Überraschend überschaubar

Ich fahre gerne irgendwo zwischen der Schönhauser und der Prenzlauer Allee entlang. Ob nun am Kollwitzplatz vorbei oder nur schnell über die Danziger Straße: Die Anzahl der Winker, die ich in Prenzl’berg aufgenommen habe, wird langsam unüberschaubar. An diesem Abend war es ein Ehepaar, das sich bis zur Danziger, fast an der Prenzlauer, zu Fuß durchgeschlagen hatte und nun erfreut war, dass bereits nach nur kurzer Wartezeit ein Taxi angepfiffen kam.

Sie enterten die Rückbank und ließen als Fahrtziel das Westin Grand verlauten. Mittelprächtige Tour, direkt nach Mitte – arg viel besser konnte es kaum kommen. Die Fahrt von dort gestaltet sich ja reichlich unspektakulär: Rechts auf die Prenzlauer fahren und wenn man das nächste mal abzubiegen gedenkt, steht man schon vor dem Gebäude.

Die beiden schnatterten miteinander und bekamen nicht viel mit von der Fahrt am Alexanderplatz vorbei. Erst als wir dann vor ihrem Hotel standen, bemerkten sie:

„Ach, wir sind ja schon da. Na, so groß ist Berlin ja dann auch nicht.“

Naja, das könnte natürlich daran liegen, dass ihre 10-minütige Fahrt nicht wirklich durchs ganze Stadtgebiet geführt hat – auch wenn der ein oder andere Bewohner von Mitte ihnen das vielleicht so erklärt hat…


Größere Kartenansicht

Und nein, auf dieser Karte ist auch noch nicht ganz Berlin zu sehen…

Böses Erwachen

Schon so manchem ist am Morgen nach einer Party nicht wirklich nach Aufstehen zumute gewesen. Je tiefer man ins Glas schaut, desto glasiger schaut man selbst am nächsten Morgen. Eine alte Weisheit, die leider manches Mal nicht bedacht wird. Als ich am vergangenen Wochenende meine Schicht leicht verspätet begonnen habe, lag der junge Kerl schon schlafend auf der Mauer am Taxistand meines Lieblingsbahnhofes. Sonderlich gefährlich schien mir das nicht zu sein, er hatte trotz angenehmer Temperaturen sogar eine Jacke an,  die Wahrscheinlichkeit, dass ihn jemand anmalt, war größer als die, dass er erfriert.

Jedes Mal, wenn ich am Stand ankam, lag er in leicht veränderter Pose da, scheinbar wollte er tatsächlich seinen Rausch dort ausschlafen und nicht mitten in der Nacht erwachen. Naja, mit der Zeit ignorierte ich ihn. Irgendwann stand dann ein Kollege vor mir und meinte:

„Willste besser rufen Krankenwagen? Isse kaputt die Mann!“

Ich drehte mich um, und da lag er. Der Kollege klärte mich umgehend auf. Beim Versuch, aufzustehen, hat er die Balance verloren und ist stocksteif nach vorne umgefallen. Mit dem Gesicht aufs Pflaster. Na super!

Ich bin kurz zu ihm rüber, hab mich vergewissert, dass es ihm den Umständen entsprechend gut geht. Er hatte einige Schrammen im Gesicht, hatte eingepinkelt und inzwischen war auch seine Jacke weg, er lag mit dem nackten Bauch auf dem Asphalt. Meine Ansprache quittierte er mit Grunzen. Er schien die Idee nicht so toll zu finden, jetzt schon aufzustehen. Also hab ich die 112 gewählt…

Minuten später waren sie da, sie hoben ihn auf, setzten ihn auf sein Mäuerchen, drohten mit der Polizei, wenn wieder einschlafen und nicht gehen würde. Dann sind sie weggefahren. Da hatte ich etwas mehr erwartet.

Und kaum dass ich von der nächsten Tour zurückkam, lag er wieder vor dem Mäuerchen, zusammengekauert unter seiner Jacke (wo auch immer die jetzt wieder herkam) und schlief. Ich hab mir mehrmals überlegt, nochmal Hilfe zu holen, es dann aber gelassen. Und tatsächlich: Irgendwann spät in der Nacht saß er dann etwas weiter weg und versuchte die Lage zu peilen. Sein Gesichtsausdruck war eine Steilvorlage für Leute, die nicht wissen, wie man Kopfschmerzen illustrieren könnte, aber immerhin waren seine Augen offen.

Und irgendwann war er dann weg. Nur seine Jacke, die lag noch da.

Der wird sich freuen, wenn er endgültig zu sich kommt, da bin ich sicher!

