Wenn es mal nicht gut geht …

Schon Mitte des Monats hat mir ein Kollege eine recht lange Mail geschickt, in der er seine eher als unschön zu bezeichnenden Erfahrungen mit einer Kundin schilderte. Das Ganze beginnt wie die vermutlich beste Fahrt der Schicht:

 Eine junge Frau (etwa 25, normale Erscheinung, nicht betrunken), hatte
sich gegen 2.00 Uhr über die Zentrale ein Taxi bestellt und wollte
schnellstmöglich von Moabit/Beusselstr. nach Köpenick/Altstadt. Ihre
Freundin hätte Geburtstag und sie habe es vergessen. Also über die
Autobahn. Unterwegs sollte ich noch an einer Tankstelle anhalten, damit
sie noch ein Geschenk besorgen kann. Hat sie dann auch in Form einer
Flasche Sekt und eines Blumenstrausses erledigt. Kurz vor dem
eigentlichen Ziel sollte ich plötzlich anhalten. Sie hatte ihre Freundin
vor einer Bar entdeckt. Bezahlung (44€) blieb erstmal aus, sie wollte
schnell gratulieren. Als sie dann wieder kam, stellte sie fest,das sie
gar kein Geld mehr hatte. Aber kein Problem, die Freundin war ja da und
würde ihr sicher was leihen. Ich bat um ein Pfand und bekam die
komplette Handtasche dagelassen. Soweit sogut.

Und das kann man wirklich so sagen. Ach wie vielen Leuten passiert es, dass sie mal kein Geld fürs Taxi dabei haben! Da gehe zumindest ich noch nicht von böser Absicht aus. Ganz ehrlich: Ich bin auch schon mal zu Hause die Treppen hochgesprintet, um noch schnell das Restgeld zu holen. Ist ja auch alles kein Ding. Normalerweise.

Es stellte sich aber
heraus, das die Freundin auch nicht genug Geld dabei hatte und so
wollten beide zur Freundin nach Hause laufen um es zu holen, wäre auch
gleich hier um die Ecke, ich sollte hier warten. Mein Hinweis auf das
laufende Taxameter wurde mit „Es dauert ja nur einen Moment“
entgegengenommen.

Ja, dumme Sache. Aber auch hier: Was passiert nicht alles. Nicht, dass das jetzt schon dramatisch wäre – vor allem, so lange die Uhr weiterläuft – aber da geht’s dann zumindest in die Kategorie „nicht schön, aber selten“.

Der „Moment“ nahm kein Ende, nach einem Gespräch mit der Zentrale zwecks
evtl. Handynummer der Dame (hat leider nicht vorgelegen weil ein Café
der Besteller war) und einem nichts erbringenden Anruf von der Zentrale
beim Café (wegen Name oder Tel.-Nummer vom Fahrgast) rief ich die
Polizei. Es dauerte ein ganzes Weilchen bis die eintrafen. Die Uhr lief
immer noch. Die Polizei liess sich den Sachverhalt erklären, und nahm
sich daraufhin der Handtasche an. Diese war fast leer, nur ein leeres
Portmonee war darin. ABER: In diesem Portmonee befand sich in einem
versteckten Fach eine KV-Karte mit ihrem Namen drauf. Also Anzeige
gemacht und die inzwischen 64€ eingefordert.

Manchmal kann man als ehrlicher Mensch ja dann doch von der Blödheit der anderen profitieren …

Die Fahrt fand schon im Frühling dieses Jahres statt, diesen Monat war dann die Gerichtsverhandlung. Alles in allem liest sich das wie ein Auszug aus einem Fernsehschauspiel: Die Dame will den Kollegen noch nie gesehen haben, die Tasche habe sie vielleicht irgendwo verloren, sie sei jedenfalls in der entsprechenden Zeit nie Taxi gefahren, schon gar nicht so eine weite Strecke …
Das offenbar in, nun ja, größerer Ausführlichkeit vorhandene Vorstrafenregister ließ das Gericht nun aber offenbar von einem geplanten Betrug ausgehen. 50 Tagessätze à 15 € zuzüglich Verfahrenskosten und natürlich den 64 € waren das Ergebnis dieser „günstigen“ Taxifahrt.

