Eigenartige Kurzstrecken

Der Kurzstreckentarif im Taxi in Berlin ist unter den Fahrern ja ein recht heikles Thema. Während jüngere wie ich meist kein großes Problem damit haben oder es als niederpreisiges Einstiegsangebot gar nicht so schlecht finden, gibt es auch Gemecker. Die Geschäfte waren früher mal besser und – ob zu Recht oder nicht, kann ich nicht beurteilen – das wird auch gern auf die Einführung der Kurzstrecke geschoben.

Ein bisschen kann ich aber die Haltung der Kollegen verstehen, wenn auch aus anderen Gründen. Zum einen ist ein zweiter Tarif blöd, wenn es auch einer getan hätte. Zum anderen – und wichtigeren – ist es diese „Kleiner Finger“-Geschichte. Seit es die Kurzstrecke gibt, gibt es Kunden, die meinen, wenn man auch „so billig Taxifahren“ kann, dann müssten wir Fahrer das doch auch immer und von uns selbst aus und überhaupt und auch bei längeren Strecken …

Ich denke, Ihr versteht was ich meine.

Als ich jetzt am Wochenende an der Wuhlheide stand, um Publikum von den Ärzten abzugreifen, pirschte sich auch ein Pärchen heran. Er streckte den Kopf zum Fenster rein und fragte:

„Hallo, ich wollte mal fragen: Was ist eine Kurzstrecke und wieviel kostet die?“

Schon klar, dass jeder irgendwann das erste Mal nachfragen muss, aber es war schon sehr dieses „Hab jehört, dit jeht noch billija!“.  Zumindest die Einschränkung, dass man vom Stand aus nicht mit Kurzstrecke fahren kann, kennt inzwischen fast jeder. Aber egal. Kundschaft ist Kundschaft und ich hab freundlich erklärt, dass eine Kurzstrecke 4 € kostet, man damit 2 Kilometer weit fahren könnte, allerdings nicht von einem Taxistand aus. Das wurde auch zur Kenntnis genommen und die beiden haben sich verzogen.

Das ist auch kein Problem für mich gewesen. Die sollten sich gerne ein Taxi ranwinken, denn natürlich hätte ich mich über eine Tour von mehr als 6,60 € gefreut (das wären 2 Kilometer zum Normaltarif). Nach 3 Minuten, ich stand immer noch da, kamen sie wieder und stiegen etwas wortkarg ein. Ihre Straße sagte mir nicht gleich was, sollte aber „da vorne links“ irgendwo sein. Als ich die Adresse im Navi hatte, stand die Uhr bei 6,80 € und das Ziel lag noch über 3 Kilometer entfernt.

Also hab ich versucht, die ohnehin grundlos geknickte Laune ein wenig aufzubessern und gesagt:

„Im Übrigen: Ärgern Sie sich nicht über die Kurzstreckenregelung. Sie wären mit diesem Tarif ohnehin nur bis hierher gekommen. Sie kommen also keineswegs teurer weg als in irgendeinem anderen Fall, das hätte schlicht nicht gereicht.“

Fazit: 12,20 € auf der Uhr, eisernes Schweigen und kein Trinkgeld.

Das sind die Momente, in denen ich mir auch denke, dass mich die Kurzstrecke nervt. Die hat mir an diesem Abend definitiv die Tour komplett versaut, weil meine Fahrgäste dauernd vor Augen hatten, dass sie ja vielleicht hier und da und da war doch was mit 4 € …

18 Kommentare bis “Eigenartige Kurzstrecken”

  1. elder taxidriver sagt:

    Ich habe die Kurzstrecke mal einem Journalisten erklärt, hat ’ne Viertelstunde gedauert..

  2. Alexander sagt:

    .Hab nach dem Ärzte-Konzert am Fr. bei der Reihe der Taxen, die an der Straßenbahnhaltestelle FEZ standen, Ausschau nach Deinem Wagen gehalten. Wenn ja, dann hätten meine Frau und ich das Taxi genommen. So wurde es doch die Straßenbahn. Wäre eine Chance gewesen, als langjähriger Leser von GNIT endlich mal mit Dir zu fahren….

  3. MsTaxi sagt:

    Tja, Kunden und ihre Tarif-verstehen-Fähigkeiten 🙂

    Am problemlosesten gestalten sich solche Dialoge mit Selbstständigen, die aus eigener Erfahrung wissen, dass Gewinnerzielung mit bestimmten finanziellen Voraussetzungen zwingend gekoppelt ist.

    Unter diesem Aspekt war ein potentielles Kundentrio von mir am Wochenende eindeutig Azubi. FG1 zu mir: „Was kostet denn eine Fahrt nach „StraßeimStadtteil“ – „Ca. 6,50€, je nach Ampellage und genauer Hausnummer.“ FG1: „Können wir da nen Festpreis machen?“ – „Nö, geht innerhalb der Stadt nicht.“ FG2 (deutlich alkoholisiert): Laber nicht rum, du hast Beförderungspflicht, du musst uns fahren!“ – „Stimmt, muss ich, mach ich ja auch… und ich mach die Uhr an.“ FG1 und FG2 steigen ein, während FG2 immer noch über Festpreis, Beförderungspflicht etc. räsonierte. Als FG3 VR einstieg, stieg mir Scotchgeruch in die Nase. Kunststück, bei dem Doppelten, den er im offenen Glas vor sich her trug.

