Kulturell im Zentrum …

des Geschehens ist man dann ja doch manchmal im Taxi. Ich möchte mit diesem Eintrag endlich mal das Kapitel „Ärzte-Konzerte“ des letzten Wochenendes schließen. Am Samstag habe ich mich unter die zahlreichen Taxifahrer gemischt, die ihren Umsatz zu einem guten Teil mit dem Konzert gemacht haben und so sah das in etwa aus:

Taxen vor dem fez, Quelle: Sash

Dieses Foto ist allerdings vom Freitag, als ich auf der anderen Seite gewartet habe. Der Fachmann erkennt das daran, dass die 1925 hier nicht im Bild ist.

Aber gut. Die komische Überschrift spielt auf die Vorband der Ärzte am Freitag und Samstag an, die Rapper von K.I.Z. (die dem Kürzel gerne mal neue Bedeutungen zu verpassen scheinen). Insgesamt haben sich die Ärzte damit eine streitbare Truppe auf die Bühne geholt, K.I.Z. sind offenbar stark in der Debatte wegen sexistischer Texte und dergleichen. Normalerweise betrachte ich sowas als Ausschluss-Kriterium für jedwede sinnvolle Diskussion, hier möchte ich aber lediglich kundtun, dass ich mit der Musik von K.I.Z. nicht viel anfangen kann. Ich hab mir (auch extra dieses Eintrages wegen) ein paar ihrer Lieder online angehört und ich würde dazu sagen:

„Des bounced net!“

Im Übrigen ein Zitat der von mir sehr geschätzten HipHop-Formation Kopfhörer (Hier das Album!)

Aber gut, wir waren eigentlich bei K.I.Z. Über die Texte will ich mich jetzt nach oberflächlichem Reinhören in ein paar Tracks nicht aufhalten, denn es wird überall erwähnt, dass sie eigentlich voll des hintergründigen Humors sind und mit der Provokation nur spielen. Etwas, das sich so schnell nicht überprüfen lässt, aber etwas, das einem nun wirklich nicht neu sein sollte, wenn man die Ärzte hört – auch wenn selbige inzwischen 30 Jahre lang existieren und man deswegen vielleicht etwas mehr daran gewöhnt ist …

OK, warum also der lange Text über eine Band, die mir nicht wirklich zusagt? Ganz einfach: Ich hab einen der Jungs im Auto gehabt! Genau genommen war es Nico, ein – anders als die Bilder und Videos der Band glauben machen wollen – sehr netter junger Mann, dem im Gespräch anzumerken war, wie stolz er als erklärter Fan der Headliner an diesem Abend war, vor dieser Kulisse auftreten zu dürfen. Wir hatten einige Zeit, uns über den Abend zu unterhalten, denn seine Fahrt war nicht nur recht lang, nein am Ende mussten wir sogar noch einen kleinen Umweg fahren, weil wir davor keine Bank gefunden hatten. Alles in allem hätte ich ihn sicher für einen Fünfer weniger ans Ziel bringen können, aber hinterher ist man immer klüger und ich hatte außerdem den Eindruck, dass es am Ende so oder so eigentlich egal war.

Nachdem ich ihn im Auto hatte, tut es mir jedenfalls fast leid, mit seiner Band nichts anfangen zu können. Vielleicht geht es ja irgendwem hier anders.

20 Kommentare bis “Kulturell im Zentrum …”

  1. Ticktack sagt:

    Geht es, keine Sorge!

    Vielleicht kannst du mit „Geld Essen“ oder „Selbstjustiz“ mehr anfangen. Hör sie dir mal an. Vielleicht leuchtet dir das mit dem hintergründigen Humor und der Provakation (die nicht in jedem Track zu finden ist) ein.

