Kunden sind gemeinhin ja ein gemischtes Völkchen. Ebenso wenig wie ich gerne mit Kollegen in einen Topf geworfen werden, die (das ist angeblich letztlich passiert) vom SO36 eine halbe Stunde Fahrt und 30 € bis zum Görlitzer Bahnhof brauchen, so wenig mögen es Kunden, über einen Kamm geschert zu werden.
Deswegen verkneife ich mir den ein oder anderen Kommentar gelegentlich. Zum Beispiel, wenn mir hohe Trinkgelder versprochen werden. Ich dachte bislang, es sei wirklich ein Naturgesetz, dass die Leute, die mir „ein ordentliches Trinkgeld“ während der Fahrt versprechen, allerhöchstens 2 € geben. Nicht, dass ich 2 € für ein schlechtes Trinkgeld halten würde, das gibt es in solchen Fällen aber auch nur dann, wenn ich vorher noch unentgeltlich irgendwo anhalte, einen miesen Typen im Auto behalte oder tonnenschwere Koffer einmal durchs Stadtgebiet trage.
Den Vogel abgeschossen hat damals der Dreisiebzich-Typ.
Aber gut. Man gewöhnt sich daran, dass man nach einer solchen Aussage kein großes Trinkgeld bekommt.
Jetzt hab ich derletzt aber ein Pärchen am Ostbahnhof eingeladen, das wegen ihres Hundes von den anderen Fahrern verschmäht worden ist. Ich hab da bisher nur positive Erfahrungen gemacht und auch sonst kein Problem mit Hunden, also nehme ich das in der Regel an. Die wenigsten Vierbeiner sind geeignet, darauf zu reiten, und die Kunden müssen auch irgendwie heim.
Auch dieses Mal sollte sich das als problemlos erweisen, der Hund war ruhig, sauber und sah noch dazu eigentlich ganz knuffig aus.
Irgendwann, kurz vor dem Fahrtziel in Treptow, hörte ich dann das vertraute und geliebte Rascheln und Klimpern im Portemonnaie. Dem vorangegangen war eine nette Unterhaltung, ich hoffte also das Beste.
„Was wird das jetzt?“
kam es aus der entgegengesetzten Ecke.
„Na, ich such nach Trinkgeld. Du hast gesagt, das Taxi zahlst du!“
„Ja, schon, aber weswegen…“
Daraufhin wendete sich die Dame mir zu und meinte:
„Ich arbeite in der Gastronomie. Ich weiss, wie wichtig das Trinkgeld ist. Mein Mann hat das nie so recht drauf gehabt. Inzwischen… naja. Ich hab ihm beigebracht, dass man 10% gibt, und jetzt gibt er meistens 20%, weil er zu faul ist, das auszurechnen. Deswegen übernehme ich das mit dem Trinkgeld jetzt!“
„Hey, ich kann schon alleine Trinkgeld geben. Und das werde ich auch tun.“
„Na, ich geb jedenfalls auch welches!“
Glücklicherweise war das eher ein Necken als ein Streit, mehr Vorspiel als Trennungsgrund. Ich hab – wegen oben genannten Erfahrungen – nicht damit gerechnet, ernstlich zu profitieren.
„So, dann wären wir auch schon da. Dann wären wir bei 10,40 €.“
Ein schöner Betrag für Trinkgeld, muss man ja auch zugeben 😉
„Machste… machste 15!“
kam es von ihm. Natürlich mit gespielt bösem Blick zu seiner Begleiterin.
„Wow, danke. Das sind aber auch mehr als 20%.“
„Ich weiss, aber wenn Madame meint, ich könne das nicht…“
„Und das hier ist von mir!“
sprang besagte Madame ins Gespräch ein und drückte mir noch einmal 2 € in die Hand.
„Ich kann hier ja nicht erst große Ankündigungen machen, und dann nix geben.“
Wo sind diese Kunden, wenn man mal dringend Geld braucht? Gestern hab ich in der ganzen Schicht nicht so viel Trinkgeld bekommen…
Na wenn sich zwei so nett ums Trinkgeldgeben streiten, ist man doch gerne der „lachende Dritte“…
Da glaubt man ja beinahe wieder an den Weihnachtsmann, oder? Leider kommt so etwas viel zu selten vor. Oder es bleibt das einzige, erwähnenswerte Trinkgeld der gesamten Schicht..–((
Kannst du mir bitte heimlich die Adresse der Herrschaften schicken? Bü-ü-ü-tte!
hihi, War der Kopfschüttler mit seiner Liebsten in Berlin? ^^
Hey, der Weihnachtsmann steht ja auch nicht alle paar Wochen vor der Tür, ich vermute, solche Trinkgeldgeber und der besagte Dicke sind etwa in der selben Häufigkeit anzutreffen.