Der Kollege ist ein wenig sauer, dass es nur so wenig ist, die Richterin hat jedoch offenbar verlauten lassen, mehr sei nicht drin, da die „Kundin“ ohnehin nur ALG2 bezieht. Gut, nach den Schilderungen darf bezweifelt werden, ob sie das in Zukunft daran hindert, Mist zu bauen. Auf der anderen Seite isses doch schön, dass der Kollege sein Geld bekommt. Und, hey: Voraussichtlich über 1.000 € für ’ne innerstädtische Taxifahrt zu blechen würde mich persönlich ganz schön ärgern …

Dagegen sind unsere normalen Tarife doch eigentlich recht fair, oder? 😉

Also im Ernst: Verscherzt’s Euch nicht mit uns!

17 Kommentare bis “Wenn es mal nicht gut geht …”

  1. Dom sagt:

    Schön zu lesen, dass die Frau ihrer Strafe zugeführt wurde. Zu „so wenig“: Das deutsche Rechtssystem hat mit den Tagessätzen eben etwas gefunden, das deutlich gerechter (in Ermangelung eines besseren Wortes) ist, als generelle Strafen von „50 Euro für ’nen Schlag auf den Mittelfinger; 100 Euro für den Daumen“. Wenn die Dame nun ALG II bezieht, dann ist es eben so wenig. Blöd, aber verständlich.
    Wäre sie Top-Managerin gewesen, wäre eine hübsche Summe zusammengekommen. 😉

  2. Wahlberliner sagt:

    Nervig ist jedoch, dass es erst zu einer Gerichtsverhandlung kommen musste, bis der Kollege sein Geld gesehen hat. Bleibt die Hoffnung, dass die Betrügerin es sich beim nächsten mal doch nochmal besser überlegt, anstatt wieder den „teuren“ Weg zu gehen.

  3. mathematikos sagt:

    ja, dumme geschichte….solche sachen entwickeln sich wie ein spiralkabel,werden immer länger und angespannter, kenn ich nach bald 30 jahren im taxi auch….mittlerweile verlange ich bei strecken, die offensichtlich über 30 euro gehn werden, die hälfte als aconto; sonst hab ich halt die konsequenz, nein zu sagen; weiß aber,daß man als reiner prozentfrahrer da so seine hemmungen hat…..

  4. name sagt:

    Also so leid mir der Taxifahrer tut, aber die KV-Karte hätte genauso gut gestohlen sein können. Ein leeres Portemonnaie mit nur einer einzelnen KV-Karte in einem versteckten Fach könnte wirklich gestohlen und komplett ausgeräumt sein. In diesem Fall hätte man jetzt eine Frau für etwas verurteilt, nur weil ihr ihr Portemonnaie geklaut wurde und sie Vorstrafen hat. Auch nicht so doll.
    Als Pfand hätte er sich vielleicht auch etwas wertvolleres geben lassen können, bzw. überprüfen sollen ob er da überhaupt brauchbare Sachen bekommen hat.

  5. name sagt:

    naja gut, meine Argumentation fällt in sich zusammen, soweit der Taxifahrer die Dame in der Gerichtsverhandlung einwandfrei identifizieren konnte und er glaubhaft ist 😀

  6. Basti sagt:

    Und falls es eine neue KV-Karte mit Bild war, oder die Polizisten die Identität der Frau bestimmt haben. 😉

  7. elder taxidriver sagt:

    Das ist ein Fall aus der Kategorie der ‚Seltenen Ereignisse‘. Das trifft wohl jeden mal.

    Ich hatte mal einen Fahrgast, der erst vorne einstieg, die Sitzlehne dann auf Schlafstellung stellte, dezidierte Musikwünsche äußerte, Einzelheiten habe ich mittlerweile vergessen, jedenfalls war er zwischendurch ‚etwas fragen‘
    hatte aber ein großes, offenes Kuvert mit vielen Briefen dabei. Da habe ich mal reingelinst: Es waren Mahnungen von Taxifahrern um geringste Beträge.. Post von Banken, Vermietern, praktisch von allen denen man etwas schuldig sein kann.
    Da habe ich dann doch ’ne Fliege gemacht.

    Auf die Idee das nun auch noch gerichtlich zu verfolgen, bin ich aber um meines alltäglichen Seelenfriedens überhaupt nicht gekommen. Ich hatte ja gesehen aus den Briefen, was dabei herauskommt: Nichts.
    In der Zeit in der andere dann Briefe und Mahnungen schreiben und zu Gerichtsverhandlungen fahren, habe ich dann immer beste Umsätze gemacht.

