Kuriose Nacht

Taxifahren ist ja ein besonders guter Job, um ihn nebenher auszuüben. Sicher, Geld verdient man nicht unbedingt viel, aber wenn man hier und da mal ein paar Stündchen entbehren kann und einen Chef hat, der einem das durchgehen lässt, dann kann man sich ein paar Euro verdienen, ohne dass es sich allzu sehr nach Arbeit anfühlt. Und das tut es wirklich nicht, wenn man mal für ein paar wenige Touren ohne Anspruch aufbricht. Ich mache das ja auch manchmal …

Der Anruf um Mitternacht war bereits der zweite von Jo am gestrigen Abend und ich habe mich breitschlagen lassen, ihn aus der Kneipe nach Hause zu fahren. Im Nachhinein betrachtet war das auch besser so: wer weiß, ob ein Kollege ihn in dem Zustand mitgenommen hätte. Mehr hatte ich nicht vor, ich war ja nicht auf Arbeit. Deswegen habe ich mich auch nicht geärgert, als ich auf halber Strecke festgestellt hab, dass ich die Fackel ausgeschaltet hatte. Das allerdings sollte auch keinen Unterschied machen. Die potenziellen Kunden konnten mich von da an zwar sehen, aber trotz einer kompletten Durchquerung Prenzlauer Bergs fand sich keiner, der mir nicht in letzter Sekunde von einem Kollegen weggeschnappt wurde. Naja, Pech.

Nachdem ich für Ozie noch was an der Packstation abgeholt hatte, hab ich das Auto abgestellt und bin zu meinem Dönerladen rein. Kurz Kippen geholt und dann gehört wie der Typ vor mir sagt:

„Bestellste mir ein Taxi?“

Der Nachtschichtler griff nach dem Telefon, da warf ich ein:

„Also ich möchte mich nicht über Gebühr einmischen, aber ich bin Taxifahrer und ich hab mein Taxi gerade hier vor der Tür abgestellt.“

Und zack! Da hatte ich noch die zweite Tour, die den Ausflug zu später Stunde noch lohnend gemacht hat. Kurz nach Hellersdorf rüber, freie Straßen, alles bestens! Und nein, wie Arbeit hat sich das wirklich nicht angefühlt.

Winterliches

Aus der Geschichte lernt man. Die November-Abrechnung, ich muss eine Tasche mitnehmen!

Wenn ich normalerweise zu meinen Chefs ins Taxihaus latsche, bevorzuge ich leichtes Gepäck. Wirklich brauchen tue ich eigentlich nur meinen Autoschlüssel, bzw. den Key daran, das Geld und den Papierkram im Portemonnaie. Also die Schichtabschreiber, die Tankrechnungen und die Coupons oder sonstige Belege. Was halt so nötig ist, um eine Abrechnung zu machen. Passt alles in den Geldbeutel, nur den Schlüssel hab ich solo in der Hosentasche. Der fünfte, diesen Monat der letzte Termin zur Abrechnung. Muss ja, schließlich soll das Gehalt wie üblich zwei bis drei Tage vor dem garantierten Termin am fünfzehnten auf dem Konto sein. Im Grunde alles wie immer …

Aber die Novemberabrechnung ist ja dann doch ein wenig anders.

Auf dem Weg hab ich erst einmal festgestellt, dass die Einladung zur Weihnachtsfeier schon via SMS rausging. OK, super. Ich freue mich! Letztes Jahr war das ja ein ziemlich denkwürdiges Ereignis … 😉

Die Tasche packe ich gleich aus, als ich das Büro betrete. Ben stürmt mir entgegen und drückt mir die obligatorischen 1000 Gramm Pralinen in die Hand, die es jedes Jahr zur Weihnachtszeit gibt und ich bin darauf vorbereitet. Christian greift an seinem Schreibtisch erst einmal nach hinten und überreicht mir ein verpacktes nachträgliches Geburtstagsgeschenk – mit der eindringlichen Bitte, den Titel ja nicht persönlich zu nehmen.
Die Formalitäten sind schnell erledigt, der Geldbeutel ist erheblich schmaler danach. Es folgt ein kurzer Abstecher zu Ben, ich will das mit myTaxi endlich in Angriff nehmen. Irgendwie muss das ja über die Firma laufen, schließlich werden die die Gebühren für mich übernehmen. Die Anmeldung ist inzwischen raus – mal sehen, wie das klappt. Ihr werdet davon lesen, versprochen!

