„Der Japaner im Kofferraum“

Gibt es hier ein paar Leute, die gerne mal Geschichten von Taxifahrern lesen? Ich vermute es mal…

Ich wollte darauf hinweisen, dass Frank Fischer, seines Zeichens wie ich Taxifahrer und Taxiblogger in Berlin, gerade sein Buch „Der Japaner im Kofferraum“ veröffentlicht hat.

Ich bin noch nicht dazu gekommen, es mir zuzulegen und zu lesen, aber da ich meine Verplanung kenne und nicht wie bei meiner letzten Buchvorstellung zu „Ich bin Taxifahrer“ von Wilhelm Schuster 39 Jahre zu spät dran sein will, sei hiermit schon mal darauf hingewiesen. 🙂

Nachtrag:
Ich hab das Buch inzwischen gelesen und rezensiert. Hier kann man die Rezension zum „Japaner“ lesen!

Spartipp für Taxikunden

Ganz im Ernst: Der Artikel wird nicht halten, was die Überschrift verspricht. Großartige Spartipps fürs Taxi kann ich eigentlich nicht geben. Natürlich hilft etwas Orts- und Tarifkenntnis gegen die Abzocker in unserem Gewerbe, aber beim überwiegenden Teil der Fahrer, die ihre Arbeit so gut wie möglich und im legalen Rahmen machen, markiert der ortsübliche Taxitarif bei den meisten Touren sowohl die Ober- als auch die Untergrenze.

Nein, ich dachte einfach, ich könne noch ein zwei Worte darüber verlieren, dass ich am Wochenende eine lustige Truppe im Auto hatte, der ich tatsächlich einen (nicht ganz ernst gemeinten) Tipp mitgegeben habe.

Es handelte sich um 5 Jungs. Bisweilen schaffe ich es, die Fahrgäste mit ein paar markigen Worten zu beschreiben, bei den fünfen versagt mein Talent. Sie waren alle zusammen etwa so auffallend wie ein Becher Joghurt im Kühlregal und überzeugten wie selbiger mit grotesker Geschmacklosigkeit. Sie waren im Fritz-Club, waren angetrunken und wollten mit dem Taxi heimfahren. Sie waren alle bekleidet, nur keiner sonderlich auffällig. Partnerlook trugen sie trotzdem nicht, und auch ihre Gespräche waren von so seicht dahinplätschernder Belanglosigkeit, dass ich mich ernstlich fragen musste, weswegen so eine Truppe eigentlich feiern geht.

Über die Tour habe ich mich dennoch gefreut, denn immerhin ist sie auch nicht negativ aus dem Rahmen gefallen, und das kann auch mal ganz nett sein. Außerdem fuhren wir bis nach Karlshorst, und mit dem Zuschlag für die fünfte Person sind so gleich mal 18 € zusammengekommen.

Ach ja, der Zuschlag! Das hatte ich doch zu Beginn ganz vergessen. Und so ergab sich folgender kurzer Dialog am Ende:

„So, mit dem Zuschlag für die fünfte Person wären wir dann bei 18,30 €.“

„Wat? Zuschlag? Dit haste aber nich jesacht! Wir hätten den ja ooch dalassen können.“

„Packt ihn nächstes Mal in einen Koffer, dann spart ihr 50 Cent!“

(Gepäckstücke, die nicht in den Kofferraum passen, kosten nur 1,00 € Zuschlag, eine fünfte Person kostet 1,50 €.)

Ach, was waren die Gesichter herrlich 🙂

Wagen umgekippt

Ja, man könnte sagen, dass ich heute Nacht in einen Unfall verwickelt war. Und es ist wahr: Ein umgekippter Wagen hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Bevor jetzt aber jemand die Pressemeldungen nach überschlagenen Autos absucht: Ruhig Blut! Eigentlich ist gar nix schlimmes passiert. Sämtlicher Schaden ließ sich übersichtlich auf folgendem Foto festhalten:

Knapp am Totalschaden vorbei, Quelle: Sash

Knapp am Totalschaden vorbei, Quelle: Sash

Ja, das ist das rechte Rücklicht der guten alten 1925. Und das Loch war dort bis gestern noch nicht. Wie aber zur Hölle schafft man das? Und was hat das mit umgekippten Wagen zu tun?

