An diesem Abend lief es wie am Schnürchen. Eine Tour am ehemaligen Maria beendet, am Ostbahnhof 10 Minuten Raucherpause eingelegt und schon hatte ich eine Fahrt bis nach Marzahn ergattert. An einer Tankstelle an der Landsberger Allee habe ich die Frau abgesetzt, sie wollte noch eine Flasche Wein holen und dann die letzten paar Meter zu Fuß zurücklegen. Ich hätte den Euro fürs Warten und Rüberfahren natürlich gerne noch mitgenommen, aber so ist es halt.
Schlecht war es aber auch nicht. Ich drehte an der nächsten Wendestelle und wollte für einen kleinen Zwischenstopp nach Hause. Ein Schluck Cola, pinkeln und mal nachsehen, ob meine bessere Hälfte noch wach ist.
Aber wie der Zufall es so will, hatte ich keine hundert Meter weiter bereits neue Kundschaft. Zwei junge Kerle unweit der 20 ruderten prall wie zwei Luftkissenboote auf mich zu:
„Meissa! Iss jut dasse hierbis! Wirwolln nach Hauseee!“
Ich hab die beiden etwas skeptisch angesehen, aber als sie mir dann eine Adresse in etwa 2 Kilometern Entfernung ansagten, wuchs meine Hoffnung, dass sie mit dem Kotzen bis zum eigenen Klo würden warten könnten. Der, der mich angesprochen hat, der fittere von beiden, merkte aber an, dass er noch ein Stückchen weiter müsste, aber
„mein Kumml mussch noch heimbring!“
Naja.
Zur angegebenen Adresse in der Mehrower Allee hab ich sie schnell gebracht, aber da nahm das Drama seinen Lauf. Der eine zahlte gleich mal einen Zehner an und versprach ein baldiges Wiederkommen. Der andere ließ sich von ihm aus dem Auto ziehen. Ich hab nachgefragt, ob sie Hilfe brauchen könnten, was beide ablehnten. Der eine tat das mit einem betont lässigen aber unter dem Gewicht seines Kumpels leidenden
„Nee Meissa! Looft, looft!“
Der zweite winkte bloß ungelenk mit seiner freien Hand ab und gröhlte was von
„Shauss! Ennlich sshaus!“
Vor dem Eingang kramte er in seiner Hosentasche, suchte seinen Schlüssel hervor und fand das Schloss nicht. Nach 2 oder 3 Versuchen rutschte er an der Hauswand herab, konnte sich noch am Geländer festhalten, legte sich aber dennoch unsanft rücklings auf den Boden, den Kopf zwei Treppenstufen abwärts hängend. In dieser Haltung, die ihm das Aussehen einer bekifften Fledermaus verlieh, fing er an, sprudelnd vor sich hinzureihern. Ganz großes Kino.
Der Fittere schnappte sich den Schlüssel und versuchte seinerseits aufzuschließen.
Ich war ein bisschen in Sorge, dass der andere während dieser offenbar länger dauernden Prozedur an seinen zuvor verabreichten Getränken erstickt und bin zu den beiden rübergelaufen. Aber der herzensgute Freund winkte ab und versuchte nun, die Türe zu öffnen und gleichzeitig seinen gelegentlich vor sich hinblubbernden Saufkumpanen mit einer Hand hinter sich herzuziehen. Während ich hin und her überlegte, ob da jetzt noch Gefahr besteht oder nicht, fuhrwerkte der Held mit dem Schlüssel seines sprudelnden Anhängsels gemütlich über die komplette Hauswand und hat dabei wahrscheinlich noch irgendwelche Nachbarn wachgeklingelt.
Das Ende der Geschichte war dann, dass ich nach ausgiebig Wartezeit doch wegfahren durfte. Mit etwas betrübtem Gesicht erzählte mir der eine nämlich:
„Weissu Meissa: Ders nich mehr janz fit. Der hattesacht ich soll hierbleim…“
War wohl besser so.