  8. Taxifunker sagt:

    @ elder taxidriver: Das mit dem Seelenfrieden ist die eine Seite. Aber warum soll man solche Leute davonkommen lassen? Die Anzeige wurde nicht nur wegen der Zeche gemacht, wobei 64,- € auch nicht zu verachten sind. Und das es letzendlich bei Gericht gelandet ist, war ja nicht unbedingt vorherzusehen.
    Ich hatte mal den Fall, wo mich der Fahrgast über die Polizei kontaktiert hat, um seine Rechnung nachträglich zu bezahlen.
    Mit etwas gutem Willen vom Fahrgast hätte man das aussergerichtlich klären können. Aber da war ja noch das schier unendliche Vorstrafenregister. Die Dame wurde von der Richterin als Intensivtäterin bezeichnet! Deswegen auch die Verärgerung über das Strafmass. Da sie offensichtlich aus den vorangegangenen Strafen keine Lehren gezogen hat, wäre es m.E. mal Zeit für eine härtere Bestrafung.

    P.S. Ich bin der Fahrer gewesen.

  9. Jens sagt:

    Ich schließe mich Dom an: Anderthalb Monate ohne Einkommen sind als Strafe schon gar nicht so ohne. Und wenn die Dame auf die Idee kommen sollte, die auch nicht zu bezahlen, winken m.W. statt dessen 50 Tage Knast als Alternative. So ärgerlich der Stress für die betroffenen Fahrer auch ist: 1000 Euro Kosten, weil man jemanden um 64 Euro prellen wollte – wenn das nicht ausreicht, um abzuschrecken, dann würden härtere Strafen m.E. auch nicht helfen.

    Die Frage ist natürlich: Was ist die Alternative zu härteren Strafen? In Clubs bekäme so jemand Hausverbot – aber dafür müsste man bei Taxis ihr Bild an alle Fahrer verteilen und diese anweisen, sie nicht mehr zu befördern. Wohl eher unrealistisch. 🙁

    Wie gesagt: Ich kann den Frust verstehen – ich frag mich nur, ob härtere Strafen wirklich etwas ändern würden.

  10. Sash sagt:

    @Dom:
    *sign*

    @Wahlberliner:
    Es ist immer blöd, wenn es zu einer Verhandlung kommen muss. Aber gut, wenn’s anders nicht geht …

    @mathematikos:
    Kann ich irgendwie nachvollziehen. Auf der anderen Seite: Wenn man das fix an einem Geldbetrag ausrichtet, nervt man damit echt unnötig viele. Wenn ich überlege, wie wenig Geld ich erst verloren hab, seit ich Taxi fahre … da hätten mich die Diskussionen mehr Lebenszeit gekostet als die Mehrarbeit. 😉

    @name:
    Dass das nicht der Fall war, ist ja offensichtlich. Also eine Gerichtsverhandlung, bei der Beschuldigte nur aufgrund einer Karte ohne Bild identifiziert worden sind, werden wohl extrem selten sein. 🙂

    @elder taxidriver:
    Es gibt offenbar echt nichts, was es nicht gibt. 0.o

    @Taxifunker:
    Eigentlich wollte ich Dir noch eine Mail schreiben, dass ich das poste, aber jetzt haste’s ja gefunden. 🙂
    Bei der Bestrafung sind wir zwar nach wie vor anderer Meinung, ich halte es da eher mit dem Kommentar von Jens, aber das darf ja vorkommen.

    @Jens:
    *sign*

  11. Wahlberliner sagt:

    @Jens: Die Dame wird, wahrscheinlich wie auch bei den vorherigen Strafen schon ebenso, entweder eine Ratenzahlungsvereinbarung ausmachen, was es ihr ermöglicht, die Schulden z.B. in 2 oder 3 Jahren abzubezahlen, womit die Strafe dann weniger harsch wäre, oder (was wahrscheinlicher ist) die Möglichkeit „Arbeit statt Strafe“ nutzen, gerne auch als „Arbeit macht Frei“ bezeichnet. Da arbeitet ein Verurteilter einfach so lange/so viele Tage, wie Tagessätze verhängt worden sind, in einer gemeinnützigen Einrichtung unentgeltlich. Prinzipiell ist diese Möglichkeit der Straferleichterung zu begrüßen, aber ich frage mich bei solchen extremen Wiederholungstätern dann doch etwas nach der Sinnhaftigkeit. Rein theoretisch könnte es sogar möglich sein, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, und die Strafe damit zu stunden, bis das Einkommen wieder über dem Mindestsatz liegt.
    Andererseits befinden wir uns hier ganz grundlegend in einer Gewaltspirale, auf der ganz grundlegend unsere gesamte Gesellschaft vollumfänglich basiert. Geld wird benutzt, um die Menschen sozusagen geistig-emotional zu „versklaven“, und wer sich damit nicht abfinden will, und sich deshalb nicht an die für alle gültigen und sinnvollen Regeln hält, kommt in die nächste Stufe der Gewaltspirale, das kann immer so weiter gehen, theoretisch bis ein Mensch verhungert.

