Medienpräsenz

Die ist im Taxi gar nicht mal so gering. Und damit meine ich weder mein Handy, das für mich die Medien ins Auto bringt – sondern die Leute aus dem Genre. Während ich mit Promis insgesamt nur recht wenig bis gar nichts zu tun hab, weil ich die Leute überwiegend einfach auf der Straße einsammele, sind es oft die, die im Hintergrund bis spät in die Nacht arbeiten, die mir ins Auto purzeln. Wobei das mit dem „Arbeiten“ ja gerade in dem Umfeld, in dem auch Sehen und Gesehenwerden eine Rolle spielen, oft mal für Außenstehende nicht so leicht als Arbeit erkennbar ist. 😉

Sehr gefreut hat mich vor ein paar Wochen schon eine Fahrt gleich zu Schichtbeginn: Ein im besten Sinne jung gebliebener Typ schmiss sich an der O2-World in mein Auto und orderte eine Fahrt zur Masurenallee, zum RBB. Er kam von einem Konzert und hatte nun noch die Aufgabe, bis zu den frühen Morgenstunden eine Kritik auszuarbeiten und in sendefähiges Format zu bringen. Dass ein Wort das andere ergab, wo ich ja erst vor kurzem in seiner Sendeanstalt zu Gast war, versteht sich von selbst.
Was mir aber – wie immer – besonders das Herz erwärmte, war, einmal mehr einen Typen zu treffen, der einer recht seltsamen Beschäftigung zu unmöglichen Uhrzeiten nachging und sich einfach darüber gefreut hat. Ich hab ihn an der Tanke rausgelassen, wo er sich noch zwei Bier für die folgenden Stunden gekauft hat …

Nicht mehr nötig hatte ein Typ um die 30 zwei Bier, er hatte ganz offensichtlich schon einige mehr getrunken. Die Fahrtzielansage kam schon in recht eintönigem Singsang, gefolgt von der Feststellung, dass er der Feierkultur in Berlin nicht mehr so recht folgen könne. Es war bereits kurz vor fünf und er war anscheinend einer der ersten, der sich aus einer geselligen Runde gelöst hatte, der Rest wollte wohl noch weitermachen. Anderthalb Minuten Smalltalk später wusste er dann dank gezielten Nachfragen auch, dass ich blogge und versprach mir, ich würde dann sicher die Sendung kennen, die er machen würde. Tat ich.
Eine sehr schöne Ausnahme unter den Fernsehsendungen, ich lasse sie trotzdem unerwähnt, denn ich möchte dem armen Kerl auch nicht auf die Füße treten, der mir überschwänglich versprach, mich ins Fernsehen zu bringen, bevor er sich torkelnd im Schein seines Smartphones nach der Gabe von gerade einmal 40 Cent Trinkgeld vom Taxi entfernte. Hätten wir uns schon eine Stunde früher getroffen, wäre da vielleicht was draus geworden, wer weiß … 😉

Aber ich weiß ja, wie das läuft. Ich mach ja selbst irgendwie „was mit Medien“, nicht wahr?

Was wir Taxifahrer alles wissen …

Das war mal wieder so eine Lehrbuchgeschichte aus dem Bereich Ortskunde. Die Fahrgäste, die mir am Ostbahnhof eingestiegen sind, wollten zur Kalkreuthstraße. Die sagt mir was, schließlich liegen unweit nicht nur jede Menge oft als Fahrtziel genannte Kneipen und Hotels, nein, direkt im an die Kalkreuth anliegenden Hinterhof der Martin-Luther-Straße stand ich auch dreimal mit anderen P-Schein-Aspiranten und hab anschließend die Ortskundeprüfung versemmelt.

Die Straße ist zwar kurz, aber aus Gewohnheit hab ich trotzdem mal gefragt, wohin es genau gehen würde.

„It’s the Quentin Design Hotel. Number 12 Kalriut Street.“

Den Straßennamen hatten sie mir zuvor schon auf dem Handy gezeigt, sonst hätte das wohl etwas dauern können. 😉

Das Hotel war mir nie aufgefallen, ich hab auch keine Ahnung, ob es vielleicht nicht bis vor kurzem noch anders geheißen hat. Unterwegs hab ich dann sicherheitshalber die Nummer ins Navi eingegeben, nicht dass ich am letzten Eck noch falsch abbiege. Muss ja nicht sein, sowas. Soweit alles normal.

