BVG-Streik

Dieses Mal ist mir Klaus im cab-log wieder einmal zuvorgekommen, er hat vorhin bereits über den BVG-Streik in Berlin berichtet und ich kann ihm nur Recht geben, was sein Fazit angeht:

Der Tag war ertragreich für uns, man musste nur mal ein paar alte Gewohnheiten abschütteln.

Denn natürlich wartete die Kundschaft verstärkt dort auf uns, wo keine Bahnen gefahren sind, nicht dort, wo sie vielleicht sonst wartet. Ich hätte zwar mit meiner Lieblingshalte am Ostbahnhof sicher auch nicht so falsch gelegen in den frühen Morgenstunden, tatsächlich aber habe ich mich ab 4 Uhr früh (teilweise durchaus ungeplant) hauptsächlich im Nordwesten Berlins rumgetrieben. An den Haltestellen selbst war die Ausbeute zwar eher gering, viele Leute hatten sich bereits genervt auf den Weg gemacht und ließen sich dann irgendwo am Straßenrand aufsammeln und zur Arbeit oder nach Hause bringen.

Die drei Stunden Streik, die mir in meiner Arbeitszeit vergönnt waren, war ich (abzüglich einiger Rückfahrten zu Straßenbahnstrecken) fast durchgehend besetzt, keine einzige Kippenpause habe ich gemacht, ich war immer auf Achse. Die Touren waren überdurchschnittlich lang und trotz viel Frust über nicht fahrende Bahnen kam auch oft zum Ausdruck, wie froh die Kundschaft war, dass wir wenigstens unterwegs sind. Die Kollegen, mit denen ich geredet habe, hatten am Freitag allesamt bombige Umsätze, es war für uns Taxifahrer zweifelsohne ein schöner Tag.

Und auch wenn ich nicht wirklich informiert bin über die Tarifverhandlungen, muss ich doch auch mal für die BVG selbst das Wort ergreifen: So ein Streik ist eine legitime tarifrechtliche Aktion und es wäre für wesentlich mehr Menschen stressig geworden, hätten sie unter der Woche gestreikt. Sehr lobenswert übrigens, dass im ganzen Stadtgebiet zweisprachig darüber informiert wurde. Ein paar Touristen haben in der Nacht von mir noch ein kurzes Briefing für den nächsten Tag bekommen, was man halt so als Service obendrauf packt als Taxifahrer… 😀

Ich selbst hab im Übrigen auch einen Teil meines Trinkgeldes opfern dürfen, um mit dem Taxi heimzukommen. Im Gegensatz zu unserem früheren Abstellplatz liegt der neue nicht mehr an einer S-Bahn-Station, so dass mir außer ewigen Fußmärschen auch nur die Option Taxi offenstand. Ich hatte mich auf einige Wartezeit eingestellt und sogar darauf verzichtet, Kollegen heranzuwinken, die mir frei entgegenkamen – an der Landsberger Allee ist das Wenden ja eine Sache für sich…
Aber eine Viertelstunde nach Schichtende hatte ich dann einen netten Kollegen, der ebenso wie ich zufrieden mit seiner (erst kürzlich begonnenen) Schicht war und mich nach bester Kutscher-Manier kompetent, schnell und bequem nach Hause gebracht hat, was bei meinen Trinkgeldgewohnheiten auch sicher nicht sein Schaden war 😉

Wechselgeld-Rekord

„Das mit dem Wechselgeld“ ist ja immer so eine Sache bei uns Taxifahrern. Wir hüten uns aufgrund von zahlreichen Überfällen davor, allzu viel dabei zu haben, bei den Kunden stößt das auf Unverständnis.

Ich selbst nehme zwar nicht viel Geld extra mit, nehme es den Kunden allerdings auch nicht per se übel, wenn sie mal mit großen Scheinen zahlen. Zumal manche auch nicht wirklich was dafür können. Manchmal vielleicht ein Bisschen. Aber wenn ich erstmal eine halbe Schicht oder mehr hinter mir habe, passt es ja meistens doch, wenn mal recht überraschend ein Fuffi auftaucht. Ich hätte zwar einmal um ein Haar eine 6€-Tour mit einem Hunni bezahlt bekommen, aber dazu kam es letztlich nicht.

Den prozentualen Rekord hab ich wohl jetzt am Wochenende eingestellt. Eine junge Truppe Amerikaner wollte zum Wombat’s Hostel. Den Zehner (waren 5 Leute) haben sie auch gleich passend mit kleinem Trinkgeld beglichen. Dann aber wollte ein Mädel aus der Truppe noch weiter in die Schönhauser Allee. Ich hab die Tour also weiterlaufen lassen, was am Ende gerade mal 1,80 € auf der Uhr ausmachte. Und dann? Klar:

„Mmmh, I only have 50…“

Sie kam frisch vom Geldautomaten am ersten Abend in Europa. Was will man machen? Also hab ich – ohne Trinkgeld natürlich 🙁 – wirklich 48,20 € rausgeben dürfen.

