Hund vs. Taxi

„Sagen sie, darf der kleine Egon bei ihnen auch mitfahren?“

Egon? Egon.

Glücklicherweise war es nicht ihr Enkel, dem irgendwer diesen Namen verpasst hat, sondern ihr Hund. Egon war tatsächlich nicht der Größte, ich vermutete, einen Hund in der Größe bekommt man nur nach Kreuzungen mit Zwergmäusen. Von der ständigen Gefahr beseelt, Egon könne als Fußhupe missinterpretiert werden, trug sie ihn in ihrer Handtasche, selbst ein eher kleines Modell, spazieren. Und nun sollte der Hund mit ins Auto. Also in mein Taxi.

„Selbstverständlich! Sie dürfen ihn auch ruhig aus der Tasche lassen. So lange er das Autofahren verträgt…“

„Nein nein, Egon fährt immer in der Tasche. Die mag er doch so!“

Die ältere Dame wirkte ziemlich erleichtert und äußerte das durch erleichtertes Ausatmen lautstark.

„Wissense, ihre Kollegen sind da manchmal gar nicht so nett…“

Das ist schade. Aber Hunde sind ein in der Tat ziemlich seltsames Thema beim Taxifahren. Zunächst einmal: In der Taxiordnung steht über die Beförderung von Tieren erst einmal nichts, bzw. es steht nur darin, dass ich selbst als Taxifahrer keine Tiere mitführen darf. In der BOKraft findet sich dann immerhin eine Aussage zum Gepäck, wonach Tiere nicht auf einem Sitzplatz untergebracht werden dürfen. Ob und wie weit es uns erlaubt ist, Fahrten mit Hunden im Taxi abzulehnen, ist ausnahmsweise mal nirgends geregelt.

Ich kann mich also nicht auf Gesetze berufen, nehme aber an, dass hier die allgemeine Grenze der Beförderungspflicht greift: Wenn wir als Fahrer eine Gefahr für uns oder unser Auto sehen, dann dürfen wir die Fahrt ablehnen. Im Falle kleiner Hunde wie Egon wird das wahrscheinlich nur mit einem Verweis auf eine vorliegende Allergie oder dergleichen möglich sein.

Andererseits sind auch Taxifahrer Menschen und haben vielleicht Angst vor Hunden. Und leider sind wirklich nicht alle Hunde wohlerzogen und im Auto ruhig oder stubenrein.

Ich selbst hab kein Problem mit Hunden, solange sie friedlich erscheinen und die Halter mir versichern, dass sie das Auto nicht als Notfalltoilette benutzen werden. So weiss ich auch, dass ein ausgewachsener Rottweiler prima im Beifahrerfußraum Platz zwischen Frauchens Beinen hat und Egon wirklich keine Gefahr darstellte. Zum Abschluss musste er mir dann noch ganz brav Pfötchen geben – hat man als Taxifahrer auch nicht alle Tage.

Dennoch: Ich empfehle, dass man zur Beförderung von Hunden ein Taxi bestellt und das ausdrücklich mit angibt. Dann gibt es auch keine bösen Überraschungen.

Happy Birthday!

So, nun isses amtlich: gestern-nacht-im-taxi.de ist heute genau ein Jahr alt. Wenn ich so in meine Statistiken sehe, dann dürfte ein Großteil von euch die Geburt nicht mitbekommen haben. Es hat schon so ein bisschen was von Kindheitserinnerungen, wenn ich darüber nachdenke, wie damals die Kommentarschlacht beim Abschieds-Artikel auf sashs-blog.de verlaufen ist. Meine erste Blog-Auskopplung, hach! 😉

Dass es schon so lange her ist, dass ich diesen Willkommens-Text hier geschrieben habe…

Aber es ist auch verdammt viel passiert in diesem einen, im Grunde lächerlich kurzen Jahr.

Heute vor genau 365 Tagen hab ich gespannt gewartet, was passiert. Wie groß würde der Ärger sein? Oder die Freude? Wie gefällt das Design, wie viele Besucher werden es werden? So eine wirkliche Neugründung hatte ich ja noch nie durchgezogen davor.

