Eine Schweigeminute

Ich möchte heute den Platz hier nutzen, um die Kollegen, denen in den letzten Wochen etwas nerviges passiert ist, zur Einkehr zu bewegen und ihnen klarzumachen, dass es immer noch schlimmer kommen kann. Ich möchte euch dazu auffordern, eine Minute zu schweigen für meinen lieben Kollegen Said, der eigentlich alles richtig gemacht hat.

Er stand, irgendwann in der Nacht, am Ostbahnhof. Meiner Lieblingshalte. Ein verzweifelter und netter Mensch fragte ihn an, was die Fahrt bis nach Rostock kosten würde. Said verlangte mehr als ordentliche 400 €, obwohl alsbald klar wurde, dass von dort umgehend eine ebenso bezahlte Rückfahrt erfolgen würde. Dem Kilometerschnitt nach hätte man für die einfache Strecke also durchaus bis auf 250 € runtergehen können und dennoch ein Hammer-Geschäft gemacht.

Der Kunde war einverstanden, die Traumtour schlechthin. Das, was wahrscheinlich nur alle 10 Jahre einmal passiert.

Kurz hinter Eberswalde ist ihm das Auto verreckt und Said musste seinen Fahrgast an einen eilig herbeigerufenen Kollegen weitergeben (und selbst anderthalb Stunden unbezahlt auf den Abschleppdienst warten).

Natürlich sind wir nicht nur Kollegen, sondern auch Konkurrenten. Aber das ist die mit Abstand traurigste Story, die ich seit langem aus dem Gewerbe hören musste und ich finde, der Kollege hat ein wenig stilles Mitleid verdient …

15 Kommentare bis “Eine Schweigeminute”

  1. gasthier sagt:

    Einerseits hat er alles richtig gemacht, andererseits hat er für die Tour ne stolze Summe verlangt.
    Ich vermute mal: Wenn er weniger als die 400 verlangt hätte, dann wäre der Wagen nicht verreckt.

  2. Matze sagt:

    Was gilt bei diesen Pauschalen fuer extrem weite Strecke eigentlich bei verkehrsbedingten Wartezeiten? Wenn ich am HBF mit dem Taxler vereinbare, mich fuer zB 300 Eur nach Hamburg-Altona zu bringen und wir stehen auf der A10 fuer zwei Stunden im Stau -wird dann nachverhandelt oder kann ich mich auf den Festpreis berufen (wahrscheinlich wuerde ich von mir aus einen Zuschlag anbieten, solange seine Forderung nicht zu unverschaemt wird)?

  3. Markus sagt:

    Wer in die Ostzone fährt ist ohnehin selber Schuld. Man sieht ja, was im „Evil Empire“ so passiert … Ansonsten gilt 2,50 € pro Entfernungskilometer, sonst bringt man Geld mit und wie sind doch nicht vom Sozialamt.

  4. Blogolade sagt:

    autsch, wie ärgerlich!

  5. Judith sagt:

    :O Also ganz ehrlich hab ich bis zum Schluss an was schlimmeres, wie z. B. Überfall, gedacht.

  6. Anicca sagt:

    Hmmm… „die mit Abstand traurigste Story“, weil es nicht Sash war, der da herbeigerufen wurde, um die Tour zu übernehmen…? 😉

  7. Michi sagt:

    Hat Said denn wenigstens den Fahrpreis für den Anteil bis Eberswalde bekommen?

    Bitter ist es aber so oder so…

  8. Sash sagt:

    @gasthier:
    Wer weiß 😉
    Wobei die 400 ohne die Rückfahrt noch sehr normal gewesen wären. Sie hatten sich da wohl drauf geeinigt und wenn dann noch eine Rückfahrt dazu kommt, dann springt man natürlich auch nicht auf und brüllt rum, dass man nun selbstverständlich nochmal auf einen Haufen Geld verzichtet. Da hätte ich mich wohl auch nicht unbedingt zu durchgerungen – so lange der Fahrgast da nicht weiter verhandelt (was im Übrigen ohnehin eine Seltenheit ist – meist drücken wir bei weiten Strecken ein Auge zu, um die Fahrt überhaupt zu kriegen).