Aaalso: Am Ostbahnhof trat Kundschaft an mich heran, und sie hatten anbei einen – na, wer errät es? – Einkaufswagen. Der war voll bepackt mit mindestens einem Wocheneinkauf, und all diesen Inhalt gedachten die drei Leute, in mein Taxi zu schaufeln. Warum nicht? Ich hatte von dort schon einmal eine Einkaufstour, und auch wenn der Weg wieder nicht lang zu werden versprach, finde ich es eigentlich gut, dass die Leute überhaupt auf die Idee kommen, eine Taxe dafür zu nutzen. Wenn es zum Laufen zu weit, mit dem Bus zu umständlich und ein eigenes Auto nicht vorhanden ist, dann sind wir doch eigentlich keine schlechte Wahl.

Nun wird dieser Einkauf aber wohl leider ein bisschen teurer als geplant werden.

Als sie nämlich den Wagen möglichst nahe an mein Auto heranschieben wollten, übersahen sie das Ende des Bordsteins. Ein Rad des Wagens sackte ab, und das ganze Gefährt ist mit vernehmlichem Krachen gegen mein Auto gekippt. Dabei hat sich eine Kante direkt durch die Plexiglasabdeckung des Rücklichtes gebohrt – wie man anhand des Fotos ja auch erahnen kann.

Erstmal sieht es nach Glück im Unglück aus: Im Grunde ist das ja nur ein billiges Plastikteil. Es wurde kein Lack zerkratzt, selbst das Licht mit allen Birnen etc. ist noch heil. Allerdings ist nun die Frage, ob das in der Werkstatt einfach so ausgetauscht werden kann, oder ob da – und das befürchte ich – gleich ein komplett neuer Korpus fürs Rücklicht angeschafft werden muss.
Ich hoffe nur, dass das alles in allem glimpflich ausgeht, denn es waren wirklich herzensgute Leute. Obwohl sie nicht wissen, ob sie eine Haftpflicht haben, haben sie nicht mal eine Sekunde rumlamentiert, ich habe ein Schuldeingeständnis mit Adresse, ein Trinkgeld und viele Entschuldigungen gekriegt. Ich fände es ehrlich gesagt schade, wenn der Mist jetzt viel mehr als ’nen Fuffi kostet… 🙁

Wenn Redebedarf zu Schweigen führt

Über seltsame Kommunikation habe ich erst vorgestern geschrieben. Eigentlich wollte ich gerne noch mehr zwischenreinpacken, aber jetzt hab ich mein Notizbuch liegen lassen und mir fällt spontan nix ein, was in den letzten Tagen so los war.

Also doch der Schweiger.

Ja, in den Kommentaren zu besagtem Beitrag ist natürlich auch gleich die Meinung bei einigen Kommentatoren durchgeklungen, dass man sich im Taxi ja auch nicht unterhalten muss. Das stimmt, und solche Fahrten habe ich gelegentlich auch. Ja, ich versuche immer am Beginn, einen Einstieg ins Gespräch zu bringen, aber wenn ich merke, dass die Leute ihre Ruhe wollen, dann sollen sie diese haben. Finde ich ok – und es freut mich ehrlich gesagt, wenn Menschen eine Fahrt mit mir zur Erholung nutzen können.

Bei dem langhaarigen Typen, den ich samt seiner schmucken Uniform vor einer Firmenzentrale eingesammelt habe, war diese Frage sehr schnell beantwortet. Ich sagte zum Einstieg, dass das nach sehr spätem Feierabend aussehe, er bejahte nur einsilbig, und ab da schwiegen wir.

Es war eine fast schon lange Tour knapp unter 20 €, und etwa zwei Drittel der Strecke glitten wir schleunig durch die Hauptstadt. In solchen Situationen merkt man erst einmal, wie laut Berlin, der Verkehr, ja sogar das eigene Auto so ist. Ich folgte ab dem letzten Streckenabschnitt dem Navi, da mir seine Straße nur grob etwas sagte und ich nicht als einzige Kommunikation eine Anfrage bezüglich des Weges haben wollte. Als das Navi mir in 2 Kilometern Entfernung einen Richtungswechsel nach rechts vorschlug, pochte mein Herz etwas lauter als zuvor. Dank des Verkehrs hat der Fahrgast es wahrscheinlich dennoch nicht gehört.

