Immer locker bleiben…

Immer locker bleiben! Die fantastischen Vier hatten schon irgendwie Recht!

Das gilt nicht nur für den (zumindest bei mir) immer noch desaströsen Umsatz die Tage, sondern auch für das Miteinander auf der Straße. Das Wetter wird wenigstens zeitweise wieder lockerer und einen spürbaren Effekt auf die Fortbewegung in der Berliner Innenstadt hat das natürlich auch:

Die Leute packen ihre Fahrräder wieder aus.

Im Laufe der letzten Woche war schon wieder wesentlich mehr Vorsicht angesagt als ohnehin schon im Stadtverkehr, an jeder Ecke sind einem zusätzlich zum regen Autoverkehr auch wieder vermehrt Radfahrer entgegengeschossen.

Ähnlich wie Aro finde ich zwar durchaus mal deutliche Worte für die Assis, die – gleich, welche Waffe sie wählen – Menschenleben in Gefahr bringen, halte aber nichts vom ewigen Kampf der Radler gegen die Autofahrer oder umgekehrt. Sicher, die Reibungsflächen sind groß, aber letztlich wollen wir doch eigentlich alle genau eines: Möglichst schnell und sicher ans Ziel kommen.
Ich hab schon oft geschrieben, dass ich bei aller Skepsis gegenüber Reglementierungen die StVO immer noch für eine der besten Regelsammlungen dieser Republik halte. Das mag darin begründet sein, dass ich häufig mit ihr aneinandergerate – aber es liegt auch daran, dass ich mir bewusst bin, dass der Straßenverkehr nunmal eine Gefahr darstellt, mit der man irgendwie umgehen muss.

Nach wie vor halte ich an meiner Maxime fest: Absolute Sicherheit gibt es nicht, und ich bin mir wirklich bewusst, dass ich prinzipiell mein Leben und das anderer Leute gefährde, indem ich anderthalb Tonnen Stahl mit absurder Geschwindigkeit durch einen Häuserparkour lenke. Fatalistisch könnte ich auch sagen: Irgendwann passiert sicher mal was, was will man machen? Das heisst aber nicht, dass man komplett darauf scheißen sollte, darüber nachzudenken.

Sicher, als Radfahrer hat man es gewissermaßen einfacher: Man ist mobiler, und natürlich ist man selbst nur für eine wesentlich kleinere Gruppe potenziell tödlich. Die Fälle, in denen unachtsame Radfahrer Reisebusse zermalmt haben, halten sich zweifelsohne in Grenzen. Insofern finde ich es auch gerecht, dass der motorisierte Verkehr auf unseren Straßen wesentlich stärker überwacht wird. Hier sind größere Massen im Spiel, höhere Geschwindigkeiten und letztlich auch das nicht auszumerzende gesteigerte Überlegenheitsgefühl von Menschen, deren Ersatz für eine ausgebildete Persönlichkeit eine rollende Festung mit 300 PS und Alufelgen ist.

Insofern bin auch ich als Autofahrer eher bereit, einen Verstoß gegen die Regeln einem Fahrradfahrer zu verzeihen als einem Kollegen mit Blechummantelung. Und ja: Auch ich verzichte nachts um 4 Uhr an einer unbelebten Kreuzung mal aufs Blinken und fahre hier und da mal 10 km/h zu schnell. Den Heiligenschein hab ich nicht zufällig im Kofferraum liegen lassen, ich besitze tatsächlich keinen!

Aber heute erst wieder habe ich auf der Warschauer Straße aprupt bremsen müssen, weil mir – und ja, das ist das schlimmste Klischee – ein offensichtlich betrunkener Radfahrer ohne Licht mit Bierflasche in der Hand in Schlangenlinien vors Auto gefahren ist, obwohl er Rot hatte.
Ich will dem schief grinsenden Kerl noch nicht einmal anlasten, dass er mich zum Bremsen gezwungen hat, ich bin ja schließlich verpflichtet dazu, umsichtig zu fahren – aber was wäre gewesen, wenn hinter mir ein Auto/Bus/Gefahrenguttransporter gewesen wäre?

Ich möchte hier keinesfalls „die Radfahrer“ als solches diskreditieren! Da sind ebenso wie unter den Autofahrern ein paar Idioten unter einer enormen Menge vernünftiger Leute verteilt. Aber hier wie dort fallen sie auf.

