Ich weiss, dass es schlimme Worte für einen Kunden sind, wenn der Taxifahrer sagt:
„Nie gehört.“
Im Wissen darum bin ich von Anfang an immer ein wenig gewählter in der Ausdrucksweise. Meist sage ich, wenn mir eine Adresse unbekannt ist:
„Puh, einen Moment bitte! Damit haben sie mich erwischt.“
Dazu ein Lächeln und in weit mehr als der Hälfte der Fälle kommt als Antwort ein Lacher oder gleich die Wegansage:
„Ha, das kennt kein Taxifahrer! Kein Problem, das geht von der Blablabla ab…“
Viele Leute sind sogar recht erfreut darüber, einem Profi noch was zeigen zu können, stolz auf ihren Wissensvorsprung, was auch immer. Das stört mich nicht im Geringsten. So hat man gleich einen Einstieg ins Gespräch und wenn am Ende alle zufrieden sind, dann ist es letztlich nicht mehr der Rede wert, dass man zu Beginn ein bisschen bei der notwendigen Ortskunde gepatzt hat. Naja, gepatzt…
Das bleibt nicht aus in Berlin. Selbst wenn man irgendwann all die zigtausend Straßen tatsächlich dauerhaft abgespeichert hätte, dann fehlen einem bestimmt immer noch das ein oder andere Hotel, hunderte neuer und umbenannter Kneipen und wenn man dann mal ausnahmsweise als Tagfahrer einen Puff oder als Nachtfahrer ein Bürohaus genannt bekommt, ist spätestens hier Schluss.
Da muss es einem nicht unangenehm sein, von einem Kollegen oder Kunden noch was zu lernen. Aro ist z.B. von allen Kollegen, die ich bisher kennengelernt habe, einer derer, bei denen ich am meisten Ortskenntnis vermute und auch von Klaus bin ich schon alleine durch seine Blogeinträge mehrfach auf Dinge gestoßen worden, die mir nix sagten. Andererseits hab ich selbst meinen eigenen Ausbilder und Kollegen Axel ich schon einmal mit einer Kundenanfrage unwissenderweise ertappt. Man lernt eben nie aus in dem Job.
Für die Fälle, in denen zufällig sowohl Kunde als auch Fahrer erstmal keine Ahnung haben, sind wir ja entsprechend ausgerüstet, bzw. sollten es sein. Ob nun Navi, Stadtplan, das Robertha, die Zentrale oder mobiles Internet: In der Regel findet sich irgendein Weg, den Wunsch des Kunden zu erfüllen. Dauert vielleicht ein paar Sekunden, deswegen ja:
„Einen Moment bitte!“
Ein bisschen fuchst es einen dann allerdings, wenn man mitten in einem Gebiet erwischt wird, das man eigentlich als erschlossen betrachtet. Man kann tatsächlich jahrelang immer um eine kleine Straße herumfahren ohne sie wahrzunehmen. So fragte mich ein ziemlich eilig wirkender Kunde, der zudem mit aller Kraft am Ende schien, ob ich wüsste, wo die Hübnerstraße sei. Er finde sie nicht, sie muss in der Nähe sein, aber ich soll ihn jetzt hinbringen:
„Ich kann nicht mehr!“
Und ich hatte keine Ahnung. Ich stand an der Petersburger Straße kurz vor der Kreuzung mit der Mühsamstraße. Ich schmiss mein Navi an und das zeigte mir 300 m an. Also so in etwa das, was google maps auch tut. Nun ist das eine Ecke, an der ich zwar nicht direkt, aber eine Straße weiter mehrfach täglich (!) vorbeikomme. Schon alleine, weil ich mein Auto dort ums Eck abhole und abstelle. Und ich kannte die Straße nicht. Der Fahrgast hat es mir nicht übel genommen, ich mir selbst in dem Fall fast doch ein bisschen. Aber so ist das mit dem Lernen. Das nächste Mal steigt mir einer ein und will zur Hübnerstraße und ich werde sagen:
„Alles klar.“
Aller Wahrscheinlichkeit nach kommt dann eine Antwort wie
„Wirklich? Also das hat ja noch kein Taxifahrer gewusst.“
Ist am Ende ein noch besserer Gesprächseinstieg und sorgt für noch mehr Zufriedenheit auf beiden Seiten. So gesehen kann man eigentlich gar nicht so viel verkehrt machen als Taxifahrer 🙂
Danke für das Lob. Aber als ein Fahrgast mal in die Gerhardtstraße wollte, habe ich auch erst wie ein Auto gekuckt. Seine Reaktion war wie bei Dir, aber mich hat es ziemlich gewurmt. Weil ich nämlich nur 500 Meter weiter wohne und das wissen muss. Auch wenn die Straße winzig ist, versteckt und eine Sackgasse. Aber eben in meiner Nachbarschaft 🙁
Auch ich bedanke mich ganz artig. Aber setz mich mal in Steglitz aus…
Und eine Geschichte „Wo ist das denn?“ habe ich auch. Am Ostbahnhof wollten amerikanische Jugendliche zur Höchste Straße. Musste ich auch mal das Navi anschmeißen. Ist ganz in der Nähe vom O-Bhf. Aber ich glaube, die muss man nicht kennen.
@Aro:
Genau so ging es mir eben auch: Muss ich doch wissen! 🙁
@Klaus:
Die Höchste hatte ich vor gar nicht allzu langer Zeit auch mal. Ebenso uninformiert, obwohl ich vom Ostbahnhof ja oft mal über am Park vorbei Richtung Greifswalder fahre. Aber ich glaube, die haben sowieso eine Klausel im Mietvertrag, dass sie Taxifahrern den Weg ansagen müssen 😉
[…] Hier und da mal eine Straße nicht wissen: Passiert. […]
Meine Englisch-Dozentin pflegte stets auf meine Korrekturen *hust* zu sagen: „Bist auch alt wie ’ne Kuh, lernst halt immer noch dazu.“.
Niemand mit einigem Verstand wird ernsthaft erwarten, daß ein Taxifahrer (und wenn er selbst seit vielen Jahren fährt) alle Straßen in Berlin auswendig kennt. Als Fahrgast hat man doch immer nur punktuell überlegene Straßenkenntnisse, weil man einfach eine meist sehr begrenzte Gegend besonders gut kennt, da man dort (eventuell viele) Jahre gewohnt hat.
Eine Straße fällt mir spontan ein, die nur sehr, sehr wenige Berliner kennen: Zornstraße in Lichtenberg (gleichzeitig eine der kürzesten Straßen überhaupt). Ist mir auch nur bekannt, weil mir die Gegend seit vielen Jahrzehnten vertraut ist.
@anonym:
Ja, die meisten erwarten da glücklicherweise keine Wunderdinge. Die Ausnahmen machen es einem dafür doppelt schwer 😉
[…] in irgendeiner Form von “Alles klar!” auf die Fahrtzielansage reagiert und losfährt. In der Praxis klappt das nicht immer. Zu unserer Kompetenz gehört neben einem rudimentären Verständnis für das eigene Fahrzeug und […]