Taxi-Verlegung

So, nach dem heutigen Besuch im Hauptquartier meiner Arbeitgeber klären sie mit meinem Tagfahrer mal, inwieweit man unseren derzeitigen Taxiabstellplatz verlegen kann. Zu meinen Gunsten 🙂

Seit ich in der Firma angefangen habe, stand das Auto an der Storkower Straße. Der Sinn des Ganzen war, dass das Auto über die Ringbahn von unterschiedlichen Seiten der Stadt für verschiedene Fahrer gut zu erreichen ist. Inzwischen nutzt allerdings so gut wie nie jemand ausser mir und meinem Tagfahrer die Kiste und der Abstellplatz liegt – dezent ausgedrückt – ziemlich fies für mich. Egal was ich anstelle, ich muss entweder umsteigen oder (wie immer unter der Woche, wenn nachts keine S-Bahn mehr fährt) einen Kilometer laufen. Das ist kein Weltuntergang, aber in Anbetracht der Tatsache, dass mein Tagfahrer mit dem Auto zur Arbeit kommt und sein Zuhause etwa 3, meines hingegen 8 km entfernt vom Auto liegt, kann man schon von einem gewissen Missverhältnis sprechen.

Ich hab da ewig nichts gesagt und man gewöhnt sich ja auch an vieles. Aber inzwischen ist mal wieder Ersatzverkehr bei meiner Bahnlinie, was bedeutet, dass ich jetzt zweimal umsteigen muss oder wirklich weit laufen.

Da wir immer unterschiedlich lange arbeiten, bietet sich ein direkter Austausch vor der Tür mit anschließendem Heimbringen (was vielerorts praktiziert wird) nicht wirklich an. Aber ein bisschen besser könnte es nun werden.

Wenn alles gut geht, verkürzt sich mein Arbeitsweg jetzt von 16 Minuten + 1 km Laufen auf 5 – 10 Minuten.

😀

Trinkgeld-Alarm

Manche Fragen stelle ich inzwischen relativ standardmäßig. So zum Beispiel die nach der Straßenecke oder einem markanten Punkt, wenn Kunden mir ihre Hausnummern nennen. Ich bin ja sehr froh drum, wenn sie das tun. Allerdings ändert das wenig an der Tatsache, dass ich bis auf sehr wenige Ausnahmen mit Hausnummern aus dem Kopf auch nichts anfangen kann. Ganz ehrlich: Ich hab nicht einmal eine Ahnung, ob es am Ostbahnhof Hausnummern gibt und wenn ja, welche.

Aber das Suchen wird wesentlich leichter, wenn man weiss, was man sucht – und mein Navi kann im Zweifelsfall auch seine mehr oder minder unqualifizierten Bemerkungen dazu loswerden. Wichtig ist es eigentlich nur, wenn ich mir nicht sicher bin, von welcher Seite aus ich die Straße auf dem kürzesten Weg anfahren muss.

Im vorliegenden Fall war es eigentlich unnötig. Der Kunde wollte in die alte Jakobstraße, die sich sowieso vom Ostbahnhof aus am Besten vom Anfang an befahren lässt. Derletzt hatte ich allerdings schonmal Kundschaft, die unbedingt über den Moritzplatz dorthin wollte und auch der Gewohnheit wegen fragte ich nach:

„Wohin da wollen sie genau?“

„Nummer xy!“

„An welcher Ecke ist das?“

„Äh, weiss ich gerade nicht.“

„Ist da irgendwas Besonderes in der Nähe?“

„Ich, äh, mal überlegen… ja, ähm, also da fällt mir wirklich überhaupt nix markantes ein.“

Soo ungenau hat es dann auch noch keiner geschafft, seine Wohnumgebung zu schildern 🙂

Die Fahrt war aber relativ kurz, dafür aber ganz nett. Wir haben uns im Schnelldurchgang ein wenig unterhalten und wie so manch anderer war er einer der Kunden, die auch die kurzen Strecken lohnend machen. Für die 6,40 € auf der Uhr gab es einen glatten Zehner und damit hatte ich an der Tour etwa so viel verdient wie an einer trinkgeldlosen 14€-Fahrt. Und als ich dann beschwingt aus dem Auto steigen wollte, um ihm mit dem Gepäck zu helfen, hab ich nach langer Zeit mal wieder versehentlich den Alarm betätigt. Glücklicherweise habe ich bis heute nicht vergessen, wo im Motorraum sich der Ausschaltknopf befindet. Ein gutes hatte die Sache dann aber doch: Das Gesicht meines Kunden!