Deswegen möchte ich hier auch keine Schuldzuweisung für die teils abartigen Verhältnisse auf den Straßen tätigen. WIR als Gesamtheit sind der Verkehr und sollten darauf achten, dass wir miteinander klarkommen!

Pervers wird es in meinen Augen erst da, wo man versucht, die Gruppen gegeneinander auszuspielen. Der ADAC und der ADFC sind beides absurde Lobby-Verbände, die die Fortbewegungsart (hey, um nicht anderes geht es hier!) ihrer Mitglieder so in den Himmel loben und gegen alles verteidigen, was da kommt – auch wenn es bisweilen sehr berechtigt ist.
Es mag autofahrertypisch klingen, wenn ich es verteidige, dass die Berliner Polizei in der letzten Woche schwerpunktmäßig Radfahrer überprüft hat. Denn ja, das finde ich ok. Während ich mich beim Ausfall von einem von drei Bremslichtern gleich panisch an den Austausch mache, kommen mir Idioten mit gänzlich unbeleuchteten Rädern nachts vors Auto und pöbeln mich an, wenn ich nicht rechtzeitig bremse. Das finde ich unfair. Zumal ich sie nicht einmal anzeigen kann, weil sie im Gegensatz zu mir nicht einmal Kennzeichen haben.
Aber andererseits halte ich auch nichts davon, dass sich meine Kollegen immerfort über Blitzer beschweren. Gewiss, in der ein oder anderen Ecke ist es fies, weil man da wirklich schneller fahren könnte – vielleicht sogar sollte – aber es ist ja nicht so, dass es sich nicht vermeiden ließe, geblitzt zu werden. Gemeinhin passiert das nämlich nur, wenn man zu schnell ist…

Die Tatsache, dass zum Frühlingsstart auch mal mehr oder weniger ausnahmsweise die Radfahrer auf den Kieker genommen werden, ist bei allem, was tagtäglich da draussen passiert leider nicht so einfach mit polizeilicher Willkür abzutun, sondern es zeigt tatsächlich auf, dass es da teilweise ein wenig zu locker zugeht.
Ich meine: Hey, wir Autofahrer werden das ganze Jahr über gelasert, beobachtet, rausgewunken und kontrolliert. Das finde ich sicher genausowenig schön, wie es jetzt die Radfahrer finden. Ich wäre auch dafür, alle Kontrollen komplett einzustellen und auf die Vernunft der Leute zu hoffen. Das Ergebnis wäre aber wahrscheinlich, dass in der Innenstadt 100 km/h an der Tagesordnung wären und vom LKW- bis zum Fahrradfahrer wesentlich mehr Unfallopfer zu beklagen wären.

Bevor wir jetzt also alle auf die jeweils anderen einprügeln, würde ich sagen: Locker bleiben! Der meiste Ärger entsteht letztlich sowieso durch Missverständnisse und Unachtsamkeit. Da müssen wir nicht auch noch Krieg führen nebenher. Und wenn ich es als Taxifahrer schaffe, in zweieinhalb Jahren nur einmal mit 8km/h zu viel geblitzt zu werden, dann wird man es als Radfahrer wohl auch schaffen, ohne Rotlichtverstoß durchzukommen.

Puh, einsfuffzich!

Kurze Tour vom Ostbahnhof ins Cassiopeia. Das liegt in der Revaler Straße, sind rund 2 Kilometer Fahrtweg. Beinahe egal, welche Route man wählt. Mein Fahrgast bevorzugte die, die nicht an der Hauptstraße entlangläuft und bedankte sich dafür.

Seinen vier Mitreisenden war das recht egal. Sie kamen allesamt von einem Konzert aus dem Yaam! und wollten nun noch ein bisschen weiter feiern. Komme was wolle. Taxi als Mittel zum Zweck. Wie es eben so ist.

Nun ist es hier in Berlin ja so, dass bei Fahrten mit mehr als 4 Fahrgästen ein Großraumzuschlag von 1,50 € (pro Person) erhoben wird. Ich weise das auch immer getrennt aus, schließlich tut das Taxameter dies auch. Damit die Leute sich nicht wundern, was ich da geheimnisvolles mache, deute ich meist aufs Taxameter und sagte hier zum Beispiel:

„So, das wären 6,40 €, zusammen mit dem Zuschlag für die 5. Person wären wir dann bei 7,90 €.