    Da fragt man sich dann doch schon – unabhängig davon, dass das Verhalten der Dame natürlich völlig daneben ist – ob wir wirklich so zivilisiert sind, wie wir glauben (und diese Straftäter führen uns das letztlich nur mehr wieder einmal deutlicher vor Augen)…

  12. morphium sagt:

    @Wahlberliner: Wo ist denn das mit „Arbeit statt Strafe“ geregelt? Das müsste man, wenn dann, mit dem Gericht aushandeln. Ich kenne nur Ersatzfreiheitsstrafe (pro Tag Tagessatz 1 Tag Haft). Außerdem gibt es noch Möglichkeit 3: Sie hebt einfach die Hand (oder hat es schon) und zahlt gar nix. Als ALG2er kann man auch nix weggepfändet bekommen.

    Generell: 50 TS sind dafür schon relativ hoch, aber ich kenne den BZR-Auszug nicht. War sie anwaltlich verteidigt? Falls nein: Wird schon hoch genug sein (ohne Vorstrafen würde ich sagen zu hoch).

  13. […] in Höhe der zu erwartenden Fahrkosten zu leisten. Es soll ja schon mal Menschen geben, die ohne Geld ein Taxi benutzen […]

  14. Aro sagt:

    In solchen Fällen würde ich entweder mitgehen oder wenigstens das Handy als Sicherheit behalten.

  15. […] ich am vergangenen Wochenende. Klar, so schlimm wie dem Kollegen aus dem gestrigen Eintrag ist es mir nicht ergangen, aber dass mein Autochen gemeint hat, ausgerechnet am frühen Samstag […]

  16. Quacki sagt:

    @wahlberliner: Hui, das sind ziemlich grundsätzliche Überlegungen. Da will ich auch mal 😉
    Geld ist ja Mittel zum Zweck, d.h. theoretisch arbeitet man für Geld (erzeugt Werte in Form von Dienstleistungen, Güter irgendwelcher Art), um damit andere Werte einzuhandeln. Die Grundlage dieses Handels ist die Arbeitsteilung und Spezialisierung, also sowas wie: Ich kann Sache A gut, dafür du die Sache B besser, und wenn wir B gegen A tauschen (über Geld, da wir den Handel wahrscheinlich nicht persönlich abschliessen), haben wir beide gewonnen, weil wenn jeder beides versuchte herzustellen, kämen wahrscheinlich zwei Klumpatsche heraus. Jetzt kann man diskutieren, ob wir in unserer Gesellschaft so einen Zustand wirklich für jeden erreicht haben (nein), oder ob das auch erstrebenswert ist (keine Ahnung – schöner wärs, jeder könnte nach seinen Talenten und Wünschen sich betätigen) aber das will ich jetzt nicht.
    Aber was sind die Alternativen für diese Gewaltspirale? In den USA z.B. wird das ja wesentlich drastischer geregelt, da wäre die Frau wahrscheinlich schon lange im Knast. Wenn man aber sie komplett davonkommen läßt, dann wird der Taxifahrer geschädigt. Ist das akzeptabel? 64€ sind nicht die Welt, er und die Gesellschaft als solches können diese Art von Schmarotzerei dieser einzelnen Person leicht überleben, aber die Wirkung dieses Beispiels kann unangenehm werden.

  17. PMK74 sagt:

    Die Verurteilung zur Zahlung der 64 Euro ist ja gut und schön, aber wenn die Dame von ALG3 lebt und diese Zahlung nicht leisten kann (wie wahrscheinlich auch andere Zahlungen nicht), dann kann sich der Taxifunker sein Urteil zwar einrahmen und auch rein formal dieses auch (vermutlich per Gerichtsvollzieher) durchsetzen lassen, aber wo nichts ist, wird man nichts pfänden können. Somit entsteht zwar eine gerichtlich gesicherte, vollstreckbare Forderung, die aber leider dennoch kein Geld ins Portemonaie bringt.

    Von der Lauferei, dem Papierkram und den ganzen erzeugten Anwalts- /Prozess- und Gerichtskosten mal abgesehen…

    So sehr ich es dem Taxifunker wünsche, dass er zu seinem Geld kommt, daran glauben würde ich erst, wenn es auf dem Konto oder im Geldbeutel ist.

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