Naja, und jetzt? Wenn ich aufstehe, werde ich mich mit einem Journalisten vom Tagesspiegel treffen. Der will ein Interview für ein Portrait haben. Abgebrüht genug, um das alltäglich zu finden, bin ich zwar noch nicht – aber gerade die letzten Tage haben bin ich ja gleich mehrfach in der Presse erwähnt worden, was letztlich alles auf den Artikel von Daniel Bouhs von der dapd zurückzuführen war.  Aber auch Jörg Schieb bloggte eine gnadenlos positive Rezension. Meine 15 Minuten Ruhm hatte ich im Endeffekt damit, immerhin erreichte der dapd-Artikel mit den Stuttgarter Nachrichten sogar meine alte Heimat. Für einen kleinen Taxiblogger in Berlin gar nicht schlecht 🙂

Vor einem Jahr hab ich Twitter noch nicht genutzt, um gelegentlich mal von der Schicht aus Meldungen abzugeben. Ich war auch noch nicht bei Facebook angemeldet, wo inzwischen nicht nur einige Leser meine Freunde sind, sondern ebenso einige meiner GNIT-Seite dort schon den Gefällt-mir-Status zuerkannt haben. Und Google+ gab es damals noch gar nicht, also konnte ich damals auch noch nicht schreiben, dass ich da auch dabei bin 😉

Inzwischen kann ich hier nicht einmal mehr eine kurze Unfallmeldung raushauen, ohne dass es in irgendeiner Form Feedback gibt. Das ist echt eine prima Sache, und ohne das viele Zutun von euch Lesern würde es mir nicht so leicht fallen, die gar nicht so wenige Zeit hier in das „Projekt“ zu stecken. Mal abgesehen davon, dass ihr mir ja auch immer wieder sehr nette Geschenke über meinen Wunschzettel bei Amazon zukommen lasst oder mich regelmäßig flattrt.

Einige von euch hab ich nun auch schon im Taxi bei mir sitzen gehabt und soweit ich das sagen kann, sind wir in der Regel gut miteinander ausgekommen. OK, der Jo konnte mal nicht zahlen, aber das gilt nicht! 😉
Nach wie vor bleibe ich dabei, dass der Job Spaß machen kann. Die netten Kunden überwiegen bei weitem und ihr alle könnt ja mitlesen und mich bedauern, wenn eine der berühmten regelbestätigenden Ausnahmen ausgerechnet bei mir im Auto landet.

Im Grunde ist also eigentlich alles bestens. Von Beginn an gewinnt GNIT im Schnitt ein bis zwei Leser täglich, und wenn ich mir eines wünschen würde, dann dass das noch ein bisschen so weiter geht. Ich werde nicht zum Geburtstag das Betteln anfangen, aber ich freue mich über jeden Feed-Abonnenten, jeden neuen Leser, jeden Link und jede Empfehlung. Natürlich auch über jedes Geschenk und jedes Treffen, alles was irgendwie dazu beiträgt, dass ich mich auch am zweiten, dritten, fünften oder vielleicht sogar zehnten Geburtstag von GNIT ein wenig freuen kann. Denn wenn es nach mir geht: Ich hab noch ein paar Jährchen bis zur Rente 😉

Hundeblick

Ich glaube, Tom Gerhardt war es, der vor mindestens 20 Jahren einen strunzdummen Witz machte und über die „Eingeborenen in Mallorca, Spaniel oder so“ etwas sagte. Dass sich dieser Spruch irgendwie in meinem Gedächtnis halten konnte, liegt ausschließlich seinem unterirdischen Niveau. Dass er aber aus meinem Unterbewusstsein wieder hervorgepurzelt ist, hatte ich einer Truppe junger Spanier zu verdanken. Und eben einem Hund.

Die Spanier hab ich an meiner Stammhalte am Ostbahnhof mehr oder minder aufgesammelt. Es war eine fünfköpfige Gruppe, eine von denen die auf meine Aussage, ich könne schon fünf Leute mitnehmen, sofort zu viert auf die Rückbank springen. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob es nicht sogar alle fünf waren. Das Spiel ist jedes Mal dasselbe: Ich warte ein paar Sekunden, bis sie ihre Beine sortiert haben, setze ein nettes Grinsen auf und verlange, dass alle wieder aussteigen. Anders kann ich nunmal nicht an den Zusatzsitz ran…

Sonderlich auffällig verhalten haben sie sich nicht. Sie wollten zum Weekend, und als ich ihnen gesagt habe, dass das auch mit dem letzten im Bunde unter 10 € bleibt, war ich sowieso der Held des Tages. Normalerweise setzen so große Truppen den größten Töffel ganz nach hinten, damit er ein bisschen an der Rückbank rumkauen kann, wo ich es nicht sehe (nicht lachen, ich hab tatsächlich mal ein wenig Sabber und sowas ähnliches wie Zahnabdrücke dort gefunden!), aber nicht diese. Die haben den größten Töffel direkt neben mich gesetzt, wo der junge Mann ein eindrucksvolles Studienobjekt für mich abgab.