Offenbar waren das ja keine Fashion-Week-Berlinbesucher, aber von denen bin ich diesmal auch sehr angenehm überrascht, was das Trinkgeldverhalten betrifft. 20, 30 Prozent kommen gerade mehrmals täglich vor. Aber alles nur gegen Quittung 😀
@opatios:
Lachender Dritter zu sein ist ja nie so wirklich unschön 🙂
@Marco:
Na zweimal in einer Schicht sowas wäre natürlich nicht schlecht. Wobei ich sowas irgendwann sicher schon mal hatte.
@Bernd:
Sowas vergesse ich vorsorglich – bevor ich auf so unlautere Angebote eingehe 😉
@Peter:
Wer weiss, wer weiss…
@Aro:
Naja, ein bis zwei mal täglich ist sowas ja auch normal (also 20 bis 30%, nicht die 70 hier).
Aber vorgestern bei 10 Touren 6,10 €… da merkt man, was man an Leuten wie denen da oben hat!
Das sind, mit verlaubt, meine Lieblingskunden 🙂
@Aro: Ist dass denn für euch problematisch, wenn das Trinkgeld mit in die Quittung aufgenommen wird? Ich mach das, wenn ich irgendwoher Fahrtkostenersatz bekomme, auch so, muss ich zugeben.
Ich meine, mir ist schon klar, dass ihr mindestens das, was quttiert wird, auch am Ende abrechnen müsst. Aber mein Gedankengang ist dann immer, dass ja bei weitem nicht alle Gäste eine Quittung verlangen (vielleicht sogar die wenigsten?), und deshalb immer noch deutlich mehr im Taxameter stehen sollte als die Summe der ausgegebenen Quittungen, selbst wenn diese noch das Trinkgeld enthalten.
Oder ab ich da irgendwie einen Denkfehler, z.B. dass die Qiuttungen mit der konkreten Fahrt in Verbindung gebracht werden und das dann tatsächlich dazu führt, dass ihr das Trinkgeld nicht mehr komplett behalten könnt, sondern als Umsaztabrechnen müsst?
Wow, und wieder mal muss ich sagen, wie sehr es mich erstaunt, wie wenig Trinkgeld ihr scheinbar bekommt. In einer ganzen Schicht nur 6 Euro?! Schonmal überlegt, den Beruf zu wechseln? 😉 Ich kann es nur nochmal sagen, dass ich als Pizzafahrer deutlich mehr bekomme. Hab ja schon einige Male überlegt, ins Taxigewerbe (als Nebenjob neben dem Studium halt) zu wechseln, aber das lass ich dann wohl besser. Bei mir sind 10 Euro Stundenlohn das Minimum, kommt durchaus auch mal vor dass man 12 bis 15 Euro verdient. Und das unglaublich entspannt. Verstehen kann ichs trotzdem nicht. Warum bekommt ihr so wenig?!
@Marco
Ob es für den Fahrer ein Problem ist weiß ich nicht, für den Kunden kann es ganz schnell eins werden. Denn:
Der Preis auf der Quittung setzt sich dann aus Fahrpreis + Trinkgeld + 7% Ust zusammen.
Die 7% Ust kann man immer geltend machen (wenn man zum Vorsteuerabzug berechtigt ist).
Den Fahrpreis kann man als Betriebsausgabe geltend machen (z.B. im Rahmen einer Dienstreise).
Das Trinkgeld kann man _nicht_ geltend machen.
Nun weisen die allermeisten Taxifahrer das Trinkgeld nicht gesondert aus. Das sagt auch keiner was wenn man ein, zwei Rechnungen im Monat einreicht. Wenn man 50 bis 60 Rechnungen im Monat einreicht die alle auf seltsam glatte Beträge lauten fragt das FA schon mal nach.