Zu guter Letzt ein Abstecher ins Büro von Andreas. Statt wie geplant über eine neue Idee bezüglich der Taxihaus-Page unterhalten wir uns eine halbe Stunde über private Themen. Dann ist auch schon wieder Schluss mit Chefs. Normalerweise für einen ganzen Monat, dieses Mal kommt dazwischen natürlich noch die Weihnachtsfeier. Ein Abschiedsgruß in die Kollegenrunde, raus in die kalte Winterluft.

Auf dem Weg zur Bahn packe ich das Geschenk aus, wie erwartet ein Buch. Titel: Idiotentest. Nicht persönlich nehmen. Auf den ersten Blick (hab auf dem Heimweg schnell mal 35 Seiten gelesen) ein interessanter Roman, wie ich ihn mir auch zu schreiben vorstellen könnte – und unterhaltsam dazu. So gesehen ein Volltreffer.

Bin diese Woche (von der Ausbildung abgesehen) genau 4 Jahre im Unternehmen – aus Gründen, wie man so schön sagt.

Ich möchte zum …

„Das Berghain?“

„Gar kein Problem, das ist …“

„Ist nich weit, oder?“

„Nein, sie müssen da vorne …“

„Ah, ich dachte schon, das wär da hinten irgendwo!“

„Nein nein, einfach hier …“

„Soll ja gut sein dort.“

„Ja, sagt man. Also wenn sie …“

„Schon mal dagewesen?“

„Drinnen?“

„Ja, wie komme ich denn jetzt da hin?“

„Wollte ich ja gerade …“

„Ihr Kollege wollte mir das nicht sagen.“

„Naja, jetzt mach ich’s ja.“

„Was?“

„Ich erkläre ihnen jetzt kurz den Weg. Ist gar nicht schwierig. Nur hier vorne …“

„Das ist gut, ich hab so’n schlechtes Gedächtnis.“

„Ist nur zweimal ums Eck. Wenn sie hier links …“

„Ach, da wäre ich ja völlig falsch gelaufen!“

„Also links!“

„Was haben Sie gesagt?“

„Sie müssen hier vorne …“

„Ich bin ja nur dieses Wochenende hier …“

„Ja. Also passen sie auf: …“

„Kommt man da echt so schwer rein?“

„Ja, soll nicht leicht sein. Soll ich ihnen …“

„Ja, wie komme ich da jetzt hin?“

„Hier links, dann die nächste rechts …“

„Moment, ich würde mir das gerne aufschreiben. Wo hab ich denn jetzt meinen Stif … ach dann halt Handy!“

„Haben Sie’s nun? Ist doch nur hier links, nächste rechts und dann wied …“

„Warten Sie, warten Sie! So schnell kann ich auch nicht tippen!“

„…und dann wieder links.“

„Das klingt aber kompliziert.“

„Ach was: links, rechts, links, immer die erste Str …“

„Können Sie mich da vielleicht einfach hinfahren?“

Dreimal alleine während dieser Unterhaltung, dreimal. Mindestens -.-

Kurz, aber nett.

Mal ganz ehrlich: es passiert ja in der Regel nichts groß spannendes im Taxi. Ich schreibe hier Blogeinträge über einen Euro mehr Trinkgeld oder einen blöden Spruch zu Fahrtbeginn. Es ist für euch Leser vielleicht nicht unbedingt ein Thrillride ohnesgleichen, aber wie jeder andere Beruf hat auch das Taxifahren leise und laute Momente.

Einen der besonders leisen hatte ich derletzt wieder.