    Als ich darauf hin bat, entweder austrinken oder im Blumenkübel an der Halte Glas stehen lassen oder aber genüsslich im Wagen bei laufender Uhr trinken, sahen FG2 und 3 das nicht ein. Ich: “ Tja, gesetzliche Grundlage sagt: Tarifgebiet, Beförderungspflicht, kein Festpreis und keine offenen Getränke im Auto bzw. Warten nur mit Uhr – trifft halt alles zusammen.“ „Ja, so aber nicht mit uns, du willst uns nur abzocken, blöde Kuh!“ Daraufhin hab ich sie gebeten, sie sollten den hinter mir stehenden Kollegen von ihrer Sicht der Dinge überzeugen. 🙂

    Ich liebe es, wenn mir Kunden Samstag nacht um 3.30 Uhr meinen Job erklären wollen. *breitgrins*

  4. Sash sagt:

    @elder taxidriver:
    BILD?

    @Alexander:
    Ich stand auf der anderen Straßenseite 😉
    Aber das auch nur, weil ich wie erwähnt vorbestellt war.

    @MsTaxi:
    Oje, das waren aber auch mal wieder Vorzeigekandidaten …

  5. elder taxidriver sagt:

    @Sash: Kicher, nee, weiß nicht mehr.

  6. Rike sagt:

    Als meine Kumpels und ich gestern Abend völlig aufgeweicht aber euphorisch vom Konzert Richtung Bahnhof stapften, habe ich auch mit dem Gedanken gespielt, dich anzurufen. Wäre allerdings ein teures Vergnügen geworden, wir leben gleichmäßig über die Stadt verteilt. Zum Glück kam auch bald eine S-Bahn und wir ergatterten sogar noch Sitzplätze. Aber schön zu hören, das BelaFarinRod auch dir ein erfolgreiches Wochenende bescherten.

  7. Alexander sagt:

    Sehr schade, Sash. Da es mich, wenn ich regelmäßig in Berlin bin, eher selten an den Ostbahnhof verschlägt, wäre das wohl die beste Chance gewesen. 😉

  8. Daniel sagt:

    Tja, wie kannst Du nur so unbarmherzig sein und den Fahrpreis streckenabhängig gestalten? Der Bus fährt ja auch zum Festpreis…

  9. Schorsch sagt:

    Normal sollte der erste Kilometer standardmäßig 7 oder 8 EUR kosten – das würde ein Haufen Schwachköpfe abhalten. Aber so einen Unsinn wie Kurzstreckentarif hab i hier auf der Seite das erste Mal gelesen. Gibt denn ne Tankstelle, wenn nur „kurz“ 5 Ltr. tankt auch nen günstigeren Preis pro Ltr.? Also…

  10. Kraven sagt:

    Also wenn ich das richtig verstehe kosten mit Kurzstrecke 2 Kilometer 4 Euro, die sind aber 5 Kilometer gefahren und haben 12,20 gezahlt. Wäre es da für sie nicht günstiger gewesen, zuerstmal Kurzstrecke zu fahren, dann am Ende der Kurzstrecke aussteigen und das Taxi direkt wieder ranwinken und wieder Kurzstrecke? Damit käme ich dann 6 Kilometer für 12 Euro 😉

  11. hans sagt:

    geht noch besser!
    am ende der kurzstrecke kam der vorschlag ich könnte ja nochmal kurzstrecke drücken.
    das führte zum sehr schnellen aussteigen der fahrgäste,da ich ein sehr humorloser mensch bin.

  12. opatios sagt:

    @Schorsch: „Kurz-tanken“ geht hierzulande an Stationen von A.al
    Da drückst Du an der Zapfsäule ein Knöpfchen und kriegst vom Sprit deiner Wahl für genau 5 Euro! 😉

  13. Aro sagt:

    Konzertkarten leisten können, aber dann beim Taxi rummaulen. Oh man, wie ich das hasse. Da lob ich mir meine Fahrgäste von letzter Woche zum Spingsteen-Konzert, die gleich klargemacht haben, dass Taxi von vornherein mit eingeplant worden ist. Man will ja einen schönen Abend haben.

    @ Kraven
    Wenn Du das bei mir probieren würdest, hättest Du eine unvergessliche Taxifahrt gehabt… 😉

  14. Sash sagt:

    @Rike und Alexander:
    Ach, entweder es klappt mal, oder nicht. So ist das halt 🙂

    @Daniel:
    Ich weiß auch nicht … 😉

    @Schorsch:
    Aber das ist doch Quatsch! Nix anderes machen wir ja mit unserem Startpreis. Und der ist in Berlin mit 3,20 € ja auch nicht ganz ohne. Gut, es sind nicht 7 oder 8€, aber fast jeder Taxitarif in Deutschland ist letztlich irgendwie gestaffelt oder degressiv, um für uns die kurzen Touren erträglicher zu machen.
    Und für eine kurze Tour von der Ampel weg sind 2€/km doch ein guter Tarif. Dafür hab ich keine Wartezeit, keine Anfahrt, nix. Das ist ja der Deal. Aber – und das ist es halt – DARAN halte ich mich auch: Keine Kurzstrecke vom Stand, da das so nicht gedacht ist.

    @Kraven:
    Sowas versucht der ein oder andere schon. Aber du glaubst gar nicht, wie leicht wir winkende Fahrgäste auch mal übersehen können … 😉

  15. Kraven sagt:

    @Aro: Menno, jetzt bereue ich es ja fast so weit weg von Berlin zu sein. Wollte schon immer eine unvergessliche Taxifahrt 😉

    @Sash: Aber ihr habt doch eine Beförderungspflicht 😉 😛

  16. hans sagt:

    @kraven:aber nicht die pflicht jemanden zusehen.

  17. phil-d sagt:

    Also ich hatte das Taxi mit eingeplant. War auch wesentlich angenehmer als die vollgestopfte S-Bahn.
    Und wenn man nett fragt, kann man ein Taxi ja auch vorbestellen 😉

  18. Sash sagt:

    @phil-d:
    😀

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