„Sehr gerne doch!“

Als Taxifahrer tut man ja gut daran, den Kunden – oft auch nur potenziellen – entgegenzukommen und auf sie zu hören. Man sollte es dabei nicht übertreiben – unsere Kundschaft ist mit Stoffeln ja ebenso durchsetzt wie unser Gewerbe – aber mehrheitlich lohnt es sich. So wie dieses Wochenende in der Wendenschloßstraße. Ich hatte eine ansehnliche Tour von Mitte aus nach dort gehabt und war so gesehen sehr zufrieden mit dem Schichtverlauf und allem, was dazugehört. Ausgerechnet 50 Meter vor der Stelle, an der ich meinen Fahrgast absetzen sollte, pöbelte ein Haufen Jugendlicher uns an, ich befürchtete zunächst, sie würden uns nicht durchlassen.

War eine unangenehme Truppe. Sicher 20 bis 30 Leute, alle besoffen und darüber hinaus etwa so sympathisch wie ein Rudel tollwütiger Affen. Ja, der Vergleich trifft es ganz gut. Als wir an ihnen vorbei waren, meinte mein Fahrgast mit einem Lächeln:

„Naja, so wie’s aussieht, kommen die gerade vom Fußball …“

Ach so, na dann ist es ja völlig logisch und normal, dass sie auf einer Durchfahrtstraße herumtorkeln und parkende Autos anpinkeln!

Was mir wesentlich mehr Sorge machte als die Feierei der Jungs, war, dass ich den Eindruck hatte, sie wären gerne mitgefahren. Dort unten, wo man den Arsch der Welt schon recht gut sehen kann, hätte ich gerne eine Anschlusstour gehabt – aber musste das Schicksal mir ausgerechnet eine Großgruppe von übermütigen Schwachmaten bescheren?

Mein Fahrgast ließ mich mit einem großzügigen Trinkgeld zurück und ich überlegte mir, was ich machen sollte. Sollte ich anhalten? Wenn ja: Großraumtaxi spielen oder nicht? Ich lehne einfach ungerne Fahrten ab und selbst solche Töffel hatten mich schon oft genug positiv überrascht. Ich war echt am Grübeln. Ich beschloss, wenigstens mal zu sehen, was sie wollen. Im Notfall bin ich halt einfach schnell weg. Und an ihnen vorbei musste ich ohnehin.

Da sie ihr Gelage inzwischen wirklich über die ganze Straße ausgedehnt hatten, fuhr ich vorsichtig heran und sah mich behutsam um. Alle stierten mich an, aber nix passierte. Bis einer mir freundlich zurief:

„Verpiss Dich! Wir brauchen kein Taxi!“

Und da greift meine Aussage von oben: Einfach machen! War in dem Fall sicherlich eine vernünftige Entscheidung. 😉

6 Kommentare bis “„Sehr gerne doch!“”

  1. elder taxidriver sagt:

    Es geht doch nichts über eine schöne lange leere Rückfahrt. Außer natürlich die Hinfahrt..

  2. Sash sagt:

    @elder taxidriver:
    Na insbesondere mit der Alternative … 😉

  3. Aro sagt:

    Immerhin mussten die Jungs wohl gerade eine Niederlage ihres Vereins verdauen. Und ausgerechnet auch noch gegen die Hertha. Die Armen…

  4. Karma sagt:

    Die Menschen sind so freundlich heutzutage…

  5. Paul sagt:

    Schicksal? Rudel tollwütiger Affen, die Autos anpinkeln? Alkohol? War Deine Kotz-Alarmleuchte defekt? Auch wenn Du immer an das Gute im Menschen glaubst, ähm, wie soll ich sagen….

  6. Sash sagt:

    @Aro:
    Scheint hierzulande ja für alles zu entschuldigen … 🙁

    @Karma:
    Und wie! Ich bin so oft überrascht … 😉

    @Paul:
    Die ist doch immer defekt. Probleme gab es bisher fast nur mit solchen, bei denen es nicht abzusehen war. Da hab ich ohnehin so meine Sorgen …

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