Abzocken beim Taxifahren

Für einen „Neuling“ mit durchaus seltsamen Arbeits- und Verdienstvorstellungen reisse ich die Klappe bezüglich Ehrlichkeit im Taxigewerbe manchmal ganz schön weit auf. Es ist zum Beispiel nicht selten, dass sogar Kunden bezüglich meiner ganz eindeutigen Einstellung zu Umwegen, Schwarzfahrten und Kundenservice beschwichtigend sagen, sie können es ja irgendwo auch verstehen, schließlich müssten wir ja auch unser Geld verdienen…

Da haben sie Recht, und es ist nach wie vor im Grunde eine Frechheit, was wir bei unserem Job verdienen. Ich halte meine Kosten niedrig. Ich bin nicht das Referenzmodell für einen Taxifahrer – und natürlich gibt es eine Menge Fahrer mit Familie, die nebenher noch Geld vom Amt kriegen, weil ihr Gehalt zu klein ist, um jemand anders außer ihnen selbst durchzubringen. Auch hier in Berlin, von wo aus ich witzig und neunmalklug meinen Blog schreibe!

Also ja, ich verstehe den Grund dafür, dass manche Kollegen überall möglichst viel Geld aus den Kunden herausholen. Die Schwere der Delikte ist ja auch unterschiedlich. Während es den einen Kunden hart trifft, erwarten viele Touristen ja sowieso höhere Preise und mal ehrlich: Wen stört es denn ernsthaft, wenn die Fahrt mal einen oder zwei Euro mehr kostet? Im Grunde könnte man das Ganze doch als Kavaliersdelikt abtun, und wenn man nicht erwischt wird, hat man eben Glück gehabt…

Wie ich schon oft geschrieben habe: Ich teile diese Einstellung nicht. Und das aus ganz handfesten Gründen: Es stresst mich und ich sorge mich um meinen Umsatz!

Das mit dem Stress ist leicht erklärt: Wie bei jedem anderen netten und ehrlichen Kollegen landen viele abgezockte Kunden auch mal in meinem Wagen, und ich darf mir dann anhören, wie schlimm es mit den Taxifahrern hier bestellt ist – und wenn es ganz übel läuft, dann begründen die Leute ihre Preisfeilschereien damit, dass wir sowieso betrügen oder sparen sich das Trinkgeld, weil sie davon ausgehen, wir nehmen uns unseren Teil ja wahrscheinlich schon durch Uhrmanipulationen und Umwege.

Richtig mies wird es aber werden, wenn diese Missstände erst einmal bekannt sind. Schon jetzt bestimmen schlimme Einzelfallbeispiele oft die Medienberichte über Taxifahrer, und wenn sich das weiter ausbreitet, dann kommen wir irgendwann an den Punkt, an dem Touristen davor gewarnt werden, sich ein Taxi zu nehmen.
Da sind wir bislang vielleicht weit entfernt davon, aber ich möchte nicht das so ein Bericht (hier über ungarische Kollegen) jemals über das Berliner Gewerbe geschrieben wird…
Es kann mir keiner erzählen, dass sich so ein Ruf nicht geschäftsschädigend auswirkt und alle Kollegen, ob Abzocker oder ehrliche Dienstleister, trifft.

Noch ist es – wenn auch vielleicht an der Grenze – machbar, diesen Job in dieser Stadt legal zu betreiben und davon zu leben. Und ich glaube nunmal wirklich daran, dass es unserem Gewerbe langfristig besser tut, Kunden zu gewinnen, zu binden und von unserer Dienstleistung zu überzeugen – als für Zweifuffzich am Tag dazu beizutragen, dass der letzte Rest Glaubwürdigkeit auch noch den Bach runter geht.

Es wäre schön, wenn die entsprechenden Kollegen das erkennen würden, und sie mal einen Blick über die Tageskasse hinaus werfen würden…

19 Kommentare bis “Abzocken beim Taxifahren”

  1. Aro sagt:

    Richtig. Schade nur, dass das diejenigen nicht lesen, um die es geht.

  2. Sash sagt:

    @Aro:
    Ja, aber das wird immer das Problem sein. Selbst mit diesem Anliegen würde ich nicht gen Bild oder BZ streben…

  3. Nicolas sagt:

    Zu Prag gibt es sogar eine eigene Internetseite. Ich hab da schon alles erlebt. Von „Taxameter leider kaputt“ bis zu einer Ohrfeige, als ich dem Fahrer gesagt hatte, dass der Preis unverschämt sei. Ein Amerikaner, der helfen wollte, die schlimmsten Abzocker zu überführen wurde vor einigen Jahren sogar erstochen.

  4. Nicolas sagt:

    Hat nicht geklappt, warum auch immer. Der Link nochmal: http://www.pragtaxi.de/

  5. […] Green (788) 77. Tutsi (793) 78. Stempelmausi`s kleine Stempelwelt (804) 79. Soulkombinat (848) 80. Gestern Nacht im Taxi (862) 81. Stampin Piper (876) 82. Pornoanwalt (877) 83. salsango (897) 84. Twittwoch e.V. (938) 85. […]

  6. Sash sagt:

    @Nicolas:
    Ja genau. Auf sowas hab ich definitiv keinen Bock hier in Berlin!
    Den Kunden wird es wohl ähnlich gehen. Wer will schon ständig wachsam sein müssen, und den Weg des Taxis auf der Karte verfolgen?