Fuck! Das war ja ein beschissener Weg, den ich mir da ausgesucht hatte! Hätte ich das blöde Navi nicht vorher einschalten können? Die Straße lag doch woanders als ich dachte, und somit hätte ich bereits auf dem Weg bis hierhin einiges abkürzen können, wenn ich eine andere Ausfallsroute aus der Stadt gewählt hätte. Na hoffentlich stört ihn der Weg nicht!
Das Schwierige an schweigenden Fahrgästen ist ja eben auch, dass man sie nur schlecht einschätzen kann.

„Darf ich sie mal was fragen?“

fragte es mit bedeutungsschwangerem Unterton aus dem Fond. In meinen Ohren ging der Satz etwa so weiter:

„Haben sie ihren P-Schein im Osterei gefunden?“ oder

„Sie wissen aber schon, in welche Stadt ich will?“

Es ärgert mich einfach, Fehler zu machen. Vor allem, wenn sie so blöd sind! Als ob man Stadtteile immer nur auf einem Weg anfahren könnte! Aber eigentlich wollte mein Fahrgast sich gar nicht über die Route beschweren:

„Sagen sie, haben sie schon mal einen nahen Verwandten verloren?“

Von da an führte ein Wort zum anderen, und der eigentlich recht kurze Rest der Fahrt verlor sich in Gesprächen über den Tod, Trauer, Gedenken, Philosophie und Religion. Es war mit Sicherheit nicht die angenehmste Fahrt der letzten Monate, aber manchmal sind die Touren eben auch nur so unkompliziert wie das Leben selbst.

„Und wofür ist der Knopf hier?“

„Automatische Dekontaminierung in 10 Sekunden. Gurte schließen und Atemmaske aufsetzen! Acht. Sieben. Sechs…“

Gut, ganz so dramatisch isses nun nicht gewesen. Aber man darf schon irritiert sein, wenn man nach zweieinhalb Jahren feststellt, dass das Auto, mit dem man fährt, auch einen Tempomat hat, oder?

Gut, zum einen brauche ich keinen. Dann hatte ich noch nie ein Auto mit Tempomat, mir ist also auch das Symbol unbekannt gewesen. Außerdem hat auch noch der Knopf geklemmt. Etwas komisch ist es trotzdem…

Abweisend

Es gibt so Situationen im Taxi, da denke ich mir schnell:

„Boah geil, das bloggst du! Am Besten fängste an mit dem Spruch, dann kannste…“

Das ist so in etwa die übliche Vorgehensweise bei mir. Es passiert irgendwas, und ich kann mir mit 2 Stichworten notieren, was ich aufschreiben will. Seien wir mal ehrlich: Die meisten komischen und denkwürdigen Momente während meiner Arbeit definieren sich durch ein oder zwei Kleinigkeiten, die für sich sehr leicht umschreibbar sind, und dadurch recht problemlos zueinander in Bezug gesetzt werden können, damit sie witzig, seltsam, verstörend oder doof wirken.

Manchmal entzieht sich eine Tour dieser Einfachheit aber völlig – und ist trotzdem erwähnenswert. Nur ist es ungleich schwerer, dann einen Text daraus zu basteln. Neulich hatte ich einen sehr seltsamen Fall von, ja von was eigentlich? Kommunikationsverweigerung? Nicht wirklich. Aber ein bisschen dann doch.

Ich hab in den frühen Morgenstunden vor einem bekannten Club eine Frau aufgegabelt. Sie war Mitte 30, und hätte sie nicht einen Hang dazu gehabt, sich bewusst für eine 80er-Frisur zu entscheiden, müsste ich noch ein paar Worte zu ihrer Attraktivität verlieren. Sie hat mir ein Fahrtziel genannt, das gut und gern 10 Kilometer entfernt lag, eine gute Tour also, zwischen 18 und 20 €.

