Abweisend

Es gibt so Situationen im Taxi, da denke ich mir schnell:

„Boah geil, das bloggst du! Am Besten fängste an mit dem Spruch, dann kannste…“

Das ist so in etwa die übliche Vorgehensweise bei mir. Es passiert irgendwas, und ich kann mir mit 2 Stichworten notieren, was ich aufschreiben will. Seien wir mal ehrlich: Die meisten komischen und denkwürdigen Momente während meiner Arbeit definieren sich durch ein oder zwei Kleinigkeiten, die für sich sehr leicht umschreibbar sind, und dadurch recht problemlos zueinander in Bezug gesetzt werden können, damit sie witzig, seltsam, verstörend oder doof wirken.

Manchmal entzieht sich eine Tour dieser Einfachheit aber völlig – und ist trotzdem erwähnenswert. Nur ist es ungleich schwerer, dann einen Text daraus zu basteln. Neulich hatte ich einen sehr seltsamen Fall von, ja von was eigentlich? Kommunikationsverweigerung? Nicht wirklich. Aber ein bisschen dann doch.

Ich hab in den frühen Morgenstunden vor einem bekannten Club eine Frau aufgegabelt. Sie war Mitte 30, und hätte sie nicht einen Hang dazu gehabt, sich bewusst für eine 80er-Frisur zu entscheiden, müsste ich noch ein paar Worte zu ihrer Attraktivität verlieren. Sie hat mir ein Fahrtziel genannt, das gut und gern 10 Kilometer entfernt lag, eine gute Tour also, zwischen 18 und 20 €.

Wir sind auch mehr oder weniger ins Gespräch gekommen, ich hab also erfahren, dass sie im Club gearbeitet hat, dass wir beide so unsere Probleme und gleichermaßen auch mal Freude an all den Partygängern haben, aber es war wirklich eine Tortur.
Ich hab ihr beim besten Willen kein Gespräch aufgezwungen, sie hat von sich aus auch hier und da mal munter drauf losgeplappert, aber irgendwie fehlte so etwas wie eine Atmosphäre völlig. Sowas kommt oft genug vor, um nicht jedes Mal einen Eintrag wert zu sein – aber auf die Dauer war das etwas seltsam.

Sie hat ausschweifend irgendwas erzählt, meine Antwort nur halbinteressiert zur Kenntnis genommen, und bei jedem eingestreuten Witz komplett abgeblockt und geschwiegen.

Dass sie so daherreden konnte, liegt, vermute ich, daran, dass sie das ähnlich wie ich den ganzen Abend tun muss – ob sie will oder nicht. Allerdings hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass sie gleichermaßen nicht ablegen konnte, alle Antworten abzutun, als wäre ich ein betrunkener Jugendlicher, der versucht, sie anzubaggern.

Viele Leute merken ja nicht wirklich, wenn sie stören. Was aber viel schlimmer ist: Wenn man es merkt. Ich meine, die Fahrgäste sind nicht meine Freunde, und eine Geschäftsbeziehung ist nunmal nicht geprägt von Herzlichkeit und warmen Gesten. Aber die Frau an dem Morgen war echt seltsam. Ist komisch, wenn man sich nicht ernstgenommen fühlt.

Ich gebe zu, das war jetzt alles andere als elegant. Ich wusste wirklich nicht so recht, wie ich das beschreiben sollte. Wollte aber mal zeigen, dass es sowas auch gibt. Keine Sorge, die witzigen Passagiere gibt es immer noch 🙂

8 Kommentare bis “Abweisend”

  1. Vielleicht war sie einfach mit dem Kopf noch im Job – und Du nicht ihr Typ 😉

    Mal böse gefragt: Gibt es eigentlich eine Unterhaltungspflicht des Fahrgastes gegenüber dem Fahrer 🙂

  2. Nick sagt:

    Das ist wie beim Friseur, wenns dir aufgedrängt wird, biste so freundlich mitzumachen.
    Das Problem hat man aber leider bei den meisten berliner Taxifahrern gar nicht erst.

  3. Irish Star sagt:

    Hmm, das klingt allerdings auch nach einem Problem, dass mir seit etwa einem Jahr vermehrt auffällt und vielleicht auch in letzter Zeit schlimmer geworden ist. Nämlich dass Leute nur daran interessiert sind, ihre Meinung, Geschichte oder sonst was loszuwerden. Das Motto lautet: Senden, nicht Empfangen. Im Extremfall, und der kommt oft genug vor, wirst Du etwas gefragt – und bevor Du auch nur halbwegs Deinen Antwortsatz beendet hast, unterbricht Dich die Person, um dann selbst eine Antwort zu geben bzw. letztlich doch von sich zu erzählen.
    Uff, das musste ich jetzt mal loswerden 😉

  4. Sash sagt:

    @B like Berlin:
    Nö, die Pflicht gibt es nicht. Es war nur eine sehr seltsame Unterhaltung. Wenn jemand schweigen will, dann passt das doch. Aber die Mischung aus Reden und gleichzeitig andere Worte nicht an sich ranlassen, ist irgendwie komisch.

    @Irish Star:
    Kenn ich 🙂
    Ich meine, ich erzähle auch gerne. Sowohl hier als auch im Taxi. Es fällt mir halt auf, wenn sich da „Missverhältnisse“ ergeben.

  5. In Berlin habe ich selten Taxifahrer getroffen, mit denen ich mich gerne unterhalten wollte. Wenn manche dann noch ihre Weltanschauung auspacken,… Penetrante Vögel habe ich schon erlebt, die sich auch nicht davon abhalten ließen, dass ich meinen Kopf hinter die Zeitung steckte.

    @Irish Star:
    Das ist vielleicht eine Folge der sog. „Social Media“. Dort wird immer nur gesendet und je mehr man sendet umso größer wird die Zahl der sog. Freunde. Das hinterlässt Spuren.

  6. Ich tippe ja, dass viele dieses starke „Sendebedürfnis“ haben, weil sie sich einfach sonst nimmer wahrgenommen fühlen. Speziell bei jüngeren Semestern fällt es mir im Gespräch immer wieder auf, dass ich Dinge aufgreife, die sie vor einiger Zeit mir gesagt haben und diese total verwundert sind, dass man sich daran noch erinnert, respektive das wahrgenommen hat.

  7. Sash sagt:

    @B like Berlin:
    Penetranz ist immer nervig. Egal von welcher Seite. Das passiert mir ja auch bei Kunden…

    @Der Maskierte:
    Das ist mir so noch nicht aufgefallen. Wobei: Naja, manchmal am Ende, wenn ich gerne noch einmal zurückgreife auf gewisse Sätze, um sie mit dem Gute-Nacht-Wunsch zu verbinden.

  8. […] seltsame Kommunikation habe ich erst vorgestern geschrieben. Eigentlich wollte ich gerne noch mehr zwischenreinpacken, aber jetzt hab ich mein Notizbuch liegen […]

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