  7. Missac sagt:

    Speaking of Abzocke. Man soll es kaum glauben, aber ich habe es geschafft mich in Manhattan zu verlaufen. Da kam ein Taxifahrer um die Ecke, der grade Schluss machen wollte – aber weil er so nett war, wollte er mich noch 3 Blocks mitnehmen und dann solle ich nur nach rechts gehen und ich würde mein Ziel finden. Für ACHT Dollar und es war durchgängig grün. Ohne Uhr an. Aber mir taten die Beine so verdammt weh und genervt war ich auch, also ich Idiot habs gezahlt. Als ich dann sagte, dass 8 Dollar ganz schömn viel für das Stückchen wären meinte er dreist: Ja ich bin nur für Sie jetzt nochmal gefahren! Was nicht stimmte, da er vorher sagte, er wolle eh in die Richtung – was nichts mit der von Sash beschriebenen „Sie fahren doch eh in die Richtung“ zu tun hat.

  8. Sash sagt:

    @Missac:
    Naja, bei dem was der Dollar zeitweilig so wert ist… 😉
    Nee, ist natürlich mal wieder das Übliche, doof das!

  9. find ich gut, dass du sich so offen da gegen aussprichst. hier bei uns (mainzer raum) wird bis jetzt zum glück noch sehr wenig getrickst (allerdings fahr ich auch nicht oft mit dem taxi).

    aber war letztes jahr in asien und da erlebt man dann schon so einiges mehr mit taxifahrern… sowohl positiv als auch negativ. z.B. gibts in Bangkok ganze (Touristen-)Viertel, in denen die Taxifahrer aus prinzip das taximeter nicht anschalten (auch nicht auf nachfrage), weil sie genug dumme finden, die einen total überteuerten festpreis bezahlen. andererseits wurde ich in kambodscha auch schonmal umsonst mitgenommen, nachdem mich ein taxifahrer mehrmals überreden wollte bei ihm einzusteigen und ich jedesmal ablehnte und meinte, das wäre mir zu teuer ich würde laufen, meinte er letztendlich, ach er würde eh dahin fahren, er nimmt mich umsonst mit… 😉

  10. Sash sagt:

    @Haarausfall Andy:
    Ich denke eben, man sollte was sagen, bevor es wirklich schlimm wird.
    Aber der Fahrer in Kambodscha war definitiv nett. Da muss ich ja gestehen, dass ich das nicht so einfach machen würde…

  11. Max sagt:

    Sash, was ist los? Bist du jetzt auch schon von der „Ich schreib kaum noch was“-Krankheit betroffen, die leider nach und nach sämtliche guten Blogs zu befallen scheint?! 🙁

  12. Sash sagt:

    @Max:
    Keine Sorge. 🙂
    Ich war aber die ganze letzte Woche krankgeschrieben und gehe heute das erste Mal wieder arbeiten. Dementsprechend gab es halt nix zu erzählen. Ein paar uralte Sachen hätte ich sicher noch gefunden, aber dazu fehlte mir die Lust.
    Also ich bin guter Dinge, dass es morgen wieder irgendwas gibt – wobei ich die Erwartungen nicht so hoch schrauben würde: Normalerweise sind Dienstage jetzt nicht dafür bekannt, die spannendsten Tage zu sein 😉

  13. Aro sagt:

    Genau, Dienstage sind Nazi.
    Aber Montage sind cool und wenn ich heute nur halb so viel Umsatz machen wie gestern Nacht, dann komme ichauf satte 40 Euro…
    🙁
    Ich wünsche Dir mehr Glück. Übrigens: Seit gestern bis zum Herbst kommen am Ostbahnhof die Nachtzüge aus Köln und Düsseldorf nicht mehr an.

  14. dazu sollte man vielleicht sagen, das wir hier von einem fahrtpreis von ca. $2 reden… andererseits ist das natürlich für die menschen dort auch ne menge geld.

  15. Sash sagt:

    @Haarausfall Andy:
    Naja, deren Tarife sind ja auch ihrem Ort angepasst. Ich hab ja trotz aller Liebenswürdigkeit auch schon Leute stehen lassen, die zu wenig Geld hatten. Da ist der Betrag erst einmal zweitrangig.

    @Aro:
    Glück ist was anderes… 🙁
    Aber was soll’s. Ich hatte ja von einem Dienstag auch nicht so viel erwartet…

  16. Joaquin sagt:

    Auch wenn es viele nicht hören wollen, aber der einzige Ausweg ist, dass der Gesetzgeber hier endlich echte Fiskal-Taxameter anordnet.

  17. Sash sagt:

    @Joaquin:
    Ich bin nicht gegen Fiskaltaxameter. Ich würde allerdings nicht davon ausgehen, dass das alle Probleme löst.
    Ein paar rudimentäre Gedanken dazu hab ich mir vor 2 Monaten schon darüber gemacht:
    http://gestern-nacht-im-taxi.de/wordpress/2011/02/20/fiskaltaxameter-versuch/

  18. […] (1475) 102. stadtstadtstadt (1488) 103. thelastbeat.com (1495) 104. Kochen für Schlampen (1496) 105. Gestern Nacht im Taxi (1490) 106. marketing shop blog (1513) 107. Mensch Ethik Freiheit (1530) 108. Berlin Mitte Institut […]

  19. […] bzw. Wiedereinsteigern in die “TOP 100″: 51. Berliner Comicladen Grober Unfug (447) 74. Gestern Nacht im Taxi (812) 75. Gedankenpflug (834) 86. thelastbeat.com (1083) 87. cab Log (1165) 91. Prenzlauer Berg […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: