Mein Chef würde sich ja freuen, wenn ich einen Thriller über Zombies in Berlin mit einem Taxifahrer als Helden schreiben würde. Ob ich ihm den Gefallen tun werde, weiß ich noch nicht. Ein Anfang könnte so in etwa aussehen:
Die eiskalte Nacht hatte Berlin in ihrem Griff. Die Spree war unter der Last der Minusgrade gefroren, auch auf den Straßen war jegliche Bewegung erstarrt. Kein Auto weit und breit, von Fußgängern ganz zu schweigen. Sash ärgerte sich. Es war Wochenende, die Stadt sollte eigentlich voll sein von Feierwütigen, von Betrunkenen und überhaupt: von Menschen! Stattdessen saß er in seinem Taxi und starrte die Ampel an der Jannowitzbrücke an. Diese zeigte ununterbrochen rot, die Heizung hielt mit Mühe und Not die Eisblumen davon ab, die Autoscheiben zu erobern. Ein paar einsame Schneeflocken tanzten im Sturz begriffen gen Erde, taumelten haltlos durcheinander, blieben regungslos liegen.
Der Motor des Erdgas-Opels stotterte leise vor sich hin. Von außen, in der unerbittlichen Stille, musste er dröhnen wie ein Düsentriebwerk. Sash entspannte sich mit der Zeit, das Radio dudelte leise vor sich hin und irgendwann schaltete die Ampel auf Grün.
Ein leichter Druck aufs Gaspedal ließ das Stottern des Motors zu einem Kreischen werden, ein leichter Schub versetzte die hellelfenbeinfarbene Festung gegen die Kälte ins Rollen. Sashs Blick versank in der Weite der mit puderzuckerfeinem Schnee überzogenen Holzmarktstraße, als ein dumpfer Schlag die Nacht zerreisst. Bamm! Noch einmal: Bamm!
Mit schreckerstarrtem Gesicht reisst der Taxifahrer sein Gesicht herum und blickt durch das rechte Seitenfenster in eine schmerzverzerrte Grimasse. Die furchtbar entgleisten Gesichtszüge eines jungen Mannes starren ihn panikerfüllt an, unwillkürlich tritt Sash auf die Bremse.
Ganz brauchbar, oder?
Die reale Fortsetzung ist weniger spannend. Der junge Mann nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und bittet um eine Fahrt ins Krankenhaus.
„Welches denn?“
„Egal! Das nächste!“
Er hat mir seine Hand präsentiert, die vor allem aus hervorquellendem Blut zu bestehen schien. Nein, ganz so wild war es nicht, aber ich hab schon etwas Sorgen um die Sauberkeit meines Taxis gehabt. Während ich wie ein Irrer in Richtung Friedrichshain gerast bin, meist ziemlich genau um die Punktegrenze herum, hab ich aus meiner Jackentasche eine Packung Taschentücher gekramt.
Irgendwie war er selbst ziemlich überfordert mit der Situation und hat meinen Hinweis, die Tücher doch wenigstens fest aufzudrücken, missachtet und vor sich hingejammert. Und geflucht. An einem Zaun war er hängengeblieben. Wie auch immer das nachts um 3 Uhr passiert… aber was interessiert es mich auch? Es war auf jeden Fall ein netter Kerl und ich hatte ihn binnen 5 Minuten in der Notaufnahme. Obwohl ich mir das Geld selbst heraussuchen durfte, blieb das Trinkgeld letzten Endes dünn – aber man ist ja froh, wenn man helfen kann, nicht wahr?
Pft, nichtmal Alien-Zombies! Ich bin enttäuscht! Ein wenig… 😉
Du hast wirklich ein Händchen fürs Schreiben – Abgesehen vom Blog-Schreiben, solltest du dich echtmal als Roman-Autor versuchen!
Wo bleibt die Kettensäge die in jedem schlechten Zombiefilm vor kommt?
@Nils: Die wird der Fahrgast dabeihaben, wenn ihn der Tagfahrer vom Baumarkt abholt und zum Ort des nächtlichen Geschehens zurückbringt. Irgend jemand muss sich ja um den Zaun kümmern…
Atmosphärisch! Und gerade dieser Bruch macht es witzig. 😀
Ich stelle mir gerade einen gut zahlenden Zombie vor, der sich noch nett mit wenigen Worten ob seines verrotteten Hirns für die angenehme Fahrt bedankt…
Du benutzt gerne (sehr gerne) Metaphern und Symbole und Übertreibungen und sonst was… zum Glück aber nicht in deinen normalen Blogeinträgen, hier wird man ja förmlich davon erschlagen und niedergedrückt o.O
Ausweislich Deiner Blogs fährst Du doch dauernd Zombies durch die Gegend – Dein Chef wünscht sich also nur „blogging as usual“…
Ich hatte einen ähnlichen Gedanken wie Kathrin. Um es mit eigenen Worten zu sagen: mir ist der erzählende Stil Deiner Blogeinträge auf Grund der Klarheit in den Formulierungen wesentlich näher, als die doch sehr extrem ausschmückenden Ausflüge ins Schriftstellerische. Zwischen Sprachbegabung und literarischem Schreiben liegen ziemliche Welten. Generell, finde ich. (Muss aber nix heißen, dass ich das so sehe. Ich kann auch mit Grass nichts anfangen. 😉 )
Hast ein gutes Werk getan!
Ansonsten:
Kannst ja „mich“ mal kutschieren… als Bayer bin ich im „hohen Norden“ ja eh ein „Zombie“ … 😉
@Torsten Bentrup:
War ich auch. Aber für einen Alien war er zu wehleidig 😉
@Busfahrer Michael:
Ist doch alles schon im Gange… 🙂
@Nils:
Na die kommt natürlich erst später – in der Verfilmung 😀
@Nessa LG:
Danke 🙂
@Tjeika:
Diese Sorte gibt es wohl selten. Grund genug, sie einzuführen?
@Kathrin und antagonistin:
Naja, Thriller und Taxiblog sind nunmal schon zwei sehr unterschiedliche Genre 🙂
Wobei die Mischung auch Spaß machen kann. Also zumindest mir beim Schreiben. Aber keine Sorge, ansonsten gehe ich ja sparsam mit meinen ausladenden Formulierungen um…
Abschreckendes Beispiel für dich: http://gestern-nacht-im-taxi.de/wordpress/2010/06/17/nachtfahrt/
@Kommentator:
Stimmt – und glaubwürdig sind sie auch. Ein kleines Bisschen bleibt allerdings sein Wunsch nach totaler Endzeitstimmung auf der Strecke bei meinen durchschnittlichen Blogeinträgen 😉
@highwayflo:
Hmm, da gibt es sicher bessere Beleidigungen als „Zombie“… 😉
@Sash:
In der Tat!
– einen Bayer als „Franken“ zu bezeichnen … z.B. (TODSÜNDE!!!)
Zur Erläuterung:
„Franken“ wurde von „Bayern“ anektdiert… irgendwann mal in der Vergangenheit von daher gehört es historisch gesehen NICHT zu „Alt-Bayern“ … und die „echten“ Bayern verstehen sich nun mal als „Alt-Bayern“ … 😉
[…] Wer es gerne eher ein bisschen prosaisch haben will, der interessiert sich vielleicht für die Nachtfahrt, den Zielgruppen-Fail oder auch den Anfang der Zombie-Tour. […]
[…] hab ich ja schon Leute dort zur Rettungsstelle gebracht, prominent erwähnt seien hier vielleicht der Zombie und der Mann, der aussah wie Donald Rumsfeld. Wobei letzterer dann ja doch nicht […]