Dieses Mal hat es nur rund zweieinhalb Stunden gedauert, bis ein älteres Ehepaar auf den Rücksitzen der 1925 Platz nahm und auf die Frage nach dem Ziel antwortete:

„Das ist so ein Design-Hotel, es heißt jedenfalls so.“

„Meinen Sie das Quentin in der Kalckreuthstraße?“

„Ja! Ja, genau! Sie kennen das?“

Zufällig, aber ja. 🙂

Dieses Verkehrsdings …

…ihr wisst schon. Das mit den vielen Autos in einer Reihe, die alle hupen und wo man ohne Dachschaden nicht mehr rauskommt.

Also Stau.

Im Großen und Ganzen kann bin ich ja in der glücklichen Situation, aufgrund meiner Arbeitszeit staufrei zu leben. Klappt leider nicht immer. Zunächst war ich noch froh, dass mich die Winker in der Mühlenstraße weit unten erwischt haben. In der O2-World war gerade ein Konzert vorbei und dann ist der Irrsinn dort ja nicht mehr zu stoppen. Das Ziel der drei jungen Damen lag wenigstens halbwegs vernünftig, denn ich konnte kurz wenden und über Kreuzberg fahren – es ging nämlich bis nach Schöneberg.

Dass es inzwischen aber genügend andere Leute geschafft hatten, das Gedränge ebendorthin zu verlagern – das hat mir mal wieder keiner gesagt. Glücklicherweise sind Konzertgängerinnen auf dem Weg ins Hotel nicht so sehr von Hektik beseelt wie nachtverkehrsgewöhnte Taxifahrer! Sie haben es mit absoluter Gelassenheit hingenommen, dass ich sage und schreibe 25 Minuten gebraucht habe, um auch nur bis zum Kotti zu kommen. Gefühlt hätte ich in der Zeit zwischendrin nicht nur nach Schöneberg fahren können, sondern gleich noch mit einer Rücktour wieder zum Ausgangspunkt zurück. Das wäre zwar ein bisschen arg sportlich gewesen, aber allemal unterhaltsamer als das ewige Rumstehen.

Und 16 € wirken plötzlich gar nicht mehr so toll, wenn man dafür am Ende wirklich eine Dreiviertelstunde Fahrgäste an Bord hat – so nett sie auch waren.

Ich verneige mich in diesem Sinne einmal mehr von meinen am Tag fahrenden Kollegen. Ich könnte den Job wahrscheinlich wirklich nicht machen, inmitten dieser … ihr wisst schon.

Bauchgefühle …

„Können wir bei Ihnen mit Karte zahlen?“

„Leider nicht.“

Ich hab den Kollegen hinter mir noch schnell gefragt, der hatte leider auch keinen Card-Reader.

„Wir haben nur noch 20 €, deswegen …“

„Wo müssen Sie denn hin?“

„Nach Marzahn, Poelchaustraße. Ecke Allee der Kosmonauten.“

„Das kriegen wir hin, steigen Sie ein.“

Als ob ich wirklich gewusst hätte, ob es reicht. Tatsache ist eigentlich nur, dass ich jedes Mal überrascht bin, wie günstig meine Taxifahrten nach Hause sind. Vom Ostbahnhof kommt man mit einem Zwanni nach Marzahn, die Frage ist halt, wie weit …
Trantütig, wie ich ja auch manchmal sein kann, hab ich zudem beim ersten Hören des Ziels an die Ecke Poelchau/Märkische gedacht. So kamen mir unterwegs dann doch Zweifel. Und das, obwohl ich großspurig verkündet hatte, dass das mit 19,50 € sicher machbar wäre. Ein bisschen Mäßigung täte manchmal wohl not. Auf der anderen Seite war eine 20€-Tour nun ja nicht der schlechteste Fang – und soweit ich mich erinnere, hab ich seit mindestens einem Jahr kein einziges Mal die Uhr früher ausgemacht. Für die berühmte regelbestätigende Ausnahme kam doch ein Rentnerpärchen mit schwerem Gepäck gerade recht …

Pustekuchen: Inklusive am Ziel wenden und zu einem Hinterhaus zu fahren waren es 19,40 €.

Es raushaben, ohne das zu wissen: Auch eine Art unterschätzte geheime Superkraft. 🙂

Läuft, läuft nicht, läuft …

Ganz komisch. Ich komme ans Auto und entdecke erstmal einen Zettel vom Tagfahrer.

2013-05-treffer

Nicht nur, dass er eine kleinere Reparatur bislang nicht vornehmen konnte, nein, er schrieb zudem, dass unsere Stoßstange schon wieder hinüber sei – nur so, damit ich nicht denke, das sei auf dem Parkplatz passiert. Ich also gleich wieder raus und geguckt. Das Ergebnis kann man rechts sehen …

Offenbar war mein Kollege schon zum zweiten Mal in diesem Jahr unschuldig in die Deformation unseres Arbeitsgerätes verwickelt – dieses Mal verkündete der Zettel pragmatisch:

„Eine Radfahrerin hat versucht, durch’s Auto zu fahren.“

Ich hoffe ja mal, dass außer dem offensichtlich zerschmetterten Plastik nichts passiert ist. Meinetwegen kann man bei dem Schaden nun wirklich darüber streiten, ob das noch gerichtet werden muss, schließlich sollte die Außerdienststellung der 1925 noch in diesem Jahr vonstatten gehen. Und im Vergleich zum letzten Malheur versteckt sich dieses ja recht gut auf der linken Seite und ist vom Stand aus z.B. kaum wahrnehmbar für Kunden. Wesentlich weniger zumindest als die beiden Rostflecken, die wir inzwischen prominent vorne mittig auf der Motorhaube zur Schau stellen.

Man merkt dem Auto langsam das Alter an, da kann man machen, was man will. Dass jetzt die Bremsen mal wieder an der Reihe sind, ist eigentlich nicht verwunderlich, das passiert nunmal alle paar zehntausend Kilometer. Dass es sich allerdings schon soo schlimm anhört, hatte ich nicht erwartet. Hat mir heute Nacht echt die Laune verhagelt, denn ich mag es einfach nicht, wenn man das Auto schon auf 300 Meter Entfernung hört. Rein sicherheitsmäßig halten die zwar sicher noch übers Wochenende, aber ich bin mir gerade unschlüssig, ob ich das ausprobieren möchte.

Dummerweise ist das einer der wenigen Punkte, bei denen ich mit meinem Tagfahrer nur bedingt übereinkomme. Er ist bei Macken am Auto einfach wesentlich toleranter als ich und hat natürlich zudem die unangenehme Aufgabe, solche Sachen während seiner Arbeitszeit zu beheben. Ich würd’s ihm aus Fairnessgründen gerne mal abnehmen, aber nachts ist sogar Berlin ein bisschen zu dünn mit offenen Werkstätten bestückt …

Ein kleines Bisschen muss die 1925 noch aushalten. Der Herbst ist als Austauschzeitraum angedacht, zudem fehlen noch rund 2.000 km auf die von mir angepeilte mittlere Erde-Mond-Entfernung von 384.400 km. Wahrscheinlich schaffen wir – sofern größere Schäden nicht dazwischenkommen – sogar noch die 400.000. Dann aber, das kann man mit gutem Gewissen sagen, ist auch mal Schluss für so einen kleinen Opel. Ganz egal, wie gern man ihn hat.

Die düsteren Orte Berlins

„Wohin soll’s gehen?“

„Ähm, ja also, das, äh, also das ist nicht so wie sie jetzt denken, aber …“

Meine Fresse! Was kommt jetzt? Ein Puff, ein Strip- oder Swinger-Club? Also was das Publikum angeht, kenne ich Zurückhaltung eher weniger. Aber wer weiß?

„Also, wir fahren nach, nach Marzahn.“

Der Mittfünfziger mit Schnauzbart gab sich bewusst harsch auftretend nach seiner weinerlichen Einleitung. Tatsachen schaffen, zu dem stehen, was man ist, wo man wohnt. Nur kam es irgendwie lächerlich rüber.