Wieviel seiner Aussagen letztlich sinnvoll waren, kann ich als nicht spanischsprachiger Mensch nur bedingt beurteilen, aber schon seine insgesamt 3 Minuten Lebenszeit kostende Rechnung, wieviel jeder nun zu zahlen hätte (Wir erinnern uns: 5 Leute, 10 Euro…) wies mir in etwa den Weg bei meiner Beurteilung. Mit der Frage

„You’re really a cabdriver?“

hat er sich nicht gerade aus dieser Schublade befreien können, in die ich ihn vorschnell einsortiert hatte. Als wir dann die ersten Ausläufer des Alexanderplatzes in Sichtweite hatten, kam zusätzlich der Hund ins Spiel. Der befand sich im Kofferraum eines Autos vor uns und stand dort auch bei einem Ampelstopp träge in der Gegend herum und kümmerte sich nicht um uns. Verständlich: Ich hätte als Hund in einem Kofferraum auch besseres zu tun als mich um irgendeine x-beliebige Autobesatzung zu kümmern.

Den Töffel juckte das kein bisschen. Der winkte. Und winkte. Und winkte und winkte und winkte und war sich weder der Tatsache bewusst, dass der Hund gelangweilt seinen Blick abwandte, nein ganz offensichtlich war er sich vor allem nicht bewusst, was für ein doofes Grinsen er dabei aufsetzte. Die ganze Chose dauerte glücklicherweise ja nur eine Minute, denn dann standen wir schon vor dem Club. Es war auf jeden Fall einer der Kunden, den ich eigentlich gerne bei der anschließenden Balz gesehen hätte 🙂

Sprachlos

Es gibt Touren, die hinterlassen einen sprachlos. Nicht nur die ganz Schlimmen mit den Kotzern, sondern auch die schönen, die diese kleinen Lichtblicke im Alltag beinhalten. Und manche davon schlagen einen Bogen bis weit in die unglaubliche Geschichte dieser Stadt, dass es mir als jungem Menschen mit verhältnismäßig wenig Ahnung einfach die Sprache verschlagen muss.

Ich war gerade auf dem Weg in den Feierabend, wie immer in der Hoffnung, auf dem Rückweg würde sich noch eine kleine Tour ergeben. Das Schicksal meinte es gut mit mir, denn ein Mann, schätzungsweise in meinem Alter, winkte mich in Kreuzberg an den Straßenrand und fragte mich, ob ich eine bestimmte Adresse in Schöneberg kennen würde. War zwar nicht meine Richtung, aber gefreut habe ich mich trotzdem. Ich bestätigte, dass ich die Straße kenne, aber wider Erwarten stieg er nicht ein.

Er winkte einen alten Mann zu sich heran und bat mich:

„Bringen sie meinen Vater dann dahin?“

Wenn es weiter nichts ist…

Nach den ersten hundert Metern habe ich ihn gefragt, nur so zur Bestätigung:

„Ich nehme an, sie sprechen kein Deutsch?“

„Nein, sorry, but English.“

„Äh? OK! That’s no Problem!“

Die Fahrt war nicht weit, eine Strecke von nur knapp 3 Kilometern. Wir haben uns nicht lange unterhalten können. Er kam aus Israel und… nein eben eigentlich nicht. Er kam aus Berlin! Er war wohl gebürtiger Berliner und hat nach einer offensichtlich längeren Flucht aus Nazi-Deutschland sein Leben in Irael gelebt und nun, da sein Sohn beschlossen hat, ausgerechnet hier zu studieren, die Stadt seiner frühesten Kindheit wieder zu besuchen. Ich möchte nicht zu viel hineininterpretieren in die paar Sätze, die wir gewechselt haben, aber er erweckte irgendwie den Anschein, sich unglaublich zu freuen über das, was aus Berlin geworden ist.