Was bin ich froh, dass das an dem Abend gut gepasst hat. Damit hätte sie mich manches Mal übel erwischen können…

Wiedersehen

Hab übrigens dieses Wochenende am Stand den russischen Kollegen getroffen, der mich an Silvester als beleuchtete Patrouille nach Hause eskortiert hat. Unter tausenden Kollegen sieht man sich dann ja doch nicht jeden Tag.

Es hat mich gefreut zu hören, dass seine Schicht noch erfolgreich weiterging und er im Allgemeinen gerade wohl keinen Grund zu klagen hat. Kollegialität und Solidarität ist wirklich was schönes, das vergessen leider viel zu viele – insbesondere in einem vergleichsweise schlecht bezahlten Umfeld wie dem Taxigewerbe. 🙁

Ortskunde für Profis

Ich hab hier ja oft geschrieben, wie schwierig das ist mit der Ortskunde in Berlin. Wie lange ich hab lernen müssen, wie viel ich immer noch nicht weiß… alles alte Hüte. Für die, die noch nicht seit Beginn dabei sind, sei der folgende Link empfohlen. Denn im Blog bei meinen Chefs habe ich mal ein Beispiel geschildert, das klar macht, wie hart es tatsächlich ist, diese blöde Prüfung zu bestehen. Denkt nächstes Mal daran, wenn ihr im Taxi heimfahrt: Die Fahrer haben einiges auf sich genommen, um diesen Job zu machen:

Die Ortskundeprüfung: Ein Praxisbeispiel

PS: Das ist wirklich mein Lieblingsbeispiel. Ich nehme es immer wieder, um Kunden zu erklären, wie die Prüfung funktioniert. Ist so gesehen also tatsächlich ein Beitrag zu GNIT.

Ansagen im Taxi

Ich wollte darauf hinweisen, dass der Taxiblogger heute einen kleinen Artikel über die liebe Mühe mit eindeutigen Kundenansagen geschrieben hat. Das hat mich dann daran erinnert, dass ich vor ein paar Tagen mal wieder eine Fahrt hatte, bei der die Kundschaft meine Frage, wo ich denn halten solle, mit dem Satz:

„Da vorne an der hellen Lampe!“

beantwortet hat. Mal im Ernst: Das ist irgendwo auf dem Land verständlich, aber in einer Straße, in der Café-Beleuchtungen, Straßenlaternen und Hauseingänge um die Wette funkeln, da kann auch des Taxifahrers Leuchtmitteleinschätzungsvermögen ein bisschen ungenau sein 😉

Eine nicht ganz reale Taxifahrt

Heute morgen im Taxi 😉

„Guten Tag, wo darf es hingehen?“
„Spreeweg? Wohin da genau.“
„Das Wort „Stressbunker“ ist mir jetzt nicht nicht direkt geläuf… ach das Schloß Bellevue!“
„Und? Haben sie da beruflich zu tun? Ach! Nicht mehr… verstehe.“
„Eine Rede halten und Sachen packen? Fahren sie in den Urlaub?“
„Wie meinen sie: Je nachdem, wer das bezahlt?“
„Ich könnte jetzt ja direkt über die Rudi-Dutschke bei der Bild vorbei…“
„Dann halt nicht! Wenn es nach mir geht, können wir gerne einen Umweg nehmen. Aber über Springer wäre wirklich praktischer.“
„Hey! Nun kriegen sie sich mal wieder ein. Ich würde ihnen mal eine, hmm… sagen wir: etwas diplomatischere Ausdrucksweise empfehlen…“
„Was nuscheln sie da von Rubikon? Das ist nur die Spree.“
„Nein, die Telefonnummer der Staatsanwaltschaft Hannover kenne ich leider auch nicht. Aber wenn sie ohnehin gerne Umwege fahren, könnten wir auch in Hannover… haben sie denn da geschäftlich…?“
„Ach, nur eine Beschwerde? Ja, das geht sicher auch über die Mailbox.“
„Hören sie, wenn wir schon mit der Kirche ums Dorf fahren will ich eigentlich den Verkehrsnachrichten… ja gut, dann lesen sie vor. Ich höre mir ihre Rede an.“
„Die ham mich nicht mehr lieb und jetzt mag ich nicht mehr? Das können sie nicht schreiben! Schreiben sie lieber irgendwas von verlorenem Vertrauen und dass sie ihre Wirkungsmöglichkeiten nicht mehr…“
„Nein, glauben wird das auch niemand! Aber es klingt doch ein bisschen besser.“
„Und danken sie allen, die sie kennen! Das kommt immer gut. Auch ihrer Familie! Das mögen die Leute.“
„Das macht dann 18,50 €.“
„Wie, die Rechnung auf Herrn Groenewold?“
„Ja, wenn sie das sowieso in bar bei ihm wieder auslösen, dann können sie doch gleich hier…“
„Nein, sie haben sich immer korrekt verhalten… – Ja, natürlich dürfen sie das verwenden.“
„Ich wünsche ihnen auch einen unvergesslichen Tag.“

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Fritz Ehner, der Weihnachtsmann

„Guten Abend. Ich muss hier ins Fritz-Ehner-Karree. Kennen sie das?“

„Äh, ganz ehrlich: Nein!“

Mein Fahrgast war ein beleibter Mittfünfziger mit einer Reisetasche, die ungefähr das Gewicht meines Autos hatte. Also mal grob geschätzt nach dem Hochhieven in den Kofferraum. Ein netter Kerl mit (so schreibt man das immer gerne, aber ich habe keine Ahnung, was es bedeuten soll) rauschendem Vollbart, der langsam aber sicher farblich in Richtung #ffffff tendierte.
Hätte er auch nur angedeutet, mal ein Rentier gekannt zu haben, wäre ich sicher gewesen, dass es der Weihnachtsmann mit allen (!) Geschenken für nächstes Jahr ist.

„Hier, dann können sie vielleicht das Navi… muss auch ganz in der Nähe sein.“

Er reicht mir sein Smartphone. Ach Gottchen! Na klar!

„Ach so, das Wriezener Karree! Das ist kein Problem. Aber ich sage es ihnen gleich: Das ist hier nur 300 Meter ums Eck. Die Fahrt wird dennoch rund 4 € kosten, ist also ein verhältnismäßig teurer Spaß. Wenn sie wollen, können sie gerne aussteigen und laufen.“

Die Fahrt war zwar sicher nicht unbedingt das, was ich erhofft hatte – aber es ging mir ernstlich nicht darum, ihn loszuwerden. Ich weise auf diese Möglichkeiten bloß immer hin, da ich es selbst seltsam finden würde, wenn ein Taxifahrer nichts sagt, einmal abbiegt und mich dann mit einem Fantasiepreis von einem Euro pro hundert Meter konfrontiert.

„Nee nee, die Tasche ist sauschwer, da sind lauter Bücher drin! Ist alles ok, ich zahl das!“

Schnell hatten wir geklärt, dass er ins Ostel wollte. Das Ostel ist ein „DDR-Design-Hotel“ und als solches nicht zu übersehen. Der Anblick von unserer Richtung aus wird in diesem Blog ganz gut gezeigt. Und das ist auch das Problem. Denn der dämliche Pfeil mit dem Hinweis, wo die Rezeption ist, ist für Autofahrer mal für’n Arsch!

Hierbei sollte ich erwähnen, dass es natürlich sinnig ist, als Taxifahrer solche Details zu kennen. Aber gerade – oder vielleicht auch wegen – der Nähe zu meiner Lieblingshalte bin ich noch nie zum Ostel gefahren. Die Adresse ist zwar „Wriezener Karree“, bei der so eindeutigen Beschilderung habe ich eine Durchfahrt von der Straße der Pariser Kommune in Betracht gezogen. Die gibt es aber nicht. Mein Fahrgast war nicht ernstlich daran interessiert, seine Tasche weiter als nötig zu tragen, weswegen ich etwas verplant im Hof vor dem Haus (aber fern der Rezeption) das Taxameter bei 3,60 € gestoppt habe.

Mein Fahrgast fand eigentlich alles toll und hat sich dann erdreistet, dort anzurufen und sie wegen der Beschilderung zur Sau zu machen. Den Weg einmal um den monströsen Plattenbaublock habe ich dann angetreten, ohne das Taxameter wieder anzustellen. Ich bin ohnehin schon mit glatten 5 € bedacht worden, und ich hab es als Bildungsinvestition gesehen: Irgendwann muss ich ja mal lernen, wo der Eingang ist. 😀

Dort angekommen, hat mir der Kunde noch eine Münze zugesteckt: 2 €.

„Ist nicht nötig, ist mir ja auch unangenehm, dass ich ausgerechnet das jetzt nicht wusste…“

„Macht nichts, und ich muss doch irgendwie zeigen können, dass mir das gefällt!“

Und so hat der Weihnachtsmann auch seinen Sack seine Tasche noch bis zum Empfang hochgetragen bekommen. Nur so, falls ihr fragt, bei wem ihr euch für sein Wohlwollen bedanken wollt. Ich nehme auch gerne selbst Geschenke an 😉

Im Übrigen bleibt auch hier wieder einmal zu erwähnen, dass diese total miese kurze Tour vom Stand mit Trinkgeld etwa so ertragreich war wie eine durchschnittliche Fahrt…