„Oh, äh, ich… das… hab ich was falsch gemacht?“

Nee, nicht wirklich. Obwohl so ein Alarm als Trinkgeldbestätigung auch lustig wäre 😉

Auslaufmodel

Man hat ja so seine Vorlieben. Das trifft wahrscheinlich auf uns alle zu. So bevorzuge ich natürlich auch gewisse Fahrgasttypen. Wenn sie erst einmal im Auto sitzen und wir uns nett unterhalten, dann freue ich mich zweifelsohne über jeden Kunden, aber natürlich fahre ich zum Beispiel gerne jüngere Leute. Einfach weil ich einen ganz guten Draht zu ihnen hab, mich besser in sie hineinversetzen kann. Natürlich gibt es da auch Ausnahmen, schließlich ist keiner des Alters wegen irgendwie ein besserer oder schlechterer Mensch.

Oder des Geschlechts wegen.

Aber ja: Ich freue mich über Frauen als Fahrgäste. Bevor ich noch den Verdacht erwecke, hier sexistisch zu sein: Quatsch! Ich bin vergeben und hab auch besseres zu tun, als meine Fahrgäste pausenlos anzuglotzen. Im besten Fall merke ich nicht einmal, wenn die Damen knapp bekleidet in mein Taxi krabbeln 😉

Aber auch da: Ich komme mit Frauen besser klar als mit Männern. Zumindest durchschnittlich. Und manche Touren kann ich mir so mit Männern auch nur schwer vorstellen.

Aber gut. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich war höchst erfreut, als mich am Bahnhof eine junge Frau angesprochen hat, ob ich sie in meinem Taxi mitnehmen würde. Es war zwar keine allzu lange Tour, aber bei netter Kundschaft kann man schon mal zufrieden sein. Sie war – wie sie mir sprudelnd mitteilte, gerade 20 geworden, kam aus dem Urlaub, also nicht nur Urlaub, denn da war auch noch so eine Model-Geschichte und Casting, Wahl, mitgemacht, bla Keks etc.

Konnte ich mir bei ihrem Aussehen gut vorstellen. Sie war Schlank, sowohl bei der Beinlänge als auch der Oberweite übertraf sie mich deutlich und sie hatte ein nettes (aber glücklicherweise nicht total barbiehaftes) Gesicht.

Aber es roch komisch.

Ich bin als Raucher sicher nicht gerade der beste Riecher auf diesem Planeten, aber ich bin empfindlich. Gerade weil ich rauche, sehe ich zu, dass es im Auto immer annehmbar riecht. Ich hab stets Deo dabei und ich versuche auch, Mundgeruch vorzubeugen und desweiteren weder Döner noch Brathähnchen im Auto zu essen. Ganz davon abgesehen habe ich meist ein oder mehrere Fenster zumindest teilweise offen. An mir konnte es aber schlecht liegen, denn es roch nach Urin – und im Großen und Ganzen halte ich mich für befähigt, relevante Mengen an Körperflüssigkeiten nur an den Orten zu verteilen, die allgemein dafür gedacht sind.

Aber gut, sie musste auch nicht zwangsläufig das Problem sein. Könnte ja auch ein Fahrgast vorher… und jetzt mit Heizung…

Nee! Als ich sie am Ende aus dem Auto gelassen habe, war schlagartig alles wieder normal. Das Auto roch nach Auto, ich nach mir und sie… ich hab da eine Vermutung.

Im Taxi selbst hab ich folglich auch keine Spuren ausmachen können und damit war die Sache für mich unwichtig. Aber ein bisschen entsetzt über das Missverhältnis zwischen Aussehen und Geruch war ich dennoch…

PS: Ich finde, dass ich für diese Überschrift ein Lob für meine Kreativität verdient habe 😀

Ach die, jetzt!

Ich hatte es zwar erst letzte Woche von den Ausspracheproblemen meiner Kundschaft, aber gerade schaffen es einige, sich seltsam auszudrücken. Ich hab ein paar Leute aufgegabelt, die eine ganz nette Tour mit 3 Fahrzielen für mich hatten. Ich überlegte ein bisschen hin und her, wie man das am Besten miteinander verknüpfen kann. Dabei kam mir einer der Fahrgäste auch entgegen – glaubte das zumindest. Denn er meinte zu mir:

„Das is gar kein Problem, da fahren wir dann einfach die Jonncherstraße lang!“

„Jonncherstraße?“

„Ja, da kommen wir dann direkt rüber!“

Ich gebe ja zu, ich hätte die Straße auch so nicht auswendig gewusst. Aber – wie man aus dem Zusammenhang erkennen kann – es handelt sich immerhin nicht um eine Sackgasse. Also: Wo liegt die Jonncherstraße und wie schreibt man sie richtig?

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.