    Grüße 😉

  2. Sam sagt:

    Ich kannte sie vorher nur dem Namen nach und hab sie Freitag dann live gesehen. Sie waren okay, aber da die Boxen noch nicht vernünftig eingestellt waren, hat man nur die Hälfte der Texte verstanden. Die Provokation habe ich gefunden, den hintergründigen Humor dadurch vermutlich nur vereinzelt. 😉

    Warum standen eigentlich keine Taxis am S Wuhlheide? Dort waren ausreichend Leute an der Bushaltestelle, die nicht wussten, was sie jetzt machen, weil der letzte Bus schon abgefahren war. Zumindest bei den Ärzten, die dort seit jeher bis 23 Uhr spielen, eigentlich ein bekanntes Problem.

  3. El Nico sagt:

    Auch sei „Biergarten Eden“ empfohlen, eine sehr schöne Nummer von deren leider sonst eher mauem aktuellen Album. Das ist für „Einsteiger“ vielleicht noch am Eingängigsten, um die Art des Humors zu erkennen und fürderhin auch als Hör-Anleitung für weitere Lieder zu nutzen.

    Prinzipiell finde ich als hauptberuflicher Metaller diese Jungs geradezu erleuchtend. Aus Richtung der Metalsubkultur und deren Sub-Subkulturen hört man ja vielerlei Ressentiments gegen Hiphop – KIZ sind da offenbar eine riesengroße Ausnahme. Und, was ich schon vorher immer mal so gehört hatte, und sich dann auch bestätigt hat, als ich sie live gesehen hab: Da ist ein verdammt ordentlicher Pogo möglich. Auf Hiphop. Ernsthaft. 🙂

    Und zuletzt kann eine Combo gar nicht so verkehrt sein, wenn sich zwei ihrer Mitglieder aktiv in der PARTEI engagieren, und die Antwort auf die Interviewfrage, was denn so besonders an KIZ sei, lautet: „Naja, unsere Mütter haben alle zehn Tentakel.“

  4. Shatterhand sagt:

    Ich kann mit K.I.Z. zwar auch nicht wirklich was anfangen, aber „Durch die Nacht mit … K.I.Z. und Kraftklub“ gibt einen interessanten Einblick, der bei mir einen ähnlichen Eindruck wie bei Sash hinterlassen hat….
    http://videos.arte.tv/de/videos/durch_die_nacht_mit_-6696434.html

  5. Daniel sagt:

    Bin ich altmodisch oder der Vergangenheit zu sehr verbunden, wenn ich bei dem Kürzel KIZ erst einmal an eine Gruppe aus der goldenen Zeit der Neuen Deutschen Welle denke? „Die Sennerin vom Königssee“ und so?

  6. El Nico sagt:

    @Daniel: Nein, altmodisch nicht – aber vielleicht einem Irrtum aufgesessen. Immerhin hieß die Gruppe seinerzeit „Kiz“, nicht „K.I.Z.“ bzw. „KIZ“, und der Name war kein Akronym. 😉

  7. Sash sagt:

    @TickTack und El Nico:
    Naja, textlich ganz interessant, aber musikalisch nicht mein Ding. Kann ich schwer beschreiben, trifft aber meinen Geschmack einfach nicht.

    @Sam:
    Na von meiner Leserschaft war ja offenbar die Hälfte beim Konzert 🙂
    Warum hinten keine Taxen standen, weiß ich nicht. Allerdings waren es auch vorne zu wenige, das passiert bei Großveranstaltungen eben mal.

    @Shatterhand:
    Das ist mir jetzt erstmal zu lang, aber ich merke es mir mal vor.

    @Daniel:
    Naja, damit verbinde ich wiederum nichts. Wie man es macht, ist es verkehrt 😉

  8. Krüml sagt:

    Also ich kann nur von Sonntag sprechen, aber als wir da aus der Wuhlheide raus sind, war da praktisch kein Taxi Ô.o Ich hab inmal eins auf der Straße gesehen, und das wars.
    Hab mir aber irgendwie gedacht, dass du da bist Sash. Hätte sich bei uns nur nich gelohnt, weil wir einmal übern Fluss mussten.
    Und K.I.Z. hab ich bisher nur vom Namen gehört und bin nicht sicher, ob ich mal reinhören sollte. Eigentlich geht mir HipHop im allgemeinen gegen den Strich…

  9. Christopher sagt:

    Du magst doch auch eher so laute Gitarrenmusik oder?
    Callejon feat. KIZ sind auch immer sehr nett: http://www.youtube.com/watch?v=EsWS2z3n3HM

  10. Sash sagt:

    @Krüml:
    Sind halt eine Menge Leute, die da rauskommen – da sind die Taxen schnell wieder weg …
    Und wenn Du HipHop ohnehin nicht magst, musst Du es ja nicht anhören.