Ich wohne jetzt selbst seit 5 Jahren in Marzahn. Der Stadtteil hat wie alle anderen auch seine Licht- und Schattenseiten, keine Frage. Aber es ist verdammt nochmal ein Stadtteil von 95 in Berlin. Trotz Plattenbauten ein sehr grüner Stadtteil. Zudem ist er günstig wie sonstnochwas und gut ans Netz der öffentlichen Verkehrsmittel angeschlossen. Und abgesehen von den ganzen Klischees liegen in Sichtweite meiner tatsächlich billigen Wohnung ein Haufen Einfamilienhäsuer, die sicher von Leuten bewohnt werden, die erheblich mehr Knete als ich in ihre Miete stecken. Was zur Hölle muss einem bitte peinlich sein, hier zu wohnen?

Also mal abgesehen von der Tatsache, dass Ilka Bessin es geschafft hat, mit ihrer Kunstfigur „Cindy aus Marzahn“ all das in den Dreck zu ziehen …

Das Gespräch im Taxi kam nur langsam in Gang. Zu verstört war der Typ. Glücklicherweise rückte er mit der Zeit zögernd und vorsichtig damit heraus, was sein Problem war. Er war mal Abteilungsleiter in irgendeiner Bude in Schöneberg und lebte ursprünglich dort in der Nähe. Dann der klassische Fall: Kündigung, Jobsuche, irgendwann HartzIV und dann Umzug in eine billige Wohnung am Stadtrand. In – iiih! – Marzahn. Das war jetzt ein Jahr her.

Im Grunde war er ein optimaler Kandidat. Ich hätte ihm sagen können, dass das doch ok sei und Marzahn ganz nett, je nachdem, wo man hinzieht. Seine Bude lag unweit meiner Packstation in der Raoul-Wallenberg-Straße – nicht meine Ecke hier, aber auch noch nicht wirklich Ghetto. Außerdem war seine Erleichterung zu spüren, als er mich fragte, wo ich denn wohnen würde. Ich interpretierte da vielleicht zu viel rein, aber es wirkte einfach so, als ob er hoffte, dass ich es noch mieser erwischt hätte und er sich an meinem vermeintlichen Elend heraufziehen könnte. Bäh! Solche Typen kotzen mich ja dann mehr an als mich mit meinem Wohnbezirk verbindet:

„Ich? Ach, in Charlottenburg. Altbau nahe dem KDW. Alter Mietvertrag, da geht das finanziell ohne Probleme …“

Fies? Vielleicht.

Aber wer meint, sich über seine Wohnsituation zu definieren, der darf gerne eine Etage unter mir Platz nehmen. 🙂

PS: Das war in all den Jahren der erste (!) Marzahner, der sich hier ernsthaft unwohl gefühlt hat. Insofern gehe ich davon aus, dass es eigentlich nicht wirklich am Stadtteil, sondern doch mehr an der eigenen Einstellung liegt …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Sommervorbo(o)ten

„Kriegen wir bei Dir ein Boot rein?“

„Kommt ziemlich auf’s Boot an, würde ich sagen.“

Das Wasserfahrzeug stellte sich als ziemlich komprimierbarer Gummiwulst von kaum mehr als 120 kg Gewicht heraus, für das am Ende nur zwei von drei Sitzen der Rückbank umgeklappt werden mussten. Zunächst sah es ein bisschen nass und schnodderig aus – laut Aussage der beiden brotfertigen Gesellen hatte es auch die letzten 20 Stunden auf der Spree verbracht – am Ende war es aber nur eines dieser vielen etwas sperrigen Gepäckstücke, die zwei drei Blätter im Kofferraum hinterlassen haben. Also wahrlich kein großes Problem. Ich hab am Ende sogar vergessen, den Zuschlag zu berechnen. Das hätte die 5,60€-Tour dann wenigstens noch etwas lohnend gemacht. Und immerhin wollten sie nicht einmal eine Kurzstrecke …

Aber was soll’s? Immerhin kann ich jetzt neben dem Surfbrett auf der Liste der transportierten Güter endlich auch das Boot abhaken. Demnächst kommt dann wahrscheinlich ein Floß. Oder wir machen mit Luftfahrzeugen weiter. Ich bin gespannt. 🙂