Mit Zuschlägen macht man sich natürlich nie Freunde…

Aber recht originell war dann doch folgende Antwort:

„Puh, 1,50… nee, sorry. Eigentlich wollte ich dir gerne ein ordentliches Trinkgeld geben, aber wenn das so teuer ist…“

Danke für den Hinweis 🙁

Blinder Passagier

Zunächst sind mein Kollege und ich einfach mal aus dem Weg gesprungen, als der Blinde sich am Bordstein des Taxistandes entlang getastet hat. Als sein Stock mein Auto etwas unsanft traf, hab ich zwar kurz die Augenbrauen angehoben, aber was will man machen? Ich finde es so oder so eine abartige Leistung, sich mit so einem Teil fortzubewegen. Ich glaube, ich bräuchte jahrelange Überredung bis ich mich auf die Straße trauen würde, ohne permanent Angst zu haben, gegen einen Briefkasten oder etwas anderes hervorstehendes zu donnern.

Und da blieb er dann stehen und wartete. Mein Kollege war etwas schneller und fragte, ob er ein Taxi benötige – und öffnete ihm auch gleich die Türe.

Ich muss zugeben, dass ich noch nie mit Blinden zu tun hatte – nicht einmal während meiner langen Zeit im Behindertenfahrdienst. Da war sie auf einmal zurück: Die Angst, irgendwas falsch zu machen. Ich bin mir sicher, die meisten da draussen kennen das von Rollstuhlfahrern: Man will ja helfen, weiss aber nicht wie – und aufdringlich sein will man auch nicht…

Um es abzukürzen und nicht so peinlich für mich werden zu lassen: Es war natürlich eine total unspektakuläre Fahrt und der Mann war einfach nur nett. Das hat mich jetzt nicht wirklich gewundert. Was die Fahrt letztlich so interessant gemacht hat, war die Tatsache, dass ich mal darüber nachgedacht habe, wie schwierig Taxifahren eigentlich für Blinde sein kann. Mal abgesehen davon, dass man natürlich nur schwerlich ein Taxi heranwinken kann, wenn man keines sieht, ergeben sich ja auch im Auto Probleme oder Unwägbarkeiten.

Selbst mir als nicht sonderlich für Abzockereien anfälliger Mensch ist als erstes der Gedanke durch den Kopf geschossen, dass dieser Passagier es sicher nicht merkt, wenn ich einen kleinen Umweg fahre. Hab ich natürlich nicht gemacht. Gut, die meisten werden ihre Wege vielleicht kennen, aber am Ende kam mir ein ähnlich unlauterer, aber auch nicht zu vernachlässigender Gedanke: Kein Blinder kann das Taxameter lesen. Ich hätte jetzt ja auch mal spontan noch ein kleines Trinkgeld aufschlagen können. Und ganz ehrlich: Bis 20 oder 40 Cent erregt das nicht einmal Aufsehen, da würde ich jede Wette eingehen…

Aber gut, das setzt wenigstens miese Taxifahrer voraus. Auf dem Weg zu ihm ist mir eine ganz andere Sache noch aufgefallen:

Mein Kunde bat mich, von Straße A in Straße B abzubiegen und dort an der Ecke mit Straße C zu halten. Gut, kein Problem. Allerdings ist das ein riesiger Umweg, da Straße A einen Halbkreis beschreibt, und ich die Kreuzung wesentlich schneller und kürzer erreiche, wenn ich einfach von A auf C abbiege und dann an der entsprechenden Kreuzung halte. Das hab ich dem Kunden auch mitgeteilt, und wenngleich er meinem fachlichen Rat vertraute, fragte er skeptisch, ob Straße C wirklich auch mit A zusammentreffe.
Gut, die Unkenntnis des Stadtplanes ist nicht zwingend seiner Sehkraft zuzuschreiben – aber den meisten anderen wäre es wahrscheinlich mal bei einem Blick aufs Navi oder beim Vorbeifahren am Straßenschild aufgefallen.

Und als wir ankamen, hatte ich schon wieder eine schlechte Vorahnung: Immerhin kamen wir jetzt von einer ganz anderen Seite an, wie er es gewohnt war. Aber auf Nachfrage meinte er, ich könne einfach rechts halten. Schön war dann der Abschluss-Dialog. Ich musste ihn nochmal fragen, weil ich dank Verkehr ziemlich schräg auf der Kreuzung gehalten habe:

„Geht das jetzt so oder brauchen sie noch irgendeine Orientierungshilfe?“

„Nein danke, ich glaub, ich weiss wo ich bin. Aber…“

Und dann greift er zielsicher nach seinem Stock neben sich…

„DIE Orientierungshilfe muss ich trotzdem mitnehmen!“

Ein kurzes Lachen beiderseits, und weg war er.