    @Christopher:
    Das ist schon viel eher mein Geschmack. Da ist ja auch nicht mehr viel Musik von K.I.Z. übrig. 😉

  11. Christopher sagt:

    Aber die Ironie ist noch da 😉

  12. Neon sagt:

    Die Jungs sind alle nett und sozial engangiert, das kann man feiern, scheißegal wie man die Mucke findet. Die haben viele schöne Projekte gegen Rechts und gegen Kapitalismus mitgemacht. Supertruppe.
    Dass die Ärzte sich die live herholen, ist der endgültige Ritterschlag!

  13. Lesbomat sagt:

    Hi Sash,

    ich les hier schon eine Weile mit. Die Bilder von den Taxis sind mir ein Rätsel, ich hab eine Stunde auf eins gewartet und mich dann genervt mit 200 anderen in die Tram gequetscht. KIZ waren Scheiße, das kann man wirklich nicht anders sagen. Ich hab das Gefühl, Bela hat so eine Altmänner typische sentimentale Attitüde denen gegenüber: Ach, ich war ja auch mal jung und wild. Aber diese Texte gehen gar nicht. In unserem Block haben alle Frauen unisono geschrien, die Typen sollen verschwinden. Das war jede Menge Fäkalhumor garniert mit einer Prise Sexismus. Und musikalisch war es auch nicht weiter erwähnenswert. Trotzdem hab ich mir die Mühe gemacht die Texte Online noch mal zu lesen. Und sie sind wirklich grottig. Da ist mir Marsimoto doch wesentlich lieber.

  14. Sash sagt:

    @Neon:
    Naja, ob man’s gleich feiern muss … aber ist ok, das stimmt.

    @Lesbomat:
    Wie gesagt: Das mit den Taxen erledigt sich halt schnell, sobald da 15.000 Leute rauskommen. So viele sind wir dann auch nicht. Ich hab am Samstag und am Sonntag 4, bzw. 3 Fahrten von dort gemacht. Von o.g. bin ich sogar aus Kreuzberg nochmal zurück, weil so viel Bedarf war. Aber natürlich weiß auch nicht jeder Taxifahrer wie voll es da ist oder kommt extra aus dem Westen z.B. mal eben bis dahin gegurkt.
    Was K.I.Z. angeht: Es ist wohl immer eine schwierige Frage mit provokanten Texten. Ich meine, die Ärzte sind ja echt ein gutes Beispiel. Die verwenden Fäkalhumor und Sexismus seit Ewigkeiten in ihren Liedern, aber alle wissen, wie es gemeint ist und man lässt ihnen deswegen Dinge durchgehen, die man bei K.I.Z. wiederum für unmöglich hält.

  15. Unterdosis sagt:

    Ich mochte „Riesenglied“ und „Klopapier“ sehr gerne. Haben mir immer ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert; speziell „Riesenglied“ wirkt, weil es einfach köstlich übertrieben ist. Halt so extrem prollig, dass es auf der lustigen Seite wieder rauskommt.

  16. Lesbomat sagt:

    @Sash: Das seh ich ein wenig anders: Die Ärzte sind im Gegensatz zu KIZ herrlich ironisch, KIZ ermöglichen sich ihre eigentlich menschenverachtenden Texte, indem sie sich nicht bekennen, ob das nun witzig oder halb-ehrlich gemeint ist. Sie wollen halt nicht auf den Index, sondern reichlich dämliches Jungmann Geprolle noch als Satire verkaufen. Das ist eigentlich schlimmer als Bu-Sido.

  17. Lesbomat sagt:

    „Stille Wasser sind tief, lass es mich austesten,
    bis sich mein Schwanz und meine Faust in deinem Bauch treffen.
    Du bist so devot, ich scheiß auf `nen Hund, ich will dich nackt auf
    allen Vieren, mit `ner Zeitung im Mund!
    Ruf den Klempner Baby, ich hab deinen Arsch verstopft!
    Ich Flieg ins Weltall und ****e in ein schwarzes Loch.“

    Einfach nur Kotz. Und jedem Typen, dem das gefällt sollte sich mal vorstellen, er wär der potentiell Gefickte.

  18. Unterdosis sagt:

    Über Musikgeschmack kann man natürlich vortrefflich streiten, aber dein Ironiedetektor scheint wirklich mal neu justiert werden zu müssen, Lesbomat. Oder meinst Du wirklich dass die folgenden Aussagen von irgendjemandem ernst gemeint sein oder ernst genommen werden können?

    „Beim Duschen nach dem Sport war ich früher immer der King, ich wach acht Uhr morgens auf, stolper über mein Ding.“
    „Drei Gramm im Kopf, zehn Liter im Sack,“
    „Mein Schwanz ist so lang, ich führ ne Fernbeziehung,“
    „ich fliege weg und ficke in das Loch der Ozonschicht.“

    Meine Freundin findet das Lied übrigens auch witzig. Aber das ist bestimmt was anderes, weil sie das als Frau darf, ich als Mann aber nicht?

  19. Sash sagt:

    @Lesbomat:
    Das die Texte an/über der Grenze sind, will ich nicht bestreiten. Aber was ich ich nicht sehe, ist weswegen die Ärzte im Prinzip anders sind. Natürlich sind sie es im Detail, aber K.I.Z. persiflieren am Ende ja auch ein ganz anderes Genre in einer ganz anderen Zeit. Die streitbarsten Ärzte-Lieder sind ja dann doch auch eher aus den frühen Jahren.
    Wie gesagt: Ich kann mit den Texten von K.I.Z. nicht so sonderlich viel anfangen, mir ist dieses Hip Hop-Prollgehabe im Original zu stressig und meinen Geschmack trifft diese Form der Überzeichnung nicht. Aber ebenso wenig wie für die Opfer sexueller Gewalt der von dir zitierte Text ist, kann man gestalkten Frauen „2000 Mädchen“ verkaufen oder sexuell missbrauchten Minderjährigen „Geschwisterliebe“. Ist es besser, weil man dazu auch noch lächelt auf der Bühne?

    Mir ist die Problematik des Sexismus in der Gesellschaft und bestimmten Kulturen und Subkulturen durchaus bewusst. Aber gerade wenn ich sage (und das tue ich), dass auch dieses Problem einer satirischen Verarbeitung offen stehen muss und soll, dann finde ich keine Gründe, weswegen die Grenze zwischen DÄ und K.I.Z. verlaufen soll.

    Da glaube ich nämlich wirklich, dass das Problem in Wirklichkeit bei mir liegt, weil ich etliche Anspielungen von K.I.Z. gar nicht wahrnehme, weil sie sich auf eine andere Kultur stützen, dass ich die Ärzte verteidige, weil ich deren Humor schon 20 Jahre lang kenne und einzuschätzen glaube.

  20. Lesbomat sagt:

    @Unterdosis. Ich hab mich explizit jetzt über einen Textauszug aufgeregt, den ich auch zitiert habe. Wenn pubertierende Knaben über solche Riesenschwanz-Lieder verklemmt kichern können, dann haben sie meinen lesbomatischen Segen. Schwierig finde ich es aber, wenn da männliche Dominanz und Gewaltphantasien mit Ironie verquirlt serviert werden, denn die gesellschaftliche Realität zeigt ja, dass nicht wenige diese „ironischen“ Pamphlete ernst nehmen. Tausche einfach mal „Frau“ gegen „Ausländer“ und frag dich selbst, ob du die Texte dann noch lustig findest.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: