. Um das Gewerbe steht es schlimm genug, da brauchen wir wahrlich nicht auch noch am bislang entscheidenden Punkt eine „undichte Stelle“. Langfristig ist das natürlich trotzdem bescheuert. Schließlich wissen die Verbände ja dann doch am besten Bescheid über das, was in einer Ortskundeprüfung abgefragt werden sollte. Die sind auf Augenhöhe mit den Unternehmen – und auch den anderen Vertretungen. Anstatt dieser Weitergabe der Befugnisse wäre es nach wie vor sinnvoller, das Grundproblem hier in Berlin anzugehen:
Taxifahrer werden kaum kontrolliert, die Unternehmen ebensowenig. Dadurch, dass illegales Arbeiten so lukrativ wird und nebenbei Betrug leicht möglich ist, leidet das Gewerbe insgesamt. Dadurch, dass wir nach Umsatz bezahlt werden, sind schwarz arbeitende Kollegen mehr als in anderen Branchen direkt an der Lohndrückerei beteiligt. Ich will jetzt keine Fantasie-Zahlen durch die Gegend werfen, aber wenn ich mir ansehe, wie viele Kunden von mir erwarten, dass ich die Uhr ausmache, „weil das eh jeder macht„, dann sehe ich da Potenzial.

Und dazu: Ich als Linker tue mich schwer damit, nach Kontrollen zu schreien. Als ob ich den armen Kollegen, die hier illegal ihr Geld verdienen, grundsätzlich mies gesonnen wäre. Die meisten versuchen bloß irgendwie zu überleben. Tatsächlich bescheißen sich in unserem Job die meisten selbst damit. Sicher, da bleibt am Ende ein Zehner mehr, wenn es schwarz läuft. Aber was ist mit Krankengeld? Mit Urlaub? Mit Rente? Mit einer Absicherung, falls mal irgendwann was schief läuft? Es ist ja nicht so, dass die armen Schweine, die sich in den illegal operierenden Unternehmen als Fahrer verdingen, am Ende wirklich die Nutznießer wären. Auch wenn sie das teilweise selbst glauben mögen: Am Ende sind es ja doch die Unternehmer, die da mehr Geld rausziehen.

Schön zu sehen, dass seitens der Politik wenigstens einmal mit den Augenbrauen gezuckt wird, wenn Leute, die mit Betrug prahlen, auch noch die Zugänge zum Gewerbe kontrollieren wollen. Langfristig würde mich trotzdem interessieren, ob irgendwer sich mal wirklich fürs Taxigewerbe interessiert. Die jetztige Abgabe der Ortskundeprüfung ist allenfalls ein Not-Aus kurz vor dem Zusammenbruch gewesen – der auf der anderen Seite alle Taxischulen Berlins vor das Problem stellt, dass sie jetzt nicht wissen, wie es weitergeht. Wieder mal ganz großes Kino, wenn Ihr mich fragt …


PS: Links, die das o.g. bestätigen oder widerlegen könnt Ihr gerne in den Kommentaren posten. Dasselbe gilt für verbale Entgleisungen von Beteiligten.