Und leider lassen sie sich dann auch nicht darauf ein das man pauschal 10% abzieht, nein sie sind der Ansicht das die Rechnung wegen der nichtangabe des exakten Fahrpreises auch nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. (Die 7% gehen natürlich trotzdem).
Und noch ein Hinweis an die Taxler hier: Es macht durchaus einen Unterschied ob ihr den Fahrpreis in die Spalte „Netto-Fahrpreis“ oder „Brutto-Fahrpreis“ eintragt.
In der Regel schreibe ich das Trinkgeld mit auf die Quittung, weil es das ist, was der Kunde bezahlt. Es gibt allerdings auch einige, die das ausdrücklich nicht wollen.
Mir ist in mehreren Städten aufgefallen das es früher mal auf den Quitungsblöcken eine Extrazeile für Trinkgeld gab. Die ist nun weg. Für uns haben wir das Problem so gelößt das wir Tip aus dem Wechselgeld geben. Da gehen uns zwar die 7% flöten aber dafür gibt das FA ruhe.
Das ein Taxifahrer von sich aus das Trinkgeld vermerkt ist mit in mehreren Jahren nur sehr selten vorgekommen.
merkwürdig wenig trinkgeld!!!!! laut „BLÖDZEITUNG“ vom 21.1. nimmt ein fahrer in guten
monaten mehr als 500 euro trinkgeld ein!!!!!!!!!!
da kann man nur sauer sein,wenn man solchen schwachsinn lesen muss.
500 EUR Trinkgeld? Vielleicht haben sie das mit den Kellnern im Borchardts verwechselt.
nee,nun wird mal wieder gegen die taxifahrer gehetzt!!!!!!!!
@Marco:
Meines Wissens nach darf man das Trinkgeld natürlich nicht einfach auf die Quittung schreiben – so nicht irgendwo eine Trinkgeldspalte existiert, wie MacSpi erähnt hat. Diese hab ich allerdings auch noch nirgends gesehen. Grundsätzlich ist es ja auch verständlich, schließlich werden Quittungen ja z.B. auch zur Vorlage beim Chef für die Rückerstattung genutzt, und dass jetzt ein Chef nicht unbedingt mitmachen möchte, wenn ein Angestellter der Meinung ist, 200% Trinkgeld sollte seine Firma schon springen lassen 😉
@Max:
Ist halt so. Kellner werden sich auch wundern darüber. Pi mal Daumen sind es am Monatsende um die 10 – 12%. Die 6 Euro waren ja auch extrem wenig.
Und da eine normale Januarschicht leider nur rund einen Hunni Umsatz hergibt, landet man am Ende halt auch mal unter 10 € Trinkgeld am Tag.
Und das Trinkgeld alleine würde ich nicht als Grund sehen, den Job zu wechseln. Immerhin sind bei mir die meisten Fahrten ohne Zeitdruck, ich kann mich im Auto unterhalten und mir meine Arbeitszeit und meinen Arbeitsort mehr oder minder frei aussuchen. Dass man als Taxifahrer nicht reich wird, ist ja ein offenes Geheimnis 🙂
@hans:
Ja, so ist es ja auch. Genauso wie in deutschen Sätzen durchschnittlich weniger als ein Ausrufezeichen vorkommt. Man kann also sehen, dass die einzelnen Zahlen durchaus abweichen können. Ich halte zwar die 10 – 12% für einen am Monatsende fast unverrückbaren Wert, aber wenn man entsprechend viel arbeitet…
Ich hab bloß gar nicht die Zeit, jeden Monat 4500 € Umsatz zu machen.
lustige story
hat der dreisiebzichtyp sich eigentlich jemals gemeldet?
@Kleiner Onkel:
Nein, der hat sich nie wieder gemeldet. Das hätte ich sicher erwähnt 🙂
[…] mich wirklich daran, Trinkgeldversprechen nicht zu trauen. Ich habe vor einiger Zeit zwar schon ein nettes Gegenbeispiel verbloggt, aber im Allgemeinen gilt doch immer wieder, dass man sich auf Aussagen von Kunden nicht […]
[…] hab die Tour dann bei 8,20 € wie versprochen beendet und bekommen hab ich letztlich 10. Was die Ankündigung von hohen Trinkgeldern angeht, haben sie sich also auch wie erwartet […]