Wir sind auch mehr oder weniger ins Gespräch gekommen, ich hab also erfahren, dass sie im Club gearbeitet hat, dass wir beide so unsere Probleme und gleichermaßen auch mal Freude an all den Partygängern haben, aber es war wirklich eine Tortur.
Ich hab ihr beim besten Willen kein Gespräch aufgezwungen, sie hat von sich aus auch hier und da mal munter drauf losgeplappert, aber irgendwie fehlte so etwas wie eine Atmosphäre völlig. Sowas kommt oft genug vor, um nicht jedes Mal einen Eintrag wert zu sein – aber auf die Dauer war das etwas seltsam.

Sie hat ausschweifend irgendwas erzählt, meine Antwort nur halbinteressiert zur Kenntnis genommen, und bei jedem eingestreuten Witz komplett abgeblockt und geschwiegen.

Dass sie so daherreden konnte, liegt, vermute ich, daran, dass sie das ähnlich wie ich den ganzen Abend tun muss – ob sie will oder nicht. Allerdings hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass sie gleichermaßen nicht ablegen konnte, alle Antworten abzutun, als wäre ich ein betrunkener Jugendlicher, der versucht, sie anzubaggern.

Viele Leute merken ja nicht wirklich, wenn sie stören. Was aber viel schlimmer ist: Wenn man es merkt. Ich meine, die Fahrgäste sind nicht meine Freunde, und eine Geschäftsbeziehung ist nunmal nicht geprägt von Herzlichkeit und warmen Gesten. Aber die Frau an dem Morgen war echt seltsam. Ist komisch, wenn man sich nicht ernstgenommen fühlt.

Ich gebe zu, das war jetzt alles andere als elegant. Ich wusste wirklich nicht so recht, wie ich das beschreiben sollte. Wollte aber mal zeigen, dass es sowas auch gibt. Keine Sorge, die witzigen Passagiere gibt es immer noch 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Ey!

Mit dem Wechselgeld hatte ich eigentlich noch nie ernsthafte Probleme. Ob das daran liegt, dass ich im Kopfrechnen halbwegs fit bin oder meine Kundschaft unter akuter Ehrlichkeit leidet: Ich weiss es nicht. Seit meiner ersten Woche befolge ich eisern den Rat einer Kundin aus der Gastronomie, nie das Geld der Kunden einzustecken, bevor sie das Rückgeld erhalten haben. Damit erübrigen sich die „Ich hab dir aber’n Zwanni gegeben“-Geschichten, die ja einige durchaus als Masche durchziehen sollen.

Und komischerweise hat sich auch nie jemand übers Rückgeld an sich beschwert. Denn die oben genannte Sicherheit im Kopfrechnen ist die Aussage eines überheblichen Abiturienten, dessen Mathenote bei einem Punkt lag. Genau genommen habe ich diesen Punkt im Übrigen erhalten, da just bei meinem Jahrgang eine Textaufgabe in der Prüfung enthalten war, die man eins zu eins aus der erlaubten Formelsammlung abschreiben konnte. Aber gut, genug von mir!

Neulich war ein Kunde dann tatsächlich mal beim Bezahlen fast in Rage geraten.

Die Fahrt kostete 20,20 € und der Kunde reichte mir erstmal einen Zehner. Dann legte er einen Euro nach, reichte noch einen weiteren und grinste mich in seiner Trunkenheit selig an:

„Hier haste noch’n Euro uffe Hand…“

Ich hab meine Hand weiter aufgehalten. Fand ich auch gar nicht so verwunderlich, hatte er doch offensichtlich vergessen, mir einen Zehner zu geben. Zumindest fehlten zum eigentlichen Fahrtpreis noch 8,40 €.
Ich hab ihn fragend angesehen. Nur kurz – bevor ich was sagen konnte. Da hatte er aber schon seine Augen zusammengekniffen und weit ausgeholt:

„Ey Meister! Ick hab dir hier schon ’n Euro uff de Hand jejehm!“

Man hat richtig gemerkt, wie er ausholen wollte zur großen Rede über die unerhörten Taxifahrer, die sich nicht mit dem Trinkgeld zufrieden geben wollen.

Da hab ich ihn dann erlöst 🙂

„Dafür will ich mich auch bedanken, aber einen Zehner bräuchte ich trotzdem noch…“

Seine Reaktion war immerhin süß:

„Ach Meister! Wenn dit alles is! Ick denk hier sonstwat…“