Zwei mittelgroße Vorrentner – also Menschen knapp überhalb meines Alters – winkten mich in Friedrichshain heran und fragten, ob ich sie zum Ostkreuz bringen würde. Natürlich! Und auch immer wieder gerne. Aber der Weg war mit nicht einmal einem Kilometer doch recht knapp bemessen. Letztlich war es nur das Gepäck, das den Einsatz eines Taxis rechtfertigte. Ohne das wären sie am Ende sogar schneller gelaufen.

Aber die Zeit drängte. Nur noch wenige Minuten bis der Zug abfahren würde.

Es ist während der ganzen Fahrt nichts spektakuläres passiert und die 4,60 € auf der Uhr lassen allenfalls eine Einsortierung in die „worst 100“ der Fahrpreise möglich erscheinen. Aber ich hab sie einfach möglichst schnell zu ihrem Ziel gebracht, hab dabei am Ende noch den letzten irgendwie befahrbaren Meter ausgenutzt und ihnen viel Glück beim Erwischen des Zuges gewünscht. Alltag soweit.

Bekommen habe ich am Ende einen Zehner für die rund 3 Minuten Arbeit. Abgesehen davon, dass Wechselgeld zu viel Zeit kostet, gab es das auch, weil ich „doch mal so ein netter Taxifahrer“ sei. Wow!

Wie gesagt: es ist nicht oft spektakulär, aber es würde mir was fehlen ohne sowas!

Vom Hörensagen im Kreis

Ich hab mich ausnahmsweise mal vor den Magnet-Club gestellt. Hat auch keine 3 Minuten gedauert, da purzelten mir ein paar Spanier ins Auto. Gute Stimmung, stressfreie Fahrt. Das Ziel ist mir nämlich mehr als nur bekannt:

„We’ve heard about Berghain. Would you bring us there?“

„Of course.“

So weit, so unspektakulär. Gut, dank Abbiegeverbot an der Oberbaumbrücke ist der Weg derzeit ein wenig länger, aber es ist immer noch eine Tour um die sieben Euro irgendwas. Am Berghain angekommen fielen sie erstmal aus allen Wolken wegen der Schlange. Ich hätte es ihnen eigentlich sagen können, aber nun standen wir da.

„No, we’ll never do that. We’ve heard about Karte Olsrigg. You bring us there?“

„Kater Holzig? We’ll be there in 3 minutes.“

Eine erkennbare Schlange (also abgesehen von den Taxen vor dem Tor) war nicht zu erkennen, aber irgendwie schien ihnen der Bretterverschlag etwas unheimlich zu sein:

„Uh, hmm. Guess that’s nothing for us. But we heard about Watergate. What about this?“

„Are you serious?“

„Why?“

„Because Watergates entrance is directly beside the Magnet. It’s exactly the place we came from.“

Man könnte eigentlich erwarten, dass sich jetzt irgendwer ärgert, weil unnötige Fahrt und so. Nix da:

„Oh really!? That’s nice! Bring us there!“

Ich will mich sicher nicht beschweren, sowas tut meinem Geldbeutel und meinem Kilometerschnitt sehr gut. Aber ein bisschen weniger Verplanung und ein paar handfeste Infos könnten der Truppe letztlich eine Menge Geld sparen. Hab ich gehört.

Was ich gerne mal wissen würde …

Nämlich: Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit dass das LDS-Taxi auf der Warschauer Brücke mit 7,20 € auf dem Taxameter gerade dabei war eine legale Tour zu absolvieren?

Ich weiß, es kann sein. Aber mich würde einfach mal interessieren, ob die Wahrscheinlichkeit dafür bei 2% liegt oder bei 0,02% …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Weitergehen

Zwei Männer in den besten Jahren, leicht angeheitert, steigen ziemlich flott ein.

„Ja, also zuerst geht es mal in die Bülowstraße xy …“

„Und danach? Geht’s etwa noch weiter?“

„Ja, also sicher. Ähm, also sie, für sie geht es sicher auch noch weiter, aber nicht, äh, mit uns so.“

„Keine Sorge, soo war das auch nicht gemeint.“

🙂