Ich hab keine Ahnung, ob es für Menschen wie ihn überhaupt möglich ist, einen wirklichen Frieden mit Deutschland zu machen, aber die Hoffnung, dass so etwas möglich ist, hatte ich in den Sekunden, in denen wir uns verabschiedet haben. Dabei weiss ich nicht einmal, wie ich das Gefühl beschreiben könnte, dass ich hatte, als er mir ein kleines Trinkgeld gab, die Hand schüttelte und sagte:

„Well, thank you very much, and… ähm… auf Wiedersehn!“

Zweisamkeit im Taxi

Wie man hier bei GNIT ja recht umfangreich sieht, kann prinzipiell jede Fahrt unterhaltsam sein. Trotz der ebenso erhöhten Nervgefahr finde ich aber Fahrten mit Pärchen irgendwie erstmal verdächtig im Sinne von blogbar. Meist kommt etwas interessantes dabei heraus, wenn man sich als Dritter plötzlich in einem Personenverhältnis einfindet, das aus zwei Personen besteht. Wobei ich erwähnen muss, dass ich mich höchst ungern und selten in die Kommunikation zwischen den Leuten einmische.

Das absolute Highlight der letzten Zeit war ja zweifelsohne die betrunkene Fast-Braut, die ihre „Heiratsgründe“ so gerne der Polizei gezeigt hätte.

Aber beim Stöbern in der Vergangenheit sind mir noch ein paar andere gute Sachen über den Weg gelaufen. Im Vergleich zu Kollege Carsten hatte ich zwar noch keine der Fortpflanzung dienenden Aktivitäten im Auto, aber darauf lege ich auch nur bedingt wert. Mir reicht es, was ich außerhalb so sehe… 😉

Mir wirklich im Gedächtnis geblieben ist natürlich das Ehepaar, das sich ein wenig ums Trinkgeld gestritten hat – was mir sehr zugute kam

Eine inzwischen fast schon von mir selbst vergessene Geschichte ist hingegen die vom Italiener, der seinen Gott auf Englisch verflucht hat, weil er an diesem Abend nicht zum Sex gekommen ist (und dessen Flehen scheinbar Gehör gefunden hat) und für alle Umherkommandierten unter den Liierten ist die Geschichte der total liebenswerten Unterstützung bei der Diät sicher ein Lacher.

Aber wie komme ich jetzt drauf? Bei einer völlig unspektakulären Fahrt eines wahrscheinlich noch viel unspektakulären Pärchens neulich in meinem Taxi unterhielten sich die beiden meist flüsternd. Das einzige, was ich verstanden habe, war ein von ihr regelrecht gezischtes:

„Bist du wohl ruhig! Oder willst du unseren Taxifahrer mit deinen lächerlichen Problemen belästigen?“

Wahrscheinlich wäre die Fahrt blogbar gewesen, wenn er es getan hätte 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Und nun?

Hier und da mal eine Straße nicht wissen: Passiert.

Aber Berlin macht es uns Taxifahrern – und natürlich auch allen anderen Verkehrsteilnehmern – auch nicht wirklich leicht. Gerade in den ganzen Plattenbausiedlungen im Osten existieren zigfach Straßen, deren Nennung noch beinahe nichts über das Ziel aussagt. Dass eine Straße mal einen abknickenden Verlauf hat oder von einem Hindernis geteilt wird, ist das eine. Hier aber gibt es massenweise sich verästelnde Straßen, bei denen man dann ziemlich genau wissen sollte, wo man genau hin will.

Mein Kunde neulich wusste das glücklicherweise andernfalls wäre ich in Hellersdorf ein wenig aufgeschmissen gewesen, als ich kurz vor dem Ziel an einer Kreuzung stand, an der alle 4 einmündenden Straßen den Namen „Naumburger Ring“ hatten. DAS – muss ich zugeben – hab ich bisher auch noch nicht gesehen gehabt. Hat vielleicht ein Kollege noch ein paar solcher Kreuzungen im Repertoire?

PS: An dieser Stelle kann ich auch nur immer wieder auf einen alten Artikel von Klaus verlinken, der die offenbar bisher einzige namensgleiche Kreuzung (Weserstr./Finowstr.) in Berlin zum Thema hat.