    @Matze:
    Naja, abgemacht ist abgemacht. Ich denke, die wenigsten Fahrgäste fänden es ok, wenn man sagt: „Hmm, machen wir mal 350 – aber wenn wir im Stau stehen 400.“ Kann man machen und ist nicht prinzipiell dumm. Wie ich aber schon zu gasthier schrieb: Wir Fahrer sind hier in Berlin nur selten in einer starken Verhandlungsposition und Festpreise werden von den meisten Fahrgästen ohnehin eher akzeptiet – wir werden ja dauernd danach gefragt. Wenn ich eine lange Tour hypothetisch nach Taxameter fahren würde und sagen würde „Kostet zwischen 350 und 400 €“, dann lehnen mit ziemlicher Sicherheit mehr Leute ab, als wenn ich sagen würde „400 € pauschal“.

    @Markus:
    Also die 2,50 € hab ich noch von nirgendwoher gehört. Aber gut, Ostzone auch schon eine Weile nicht mehr…

    @Blogolade:
    Und wie … 🙁

    @Judith:
    Ja, das wäre übler. Wobei: Wenn man 800 € sicher in der Tasche wähnt… rein finanziell tut der Schaden ja weit mehr weh als ein Überfall.

    @Anicca:
    Ja, das ist natürlich der eigentliche Skandal. Aber ich will mich nicht beschweren, ich hatte die Tage auch mal Glück. Aber das kommt alles noch 😉

    @Michi:
    Klar. Aber von der freien Woche war dann nicht mehr viel übrig …

  9. Aro sagt:

    Na ja, das ist schon richtig ärgerlich. Aber leider geschehen im Gewerbe andere Dinge ,die wirklich schlimm sind, weil Kollegen danach oft nicht mehr ihren Job machen können.

    @Markus
    Eine „Ostzone“ gibt es nicht. Und wer bitte schön bestimmt, dass „2,50 EUR gilt“? Das ist Verhandlungsache und ich kenne niemanden, der bei einer einfachen Fahrt mehr als 2 EUR nimmt. Wenn es sogar eine besetzte Rückfahrt gibt fragt sich, wieso dann pro Kilometer fast das Doppelte verlangt werden sollte, als wenn man mit Uhr fährt? Dann kostet der Kilometer 1,28 EUR.

  10. Na Sash ich weiß nicht, ob die Geschichte „traurigste Story“ den Namen verdient hat.

    Zweifelsfrei sehr ärgerlich – Traurig wäre es, wenns mit einem Unfall oder Überfall geendet hätte – oder besagter Fahrgast in Rostock die Biege gemacht hätte 😉

  11. Sash sagt:

    @Aro und Busfahrer Michael:
    Ich hatte echt schon befürchtet, dass das kommen wird. Ich will natürlich – um Gottes Willen! – nicht eine entgangene Fahrt mit einem Überfall vergleichen. Oder ein verrecktes Auto mit einem verletzten Kollegen!
    Es ist einfach nur ein sehr trauriger Zufall gewesen und etwas, bei dem ich sehr gut mitfühlen konnte. Und Überfälle gab es in meinem Bekanntenkreis zudem auch keine in letzter Zeit.

  12. Hans Olo sagt:

    Interessanter wäre ja mal zu wissen, warum die Kiste liegen geblieben ist.

    Bei manchen Taxen muss man sich ja tatsächlich fragen, ob die es noch bis zur nächsten Tankstelle schaffen. Was da an Schrotthaufen den Kunden zugemutet wird, das geht ja oft auf keine Kuhhaut mehr.
    Von daher ist er vielleicht auch selber schuld, wenn seine Droschke schlecht gewartet ist.

  13. Sash sagt:

    @Hans Olo:
    Er ist bei mir in der Firma. Insofern: Ein typischer Fall von „Passiert halt mal“
    Die Autos sind häufig genug in der Werkstatt, aber man kann ja nix ausschließen …

  14. Matze sagt:

    Musste ich doch erst nachsehen: Eberswalde -> Rostock? Aber seit einigen Jahren ist das ja ein Option, wenn auch nur verkehrsbedingt die Bessere.

  15. Sash sagt:

    @Matze:
    Hmm, gute Frage eigentlich 🙂
    Aber vielleicht hab ich mich da auch verhört.

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