Ein paar Anmerkungen:

Ich schreibe das jetzt auch nicht, um einen blinden Fahrgast vorzuführen. Mir hat es mal bewusst gemacht, an wie vielen Ecken (die man selber gar nicht wahrnimmt) es Leute mit Beeiträchtigungen selbst heute noch schwer haben (können).
Warum z.B. hat unser Taxameter keine Sprachausgabe? Da ist das Ding dazu da, verpflichtend einen Fahrpreis anzuzeigen, aber ich könnte jeden Blinden damit abzocken. Eine falsche Quittung kann ich ja gleich dazu ausstellen und die Uhr weiterlaufen lassen bis der Betrag erreicht ist… schon irgendwie erschreckend. Ich meine, wir schreiben das Jahr 2011 – so schwer kann das ja wohl nicht sein…

Gutes Timing

Hallo zurück erstmal, liebe Leser!

Eine Woche Funkstille ist nun vorbei – aber da die Klagen so zahlreich nicht waren, hoffe ich doch, dass ich gleich zur Tagesordnung übergehen kann 😉
Nur so viel: Ich war krank, hatte Besuch und nebenbei auch oft keinen Bock. Da muss auch mein Blog mal ein wenig leiden.

Heute dann der langersehnte Start, der Wiedereintritt – oder was einem sonst noch so für Vokabeln einfallen, die man in Anlehnung an den ersten bemannten Raumflug vor nunmehr 50 Jahren verwenden kann…
So spektakulär wie Gagarins Flug war meine erste Schicht natürlich nicht. Weder hat meine Kiste den Weltraum erreicht, noch ist sie ins Trudeln gekommen, und einen Orden von der russischen Regierung werde ich wahrscheinlich auch nicht bekommen. Sei es drum. Es war ja nur eine total langweilige Dienstagsschicht.

Ich bereite mich auf die Schichten ja durchaus unterschiedlich vor. Nicht arg, aber in Nuancen. Während ich Samstags zum Beispiel dafür sorge, dass ich ein paar Knabbereien dabei habe, die ich schnell nebenher essen kann, sorge ich mich Dienstags wesentlich mehr um Zigaretten und Lesestoff. Wer denkt schon daran, beim Fahren zu essen, wenn man sowieso 6 von 8 Stunden rumsteht…

Insofern war die Schicht nicht nur was seichtes zum Wiedereinstieg, sondern gleichzeitig auch eine erneute Geduldprobe. Eine Tour pro Stunde hab ich gerade so hinbekommen, das Gesamtergebnis blieb dennoch zweistellig. Dennoch spreche ich von gutem Timing in der Überschrift. Weswegen?

Also zum einen hab ich die Bahn zum Heimfahren punktgenau erwischt. Das ist in der Tat nicht schlecht, denn die fährt Nachts ja nur im 30-Minuten-Takt. Aber damit will ich nun wirklich niemanden langweilen.

Nein, es ging natürlich um eine Tour. Als ich heute einmal fast eine Stunde vor dem Ostbahnhof versauert bin, trat ein Mann an einen Kollegen vor mir heran, setzte sich in sein Auto und redete. Dann stieg er wieder aus und ging zu einem weiteren Kollegen. Soweit nichts ungewöhnliches, Preisverhandlungen sind ja letztlich – ob legal oder illegal – an der Tagesordnung.
Als er dann zu einem dritten Kollegen wechselte, wurde ich neugierig. Er war zwar bisher überall abgeblitzt, aber selbst der blödeste Vollpfosten fragt nicht 3 Taxifahrer, ob er eine 30€-Tour für 10 kriegt. Ich vermutete sowas wie „an der Bank halten“, Kartenzahlung oder eine kleine Finanzdifferenz von einem 5er – den man ja eventuell auch wieder an einer Bank ausgleichen könnte.

Inzwischen haben sich die ersten beiden Kollegen unterhalten, und es kam heraus, dass der Kerl wohl nach Bernau wollte. Ui!
Dem ersten Kollegen hat er einen Zwanni geboten, was dann locker die Hälfte unter einem halbwegs plausiblen Angebot liegt. Kollege 2 allerdings hat schon 30 geboten bekommen, und so überlegte ich zum einen, wie viel ich verlangen würde – zum anderen, wie viel er bieten würde, wenn er die Taxen der Reihe nach durcharbeitet und immer um einen Zehner erhöht 🙂

Letzteres hätte 70 € für die Tour gebracht, aber das war natürlich eine absurde Annahme. Ich hab also mal geschaut, wie weit das genau ist. Mein Navi meldete was von 25 Kilometern, und ich wartete weiter. Für 30, naja… 33 Euro hätte ich ihn eingesackt. Versaut zwar den Schnitt, aber an einem Dienstag… und selbst mein Chef freut sich im Zweifelsfall erst mal über den Umsatz. Eine gigantische Ferntour, bei der die Kilometer dann wirklich schmerzhaft werden, sieht ja dann doch anders aus.

Aber soweit kam es nicht.

Kollege Nummer 4 hat irgendeinen Deal ausgehandelt und ist mit ihm von Dannen gefahren. Damn! Ein paar Minuten mehr blieben mir also nicht erspart.

Meinen Fahrgast bekam ich aus einem ganzen Pulk an Leuten, und ja: Es war sekundengenaues Timing, dass ich just ihn erwischte. Und… Moment mal! Den kennste doch!

Es war niemand anders als der personifizierte Glücksgriff unter den regelmäßigen Fahrgästen am Bahnhof: Ein Geschäftsmann, der bis nach Zehlendorf fährt und immer gute 3 € Trinkgeld gibt. Meine erste Fahrt mit ihm hatte ich bereits in meinem ersten Monat. Siehe hier.

Er war damit – nach langer Pause – das dritte Mal (Rekord!) Gast in meinem Auto, und wie schon beim zweiten Mal erkannte er mich nicht wieder. Das macht mich jetzt nicht fertig, ich bin nur einer von zahllosen Taxifahrern und zudem hat der werte Mann die Angewohnheit, die Fahrt nach Hause mit Zeitunglesen zu verbringen. Das erste Mal hat mich seine Schweigsamkeit noch tierisch nervös gemacht, inzwischen freue ich mich darüber, denn bei ihm weiss ich inzwischen, dass es keine eisige Kälte ist, sondern er lediglich seine Fahrt gerne ruhig und lesend verbringt.

Auf den Fahrtpreis war ich selbst gespannt, da ich ihn seit der Tariferhöhung nicht mehr gefahren habe, und er außerdem inzwischen auch eine zweite Route vorschlug, die ich dann lieber genommen habe als seinen Standardweg.

Am Ende lief es auf 31,00 € raus, nicht auf die 29,60 €, die damals noch Standard waren.
(ich hab ja damals mit Fahren nach Navi sogar 28,90 € hinbekommen und hätte es noch billiger geschafft…)
Aber auch er hat seinen Preis angepasst und 34 € gegeben. 😀

Gut, wie eingangs erwähnt: Deswegen ist die Schicht noch nicht zu einem Rekord geworden – aber wenn ich jetzt überlege, wo ich ohne die Tour sein könnte…

Manchmal ist es dann doch schön, wenn man nicht den Erstflug wagt, sondern in bekannten Gewässern schifft.

Abzocken beim Taxifahren

Für einen „Neuling“ mit durchaus seltsamen Arbeits- und Verdienstvorstellungen reisse ich die Klappe bezüglich Ehrlichkeit im Taxigewerbe manchmal ganz schön weit auf. Es ist zum Beispiel nicht selten, dass sogar Kunden bezüglich meiner ganz eindeutigen Einstellung zu Umwegen, Schwarzfahrten und Kundenservice beschwichtigend sagen, sie können es ja irgendwo auch verstehen, schließlich müssten wir ja auch unser Geld verdienen…

Da haben sie Recht, und es ist nach wie vor im Grunde eine Frechheit, was wir bei unserem Job verdienen. Ich halte meine Kosten niedrig. Ich bin nicht das Referenzmodell für einen Taxifahrer – und natürlich gibt es eine Menge Fahrer mit Familie, die nebenher noch Geld vom Amt kriegen, weil ihr Gehalt zu klein ist, um jemand anders außer ihnen selbst durchzubringen. Auch hier in Berlin, von wo aus ich witzig und neunmalklug meinen Blog schreibe!

Also ja, ich verstehe den Grund dafür, dass manche Kollegen überall möglichst viel Geld aus den Kunden herausholen. Die Schwere der Delikte ist ja auch unterschiedlich. Während es den einen Kunden hart trifft, erwarten viele Touristen ja sowieso höhere Preise und mal ehrlich: Wen stört es denn ernsthaft, wenn die Fahrt mal einen oder zwei Euro mehr kostet? Im Grunde könnte man das Ganze doch als Kavaliersdelikt abtun, und wenn man nicht erwischt wird, hat man eben Glück gehabt…

Wie ich schon oft geschrieben habe: Ich teile diese Einstellung nicht. Und das aus ganz handfesten Gründen: Es stresst mich und ich sorge mich um meinen Umsatz!

Das mit dem Stress ist leicht erklärt: Wie bei jedem anderen netten und ehrlichen Kollegen landen viele abgezockte Kunden auch mal in meinem Wagen, und ich darf mir dann anhören, wie schlimm es mit den Taxifahrern hier bestellt ist – und wenn es ganz übel läuft, dann begründen die Leute ihre Preisfeilschereien damit, dass wir sowieso betrügen oder sparen sich das Trinkgeld, weil sie davon ausgehen, wir nehmen uns unseren Teil ja wahrscheinlich schon durch Uhrmanipulationen und Umwege.

Richtig mies wird es aber werden, wenn diese Missstände erst einmal bekannt sind. Schon jetzt bestimmen schlimme Einzelfallbeispiele oft die Medienberichte über Taxifahrer, und wenn sich das weiter ausbreitet, dann kommen wir irgendwann an den Punkt, an dem Touristen davor gewarnt werden, sich ein Taxi zu nehmen.
Da sind wir bislang vielleicht weit entfernt davon, aber ich möchte nicht das so ein Bericht (hier über ungarische Kollegen) jemals über das Berliner Gewerbe geschrieben wird…
Es kann mir keiner erzählen, dass sich so ein Ruf nicht geschäftsschädigend auswirkt und alle Kollegen, ob Abzocker oder ehrliche Dienstleister, trifft.

Noch ist es – wenn auch vielleicht an der Grenze – machbar, diesen Job in dieser Stadt legal zu betreiben und davon zu leben. Und ich glaube nunmal wirklich daran, dass es unserem Gewerbe langfristig besser tut, Kunden zu gewinnen, zu binden und von unserer Dienstleistung zu überzeugen – als für Zweifuffzich am Tag dazu beizutragen, dass der letzte Rest Glaubwürdigkeit auch noch den Bach runter geht.

Es wäre schön, wenn die entsprechenden Kollegen das erkennen würden, und sie mal einen Blick über die Tageskasse hinaus werfen würden…

Das Krokodil

Gestern ist mir während eines Gespräches eine Geschichte eingefallen, die ich tatsächlich noch nicht verbloggt zu haben scheine. Um solche Geschichten bin ich froh, jetzt wo ich etwas angeschlagen die heimatlichen 4 Wände hüte.

Ein Kollege und ich standen am Ostbahnhof und wir beobachteten gespannt, was in der Halle vor sich ging. Dass dort am Wochenende jede Menge seltsamer Gestalten umher rennen, ist ja Standard. Dass allerdings zwei Typen, als Krokodil und Bär (bei Bär bin ich mir nicht mehr ganz sicher) verkleidet durch den Bahnhof rennen, und dabei sich selbst und andere anrempeln… das passiert selbst hier nicht jeden Tag.

Der Kollege, nicht der gesprächigste seiner Sorte, nahm das eher skeptisch wahr:

„Wat für Spinner!“

Ich hab es wie üblich eher ein bisschen lockerer gesehen:

„Ach, mal im Ernst: Interessante Fahrgäste wären es sicher. Mich würde die Story dahinter interessieren. Verlorene Wette vielleicht…“

Plötzlich kommt der Bär aus dem Bahnhof gerannt, bleibt keuchend am Taxistand stehen und meint zu uns:

„Nehmt auf keinen Fall das Krokodil mit. Der Typ hat sich schon innen in die Verkleidung gekotzt.“

Dann rennt er wieder rein…

Einer der Gründe, weswegen das Kürzel WTF eine Daseinsberechtigung hat.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.